Zwiebeltürme in Süddeutschland

Malti ist eine vollständig eigene Sprache; ich habe noch nie gehört, dass es als "arabischer Dialekt" bezeichnet wird... Englisch ist ja auch kein "plattdeutscher Dialekt"...
 
@Balticbardy - sorry aber es liegen halt Welten zwischen orientalisierenden Parkbauten in englischen Gärten und einer hochpolitischen Architektur im Zentrum der Haupt- und Residenzstadt des HRR.
Ein Bauwerk wie die Karlskirche ist ein Statement wo jedes Element Bedeutung hat. Diese Kirche bezieht sich aufs alte Rom wie aufs neue - dh. Konstantinopel. Nicht nur als Hauptstadt des christlichen römischen Reichs, sondern auch als Sultansresidenz. Fischer von Erlach bezieht sich mit den beiden Säulen nicht nur auf Trajan, sondern eben auch auf Süleiman.

PS: Natürlich habe ich erkannt was du gemeint hast - und da irrtest du dich eben....
 
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...es liegen halt Welten zwischen orientalisierenden Parkbauten in englischen Gärten und einer hochpolitischen Architektur im Zentrum der Haupt- und Residenzstadt des HRR.
Ein Bauwerk wie die Karlskirche ist ein Statement wo jedes Element Bedeutung hat.
Sprach ein Wiener Patriot - ich bin ja schon :still:.
 
Sprach ein Wiener Patriot - ich bin ja schon :still:.
Es gibt auch in Wien bzw. in der näheren Umgebung der Stadt Parkbauten inspiriert von der Orientmode des ausgehenden 18. Jhdts bzw. des frühen 19. Jhdts. Ich denke da an das Minarett im fürstlich Liechtensteinschen Park von Eisgrub (heute Lednice, ca. 75 km nördlich von Wien) oder das Geymüller-Schlössel in Pötzleinsdorf.

Zum Thema "Reichsstil", dem die Karlskirche zuzurechnen ist, findet sich ein interessanter Artikel im Katalog der HRR-Ausstellung die 2006 in Berlin zu sehen war.
 
Hallo, dieses habe ich vor vielen Posts als Antwort für BB geschrieben, inzwischen wurde schon einiges gesagt, also bei mir nun teilweise doppelt. Sorry.

Der Krönungsmantel ist eine Sache. Aus Wiki:
Daran ist ja nichts Verfängliches. An einer Lobpreisung Allahs in einer christlichen Kirche in Österreich (Lynxxx Post Nr. 8) schon eher. Ganz sicher war dem Bauherrn bei der Bauabnahme nicht klar, was ihm der wohl morgenländische Meister (Zeit der Kreuzzüge) da wirklich hingemalt hat. Wahrscheinlich nicht mal als Schrift erkannt, er wurde verarscht.

Hast du für deine "Verarschungsthese" einen Beleg?

An einer "Lobpreisung Allahs" ist im Prinzip auch nichts "Verfängliches", zumindest nicht in nahöstlichen Kirchen, heißt doch auf arab. Allah und auf deutsch Gott und auf engl. God, usw.

Es sollte aber sicherlich keine islamische Lobpreisung in der Kirche sein, wohl aber die Übernahme von Schmuckelementen einer erfolgreichen Zivilisation.
So wie z.B. die Rückenlehne des Bischofsstuhls in San Pietro in Castello, Venedig, die aus einer musl. Grabstele voller arab. Inschriften aus dem 12. Jh. besteht. Oder die Übernahme des islam. Baustils durch Christen im Spanien der Mauren, inkl. Fliesendekor, mit darin verschlungenen Kalligraphien.
Oder arab. ne Bauinschrift des sizilian. Königs Wilhelm II. :
"Im Namen des gnädigen und barmherzigen Gottes/Allahs!
Stehe still und schau!
Ein herrliches Werk wirst du erblicken,
Das dem besten der Erdenkönige Wilhelm II. gehört."

Erster Satz ist die Basmala/Bismillah aus dem Koran.


Der Krönungsmantel hingegen sollte ein Beispiel für die ganz normale Übernahme von islamischer Kunst im christlichen Gebrauch sein. Nix mit Allah... ;) Das war mißverständlich von mir ausgedrückt, sorry.

Zum Thread:

Ich würde gerne diesen Thread nutzen wollen, um arab./islam./nahöstliche Einflüsse abseits von den Mauren und Turquerien (da haben wir glaube ich schon welche, zumindest das letztere wurde in einem Thread im Osm.Reich-Bereich thematisiert) zusammenzufassen.

Eben vielleicht auch die Zwiebeltürme, wenn einer dieses in einer Bibliothek nachschlagen, und es ggf. verifizieren oder falzifizieren könnte

Vorschlag, einfach Threadtitel ändern und unter "Sonstiges" verschieben, z.B. Threadtitel ändern in "Kunsthistorische Einflüsse aus dem Nahen Osten - auch Zwiebeltürme?"

Wow, Rovere, muss mir deinen Link gleich mal durchlesen, danke schön! :)
 
... wie aufs neue - dh. Konstantinopel. Nicht nur als Hauptstadt des christlichen römischen Reichs, sondern auch als Sultansresidenz. Fischer von Erlach bezieht sich mit den beiden Säulen nicht nur auf die Trajan, sondern eben auch auf Süleiman...
Interessant, und Süleyman wiederum bezieht sich mit seiner Sultansmoschee auch auf Justinian...u.a.
Siehe hier:
http://www.geschichtsforum.de/f79/byzantion-byzanz-konstaninopolis-konstantinopel-istanbul-6173/

So, nun aber deinen Link lesen... :winke:
 

Ist denn die Intention des Architekten oder Bauherren durch Aufzeichnungen bekannt, oder ist das eine Deutung, die später gemacht wurde?
Hier:
18. Jahrhundert - Interdisziplinäre Forschung und Lehre in Österreich
steht zumindest nix von der Sultan-Süleyman-Moschee oder einem Anspruch als neue "Sultansresidenz"=Kaiserstadt.

Die Sultan Süleyman Moschee ist ja eine Neuinterpretation der Hagia Sophia mit völlig anderen Ergebnissen. Wäre also interessant, ob der Architekt der Karlskirche Johann Bernhard Fischer von Erlach diese Implikationen bewußt mit einfliessen lassen wollte, oder sie nur "oberflächlich" blieben, oder nur an der Hagia Sophia sich direkt orientierten (Woran da eigentlich architektonisch? Oder nur symbolisch?).

Also die Frage ist, ob man nicht vielleicht zuviel hinein interpretiert, auch wenn die Fernwirkung (die damals auf offenem Feld größer war) sicherlich moscheeähnliche Wirkung hatte?

Das Tempietto hat ne Haube, die Zwiebelfömig und spiralig ist, oder? Ist ziemlich dunkel das Bild. Sieht aus, wie die Kopfbedeckung der zeitgenössischen nahöstlichen Partner der venezianischen Händler im Orient... :devil:

(Abgesehen davon, müsste ich wieder weinen, wenn ich mir die Kommentare unter dem Zeitungsartikel durchlese....) :weinen:
 
Hast du für deine "Verarschungsthese" einen Beleg?

Nein, habe ich nicht - ich halte es aber für plausibel. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies von offizieller Seite so beabsichtigt war. Ich muss doch nicht erläutern, was im mittelalterlichen christlichen Kerneuropa Blasphemikern blühte. Der Nahe Osten, Spanien und Sizilien, wo sich die Kulturen berührten, sind da kein Vergleich.
 
Das Veräppeln funktioniert aber nur, wenn man davon ausgeht, dass es ein muslimischer Maler gewesen ist, der freie Hand in der Gestaltung der Ornamentik hatte. Dann könntest du Recht haben.

Vielleicht war es aber ja auch ein christlicher Maler, der einfach das Ornament eines Schwertes oder Bronzekessels abmalte?

Übrigens, manchmal werden auch in der Religion Sachen von anderen Kontexten übernommen, ohne dass man sich so bewußt war, was dieses eigentlich in dem Ursprungskontext bedeutete, besonders in der Volksreligiosität, z.B. der Rosenkranz, der von Indien, über den Islam zum Christentum wanderte.
Oder die Verehrung von "heiligen Orten", Naturphänomene, Felsformationen, etc. die manchmal "heidnische" Traditionen weiterführten. Oder Aberglaube, auch ein weites Feld. Magische Bedeutungszuschreibungen z.B. allein schon von der arab. Schrift ausgehend, unabhängig vom Inhalt, führten zu Amuletten, mit denen sich z.B. Krieger schützen wollten. und so weiter...
 
@Lynxx - Ich werde mir das Buch über den islamischen Einfluss auf die Wiener Architektur ohnehin bei nächster Gelegenheit kaufen, dann gebe ich dir gerne weitere Infos. Der Moschee-Bezug der Karlskirche ist jedenfalls keine neue Interpretation, sondern wird seit langem tradiert. Grad bei Barock-Architektur der Zeit Karls VI überhaupt kein Zufall, so finden sich türkische Zelte als Dächer auf dem Belvedere wie auch der Hofbibliothek.

Natürlich sind diese Zitate vor allem Zeichen des Triumphes über die einstige Hauptbedrohung. Die osmanische Bedrohung war eine Konstante habsburgischer Politik im 16. und 17. Jhdt, gleichzeitig führte diese aber zu einem regen diplomatischen Verkehr zwischen Kaiserhof und Hoher Pforte. Tributzahlungen an den Bosporus hielten den Frieden aufrecht, im Gegensatz dazu bereicherten Geschenke des Sultans vor allem die kaiserlichen Gärten (Tulpen, Kastanien und Flieder blühten erstmals auf Wiener Boden in Europa).

Faszinierend auch der Versuch Kaiser Rudolfs II. um 1600 die Osmanen in die Zange zu nehmen. Gesandtschaften reisten damals zwischen Persion und dem Reich hin und her um ein Bündnis vorzubereiten zu dem es aber nicht kam. Die persischen Gastgeschenke sind noch heute in der Kunstkammer des KHM zu sehen.
 
@lynxxx: Vielleicht war es aber ja auch ein christlicher Maler, der einfach das Ornament eines Schwertes oder Bronzekessels abmalte?
Hm, klingt zwar auch möglich. Dann möchte man aber annehmen, dass nur der Stil kopiert wurde und zwangsläufig Fehler gemacht worden wären. Wenn du und ich eine Druckseite Chinesisch oder Arabisch abschreiben sollten, wäre das Resultat garantiert sinnentstellt. Mir gefällt die Vorstellung, dass ein ehemaliger Moslem sein Glaubensbekenntnis verpackte. So wie der farbige Kopist in der Verfilmung "Der Name der Rose", dessen Minuskeln bei Gebrauch einer Lupe mehr enthüllten.
Das gäbe glatt Stoff für einen Roman.
 
Zuletzt bearbeitet:
Weder das Pumpwerk in Potsdam noch die Moschee im Schwetzinger Park sind barock, sondern bereits Frühromantik und entstammen einer ganz anderen Zeit bzw. haben eine komplett unterschiedliches Bauprogramm als die Karlskirche (bitte selbst nachlesen, ich möchte da jetzt keine Romane hinschreiben, steht ohnehin alles auf Wiki).
Das Pumpwerk in Potsdam ist aus den 1840ern die Moschee im Schwetzinger Park aus den 1770ern. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. (Sieht man auch.)

Nicht nur Liotard sorgte für eine gewisse Orientbegeisterung. Auch auf Gemälden, welche im Umkreis der Mme. de Pompadour zu suchen sind, gibt es Orient und speziell das Thema des Serail.
Auf einer recht offziellen Homepage wird die Schwetzinger "Moschee" mit der Türkenmode der Zeit in Verbindung gebracht. Moschee im Schwetzinger Schlosspark
 
Hm, klingt zwar auch möglich. Dann möchte man aber annehmen, dass nur der Stil kopiert wurde und zwangsläufig Fehler gemacht worden wären. Wenn du und ich eine Druckseite Chinesisch oder Arabisch abschreiben sollten, wäre das Resultat garantiert sinnentstellt. ...

Hihi, dann schau dir nochmals die kufische Malerei der Kirche an, wenn ein Maler diese schon deiner Meinung nicht abmalen kann, wobei er sogar Lineal und Zirkel verwenden kann, so "streng" ist diese Inschrift auf dem Halbbogen, dann ist er ein Amateur ohnegleichen.
Ich kann jedenfalls durchaus chines. Schriftzeichen abmalen, ohne Ausbildung, die haargenau dem Original entsprechen, wie ich es als Jugendlicher öfters mal mit Stoffmalfarbe auf meinen Sweatshirts getan habe.
Also, schließe nicht von dir auf andere... ;)

Was die Karlskirche, usw. angeht, da beginnt ja schon die Turkomanie. Hier im Thread finde ich interessanter die Übernahmen vor dieser Periode. Denn diese Turquerie hatten wir schon mal im Subforum Osman. Reich.

Komisch, wo sind denn unsere Bibliotheksbesitzer mit 1000den Büchern, wenn man sie mal braucht? ;) Es müsste sich doch in allgmeinen Werken zur Baustilkunde oder in Architekturführer was über Welsche Hauben und Zwiebeldächer finden? Zumindest über die berühmte Basiliuskathedrale in Moskau? Wo war denn eigentlich der erste Zwiebelturm, in Süden Deutschlands, oder im orthodoxen Raum? Welche kunsthist. Beeinflussung der Zwiebeltürme gab es gegenseitig zwischen diesen Räumen? :winke:
 
Mal eine Erweiterung dieses Themas, da linguistischer Einfluss, nicht nur kunsthistorischer:
(bin da grad drauf bei einem anderen Thema gestoßen)

Habt ihr schon mal was von einem Leo Wiener gehört?
Oder von diesem Thema?

"Leo Wiener argues that Germanic languages have arisen by a sudden influx of Low Latin, and Arabic. He demonstrates that they arose from the Graeco-Latin glossaries through Gothic interpretations, which themselves owe their origin to the Graeco-Arabic learning of Spain."

Contributions Toward a History of Arabico-Gothic Culture Band I und Band II:

Contributions Toward a History of ... - Google Book Search
Contributions Toward a History of ... - Google Buchsuche

Hört sich interessant an, oder wurde das schon in dem riesigen Germanen-Thread tangiert?
Oder kaum Rezeption in der linguist. Zunft?
 
Kannst Du mal ein Bild reinstellen? Das würde mich interessieren.
Sorry, nein, die Pullover sind schon seit einer langen Zeit bei der Altkleidersammlung... Es war aber "einfache" heutige chin. Schrift von einem Brief einer Taiwanesin, keine super schwere kunstvolle Kalligraphie aus dem 17. Jh. ;) ... Auch nur einige wenige Buchstaben, die schon lange genug dauerten..
 
Sorry, nein, die Pullover sind schon seit einer langen Zeit bei der Altkleidersammlung... Es war aber "einfache" heutige chin. Schrift von einem Brief einer Taiwanesin

Die nachzuahmen ist schon schwer genug. Ich mußte mir schon oft das Lachen verkneifen, wenn ich Europäer mit eintätowierten chinesischen Schriftzeichen sehe. Dabei handelt es sich so gut wie immer um Standardzeichen, keine kunstvollen Kalligraphien.
Ich hätte gern einmal ein Schriftzeichen von jemand gesehen, der es nicht gelernt hat, und dem man nicht auf den ersten Blick ansieht, daß es von jemand nachgezeichnet wurde, der es nicht gelernt hat.
Schade.
 
Die nachzuahmen ist schon schwer genug. Ich mußte mir schon oft das Lachen verkneifen, wenn ich Europäer mit eintätowierten chinesischen Schriftzeichen sehe. Dabei handelt es sich so gut wie immer um Standardzeichen, keine kunstvollen Kalligraphien.
Ich hätte gern einmal ein Schriftzeichen von jemand gesehen, der es nicht gelernt hat, und dem man nicht auf den ersten Blick ansieht, daß es von jemand nachgezeichnet wurde, der es nicht gelernt hat.
Schade.


Zahl ne Kiste Bier, dann setz ich mich heute Abend hin, und mal eins ab.
 
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