Fahr-Panzer?

pelzer

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Grüezi

Neulich stiess ich auf dieses Bild von einem seltsamen Gefährt. Was kann das sein?

Quelle: Home

Meine Abklärungen ergaben eine interessante Technik-Geschichte.
Es soll sich hier um einen „5,3cm Fahrpanzer 1887“ des Ingenieurs Major Schumann (Grusonwerke in Magdeburg/Buckau) handeln.

Ich habe mich noch etwas weiter schlau gemacht und möchte euch das Resultat nicht vorenthalten.

Beim Fahrpanzer handelt es sich vermutlich um den ersten eigentlichen Panzer. Bis dahin gab es natürlich bereits Kanonen, auch gepanzerte Kanonen in Festungen und auf Schiffen. Aber eben keine mobilen Panzerfahrzeuge. Mit dem Fahrpanzer wurde aber das ersten mal eine gepanzerte Kanone richtig mobil.

Der Fahrpanzer bewegte sich auf Schienen. In der Parkposition stand er in einem geschützten Unterstand. Beim Einsatz hockte sich dann ein Kanonier in die Tonne und das Ganze wurde ins Freie geschoben um zu schiessen. Der Turm war 360° drehbar und verfügte über eine 5,3cm Kanone. Reichweite 3’000m, 25 bis 40 Schuss/Minute, Vo 462m/s, 24 Züge. Schrapnell, Kartätschen, Stahlgranaten, Ringgranaten(?). Bedienung 7 Mann (davon war einer der Kanonier im Panzer!)
Wenn die Schiesserei beendet war, zog man den Fahrpanzer wieder zurück und der Kanonier konnte geschützt aussteigen…

Der Fahrpanzer konnte überland auch mit einem Fuhrwerk transportiert werden.

In der Schweiz wurden Fahrpanzer aber nur in Festungen eingesetzt. In der Gotthard-Festung waren 4 solcher Fahr-Panzer installiert. Sie blieben bis etwa 1940 im Einsatz und wurden dann durch andere Geschütze ersetzt. Die entsprechenden Unterstände sind aber heute noch zu sehen. èbrig geblieben ist bloss ein Exemplar in Airolo.


Gruss Pelzer

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Das Ding hieß ofiziell "Fahrbare Panzerlafette für 3,7 bzw 5,3 cm Schnellfeuer-Kanone" inofizeill Schumann'scher Fahrpanzer.

Es wurde 1886 von Schumann entworfen und bei Grusson in Magdeburg ab 1888 hergestellt. Die Forts um Metz waren damit ausgestattet, ein Exemplar steht in Brüssel im Museum, im Armeemuseum in Athen steht noch eines.
 

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Ich halte den Begriff "Panzer" im übertragenen Sinne (also losgelöst vom heutigen Verständnis des Begriffs) unter argen Verrenkungen gerade noch für vertretbar, den Begriff "Fahrpanzer" dagegen für unangebracht.
Das Ding kann eben nicht selbstständig fahren. So wie der Einsatz hier beschrieben wird, ist es eher eine versenkbare Panzerlafette für den Festungseinsatz.
Dass die Lafette grundsätzlich mit Pferden (siehe Bild) transportabel war, ändert daran nichts. Transportieren kann ich auch einen Backstein.
 
Grüezi Panzerreiter

So unbeweglich war der Fahrpanzer im Gefecht nicht. Er bewegte sich auf Schienen (Spurweite 60cm), die manchmal extra gelegt wurden. Manchmal konnte man aber auch die bereits vorhandenen Nachschub-Lorengeleise mitbenutzen. Die Fahrstrecke vom Schutzunterstand zur Schiessposition konnte so schon mal etliche Dutzend Meter betragen.

Aber du hast natürlich recht, so richtig mobil war er nicht. Bloss nenn mir einen mobileren Panzer um 1890!


Gruss Pelzer


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Ich könnt mir schon vorstellen das der "Fahrpanzer" einen Benziner oder Dieselantrieb hatte bei Nachrüstungen für die Schiene. Von daher Panzer aber erst wenn mit Räder bestückt wurde. Das Trojanische Perd ist gar nichts dagegen.
 
Ich könnt mir schon vorstellen das der "Fahrpanzer" einen Benziner oder Dieselantrieb hatte bei Nachrüstungen für die Schiene. Von daher Panzer aber erst wenn mit Räder bestückt wurde.
JEDER Fahrpanzer hatte Räder, wie sollte er denn wohl sonst auf den Geleisen fahren?
4_Gruson_2.jpg

Da sieht man die Schienen und die Räder - klein, aber Räder!

noch eine Korrektur: Die Besatzung bestand aus zwei Mann. Ich nehme an, einem Schützen und einem Lader?


Gruss Pelzer


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noch eine Korrektur: Die Besatzung bestand aus zwei Mann. Ich nehme an, einem Schützen und einem Lader?

Gruss Pelzer
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Feines Teil was du hier vorstellst.

Nur stelle ich mir das ganz schön eng vor, wenn ich den Kutscher auf dem 1. Bild mal als Vergleich nehme. Viel Platz zum Laden und Richten war dort nicht. Vom Lärm mal und den Abgasen mal ganz zu schweigen.
Gab es damals eigentlich schon sowas wie Ohrschützer?
 
Versteht die Funktion dieses Geräts nicht falsch. Das sollte nicht auf dem Schlachtfeld umherfahren sondern in einem Sperrfort (wie die bei Metz) eingesetzt und dort notfalls versetzt werden können.

Es wurden angeblich 394 Stück gebaut, viele davon für Rumänien, die sie in der "Sereth-Linie" eingebaut haben, andere für die Schweiz. Die Rumänen haben sie im Manöver getestet und waren von der hohen Feuerrate sehr begeistert. Ob es ihnen im Krieg was gebracht hat, weiss ich nicht.

Die Schweizer haben sie kurioserweise noch bis nach dem 2. Weltkrieg im Dienst gehabt, wobei sie am Ende jedoch nicht mehr mit einem Pferdefuhrwerk sondern mit Lastwagen bewegt wurden.

Mit 4 cm Panzerung in der Kuppel und der Front waren sie zudem für den Entstehungszeitpunkt recht stark geschützt.

Für zwei Mann waren die verdammt eng!
 

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Versteht die Funktion dieses Geräts nicht falsch. Das sollte nicht auf dem Schlachtfeld umherfahren sondern in einem Sperrfort (wie die bei Metz) eingesetzt und dort notfalls versetzt werden können.

Müßte eigentlich klar sein, wenn man sich alle Links aus dem ersten Beitrag angesehen hat.

Waren sie denn mal im "Kampfeinsatz" an einem ihrer Standorte?
 
Wie heißt der kleinst Bundeswehr Panzer, Wiesel?
Ich bin lediglich 1,80 groß, habe aber echt Probleme gehabt. Beim Probesitzen

Vor kurzem habe ich in einer Technikgeschichte gelesen, dass es weniger verwunderlich wäre, wie früh manches "erfunden" wurde, als wie spät manches erst verwendet wurde.

Wenn ich das anschau, drängt sich doch ein Antrieb mit Motor richtiggehend auf.

Aber, Betriebssicherheit des Motors muss gegeben sein, geländegängig ebenfalls, der Motor muss ausreichend Leistung haben.
Sind wir in der Summe doch wieder beim Jahr 1916.

Auf jeden Fall interessant.
 
Müßte eigentlich klar sein, wenn man sich alle Links aus dem ersten Beitrag angesehen hat.

Waren sie denn mal im "Kampfeinsatz" an einem ihrer Standorte?

Die Sereth-Linie war im ersten Weltkrieg heftig umkämpft, die Front wurde über sie hinweg mal in die eine, mal die andere Richtung verschoben.
Ob diese Geschütze dabei zur Anwendung kamen habe ich nicht herausfinden können.
 
Die Schweizer haben sie kurioserweise noch bis nach dem 2. Weltkrieg im Dienst gehabt, wobei sie am Ende jedoch nicht mehr mit einem Pferdefuhrwerk sondern mit Lastwagen bewegt wurden.
Ich meine, alle Schweizer Fahrpanzer waren in Festungen eingebaut. Im ersten Beitrag habe ich zwei entsprechende Bilder verlinkt...

Gruss Pelzer


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In der Zeitschrift "Fortifikation" war in der Nr. 12 von 1998 ein Artikel über Oberst Schumann in der dieses behauptet wurde.
Tatsächlich! Ich habe dazu diese Textpassage gefunden:
„ ... Diese Geschütze waren im Raum Gotthard (Hospiz, Stöckli) sowie St. Maurise (Dailly) im Einsatz. Bis 1947 wurde in Dailly noch geschossen. Nachdem bei einem Schiessen ein Rohrkrepierer passierte, wurde das Schiessen untersagt.“


Gruss Pelzer

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Hier ist ein kurzer Artikel über die Sereth Linien.

Cmate 82 - Feature 31 RUMANIA: BUCHAREST and SERETH LINE DEFENCES.

Es sind auch Fotos der Forts heute und die Erwähnung sowohl Schumanns wie der Kuppeln von Grusson (nicht direkt der Fahrpanzer). Die Abgebildeten Forts scheinen in einem bemerkenswert guten Zustand zu sein, so dass anzunehmen ist dass dort direkt keine Kämpfe stattfanden (zumindest an den abgebildeten). Die Front ist jedoch mindestens 4 mal über den Fluss Sereth hin und her gegangen.
 
Der Artilleristenkochtopf hat es mir irgenwie angetan. Im Buch "Die Geschichte der schweizerischen Landesbefestigung" sind noch farbige Pläne so wie Zeichnungen und Fotos der Stellungen im Fort Stöckli und in der Redoute Hospiz.

Wenn jemand Interesse hat, kann ich sie noch einstellen.
 

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