Leineweber als unehrlicher Beruf
Hallo,
Zum Hintergrund meiner Frage zitiere ich aus: "Ritter, Mönch und Bauersleut" von Dieter Breuer:
(vielleicht bringt das etwas Licht in die Sache?)
"... Die unehrlichen Berufe lassen sich ganz grob in vier Gruppen unterteilen: Die eine hat im weitesten Sinn mit Tog und Verwesung zu tun, in der zweiten begegnen wir Aberglaube und Hexerei, dann gibt es noch das fahrende und sexuell meist sehr freie Völkchen und letztendlich Berufe, bei denen man sich erstaunt fragt, wie denn so rechtschaffene Menschen zu den unehrlichen Leuten gezählt werden können.
Kein auch nur halbwegs vernünftiger Mensch wird heutzutage nachvollziehen können, warum beispielsweise der Beruf des L e i n e w e b e r s im Mittelalter eine unehrliche Tätigkeit gewesen ist. Die Tatsache als solche jedoch ist unbestritten. zahllose Spottlieder, von anderen Handwerkern gesungen, legen davon Zeugnis ab.
siehe den vorherigen Hinweis unter:
Die Leineweber haben eine saubere Zunft
Zu deutsche: Die Leineweber sind allesamt kriminell. Man hat versucht, diees Vorurteil mit der Unterstellung zu erklären, daß es den Leinewebern ein leichtes gewesen sein muß, von dem ihnen in Auftrag und zum Verweben bestimmten Material einen Teil beiseite zu schaffen, aber solcher Unterschlagung hätte man mit ebenso gutem Grund auch andere Handwerker, die Goldschmiede zum Beispiel, bezichtigen können. Vielleicht erinnerten sich die Menschen jedoch daran, daß es in frühfränkischer Zeit auf den großen Gutshöfen der Adligen sogenannte Frauenhäuser gab, in denen die unfreien Mädchen spinnen und weben, zuweilen aber auch dem Hausherren und seinen Gästen zu anderen Zweckenzur Verfügung stehen mußte. Spinnen un dWeben gehörten übigens später noch Jahrhunderte hindurch zur Freizeitbeschäftigung der Bordelldamen.
Da wir nun schon bei der Sexualität angelangt sind, kommen wir nicht an dem Historiker Werner Danckert und seinem Werk "Unehrliche Leute, Die verfehmten Berufe" vorbei, der mit sehr viel Scharfsinn bewiesen hat, daß das Entstehen von Tabus auf einem Glaubsnwechsel und den dadurch entstandenen Verdrängungen beruht.
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vielleicht stammt die Ächtung der Leineweber also aus der Zeit, als die Götter zu Götzen und damit nicht nur verboten, sondern auch verleugnet wurden.
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Dem wilden Verhalten der Frauen nach zu urteilen war diser Schiffskarre-Umzug (12.Jhd.) zweifellos das Überbleibsel eines Fruchtbarkeitsfestes..... Fest steht nur eines: Der Festwagen wurde während dieser zwölftägigen Orgie von Webern gezogen. Lag hier die Ursache ihrer späteren Ächtung?
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Noch schlimmer als den Leinewebern erging es den Müllern, obwohl die Ausübung dieser Tätigkeit zunächst ein hochachtbarer Beruf war.
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Schöne Grüße
Hermann