Was wir den Arabern verdanken

... "eine der kritischen Stimmen"? Ich lese eigentlich seit Monaten fast nur "kritische Stimmen"... ;)

OK; ich weiß, daß ich diesbezüglich ganz besonders schlimm bin - gelobe aber Besserung... :rotwerd:

Übrigens, habe ich euch überhaupt irgendwas neues geschildert, hat sich bei euch die Bedeutung auch der originären Leistungen der arab. Welt dahin verschoben, dass ihr dem arab. Wissenstransfer ein größeres Gewicht zumesst, oder bleibt es bei eurer alten Vorstellung der Verhältnisse des Wissenstransfers?
Naja, dicke Bretter bohren erfordert wahrscheinlich Geduld... ;)

Hier darf ich mich nun auch Louis le Grand anschließen:
Also ich fühle mich durch dich durchaus gut informiert. Schon durch die zahlreichen Fachartikel die du uns zur Verfügung gestellt hast. Vieles war sehr interessant zu lesen.

Und was das "dicke Brett" betrifft: da ich selbst noch mit dem diesbezüglich der arabisch-islamischen Welt überaus wohlgesonnenen Geschichtsbild in der DDR aufgewachsen bin, habe ich persönlich dem arabischen Wissenstransfer nie ein geringes Gewicht beigemessen... :cool:

... ich bin nicht derjenige, der behauptet hat, dass das MA eine quasi Steinzeit war, bitte nicht immer so schwarzmalen. Ich bin der falsche Adressat. Weder war die islamische wissenschaftliche Blüte ausschließlich für alle und jede Entwicklung im Abendland zuständig, noch war die wissenschaftliche Aufholjagd des Westens von einem Steinzeitniveau aus.

Deswegen schrieb ich ja auch in meinem letzten Post (entsprechender Satz hervorgehoben):
... bei aller Wichtigkeit und Bedeutsamkeit darf die Wertschätzung nicht übertrieben und das westliche Europa zu einer barbarischen "Quasi-Steinzeit" deklariert werden, welche hoffnungslos unterlegen einer Art Hochtechnologie gegenübergestanden hätte.
Denn dann sind wir recht schnell bspw. wieder beim Bild der Kreuzfahrer, die vor der arabisch-islamischen Kultur gestanden haben wie der Steinzeitmensch vor der Wasserspülung - was inzwischen von der Wissenschaft längst widerlegt worden ist (und das ich Dir übrigens auch gar nicht unterstellen will ;))...

Und abschließend:
Aber, man sollte nun nicht auch, wenn man die Relationen beachten will, und dieses einfordert, insofern übertreiben, indem man z.B. punktuelle medizinische Entwicklungen z.B. bei den Johannitern in Jerusalem allzusehr auf das gesamte Abendland bis in die letzten Winkel verallgemeinert. Das tut vielleicht auch keiner explizit, doch möchte ich bei "MA-Fans" das gleiche Einfordern, was auch von mir verlangt wird.

Ja, der Einwand ist vollkommen legitim und berechtigt, nur habe ich bislang in meinen diesbezüglichen Beiträgen die "Streubreite" bzw. dieses Gefälle des medizinischen Niveaus ebenfalls stets betont... :fs:



PS @all: Ich schrieb ja auch schon, daß wir uns - ich schließe mich da gar nicht aus - mittlerweile widerholen... ;)
 
"Der Islam hat es 1400 Jahre lang versäumt, kritische Fragen zu stellen und sich von der Politik zu lösen."
...
Sind es nicht nur 500 Jahre gewesen... bis sie von den Christen -nebst Juden-.aus Spanien herausgeworfen wurden?

Wenn schon, dann wären das 400 Jahre gewesen - vgl. dazu folgende Ausführungen von El Quijote: http://www.geschichtsforum.de/208082-post23.html
Abgesehen davon war auch der Islam während des Mittelalters durchaus ähnlich stark mit der Politik verbunden wie das Christentum; denn was beinhaltete bspw. der Titel Kalif? Grob gesagt doch weltliche und geistliche Führerschaft, die in einer Person vereint ist oder irre ich mich da?

Vielleicht haben wir dadurch historisch betrachtet viel wissenschaftlich-kulturelles Kapital verspielt?

Die iberische Halbinsel war doch zudem nur ein Teil der damaligen islamischen Welt.
Wie paßt dies dann zusammen mit den Gebieten, die weiterhin muslimisch blieben und es bis heute sind?
 
Ich hab nun nicht jede Seite dieser Diskussion gelesen (das fand ich nach dem Geflame auch etwas anstrengend) wollte aber anmerken, dass der Hinweis eines Disputanten, die Ägypter seien ja auch Araber gewesen ein Anachronismus darstellt. Das ist eine Aussage, als würde man sagen, die Byzantiner seien ja Türken gewesen, schliesslich wär Istanbul ihre Hauptstadt gewesen ;) Klingt Blödsinnig? Genau, weil da verschiedene Zeiten zusammengeworfen werden.
Die Ägypter der Zeit vor der Eroberung durch die Araber sprachen KEIN Arabisch, sondern eine dem heutigen Koptischen ähnliche Sprache. Diese wurde später weitgehend verboten (im öffentlichen Gebrauch) um die Bevölkerung zu arabisieren und hielt sich so nur im Umfeld der Nichtislamischen Bevölkerung.
Das ist eigentlich allgemein bekannt unter Leuten, die sich mit der Geschichte Ägyptens auskennen :)
Zwar ist die koptische Sprache mit dem Arabischen Verwandt, das ist sie aber auch mit dem Hebräischen, Aramäischen oder sogar Somali, das hat also nichts zu sagen.
Und wer nun noch behaupten will die Ägypter seien kulturell damals aber Araber gewesen, der zeigt vollkommene Ignoranz.
....
ups, ich hätte mal weiter lesen sollen, na egal....

Noch etwas zu der Hartseife.
Sicherlich war die Entwicklung der Seife ein langer Prozess, jemand erwähnte schon die Sumerer, die Römer etc.
Doch da es sich ja darum handelt, welche Kenntnisse und Fertigkeiten wir, also Europa den Arabern verdanken, sollte erwähnt werden, dass schon die Gallier Natronseifen (Hartseife) kannten (im Gegensatz zu den Germanen, die eine Kaliseife also ne Art Schmierseife benutzten), die auch ein ziemlicher Exportschlager der damaligen Zeit war.
Inwiefern diese Hartseife nun mit unserer heutigen Seife vergleichbar war und/oder sich von der arabischen Seife unterschied und ob die Kunst der Herstellung von Hartseife gallischer Art im Zuge der Umwälzungen in Europa durch die Völkerwanderung verloren ging mag ich nicht beurteilen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Wort ja. Aber wir verdanken den Alkohol den Arabern nicht, höchstens das Wissen um seine Chemie. Zudem hat sich eine Bedeutungsverschiebung ergeben. Während al-Kuḥl ursprünglich ein Lidschatten war, wurde der Kollektiv al-Kuḥūl für die chemische Substanz, nicht aber für eine Art berauschender Getränke verwendet. Ich möchte im Übrigen daran erinnern, dass es auch heute noch eine Menge nichtmuslimischer Araber gibt, denen natürlich auch der Alkoholkonsum nicht verboten ist (ein muslimischer Freund von mir hat zum Alkoholkonsumationsverbot sowieso seine ganz eigene Idee :pfeif:).
 
Aber wir verdanken den Alkohol den Arabern nicht,
... insbesondere nicht wir Deutsche, die Trunksucht der Germanen war ja schon in antiker Zeit legendär ;-)

Ich möchte im Übrigen daran erinnern, dass es auch heute noch eine Menge nichtmuslimischer Araber gibt
Da kommen wir jetzt wieder zur interessanten Frage, was eigentlich ein Begriff wie "Araber" bedeutet.
M. W. lebten vor Mohammed Araber weitgehend nur in Arabien, d.h. der arabischen Halbinsel.
Und dort sind inzwischen alle Einheimischen Muslime, ansonsten hätten sie nicht überlebt ...

Und die Araber, die mit Mohammed und Nachfahren die arabische Halbinsel verließen und sich anderswo eine schöne Bleibe eroberten, die waren auch alle Muslime.

"Nicht-muslimische Araber" können dann eigentlich nur Volksgruppen (wie eben von Enkidu beschrieben die Kopten) sein, die zwar inzwischen arabisch sprechen, aber von der Herkunft her keine Araber sind.

ein muslimischer Freund von mir hat zum Alkoholkonsumationsverbot sowieso seine ganz eigene Idee
Aus der Türkei kenne ich die dort weit verbreitete These, Raki könne nicht unter das Alkoholverbot fallen, weil es den ja zu Mohammeds Zeiten noch nicht gegeben habe ...
 
Man mag ja über die folgenden Aussagen diskutieren können (einmal abgesehen davon, daß sie nicht mehr direkt zum eigentlichen Thema gehören und deshalb dafür eher ein eigener Thread genutzt werden sollte):
Da kommen wir jetzt wieder zur interessanten Frage, was eigentlich ein Begriff wie "Araber" bedeutet.
M. W. lebten vor Mohammed Araber weitgehend nur in Arabien, d.h. der arabischen Halbinsel.
Und dort sind inzwischen alle Einheimischen Muslime, ansonsten hätten sie nicht überlebt ...

Und die Araber, die mit Mohammed und Nachfahren die arabische Halbinsel verließen und sich anderswo eine schöne Bleibe eroberten, die waren auch alle Muslime.

"Nicht-muslimische Araber" können dann eigentlich nur Volksgruppen (wie eben von Enkidu beschrieben die Kopten) sein, die zwar inzwischen arabisch sprechen, aber von der Herkunft her keine Araber sind.

Aber...
Du meinst also
a) das Thema hier politisch zu nutzen zu müssen (?)

Wo ist da oder in dem vorhergehenden Beitrag eine politische Instrumentalisierung o. dgl.?

Du meinst also
...
b) zu schreiben, was wir den "Christen" verdanken?

Wo steht davon etwas?
Anm.: Warum setzt Du das Wort Christen in "..."? Und auf welche Christen bezieht sich Deine Aussage?
 
einmal abgesehen davon, daß sie nicht mehr direkt zum eigentlichen Thema gehören
Ich gebe zu, daß ich beim Schreiben meines Beitrags auch noch das Gefühl hatte, auf Exkurs zu sein.
Aber wenn Du es jetzt so explizit schreibst, bin ich am Zweifeln: Gehört denn die Frage, wer eigentlich "die Araber" sein sollen nicht zentral (und eher an den Anfang) einer Diskussion, was wir ihnen verdanken?

Ansonsten aber vielen Dankfür Deinen Kommentar.
Ich hatte schon ziemlich gerätselt, was Multivista wohl meinen könnte, und offenbar liegt das nicht an meiner Begriffsstutzigkeit.
 
Bitte um Entschuldigung, denn ich bin vor kurzem
-ohne es sofort zu bemerken- auf einen Beitrag der SEITE 1 (!) ganz unten (2004)
von Konradin gestoßen, der mich veranlasste die Fragen nach "politischer Motivation" zu stellen.
 
Holla, na bei DEM Beitrag stimme ich Dir völlig zu.
Ist vielleicht kein Zufall, daß dieses Mitglied nicht mehr hier mitmacht ...
 
...Aber wenn Du es jetzt so explizit schreibst, bin ich am Zweifeln: Gehört denn die Frage, wer eigentlich "die Araber" sein sollen nicht zentral (und eher an den Anfang) einer Diskussion, was wir ihnen verdanken?

Ich war auch immer der Meinung, dass die Grundlagen an den Anfang eines Themas gehören, den jeder "historische Bezug" fängt ja wohl irgendwo an.
Aber auch ich "lerne" hier noch dazu und stelle immer wieder fest, dass ich halt vielleicht doch den "Mitnickerkurs" hätte belegen sollen.
Ich packe jetzt alle Muslims in den Sarazenen-Sack, dann hab ich nix problemo mehr :)
salu, jeanne
 
Ihr habt nicht nur die zahlen von ihnen auch manche wörter aber viele volker haben was von den arabern
 
...
Noch etwas zu der Hartseife.
Sicherlich war die Entwicklung der Seife ein langer Prozess, jemand erwähnte schon die Sumerer, die Römer etc.
Doch da es sich ja darum handelt, welche Kenntnisse und Fertigkeiten wir, also Europa den Arabern verdanken, sollte erwähnt werden, dass schon die Gallier Natronseifen (Hartseife) kannten (im Gegensatz zu den Germanen, die eine Kaliseife also ne Art Schmierseife benutzten), die auch ein ziemlicher Exportschlager der damaligen Zeit war.
Inwiefern diese Hartseife nun mit unserer heutigen Seife vergleichbar war und/oder sich von der arabischen Seife unterschied und ob die Kunst der Herstellung von Hartseife gallischer Art im Zuge der Umwälzungen in Europa durch die Völkerwanderung verloren ging mag ich nicht beurteilen.

Hi,
ich bin auch kein Seifologe... ;) aber ich hatte mal gelesen, dass die Araber schließlich Öl und Lauge erstmals miteinander verkochten und damit schufen die Seife in der heute bekannten Form.

aus Post 124 hieraus:
http://www.geschichtsforum.de/f36/wir-den-arabern-verdanken-521/index7.html
 
Umfassendes zu einer weitreichenden Fragestellung ...

Welche Region auf dieser Welt sich auch immer als die Wiege der Menschheit bezeichnen möchte, sei einmal dahingestellt, da es noch vieler Erkenntnisse bedarf, dies wirklich aufklären zu können. Einen Tip zur Beantwortung Deiner Frage kann ich hier geben. Er bezieht sich auf eine TV-Reihe (Frankreich) von Robert Pansard-Besson (Regisseur) aus dem Jahre 1997/9 mit dem deutschen Namen "Saga der Wissenschaften"
(Originaltitel: La Légende Des Sciences) in insgesamt 12 Episoden welche meines besten Wissens nach bisher nur im Sommer 2006 auf arte gezeigt wurde. Sie gibt jedenfalls einen sehr umfassenden Überblick über die Geschichte der Wissenschaften und damit nicht nur kultureller Zeugnisse. Eine Neuausstrahlung ist vorerst nicht geplant lt. arte. Leider habe ich im Internet nur einen einzigen Hinweis bei der Uni Bielefeld darüber gefunden.
http://wwwhomes.uni-bielefeld.de/cgi-bin/cgiwrap/medien/dbman/db.cgi/db.cgi?db=default&uid=default&view_records=1&ID=*&nh=4
Vielleicht kann ich dazu mal eine rethorische Frage stellen: Was glaubt Ihr woher die Zahlen kommen ?
 
Zuletzt bearbeitet:
"Nicht-muslimische Araber" können dann eigentlich nur Volksgruppen (wie eben von Enkidu beschrieben die Kopten) sein, die zwar inzwischen arabisch sprechen, aber von der Herkunft her keine Araber sind.

Find ich etwas grob ausgedrückt.Ich bin halb Libanese(habe noch viel verschiedenes Blut in mir),aber Christe.Sogar mein Opa,der halb Jordanier und halb Palästinenser war,war Christe.Und ich bin zum teil arabischer Herkunft.Auch wenn zum teil die maronitischen Libanesen als die Nachfahren der Phönizier betrachtet werden.

Und ich habe etwas zum Thema:Die Phönizier schufen die Urform des europäischen Alphabets.

Da die Phönizier semitischer Abstammung waren,gehörten sie zum teil zu den Arabern.
 
Auch wenn zum teil die maronitischen Libanesen als die Nachfahren der Phönizier betrachtet werden.

Sie betrachten sich v.a. selbst als die Nachfahren der Phönizier und das ist nichts anderes als verklausliertes Anspruchsdenken: die Phönizier waren als erste da, wir sind die Nachfahren der Phönizier, wir waren als erste da, also gehört uns das Land.

R.A. meinte das allerdings wohl anders, als Du es verstanden hast (wenn er auch nicht unbedingt Recht hat): Das nahöstliche Christentum hat die arabische Eroberung der Gebiete der heute arabischen Staaten überlebt, nicht weil ein Teil der Muslime zu Christen wurden, sondern weil die vormuslimische Bevölkerung eben nicht mit der muslimischen Eroberung aufhörte zu existieren. Diese Christen wurden im Laufe der Jahrhunderte arabisiert (wie viele zum Islam Konvertierte der Region eben auch). Der Gedankenfehler von R.A. ist der, dass es vor dem Aufkommen des Islam kein arabisches Christentum gegeben habe. Doch das gab es. Inwiefern z.B. Deine palästinensischen oder jordanischen Vorfahren von Personen abstammen, die schon vor ca. 1400 Jahren zu den Arabern zählten, oder auch nicht, lässt sich für uns hier wohl kaum feststellen.
 
Sie betrachten sich v.a. selbst als die Nachfahren der Phönizier und das ist nichts anderes als verklausliertes Anspruchsdenken: die Phönizier waren als erste da, wir sind die Nachfahren der Phönizier, wir waren als erste da, also gehört uns das Land.

Genau das ist der Fall. Es ist nahezu unmöglich sich heute auf ein phönizisches "Volk" zurückzuführen, zumal es ein einheitliches Phönizien nie gegeben hat; Phönizien bestand aus Stadtstaaten wie Tyros, Sidon etc.
Hier wird Geschichte erfunden oder konstruiert, um Politik zu machen. Außerdem wird im Libanon gerne von christlicher Seite angegeben, daß sie von Phöniziern abstammten, um nicht als "muslimische Araber" abgestempelt zu werden.
 
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