Einige Anmerkungen dazu...
... wenn ich das laut vor mich hinlese klingt alles drei wie ausgeprägtes Plattdeutsch mit ner heißen Kartoffel im Mund...
Das ist weitaus unspektakulärer als es scheint, denn die
Zweite Lautverschiebung war im 8. Jh. mW noch nicht abgeschlossen.
Anm.: Übrigens - dies auch zum Zitat eingangs - trennte diese Lautverschiebung die Niederdeutschen von den Hochdeutschen (Mitteldeutschen und Oberdeutschen) Sprachformen. Etwas verwirrend ist, daß heutzutage
Hochdeutsch mit
Schriftdeutsch (deutsche Standardsprache) assoziiert wird...
Für die Fans der Dialekte und ihrer Entwicklungen - obwohl die Karten insbes. im Grenzbereich zwischen Mitteldeutsch und Oberdeutsch recht unpräzise sind:
Niederdeutsche Sprache - Wikipedia
Hochdeutsche Dialekte - Wikipedia
Mitteldeutsche Sprachen und Dialekte - Wikipedia
Oberdeutsche Dialekte - Wikipedia;
und zu den Übergangsbereichen zwischen den letztgenannten Sprachräumen:
Ostfränkische Dialektgruppe - Wikipedia
Süd-Rheinfränkische Dialektgruppe - Wikipedia
Allerdings wollte ich eigentlich auch noch auf eine Sache eingehen, welche
Repo angesprochen hatte...
Ich habe von Verhandlungen geschrieben, die sich in damaligen Urkunden 6.-9. Jahrhundert niedergeschlagen haben. Es muss da schon um etwas mehr als einen Sack Emmer oder eine Sau gegangen sein. Deshalb hätte damals kein Schreibersknecht den Gänsekiel in die Hand genommen.
Ich unterstelle also, Verhandlungspartner werden welche aus der "Oberschicht" gewesen sein, wobei zumindest eine Partei notwendigerweise zu den Weitgereisten gehört haben muss.
Urkunden u.ä. wurden mW oftmals tatsächlich in Latein ausgestellt, da dieses die Sprache der Gelehrten nicht nur der römischen Antike, sondern auch des westlichen Europa war (gerade im von Dir angesprochenen Zeitraum waren die "Schriftkundigen" beinahe ausschließlich Geistliche). Gut; es handelte sich im Gegensatz zur römischen Antike nicht mehr um das klassische Latinum, sondern um das Vulgärlatein...
Um nun aber nicht fortwährend auf diese Mittlersprache angewiesen zu sein, wurden ebenso schriftliche muttersprachliche Aufzeichnungen für diesen Bedarf notwendig. Aufschlußreich dazu ist das Vorwort in
Horst-Dieter Schlosser (Hrsg.) "Althochdeutsche Literatur: eine Textauswahl mit Übertragungen" - Erich Schmidt Verlag, Berlin 1998:
...
Solange es noch keine autonome Dichtung und noch keinen "Literaturbetrieb" im neuzeitlichen Sinne gab, waren auf der volkssprachlichen Ebene die Gebrauchsbedürfnisse und Kommunikationsanlässe das Entscheidende...
Insgesamt sind zwischen 750 und 1000 wichtige Voraussetzungen dafür geschaffen worden, gesellschaftlich wie individuell bewegende Themen nicht mehr nur in dem schon lange schriftlich und literarisch kultivierten Latein zu reflektieren, sondern auch in den Muttersprachen der deutschen Stämme zu gestalten und damit nicht mehr auf dem Umweg über eine Fremdsprache der Welt wie auch ihren traditionellen Deutungen distanziert bis kritisch, in jedem Fall kreativ gegenüberzutreten. Ein gewisses Bewußtsein von der Eigenständigkeit volkssprachlicher Literatur muß sich in dieser frühen Zeit sehr wohl schon gebildet haben; denn sonst wäre es nicht erklärlich, warum in frühmittelhochdeutscher Zeit, scheinbar plötzlich (gegenüber vergleichbaren altenglischen Phänomenen allerdings verspätet), an verschiedenen Orten größere Sammlungen deutscher Texte angelegt werden. Hier müssen auch die einfacheren Bemühungen um eine volkssprachliche Schriftlichkeit vor 1000 längerfristige Wirkungen erzeugt haben; die ungebrochene lateinische Schreibkultur muß dabei freilich stets als anregende Kraft mitgedacht werden...
Da jedoch andererseits aber der Ausgangspunkt ja nicht speziell beim Deutschen bzw. den deutschen Dialekten lag, sondern die germanischen Sprachen überhaupt bestreichen sollte, sei - ohne daß ich es mit adäquater Fachliteratur explizit belegen kann - informativ hinzugefügt, daß sich die von Linguisten anhand Rekonstruktion gemeinhin vorausgesetzte gemeingermanische Sprache wohl zwischen ca. 100 v. Chr. bis ca. 100 n. Chr. auflöste, worauf sich Ost-, West- und Nordgermanische Sprachen voneinander trennten.
Korrekturen und/oder genauere Spezifizierungen sind ausdrücklich erbeten... :fs: