Südfrankreich im 8./9. Jahrhundert

gewebill

Neues Mitglied
hallo alle

beim googeln bin ich zufällig auf diesen beitrag aus 2007 gestossen:

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....habe ich sogleich etwas interessantes gefunden, leider auch hier ohne jegliche Quellenangabe.
les juifs de Provence
Diese Seite befasst sich mit der Geschichte der Juden in der Provence und Südfrankreich. Dabei wird auch Narbonne behandelt. .....versuchs mal frei zu übersetzten was da steht:

Nachdem Pippin 759 Narbonne eingenommen hatte gab er der jüdischen Bevölkerung der Stadt, welche ihn unterstützt hatte, das Recht Land zu besitzen und zu vererben. Karl der Große entsandte 797 einen Juden aus Narbonne namens Isaak in diplomatischer Mission zum Kalifen nach Bagdad. Isaak kehrte 802 wieder in die Heimat zurück und brachte unter anderem einen Elefanten als Freundschaftgeschenk mit. In seiner Begleitung befand sich auch ein Rabbi Makhir der sich in Narbonne niederließ und dort in eine wohlhabende Familie einheiratete.
Rabbi Makhir gründete bald eine jüdische Schule, in Vorbild ähnlicher Schulen in Babylon, woher er stammte, in denen die Traditionen und Brauchtümer seines Volkes bewart wurden. Karl der Große unterstützte diese Schule und schenkte dem Rabbi dafür ein größeres Grundstück in Narbonne wo die Schule errichtet wurde und entband diese Schule von jeglichen Zahlungen an Steuern und Tributen. Bei der jüdischen Gemeinde Narbonnes setzte sich so die Auffassung durch nur dem Kaiser allein und keinem anderen Herren untertan zu sein weshalb sie ihre Schule als eine Art eigenständiges Königreich mit Rabbi Makhir an dessen Spitze betrachteten. In der Familie des Rabbis soll daher die Titulierung "Fürst der Exilanten" (prince de l'exil) weitergereicht worden sein.


...... habe ich auch schon eine Verbindung zwischen Rabbi Makhir und dem Autor Arthur Zuckerman gefunden.
Makhir of Narbonne - Wikipedia, the free encyclopedia
Demnach behauptet Zuckerman das Makhir mit einem Natronai ben Habibi identisch sei der den Namen Aimery oder Theoderic angenommen habe, eine Tochter Karls des Großen heiratete und sich den Titel Graf von Septimanien zugelegt hat. Darüber hinaus soll er auch noch Vater Wilhelms von Gellone gewessen sein.
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dazu hab ich nun mehrere fragen,vielleicht hat sich wer von euch damit beschäftigt.


1.die bagdadreise des isaak im auftrag karls ist bekannt,auch dass er mit einigen fränkischen adligen unterwegs war,diese aber auf der reise ums leben kamen.
ist vielleicht irgendwer mal über die namen der ursprünglichen reisebegleiter des isaak gestolpert?

2. zu der aussage von zuckermann zu aimery/theoderic
wilhelm von gellone/von orange/graf von toulouse hatte zum vater wohl in der tat den theoderic,seine mutter war aber sicher keine tochter karls des grossen sondern schon eher eine des karl martell.

nun taucht aber *aimery* als name von wilhelms vaters tatsächlich auf
und zwar bei wolfram von eschenbach in seinem epos *willehalm*

ausserdem stolpert man immer wieder mal über das etwas geheimnisvlle "jüdische königreich" in narbonne.
und zwar schon vor den "erben des gral" oder vor "sacrileg"
weiss irgendwer mehr dazu?

3.im selben zusammenhang:
charibert graf von laon,grossvater mütterlicherseits von karl d. Gr.,ist mir historisch praktisch nicht zu fassen.
gibt es familiäre verbindungen zu wilhelm von gellone/von orange/graf von toulouse?
bin dankbar für jeden hinweis zur genealogie!!

4.auch im selben zusammenhang:
hat sich wer beschäftigt mit der lokalen geschichte des elsgau (franz.: ajoie)??
es ist das gebiet etwa zwischen basel und montbeliard im jura.
hier interessiert die zeit des 7./8./9.jahrhts.

herzlich
gewebill








 
3.im selben zusammenhang:
charibert graf von laon,grossvater mütterlicherseits von karl d. Gr.,ist mir historisch praktisch nicht zu fassen.
gibt es familiäre verbindungen zu wilhelm von gellone/von orange/graf von toulouse?

Nicht das ich wüsste. Graf Theoderich ist überhaupt der erste Vertreter der Wilhelminen (Gellones), das die mit der Sippe von Laon irgendwie verwandt sein habe ich noch nirgends gehört.
theoderich_graf_von_Autun_+_793
Gellones ? Wikipedia
 
hallo joinville

diese familienverbindung gibt es wohl,wenn auch reichlich vernebelt.
typisch für diese zeit,und noch typischer,wenn die verwandschaft über die frauen geht.

in diesem fall ist das bindeglied wohl chalpaida,mutter von karl martell.
die steht in für mich nicht genau definierbarer verwandschaft zu bertrade der älteren.
diese ist wiederum mutter des charibert v.laon

karl matells tochter aldana wiederum ist die mutter des wilhelm von gellone

mich interessiert vor allem der genaue verwandschaftsgrad chalpaida zu bertrada der älteren.

aus folgendem grund:

bertrada d.ä ist mutter des charibert
charibert ist der schwiegervater pippins III.und somit grossvater karls des grossen.

chalpaida ist mit bertrada nahe verwand und mutter des karl martell
also grossmutter der aldana
also urgrossmutter des wilhelm v.gellone

nun wird schon seit dem mittelalter in der legendengestalt des *flos* aus *flos und blancheflore* die historische person des charibert gesehen.
und in der legende wird dem flos eine intensive persönliche beziehung zum islamischen kulturraum zugeschrieben
sowohl sein schwiegersohn pippin als auch sein enkel karl d.gr. schicken bekanntlich gesandschaften nach bagdad(daher meine andere frage:wer waren die begleiter des juden isaak auf seiner gesandschaftsreise zum kalifen?)

und nun findet sich bei dem verwandten des charibert , wilhelm von gellone ,ebenfalls das phänomen einer tiefen beziehung zur arabischen kultur.(trotz aller kriege die er gegen die mauren führt)

da nun bekanntlich in allen legenden ein konkretes stück historische realität verborgen ist,
frage ich mich welche rolle *flos* als historischer charibert von laon im austausch islamischer und abendländischer kultur gespielt hat.

herzlich
gewebill
 
gewebill schrieb:
in diesem fall ist das bindeglied wohl chalpaida,mutter von karl martell.
die steht in für mich nicht genau definierbarer verwandschaft zu bertrade der älteren.

Eben nicht genau definierbar, überhaut nur angenommen und nicht erwiesen.
chalpaida_friedelfrau_pippins_2_des_mittleren

gewebill schrieb:
nun wird schon seit dem mittelalter in der legendengestalt des *flos* aus *flos und blancheflore* die historische person des charibert gesehen.

http://en.wikipedia.org/wiki/Floris_and_Blancheflour (Mitte 12. Jahrhundert)

und nun findet sich bei dem verwandten des charibert , wilhelm von gellone ,ebenfalls das phänomen einer tiefen beziehung zur arabischen kultur.(trotz aller kriege die er gegen die mauren führt)

Inwiefern sollte den Wilhelm in "einer tiefen beziehung zur arabischen kultur" gestanden haben? Er war dux in Aquitanien und kämpfte gegen die Mauren ja, aber was darüber hinaus geht ist doch in der Tat nur Legende, basierend auf der höfischen Epik des Mittelalters.
 
HALLO;es gibt durchaus ernst zu nehmende autoren,die eine verbindung laon->gellone schon bei theoderic von autun ansetzen,
also unabhängig von der umstrittenen verwandschaft über chalpaida/aldana.
in diesem falle wäre das bindeglied
chrodlindis von laon,vermutlich schwester des charibert.


siehe hier:

La Préhistoire des Capétiens Teil 1
Title: La Préhistoire des Capétiens 481 - 987, Première Partie, Mérowingiens, Carolingiens et Robertiens
Author: Settipani, Christian; Kerrebrouck, Patrick Van
Publication: Nouvelle Histoire Génélogique de l'Auguste Maison de France 1993 ISBN 2-9501509-3-4


und zu dem problem "höfische literatur":
das ist sie ganz sicher auch.
aber in bezug zu deinem *nur*
erlaube ich mir denn
doch ganz vorsichtig den mainstream in frage zu stellen.
zumindest was wolframs *literatur*betrifft.
er zeigt einfach immer wieder an vielen stellen,dass er recht gut die historischen hintergründe kennt.
(was ihn natürlich nicht abhält immer wieder auch zur freiheit des literaten zu greifen)

einschub:
diese gewisse "historische kenntnis" unterstelle ich im übrigen nicht nur wolfram sondern auch seinem kollegen chrestien d.troyes
beide stehen über ihre jeweiligen "dienstherren"
-die landgrafen von thüringen und bei chrestien phillip von elsass-
in einer familiären erzähltraditon.
sowohl die thüringer
(hier etwas schwieriger,weil oft über angeheirate frauen)
als auch phillip können genealogisch in die entsprechenden und historisch handelnden sippen des 8./9.jhds.zurückverfolgt werden.(wilheminer,etichonen,matfriede zb mit querverbindungen in den nordspanischen und aquitanischen raum)

bei konrad fleck (erzähler der deutschen version von flos und blacheflore)
hab ich solche verbindungen noch nicht untersucht.

also,
ich halte es für ,hmmmm....., historisch unangemessen, solchen epen oder legenden lediglich einen unterhaltungswert für kalte abende in europäischen burgen zuzusprechen.

die links zu hlawitschka und kollegen:
das ist mir natürlich bekannt.
aber auch hier erlaube ich mir die freiheit ,davon auszugehen dass deren ergebnisse (die öfter auch nur hypothesen sind)nicht zwingend und für alle zeiten als letztgültige wahrheiten betrachtet werden müssen.



ich wollte hier aber kein streitgespräch beginnen,
sondern hoffte eigentlich nur auf mögliche informationen aus dem forum.

herzlich
gewebill
 
hallo joinville

noch kurz ein nachtrag.
weiter oben schreibst du:

>Nicht das ich wüsste. Graf Theoderich ist überhaupt der erste Vertreter >der Wilhelminen (Gellones), das die mit der Sippe von Laon irgendwie >verwandt sein habe ich noch nirgends gehört.
>theoderich_graf_von_Autun_+_793
<Gellones ? Wikipedia

und der gellones-link führt dann zu dem:


Stammliste [Bearbeiten]
  1. Theodorius (Dietrich) I., 755 bezeugt, † vor 804, Graf von Autun (comes Eduensis), wohl verwandt mit Dietrich, der am 21. Juni 720 einer der Gründer der Abtei Prüm war, und den Merowingern; ∞ Aldana, † vor 804, Tochter von Karl Martell (Karolinger), Schwester von Hiltrude und Landrade
"einer der gründer der abtei prüm......!"
eben da stecken die verbidungen wilhelmiden->laon

herzlich
gewebill
 
nun taucht aber *aimery* als name von wilhelms vaters tatsächlich auf
und zwar bei wolfram von eschenbach in seinem epos *willehalm*

Der Name Aimeri/Aimery taucht im Willehalm nicht auf.

bibliotheca Augustana

Das Auftauchen wäre aber nicht weiter verwunderlich, da Wolfram recht viele sprechende Namen der provenzalischen Dichtung aufgreift. Selbst der Name Herzeloyde ist nur eine pseudoetymologische Übertragung des Namens Arselot/Herselot ins Deutsche. Meist belässt er es aber beim provenzalischen Original (mehr oder weniger). Nichtsdestotrotz scheint Wolfram die Bedeutung der Namen gekannt haben. Etwa Cundwiramur (conduir amour), benutzt Wolfram doch z.B. kondwieren als Verb und condwier als Substantiv.
 
hallo quijote

aimery taucht wohl auf,allerdings in der deutschen schreibweise als heimrich.
ich hab den wolframschen willehalm nicht hier auf meiner insel,sonst würd ich dir die stelle nennen.

ersatzweise siehe zb hier

Willehalm ? Wikipedia
zitat daraus:
Das 1. Buch [Bearbeiten]
Graf Heimrich von Narbon hat seine sieben Söhne enterbt und einen Patensohn zum Erben gemacht. Die Söhne sollen im Dienst hoher Herren wie Karl dem Großem ein Lehen erwerben. Willehalm, der älteste der Brüder, gerät im Kampf gegen König Tybalt in Kriegsgefangenschaft und wird nach Arabi verschleppt. Im Gefängnis begegnet er Arabel, der Frau Tybalts

aber nicht nur bei wolfram,
auch zb im willehalm des ulich v.d. türlin gibts ihn.

die schreibweise variert natürlich je nach herkunft des erzählers und zeit der entstehung.
das geht von aimery ,aymericus über haymeric und heimerich bis zu heinrich.

du scheinst dich bisschen mit der etymologie der germanischen namen auszukennen.
darum noch eine frage:
theoderich von autun ist wilhelms vater
theoderich ist aber ein dietrich und kein heinrich
nun kommt das aber durchaus öfter vor,dass ein theoderich auch zum heinrich wird.
beispiel aus dem netz:

Theoderich (Heinrich) von HESSEN


weisst du evtl. mehr dazu?

und danke für den hinweis zu Arselot Herselot!
darf mein dazu deine quelle erfahren?
 
ein nachtrag:

in deinem eigenen link

bibliotheca Augustana

im 1. buch stösst du auf das:

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15 diz maere ist wâr, doch wunderlîch.

___von Narbôn grâf Heimrîch___

alle sîne süne verstiez,
daz er in bürg noch huobe liez,
noch der erde dechein sîn rîcheit.

20 ein sîn man sô vil bî im gestreit,
unz er den lîp bî im verlôs:
des kint er zeime sune erkôs.
er het ouch den selben knaben
durch triwe ûz der toufe erhaben.
25 xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
 
Dass der Wolfram'sche Heimrich den Aimeri zum Vorbild hat, ist in der Tat nicht ganz abwegig. Allerdings hört sich das schon wieder wie Heinrich an, was ein germanischer Name ist und auf fränkische oder gotische Wurzeln verweisen würde. Beim provenzalischen Aimeri würde ich dagegen auf einen sprechenden, von aimer abgeleiteten Namen wetten.
 
und danke für den hinweis zu Arselot Herselot!
darf mein dazu deine quelle erfahren?

Bin mir nicht sicher. Entweder Herbert Kolb, Munsalvaesche. Studien zum Kyot-Problem oder Jochen Bertheau, Wolfram von Eschenbach und seine französischen Vorlagen. Neue Funde zum Kyot-Problem. Möglicherweise auch bei beiden.
 
Ich habe da eine recht seltsame Stelle in einem Band der MGH gefunden: "Hic inserenda est etiam historia de Aymero captivo, Nemerici de Narbona penultimo filio, qualiter auxilium Romanis et pape prestitit contra Sarracenos et captus et vulneratus ibi fuit et in Venetiam ductus, et multa alia que secuntur. De nomine pape, qui a cantoribus dicitur Milo, non est curandum, quia ita solent nomina mutare vel per ignorantiam vel curiose."

Beleg Die Stelle ist mir wegen des Auftauchens des Namens Aymero ins Auge gefallen. Sie bezieht sich allerdings auf das Jahr 837. Die Stelle stammt aus der interpolierten Chronica Albrici Monachi trium fontium, a monacho novi Monasterii Hoiensis, die auf das späte 12./beginnende 13. Jahrhundert datiert ist, wenn ich den Einleitungstext des Herausgebers richtig verstanden habe.
Historizität ist nicht unbedingt notwendig, die Chanson de Geste von Aimeri stammt aus der Mitte des 12. Jahrhunderts und es ist nicht ganz ungewöhnlich, dass solche Texte mit historischen Texten in einen gemeinsamen Kontext geraten. Im Fall der Primera Crónica General passiert sogar das Kuriosum, dass die Historia Roderici und das Poema de Mio Cid, die beide vom Leben und Wirken des Rodrigo Díaz berichten in die Crónica eingehen und durch eine andere Handlung voneinander getrennt, obwohl sie sich gegenseitig widersprechen vom Kompilator als gleichermaßen glaubwürdig eingestuft werden.
 
Zum jüdischen Königreich Septimanien:
Das ist in der Tat Arthur Zuckerman´s Erfindung.und zu dem muß man anmerken,daß er bekennender Zionist war und vor diesem Hintergrund seine Theorie konstruierte.
Zuckermann begründete zunächst seine These damit,daß in den Herrscherlisten und beim Adel der Westgoten .zu deren Gebiet Septimanien in der vorkarolingischen Aera gehörte, eine Häufung von Vornamen hebräischer Herkunft auftauchen sollen.
Er übersah hierbei allerdings,daß biblische Namen ,die ja i.d.R. hebräischen Ursprungs waren , auch bei Christen häufig in Gebrauch waren und zum anderen gerade das westgotische Königreich eine relativ restriktive Gesetzgebung bezüglich der Juden hatte und es gerade dort auch relativ früh zu Verfolgungen kam.
Als sich auf Grund dessen die Theorie nicht halten ließ konstruierte er dann die Geschichte um Rabbi Makhir , Karl den Großen und das jüdische Fürstentum..
Die "Blutlininien-Theoretiker" angefangen bei Plantard über Lincoln-Baigent-Leigh bis zu Dan Brown und seinen Epigonen griffen diese Geschichte auf und konstruierten nun eine "Blutlinie",die von Jesus , Maria Magdalena und deren angebliche gemeinsame Nachkommen über die angeblichen Herrscher des "jüdischen Fürstentums Septimanien" zu den Merowingern und dann ,von der sagenhaft erfundenen Prieure de Sion und den Templern (!) beschützt , bis ins 20 Jahrhundert fortsetzt ,wobei eben dieser Plantard zeitweise als angeblich letzter Abkömmling dieser Linie (und damit wahrer König von Frankreich)fungierte. Bewiesen ist davon nichts.
Das ganze ist vielmehr hahnebüchener Blödsinn, wobei man Westgoten,Merowinger und Karolinger sowohl zeitlich als auch territorial wild durcheinander mengte.

Es mag zwar sein,daß man damals von jüdischer Seite die Rabbinerschule von Narbonne im übertragenen Sinne als geistiges und geistliches Fürstentum bezeichnete...ähnliche Bezeichnungen gibt es auch für das Rabbinat in Worms und die oberrheinische Diaspora (Worms-Mainz-Speyer)...aber weder de jure noch de facto existierte ein weltliches jüdisches Fürstentum in der Narbonnensis.Wäre dies der Fall gewesen,müßte es entsprechende Quellen und Diplomatica geben,wie dies bei allen anderen Klein- oder Teilherrschaften dieser Zeit der Fall ist.Die gibt es aber nicht.
Auch der Beweis einer genealogischen Verbindung mit den Karolingern,Merowingern oder Westgoten ist nicht geführt.Und es sollte einem auch ewußt sein,daß ein Teil der frühen,nebelhaften genealogischen Verbindungen schlicht Teil der Gründungslegende der jeweiligen Sippe sind , die im Laufe der Jahunderte hinzugefügt oder auch,je nach Mode,verändert wurden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke für Aufklärung. Schade, dass das Geschehen nicht ganz so exotisch wie das dubiosen, zionistische Geschichtchen.
Trotzdem ist es immer noch spannend.:yes:

Es mag zwar sein,daß man damals von jüdischer Seite die Rabbinerschule von Narbonne im übertragenen Sinne als geistiges und geistliches Fürstentum bezeichnete...ähnliche Bezeichnungen gibt es auch für das Rabbinat in Worms und die oberrheinische Diaspora (Worms-Mainz-Speyer)...
Sind die Titutaleren der Rabinate in Latein oder Hebräisch. Im frühmittelalterlichen Titeldschungel kann vieles mit Fürst übersetzt werden, Princeps, Dux, Maior....

Zu den Namen:
Auffällig ist, dass der deutsche wie französische Adel (ebenso zwangsläufig der hohe Klerus) bis weit in die Neuzeit Namen germanischen Ursprungs bevorzugte, während beim einfachen Volk schon Johannes, Nikolaus, Jakob und Co bevorzugt wurden.
Nach dem DTV-Atlas Deutsche Sprache gab es in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhundert eine eine "erste Welle" alttestamentlicher, also hebräischer im althochdeutschen Sprachgebiet.
 
Bei Haim Hillel Ben Sasson finde ich folgendes: "Etwa [...] um das Jahr 1000 begegnen wir einer jüdischen Familie, die eine Art Erbecht auf die Führung sämtlicher Geschäfte der Hegemonie Narbonne hatte (das hier gebrauchte mittelalterlich-hebräische Wort bedeutet soviel wie 'Bischofsdiözese' oder auch 'Fürstentum'). Der Vater, seine Brüder und sein Sohn übten alle diese administrative Tätigkeit aus, wozu die Erledigung aller Angelegenheiten des Hegemon sowie der Einkauf seines Bedarfs gehörten. Handelsgeschäfte anderer mit dem Hegemon wurden ebenfalls über diese Familie abgewickelt, denn ein Teil ihres Verdienstes bestand in den Gebühren, die sie den Leuten für die Tätigung ihrer Geschäfte auferlegten." Wir müssen uns das wohl als so eine Art Maklergebühren vorstellen.
Als Quellenangabe gibt H. H. Ben Sasson Responsen früher Geonim, Berlin 1848 von D. Cassel an, darin Dokument 140.
 
klingt interessant und eriinnert mich an ein in Mainz beheimatetes Geschlecht der "Jud vom Stein", später nur noch "vom Stein" genannt,das bereits im 13.Jahrhundert in städtische Patriziat aufgestiegen war ,möglicherweise auf Grund ähnlicher Funktion.
Vielleicht wäre es interessant, zu untersuchen,o es ähnliches in auch in anderen großen Städten der damaligen Zeit gab.

Sind die Titutaleren der Rabinate in Latein oder Hebräisch. Im frühmittelalterlichen Titeldschungel kann vieles mit Fürst übersetzt werden, Princeps, Dux, Maior
Ich habe bisher diesbezüglich leider nur Sekundärquellen, werde mich aber mal um Primärquellen bemühen und gebe dir dann Bescheid
 
Zuletzt bearbeitet:
Sind die Titutaleren der Rabinate in Latein oder Hebräisch. Im frühmittelalterlichen Titeldschungel kann vieles mit Fürst übersetzt werden, Princeps, Dux, Maior...

Shmuel Ibn Naghrela wurde ha-Nagid oder auch Nasi (beides 'Fürst') genannt. Ursprünglich war der in Córdoba Geborene Gewürzhändler in Málaga, später Schreiber für den Minister der Ziriden von Granada und wurde dann, als sein Mentor zu schwach für das Amt wurde, von diesem dem König Badis weiterempfohlen. Er wurde dann zum Du-l-wizaratayn, dem 'Inhaber beider Ministerämter', der Feder und des Schwerts und gleichzeitig zum Oberrabbiner der jüdischen Gemeinde Granadas, was ihm dann auch die obigen Titel einbrachte. Allerdings war das in Granada im 11. Jahrhundert, also im muslimischen, nicht im christlichen Herrschaftsbereich. Es ist ziemlich bemerkenswert, dass er zum Du-l-wizaratayn wurde, da er als Dimmi eigentlich das Schwert nicht hätte tragen dürfen und zudem die in Granada herrschende Dynastie der Ziriden vom Stamme der Sinhadscha als eine Art Kriegeradel die Macht über Granada erworben hatte, es wäre also unter normalen Umständen zu erwarten gewesen, dass, wenn nicht ein Ziridenprinz so doch ein Sinhadscha-Adeliger dieses Amt übernommen hätte. Ich glaube, dass das in erster Linie an König Badis lag, der sich nämlich als sein Vater Habbus starb, gegen seinen Cousin und eine gegen ihn gerichtete Verschwörung der Stammesälteren zur Wehr setzen musste.:sorry::eek:fftopic:
 
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