Die Schebecke, Schnellsegler der Korsaren

Galeotto

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Nachdem über Jahrhunderte die Galeere und ihre kleineren Verwanden ,Galeotta, Fusta und Brigantino ,die hauptsächlichen Raubschiffe im Mittelmeer waren, tauchte, vermutlich am Ende des 17. Jh., ein neuer Schiffstyp auf, die Schebecke. Sie zeigte noch einige Ähnlichkeiten mit den Mittelmeergaleeren, wie den langen und schlanken Rumpf, die weit über das Heck hinausragenden Poopdecks und ein dem Rammsporn ähnliches Galion.
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(maltesische Großmeistergaleere) Copyright by Galeotto
Obwohl sie in erster Linie ein Segelschiff war, bestand die Möglichkeit das Schiff ,bei Flaute, zu rudern. Da die Borde nicht mehr in erster Linie den Ruderern vorbehalten waren, konnten Schebecken bedeutend besser mit Kanonen bestückt werden, als ihre geruderten Vorgänger. Die algerische Schebecke ,nach Plänen von Chapman ,führte am Bug vier zwölfpfündige Kanonen und an den Breitseiten 16 Sechspfünder sowie acht dreipfündige Geschütze auf dem Achterdeck.
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(algerische Schebecke ,nach Chapmann, von mir gebaut)
Besegelt wurden sie mit einer lateinischen Takelage (lange Rahen mit Dreiecksegeln), ab dem Ende des 18. Jh. auch mit Polacker- oder Fregattentakelung.
Zunächst verwendeten die Korsaren der Barbareskenstaaten Algerien, Tunesien und Marokko ,Schebecken als schnelle Piratensegler. An Geschwindigkeit waren sie allen Segelschiffen überlegen, weshalb ab der Mitte des 18. Jh. auch die europäischen Mittelmeermächte, Frankreich, Spanien, die italienischen Seerepubliken und Fürstetümer und die Johanniter, dazu übergingen, diesen Schiffstyp in ihre Flotten, zu übernehmen ,um die Barbaresken mit ihren eigenen Mitteln bekämpfen zu können oder selbst Seeraub zu betreiben. Bekannt waren die Schebecken(franz. Chebec) der Franzosen ,wie die "Indiscret" und die "Requin" aus der Zeit Ludwig XIV. Die Spanier bauten auf Mallorca und in der Werft von Cartagena Schebecken(span. Jabeque)wie die "El Gamo" und die "Cazador". Kleinere Abarten der Schebecke ,wie die Felucca waren noch bis ins 20.Jh. für die Küstenseefahrt im Mittelmeerraum in Gebrauch.
Die letzte algerische Schebecke wurde 1830 von den Franzosen als Kriegsbeute in die eigene Flotte integriert und versah dort noch unter dem Namen "le Boberach" bis zur Mitte des 19. Jh. ihren Dienst.
 
Interessant ist die Besegelung mit zwei Dreieckssegeln, die schon fast moderne Züge hat und an die klassische Yachtbesegelung der Neuzeit erinnert. Theoretisch müßte das Schiff auch gute Eigenschaften beim Kreuzen gegen den Wind gehabt haben und relativ wendig gewesen sein.
 
Gegenüber den Rahseglern, welche für die Überseerouten verwendet wurden, sind sie auf jeden Fall beweglicher und konnten auch höher an den Wind gehen.
Dies konnten aber auch schon die Kutter der RN, da sie ja auch längs getackelt waren, mit ausnahme der Breitfock. Wenn diese kutter aber kreuzen sollten, schätze ich wurde die Breitfock weggenommen.
Im Englischen Kanal waren Lugger unterwegs, Chasse-Mare genennt. Die haben die Rahsegler auch alt aussehen lassen.

Bis Neulich

Apvar
 
Hier habt ihr noch ein Modell, diesmal zum selber Bauen:
 

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Interessant ist die Besegelung mit zwei Dreieckssegeln, die schon fast moderne Züge hat und an die klassische Yachtbesegelung der Neuzeit erinnert. Theoretisch müßte das Schiff auch gute Eigenschaften beim Kreuzen gegen den Wind gehabt haben und relativ wendig gewesen sein.
Diese Segelform war, auch wenn sie modern anmutet, im Mittelmeerraum seit dem frühen Mittelalter sehr verbreitet. Bereits die byzantin. Dromonen führten sie. Auch die mittelalterlichen venezianischen Handelsschiffe und Kriegsgaleeren waren lateingetakelt. Bei mittleren Windstärken waren sie zweifellos äußerst effektiv. Bei Sturm konnte man sie aber nicht so gut in ihrer Fläche reduzieren wie mehrere übereinander angeordnete Rahsegel. Deshalb führten viele lateingetakelte Schiffe, zusätzlich, mehrere unterschiedlich große Segel an Bord, teilweise auch verschieden lange Rahen, die an Deck gelagert wurden und bei Bedarf ausgetauscht wurden.
 
Wo kam eigentlich das Lateinrigg her?
Es ist keim Mediterrane Erfindung. Waren es die Araber mit ihren Dau's oder kam es aus Indien?

Bis Neulich

Apvar
 
Wo kam eigentlich das Lateinrigg her?
Es ist keim Mediterrane Erfindung. Waren es die Araber mit ihren Dau's oder kam es aus Indien?
Bis Neulich
Apvar
Das ist nicht vollständig bekannt. Die trapezförmigen Segel der Daus haben zwar eine gewisse Ähnlichkeit aber man weiß nicht, ob es sie schon vor den Lateinersegeln gab. Es gibt auch einige Unterschiede ,so besaßen die arabischen Schiffe keine Möglichkeit die Segel zu reffen, sie mussten bei Bedarf vollständig von der Rah abgeknüpft werden. Man kann ebenso vermuten, dass die Araber die Segel von den Europäern oder Byzantinern übernommen haben, da diese über eine längere Seefahrererfahrung verfügten. Von den Römern leitet sich das Wort Lateiner aber auf alle Fälle nicht ab denn in der Antike wurden rechteckige Segel verwendet. Vielmehr deutet das Wort auf italienischen Ursprung hin. Die Byzantiner bezeichneten ja die Bevölkerung Italiens als Lateiner. Die ältesten Darstellungen der dreieckigen Segel stammen aus dem 9. Jh.
Ich würde schon vermuten, dass die Lateinersegel rein mediteranen Ursprungs sind.
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Rekonstruktion einer byzantinischen Dromone aus dem 9. Jh. Bis auf die lateinischen Segel besaßen diese Schiffe noch eine große Ähnlichkeit mit römischen Biremen. Die Araber bauten diesen Schiffstyp nach.
 
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Die älteste mir bekannte Darstellung eines Lateinersegels, stammt aus einem Römischem Relief aus Byzanz, dass um 150 nach Christi entstanden sein soll. Es gibt andere Bilder aus Mosaiken die jedoch nicht eindeutig sind.
 
...Bei mittleren Windstärken waren sie zweifellos äußerst effektiv. Bei Sturm konnte man sie aber nicht so gut in ihrer Fläche reduzieren wie mehrere übereinander angeordnete Rahsegel. Deshalb führten viele lateingetakelte Schiffe, zusätzlich, mehrere unterschiedlich große Segel an Bord, teilweise auch verschieden lange Rahen, die an Deck gelagert wurden und bei Bedarf ausgetauscht wurden.

Die Mollorquinischen Llauds (Fischerei- und Handelsboote mit Lateinerrigg) hatten traditionell drei Segelsätze: Eine lange Spiere mit großem Segel die im Sommer verwendet wurde, ein kleineres dass im Winter gefahren wurde und ein ganz kleines dass man bei aufkommenden Sturm setzte.

Heute wird allgemein auch im Sommer nur das kleinere und bequemere Wintersegel verwendet, und bei Sturm bleibt man eh zu Hause.

Mit dem Lateinersegel kann man zwar hoch am Wind segeln, kreuzen ist aber schwieriger als mit einem Rahsegler. Die Spiere lässt sich beim Wenden nur schlecht auf die andere Seite des Mastes bringen. Wenn man sie jedoch auf der falschen Seite lässt, wird Spiere und Segel gegen den Mast gedrückt, die Segelwirkung ist schlechter, die Spiere kann im schlimmsten Fall brechen. Das nennt man dort "navegar a la mala": "Auf die schlechte (art) segeln".

Für Fischer und Händler war dieses in der Regel auch kein Problem, da die Winde an der spanischen Mittelmeerküste meistens sehr regulär und voraussehbar sind. Mit ablandigen Wind ist man im Morgengrauen losgefahren, mit Auflandiger Brise kam man am Mittag zurück
 
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Hier habt ihr noch eine kleine Skizze aus des Bdaians Skizzenbuch, mit einem Llaud mit der Spiere auf der falschen Seite nach einer Wende:
 

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Damit man die Lateinersegelrute umsetzen konnte, hatten die lateinbesegelten Schiffe
auch keine richtigen Wanten, die ja zum sogenannten "stehenden Gut" gehören ( das sind Taue, die nicht oder nur bedingt bewegt werden können), sondern nur Pardunen mit großen Blöcken, die man schneller ab- und auftakeln konnte, um dann die Lateinerrute auf die die andere Seite bringen zu können.
Man konnte natürlich auch ein Segel auf der Steuerbordseite anbringen und das andere backbords, sodaß man den Wind optimal nutzen konnte.
 
Warst Du mal auf einem Schiff welches mit Pardunen gesegelt wird? Wenn die nicht im richtigen Moment bedient werden hast Du ein Problem. Weil, wenn Du Pech hast, kostet es den Mast.
Pardunen sind der alte Begriff für Backstagen (engl. Backstay) und dienen zur Abstützung des Mastes. Also ein integraler Bestandteil der Statik eines Rigg's.

Bis Neulich

Apvar
 
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Auf dieser, Raphael zugeschriebenen Darstellung einer Fusta (kleine Galeere), sieht man sehr schön wie die Lateinerrute auf die andere Mastseite umgelegt wird. Die Pardunen wurden dafür auf der jeweiligen Seite ausgehangen.
 
Ich habe mal ein Minimodell von dem Bastelbogen, den Bdaian hier hereingestellt hat zusammengebaut. Es handelt sich um eine französische Schebecke ,die in die Marine aufgenommen wurde um die Barbaresken mit ihren eigenen Mitteln zu bekämpfen.
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Gratuliere! Ist ja echt hübsch geworden.

Ich hatte dieses Modell schon lange herumliegen und habe es nicht dazu gebracht es zu bauen. Freut mich dass Du es gemacht hast.
 
Gegenüber den Rahseglern, welche für die Überseerouten verwendet wurden, sind sie auf jeden Fall beweglicher und konnten auch höher an den Wind gehen. Dies konnten aber auch schon die Kutter der RN, da sie ja auch längs getackelt waren, mit ausnahme der Breitfock. Wenn diese kutter aber kreuzen sollten, schätze ich wurde die Breitfock weggenommen. Im Englischen Kanal waren Lugger unterwegs, Chasse-Mare genennt. Die haben die Rahsegler auch alt aussehen lassen.
Grundsätzlich gibt es zwei Segelarten, das Rahsegel und das Schratsegel.

Zu den Schratsegeln gehört natürlich auch das Lateinersegel. Doch würde ich nicht soweit gehen, diese Segelart auf deren Nutzung nur für den Küstenbereich einzuordnen. Denn es gab auch Schiffe die in Übersee eingesetzt waren und drugen das Lateinersegel. Als Schiffstyp sei hier die Karavelle genannt und berühmtes Beispiel ist die La Pinta von Kolumbus Schiffen zu nennen.

Aber auch an großen Schiffen wurde das Lateinersegel gefahren, meist als drittes Segel am Besan, deren Entwicklung allerdings ab dem 17.Jahrhundert zum Gaffelsegel überging.

Die Schratsegel sind sicherlich besser am Wind zu führen als ein Rahsegel und ein Kreuzen ermöglichen, durch den Tragflächeneffekt. Das macht die Schiffe in ihrer Handhabung wendig, aber ob ein Schiff schnell segeln kann und entsprechend drehen, hängt mehr von der Rumpfform ab. So würde ich die Schebecke als schnellen Segler des Mittelmeers mit dem Schoner aus den Nordmeerbereichen vergleichen. Wobei die Segel beim Schoner mit einer Gaffelbesegelung moderner sind, als die einer Schebecken.

Desweitern kann man den Schiffstyp Kutter oder Logger nicht mit einer Schebecke vergleichen, da diese schon allein durch Größe und Rumpfform ganz verschieden sind.
 
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