Moderne Völker

Ich kann nur unterschreiben, dass ich mich nie als Deutsche klassifizieren werde.
Das geht wohl fast allen Deutsch-Schweizern so. Und auch die übrigen Volksgruppen machen das ja ähnlich.
M. W. nennen sich die Französisch-Schweizer "Romands", die Italienisch-Schweizer "Tessiner".

Ist halt auch ein Teil des gemeinsamen Staatsverständnisses, die Sprachgruppenzugehörigkeit niedrig zu hängen.

Dies auch eine Frechheit finde, wenn wir Deutschschweizer als Deutsche angesehen werden. :still:
Das käme jetzt auf den Kontext an.
Wenn manche Deutsche in einer überheblich-großdeutschen Attitude die Schweiz als dialekt-behaftete Provinz ansehen (wir wollen ja nicht über Politik sprechen, sondern würde mir aktuell ein deutscher Minister einfallen), dann ist das beleidigend.

Wenn wir hier über ethnische Deutsche reden, kann man die Schweizer schon miteinbeziehen.

Der Sprachgebrauch ist ja meist etwas willkürlich bzw. historisch gewachsen.
Die Elsässer trauen sich nicht mehr, sich als Deutsche zu bezeichnen, das wurde ihnen hart ausgetrieben.
Die Südtiroler tragen ihr Deutschtum in Großbuchstaben vor sich her, oft sehr provozierend ihren Landsleuten gegenüber.
In Dänemark oder Polen sagt man ganz normal "Deutsche" zur jeweiligen Minderheit, in Österreich ist das ein Politikum, in Belgien auch.

Da müsste man schon diese spezifsch deutsche kulturelle Merkmale in der Schweiz suchen.
Wenn man überhaupt solche kulturellen Merkmale eines Volks als Konzept akzeptiert (hat ja auch schnell etwas Klischée-haftes), dann wird man solche Gemeinsamkeiten zwischen Deutschen und Schweizern reichlich finden.
Da muß man nur andere Europäer fragen, die sehen diese Gemeinsamkeiten deutlicher als Deutsche oder Schweizer selber.
 
ursi
Da müsste man schon diese spezifsch deutsche kulturelle Merkmale in der Schweiz suchen.

Ja, das ist ein wenig schwammig formuliert bei Wikipedia. Aber im Prinzip ergeben sich diese "spezifischen kulturellen Merkmale" schon allein aus der Sprache und der geographischen Nähe zueinander. Wenn ich mal in den medialen Bereich gucke: Wir empfangen Schweizer Fernsehen, ich denke in der Schweiz sieht man auch sehr viel deutsches Fernsehen, bzw. Filme, die in Deutschland synchronisiert wurden, auch sehr viel Literatur oder Musik wird sicherlich an den Grenzen nicht Halt machen.
Im Gegensatz dazu gibt es ja auch deutsche Minderheiten im Baltikum, Rumänien, Argentinien, Ukraine etc etc., die sich teilweise selbst als Deutsche betrachten, aber mit "dem Deutschen", was häufig mit der Bundesrepublik assoziiert wird, ansich wenig zu tun haben, oftmals nicht mal mehr die deutsche Sprache beherrschen.

Auch die gemeisame Herkunft würde ich mal in Frage stellen. Kommt natürlich darauf an wie weit man in der Geschichte zurück geht. Bis zu den Kelten....

Die gemeinsame Herkunft wäre in dem Fall auf jene Deutschen bezogen, wie sie ab dem 11./12. Jhd. zu erkennen geglaubt wurden, nämlich als Angehörige eines der großen westgermanischen Stämme, wozu ja auch die Schwaben gehörten.

R.A.
Kann man so nicht sagen - weil es darauf ankommt, woher aus Deutschland dieser jemand kommt.
Ein Schwarzwälder oder Konstanzer versteht die Schweizer sehr wohl (und umgekehrt).
Ein Norddeutscher versteht sie nicht - aber der versteht ja auch die süddeutschen Dialekte nicht, ohne daß man innerhalb Deutschlands verschiedene Ethnien konstatieren würde.

Schon richtig, aber ich sagte ja auch, dass in Deutschland das Standarddeutsche eben die Norm ist um miteinander zu kommunizieren, in der Schweiz scheint mir das nicht so zu sein. Das ist ein Punkt, an dem jetzt oder zukünftig 2 Völker (Ethnien) versuchen könnten sich von einander zu unterscheiden.
 
Ja, das ist ein wenig schwammig formuliert bei Wikipedia. Aber im Prinzip ergeben sich diese "spezifischen kulturellen Merkmale" schon allein aus der Sprache und der geographischen Nähe zueinander. Wenn ich mal in den medialen Bereich gucke: Wir empfangen Schweizer Fernsehen, ich denke in der Schweiz sieht man auch sehr viel deutsches Fernsehen, bzw. Filme, die in Deutschland synchronisiert wurden, auch sehr viel Literatur oder Musik wird sicherlich an den Grenzen nicht Halt machen.

Ich weiss nicht wo du wohnst. Aber ich glaube nicht das man in Hamburg (als Beispiel) Schweizer Fernsehen empfangen kann. Ich meine damit SF 1 und SF 2 um bei den deutschsprachigen Sender zu bleiben.

Ja wir sehen das Deutsche Programm und die Filme sind in Standartsprache synchronisiert, wie wir auch die Bücher in der Standardsprache lesen. Geht ja einfacher. Die US-Kinofilme sind bei uns in Englisch mit deutschen und französischen Untertiteln. Wenn sie ins TV kommen, dann kommt die Synchronisierte Version.

Nur - wir sprechen im Alltag keine Standartsprache sondern Dialekt. In der Schule werden die Fächer in der Standartsprache Unterrichtet, das hat aber damit zu tun, das die Kinder von Ausländer etwas verstehen.

Im Schweizer Fernsehen wird auch zum Teil Standartsprache gesprochen - warum damit ein Welscher oder Tessiner auch etwas vesteht.

Als gutes Beispiel kann man eine Sendung die jeweils am Freitag kommt nennen. Die Arena ist eine diskussions Sendung über aktuelle politischen Themen. Diese wird im Dialekt gesendet, wenn ein Tessiner oder Welscher der kein Dialekt versteht eingeladen ist, wird in Standartsprache gesprochen.

Ach ja ich schaue Deutsche TV-Sender, weil die das bessere Programm haben als das Schweizer Fernsehen.

In Bern wird in der jeweiligen Landessprache gesprochen, also französisch, italienisch oder deutsch. Je nach Redner.


Im Gegensatz dazu gibt es ja auch deutsche Minderheiten im Baltikum, Rumänien, Argentinien, Ukraine etc etc., die sich teilweise selbst als Deutsche betrachten, aber mit "dem Deutschen", was häufig mit der Bundesrepublik assoziiert wird, ansich wenig zu tun haben, oftmals nicht mal mehr die deutsche Sprache beherrschen.

Der Deuschschweizer sieht sich aber nicht als deutsche Minderheit und betrachtet sich auch nicht als Deutscher. Ich bin zwar was mein Dialekt angeht eine Deutschschweizerin, nenne mich aber sicher nicht so, sondern Zürcherin, mein Mann ist ein Innerschweizer und nennt sich ein Zuger.



Die gemeinsame Herkunft wäre in dem Fall auf jene Deutschen bezogen, wie sie ab dem 11./12. Jhd. zu erkennen geglaubt wurden, nämlich als Angehörige eines der großen westgermanischen Stämme, wozu ja auch die Schwaben gehörten.

Schon klar, darum heissen ja die Deutschen auch Schwaben bei uns ;) Was nicht immer nett ist, je nach dem wie es gebraucht wird.


Schon richtig, aber ich sagte ja auch, dass in Deutschland das Standarddeutsche eben die Norm ist um miteinander zu kommunizieren, in der Schweiz scheint mir das nicht so zu sein. Das ist ein Punkt, an dem jetzt oder zukünftig 2 Völker (Ethnien) versuchen könnten sich von einander zu unterscheiden.

Doch ist auch so. Wenn wir mit einem unserem Dialekt nicht mächtigen Menschen sprechen, dann verwenden wir schon die Standartsprache.
In der Welsch-Schweiz dann eben französisch und im Tessin italienisch. Rätoromanisch wird nicht verlangt. Und wenn alles nicht hilft - Englisch.

Mir scheint aber auch, dass man nicht viel von der Schweizergeschichte weiss, geschweige denn die Schweiz kennt.
 
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Ich weiss nicht wo du wohnst. Aber ich glaube nicht das man in Hamburg (als Beispiel) Schweizer Fernsehen empfangen kann. Ich meine damit SF 1 und SF 2 um bei den deutschsprachigen Sender zu bleiben.

Ich weiß auch nicht, wie es in Hamburg ist, aber bei mir wird manchmal auf 3Sat auf Schweizerisches und manchmal Österreichisches Fernsehen umgestellt. Daher weiß ich auch, dass ich den schweizer Dialekt nicht oder nur sehr schwer verstehe.

Der Deuschschweizer sieht sich aber nicht als deutsche Minderheit und betrachtet sich auch nicht als Deutscher.

Das hat, aber wie gesagt, politische Gründe. Objektiv gesehen, hat ein sog. Russlanddeutscher, wie es hier in meiner Region viele gibt, viel weniger "Deutsches" an sich als ein Schweizer. :p
 
Ich kann nur unterschreiben, dass ich mich nie als Deutsche klassifizieren werde.


Sagen wir mal so:
ich wäre froh wenn ich für 12 Jahre Geschichte keine Verantwortung mit übernehmen müsste.....
Kann ich also nachvollziehen.

Aber wo willst Du unterscheiden? Kulturnation, OK: Max Ernst, Gottfried Keller, Hermann Hesse (ist eh aus Calw) Dürrenmatt haben wir alle im Deutsch-Unterricht behandelt.
Ich habe gestern, hinterhältig wie ich bin:devil:, geschrieben, dass Udo Jürgens den komischen Sangeswettbewerb mal gewonnen hat, als er in der Fremdsprache Deutsch sang. Wetten, dass die meisten Forenmitglieder nicht mitbekamen warum ich das geschrieben habe?

Für die Amis ist alles klar: Salzburg, Mozart, Jedermann: Deutschland.:devil:
Oberammergau, die Holzschnitzer mitsamt den "Heilanden" Österreich:devil:
Alles mit viel Kohle, Heidi und Alm-Öhi: Schweiz


Ich habe Verwandschaft beiderseits von Rhein und Bodensee - also den großen Unterschied kann ich nicht feststellen.
 
Sagen wir mal so:
ich wäre froh wenn ich für 12 Jahre Geschichte keine Verantwortung mit übernehmen müsste.....
Kann ich also nachvollziehen.

Es gibt nicht nur diese 12 Jahre, die Deutsche Geschichte hat viel mehr zu bieten. Die Schweizergeschichte auch - nur die wird wohl eher von Schweizern gelesen.

Aber wo willst Du unterscheiden? Kulturnation, OK: Max Ernst, Gottfried Keller, Hermann Hesse (ist eh aus Calw) Dürrenmatt haben wir alle im Deutsch-Unterricht behandelt.

Fragt sich nur, wer von der jüngern Generation den Dürrenmatt noch kennt ;)


Ich habe gestern, hinterhältig wie ich bin:devil:, geschrieben, dass Udo Jürgens den komischen Sangeswettbewerb mal gewonnen hat, als er in der Fremdsprache Deutsch sang. Wetten, dass die meisten Forenmitglieder nicht mitbekamen warum ich das geschrieben habe?

Habe ich ja gar nicht gelesen :rofl:

Für die Amis ist alles klar: Salzburg, Mozart, Jedermann: Deutschland.:devil:
Oberammergau, die Holzschnitzer mitsamt den "Heilanden" Österreich:devil:
Für die Amis ist ja eh Europa eins. :devil:


Alles mit viel Kohle, Heidi und Alm-Öhi: Schweiz

Hast noch Sauberkeit vergessen. Und Heidi: Japan :rofl:


Ich habe Verwandschaft beiderseits von Rhein und Bodensee - also den großen Unterschied kann ich nicht feststellen.

Da sind die Unterschiede nicht so gross. Die Schweiz besteht aber aus mehr. Die Unterschiede beginnen, schon in der Innerschweiz oder gehe ins Wallis. Da hat es dann sehr grosse Unterschiede.
 
Objektiv betracht spielt das alles keine Rolle.
Die Abgrenzungen zwischen den Nationen sind willkülich. Im Grunde geht nur um eines Nationalbewusstsein, Wir-Gefühl, Nationalismus...
Jede "Wir-Gruppe" kann sich als Volk betrachten, wenn sie es eben will. Mitunter muss sie dann mit Konsequenzen rechnen, z.B. Krieg.
Sprachliche Gemeinsamkeiten sind kein Muss, die Schweiz ist da das beste Beispiel. Wenn das Wir-Gefühl stimmt, ist das überhaupt kein Problem.
Gut zu wissen ist, dass die Unterscheidung von Dialekten und Einzelsprachen im Grunde der Politik unterliegt. Die Unterscheidung zwischen flämisch und niederländisch ist genauso willkürlich wie die zwischen rumänisch und moldawisch, norwegisch und dänisch... (Dass die Sprache der Österreicher und vieler Schweizer, einiger Belgier, Südtiroler... ebenfalls als deutsch bezeichnet wird, scheint eine ziemliche Ausnahme zu sein!)
Gleiches gilt übrigens auch für die Konfession, die mitunter auch eine Rolle spielt.
Und bei einer gemeinsamen Abstammung und einer gemeinsamer, geht es vor allem um Geschichtsbilder und Mythen. Was jetzt wirklich genau in grauer Vorzeit passiert, spielt keine Rolle. Es zählt der Mythos.
Das Problem der Belgier ist, dass zu viele nicht an den Mythos glauben. :rofl:
 
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Also, ich hab mal eine Doku über das belgische Königshaus gesehen. Der König äußerte die Ansicht, dass das belgische Volk eigentlich nur durch die Monarchie zusammen gehalten werde, und sonst klar ethnische Interessen die Gemeinschaft zerrütten würden.
 
als Mitglied geschrieben:
Fragt sich nur, wer von der jüngern Generation den Dürrenmatt noch kennt ;)
Die Physiker sind beliebte Schullektüre und meinem Bruder werd ich auch noch ein paar andere Stücke von ihm nahe bringen.

Als Moderator geschrieben:
Wie stabil Belgien ist, lässt sich nicht diskutieren ohne die Regeln zu brechen, weshalb darauf bitte verzichtet wird.
 
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Repo, ich habe deinen Gag mit Udo gelesen und verstanden.
Hier wurde gefragt, inwiefern ein Hamburger "Schweizerdeutsch" verstehen kann.
Ich. :) Ich kann es sowohl verstehen, wenn ich bei 3Sat Sendungen sehe, und nicht auf die Untertitel schaue, ich konnte es auch verstehen, als ich mal einen Schweizer im Urlaub in Istanbul kennenlernen durfte. Ich bin aber vielleicht eine Ausnahme, ich kann auch Bayrisch, "Ostfriesisch", oder Hans Moser, oder Voigtländisch, usw. verstehen. Die Niederländer verstehe ich aber nicht mehr.

Zum Topic: Wer mal die Definition des Brockhauses lesen möchte:

http://www.geschichtsforum.de/f303/bosnia-rama-bosnien-bih-18903/index2.html#post309952

ausserdem haben wir hier noch mehr Infos, und noch in vielen anderen Threads zum gleichen Thema:
Staatsnation und Kulturnation - Geschichtsforum.de - Forum für Geschichte

oder auch hier:
Wie läßt sich eine Nation definieren?
und hier:
Sinn und Unsinn der Nation
 
Zuletzt bearbeitet:
Da sind die Unterschiede nicht so gross. Die Schweiz besteht aber aus mehr. Die Unterschiede beginnen, schon in der Innerschweiz oder gehe ins Wallis. Da hat es dann sehr grosse Unterschiede.


Das stimmt mit dem Wallis:
aus dem linken Nasenloch wird Höchstallemannisch gesprochen, aus dem rechten Französisch. :devil:
Und das Höchstallemannisch ganz ohne franz. Nasale wie die Elsässer.:scheinheilig:
Und Skigebiete haben die. Gigantisch.:)
 
Ich weiß auch nicht, wie es in Hamburg ist, aber bei mir wird manchmal auf 3Sat auf Schweizerisches und manchmal Österreichisches Fernsehen umgestellt. Daher weiß ich auch, dass ich den schweizer Dialekt nicht oder nur sehr schwer verstehe.

Die 3 in 3sat steht für die drei (zum Teil) deutschsprachigen Länder Deutschland-Österreich-Schweiz. Die Sendung Kulturzeit wird z.B. aus drei verschiedenen Studios, von denen eines in der CH, eines in A und eines in D liegt, gesendet, immer reihum. Daher kann man dort auch täglich Programme der anderen Länder sehen. Manchmal ist es beim Schweizerdeutsch so, dass man's versteht (Nachrichten, Stimme aus dem Off eigentlich immer), andere Male ist man froh, dass 3sat untertitelt.
 
Nochmal zurück zur Ausgangsfrage. Das schöne Belgien hat der Welt ja nicht nur die Pommes frites und die ebenso schlanke Audrey Hepburn geschenkt, sondern auch eine interessante Diskussion, die sich mit dem Namen Henri Pirenne verbindet.

Dieser schrieb anfangs des 20. Jh. seine berühmte "Geschichte Belgiens" in der (mehr oder weniger offenen) Absicht, dem vergleichsweise jungen, erst 1830 kreierten Staat eine erweiterte historische bzw. historiograhische Legitimation zu verschaffen. Den Ursprung setzte er dabei, mal von der römisch-germanischen Vorgeschichte des Gebiets abgesehen, in der fränkisch-lotharingischen Zeit an. Insbesondere aber erkannte er die "Vorform" des heutigen Belgien im Reich der burgundischen Herzöge (14./15. Jh.).

Als "Held" der belgischen Geschichte galt ihm Philipp der Gute, der "conditor belgii" (Bd. 2, S. 199). Dieser habe vorhandene gesellschaftliche Strömungen, die zueinander kommen wollten, genutzt - es wuchs damals sozusagen zusammen, was zusammen gehörte (W. Brandt), wobei entgegen stehende Barrieren mehr oder weniger problemlos überwunden wurden (aaO, S. 197 f.):
Der Rassenunterschied konnte kein Einigungshindernis bei Ländern bilden, wo Vlamen und Wallonen Seite und Seite innerhalb derselben politischen und kirchlichen Grenzen lebten, denselben Kultureinflüssen unterworfen waren, sich der gleichen wirtschaftlichen Thätigkeit voller Eifer widmeten, das gleiche Recht miteinander teilten und gleiche Staatseinrichtungen besaßen. Seit der fränkischen Zeit war daselbst die Sprachgrenze niemals mit einer Staatsgrenze zusammengefallen, hatte keine der beiden Rassengruppen, die durch jene Grenze voneinander geschieden waren, jemals die andere zu beherrschen oder auszubeuten versucht.
Etwas verballhornt: Man kann auf ethnische und sprachliche Homogenität verzichten, wenn nur alles Übrige stimmt. Wenn Pirenne freilich jetzt, ein Jahrhundert später, sich die Ereignisse in Belgien anschaut, dann wird er wohl "im Grabe rotieren" - und fragen: Was ist falsch gelaufen in den letzten 100 Jahren?
 
Was ist eigentlich mit den "Belgern", einem germanischen oder keltischen Stammesverband der Antike, der mit Cäsar in Konflikt stand, und der nach ihnen benannten römischen Provinz Belgica?
Ist das kein Ansatzpunkt eines belgischen Nationalmythos?
 
Kurzer Zwischenruf in diese interessante Diskussion:
Unser Lateinlehrer bestand immer darauf,dieses Volk mit "Belgen" zu uebersetzen, nicht "Belgier" oder "Belger" - war das korrekt?

Früher sagte man sowohl Belger als auch Belgen, heutzutage sprechen Historiker recht unverfänglich einfach von den Belgae - sprich: am ehesten ist wohl die Verwendung der lateinischen Bezeichung korrekt.



Zur anderen Sache @MacX...
Ob man dieses antike - m.W. zum Großteil keltische, aber z.T. auch germanische - Volk als Ansatzpunkt für das spätere Belgien sehen kann: ja und nein.
Daß der Name Belgien auf dieses Volk bzw. auf die nach diesem Volk benannte römische Provinz (Gallia) Belgica zurückgeht, ist ein alter Hut. Unglücklicherweise ist es aber in der Geschichte dann ein etwas weiter Sprung - und zudem sind es auch einige territoriale Veränderungen in der Zeit - von der Provinz (Gallia) Belgica (die im 4. Jh. endet, weil im Westen Franken und im Osten Alamannen das Land in Besitz nehmen) bis zum Königreich Belgien ab 1830.
 
Nochmal zurück zur Ausgangsfrage. Das schöne Belgien hat der Welt ja nicht nur die Pommes frites und die ebenso schlanke Audrey Hepburn geschenkt, sondern auch eine interessante Diskussion, die sich mit dem Namen Henri Pirenne verbindet.

Dieser schrieb anfangs des 20. Jh. seine berühmte "Geschichte Belgiens" in der (mehr oder weniger offenen) Absicht, dem vergleichsweise jungen, erst 1830 kreierten Staat eine erweiterte historische bzw. historiograhische Legitimation zu verschaffen. Den Ursprung setzte er dabei, mal von der römisch-germanischen Vorgeschichte des Gebiets abgesehen, in der fränkisch-lotharingischen Zeit an. Insbesondere aber erkannte er die "Vorform" des heutigen Belgien im Reich der burgundischen Herzöge (14./15. Jh.).

Als "Held" der belgischen Geschichte galt ihm Philipp der Gute, der "conditor belgii" (Bd. 2, S. 199). Dieser habe vorhandene gesellschaftliche Strömungen, die zueinander kommen wollten, genutzt - es wuchs damals sozusagen zusammen, was zusammen gehörte (W. Brandt), wobei entgegen stehende Barrieren mehr oder weniger problemlos überwunden wurden (aaO, S. 197 f.):
Der Rassenunterschied konnte kein Einigungshindernis bei Ländern bilden, wo Vlamen und Wallonen Seite und Seite innerhalb derselben politischen und kirchlichen Grenzen lebten, denselben Kultureinflüssen unterworfen waren, sich der gleichen wirtschaftlichen Thätigkeit voller Eifer widmeten, das gleiche Recht miteinander teilten und gleiche Staatseinrichtungen besaßen. Seit der fränkischen Zeit war daselbst die Sprachgrenze niemals mit einer Staatsgrenze zusammengefallen, hatte keine der beiden Rassengruppen, die durch jene Grenze voneinander geschieden waren, jemals die andere zu beherrschen oder auszubeuten versucht.
Etwas verballhornt: Man kann auf ethnische und sprachliche Homogenität verzichten, wenn nur alles Übrige stimmt. Wenn Pirenne freilich jetzt, ein Jahrhundert später, sich die Ereignisse in Belgien anschaut, dann wird er wohl "im Grabe rotieren" - und fragen: Was ist falsch gelaufen in den letzten 100 Jahren?


Als initiales nationales Ereignis spielt die Schlacht der goldenen Sporen bei Kortrijk eine wichtige Rolle. Was manche seperatistisch gestimmten Flamen gerne ausblenden, ist die Tatsache, dass sich dort durchaus nicht Flamen und Franzosen/Wallonen gegenüberstanden, sondern auf beiden Seiten der Front. So hielt es das niederländische Brabant mit den Franzosen, während die französischsprachigen Bewohner von Namur auf Seite der Flamen kämpften.

In Belgien ist übrigens "Nederlands" gewaltig auf dem Vormarsch, und viele Schulen, die vor 15 Jahren zweisprachig waren, sind heute Flämisch. Wer in Westflandern unterwegs ist, dem wird auffallen, dass die meisten Hinweisschilder Flämisch sind. Wer nach Lille reisen will, muss nach Hinweisschildern mit dem Namen Rijssel Ausschau halten, und Namur heißt "Namen"
 
Obwohl die Belgae oder Belgier Jahrhunderte nicht als Staat existierten , ist es doch recht interesant das auch die Belgae sowohl keltisch als auch germanisch waren.
Andere Völker haben ja auch seit Ewigkeiten keinen eigenen Staat mehr , man denke mal an die Basken oder Kurden .
Interessant ist dass viele Mundarten in Belgien und den Niederlanden zu den fränkischen gehören und einer der Grüdungsstämme der Franken die Bataver
waren .
 
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