Hallo Geschichtsfreunde!
Bin noch neu hier und direkt über diesen Thread gestolpert. Ich gebe dann auch mal meinen Senf dazu ab:
Also zu den Waffen des Mittelalters ist erst mal zu sagen, dass man deren Gebrauch, wie in Asien, durchaus in Kampfkünste gepackt hat. Also Kampfsysteme, die den Eisnatz von Blankwaffen effektiver gestalten. Europa hat, wie es leider nur wenige wissen, eine riesige Anzahl an Kampfkünsten hervorgebracht, die diverse Kampfsportler auf der ganzen Welt mittels sogenannten "Fechtbücher" in den letzten Jahrzehnten rekonstruiert haben. Rausgekommen sind effektive Kampfsysteme, die den vergleich mit den asiatischen Pendants nicht zu scheuen brauchen. Und Vor allem: man hat diverse Halbwahrheiten und Mythen übers Mittelalter ausradiert. Diese Art der Ausübung alter Kampfkünste wird meistens als "Historisches Fechten" oder "HEMA" (Historical European MArtial Arts) bezeichnet.
Ich übe jetzt auch seit 3 Jahren die Fechtkunst mit dem Langen Schwert (fälschlicherweise und historisch inkorrekt als "Anderthalbhänder" bezeichnet) aus. Im Zuge dieses Hobbys habe ich eines gelernt: Skepsis!
Das Rezitieren von Textstellen irgendwelcher Historiker ist noch lange kein Zeugnis von umfangreichen Wissen über das Kriegswesen des Mittelalters. Man kann getrost sagen, dass in den letzten 200 Jahren durch Historiker, Archäeologen, Antiquitätenhändlern und Hollywoodfilmen soviel Müll verzapft wurde, dass das Bild vom mittelalterlichen Kampf sehr verzerrt wurde.
Deshlabd muss man da aufpassen, welches Buch und von wem man liest. Es lohnt sich, auch mal einen Blick in Primärliteratur zu werfen.
Ich werd unten ein paar links reinsetzen, die einem den Kampf mit mittelalterlichen Waffen wohl eher verdeutlichen.
Das war jetzt mal allgemein, jetzt werde ich spezifischer (SMA):
Im SMA findet eine radikale Änderung des Kriegswesen statt, hervorgerufen durch die Erfindung und breite Benutzung von kompletten Harnischen und einer immer stärkeren infanterie.
Die Spätmittelalterlichen Harnische, die oftmals aus gehärtetem Stahl geschmiedet wurden oder z.T. Martensit-Gefüge aufwiesen, waren einzigartige Konstruktionen, deren Kompromiss zwischen Schutz und Beweglichkeit bisher unerreicht in der Welt ist. Die Märchen von Rittern, die mit Kränen auf ihre Pferde getragen wurden oder Ritter, die vom Boden nicht mehr aufstehen konnten, weil sie wie Käfer auf dem Rücken lagen, sind mittlerweile widerlegt worden. Deratige Einschränkungen wären eher kontraproduktiv gewesen und für die Schlacht wohl kaum geeignet.
Infanterie wurde in der Zeit, durch diverse gesellschaftliche und wafentechnische gründe, die ich jetzt hier nicht so breittreten will, immer diszinplinierter. Dadurch lohnte sich auch der massenhafte Einsatz von Stangenwaffen, die im SMA wohl ihre Hochzeit hatten. Viele verschiedene Waffen wie Luzerner Hammer, Mordaxt, Glaive, Helmbarte, Pike, Partisane, etc. erfahren im SMA einen gewaltigen Aufschwung, hauptsächlich durch die Taktik des Gevierthaufens (Gewalthaufen), der für Kavallerie relativ undurchdringlich war. Kavallerie wurde damit, vor allem durch die Entwicklung von handlichen Schwarzpulverwaffen, immer mehr verdrängt während die Infanterie geparrt mit Artillerie an Einfluss gewann.
Ein paar Worte zum Langen Schwert:
Da Lange Schwert des SMA ist eine zweihändige (und mitnichten "anderthalbhändige") Waffe, die durch die Entwicklung des Hanrisch sehr "stichfreudig" ist. Wer glaubt, dass diese Dinger in irgendweiser klobig, schwer und unscharf waren, der täuscht sich. Ganz im gegenteil: viele Schwertfeger aus Japan loben die alte Qualität dieser Schwerter. In der Kampfkunst selbst wird sehr viel Wert auf Geschicklichkeit und Schnelligkeit Wert gelegt, die Mär vom "kraftbetonten" Haudrauf ist schon lange widerlegt und unplausibel!
Das Kampfkunstforum
Association for Renaissance Martial Arts - Swords & Swordsmanship
Hammaborg: Historischer Schwertkampf
Die Freifechter - Gesellschaft für Historische Fechtkunst e.V.