Lugus und Odin

Druselmos

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Hallo,

ich beschäftige mich im Moment viel mit Mythologie wobei mir etwas aufgefallen, was ich gerne hier zur Diskussion stellen würde.

Es geht um die Frage ob es sich bei dem keltischen Hauptgott Lugus (inselkeltisch Lugh) und dem germanischen Odin nicht um den ursprünglich selben Gott handeln könnte.


Dabei kann ich mir kaum vorstellen, dass ich der Erste bin, dem deren Ähnlichkeit auffällt. Beide sind einäugig, bewaffnet mit einem Speer und werden in Verbindung mit Raben gebracht.

Des weiteren fällt die Namensähnlichkeit von Lugus/Lugh mit dem germanischen Loki auf. Eine Theorie geht davon, dass Loki ursprünglich mit Odin identisch war und sie sich erst später zu getrennt wahrgenommenen Göttern entwickelten.

Sowohl Lugus, wie auch Loki gelten als geschickte Handwerker und Erfinder.


Weiß jemand von euch ob das Phänomen der Ähnlichkeit von Odin und Lugus schon mal weitergehend untersucht wurde?

Wie beurteilt ihr die Übereinstimmung? Gemeinsamer Ursprung, spätere Angleichung, weder noch, oder doch eher nur Zufall?

Viele Grüße, Drusemos
 
Wieso sollten beide derselbe Gott sein?

Die einzige Gemeinsamkeit ist IIRC ,daß beide von den Römern mit Merkur identifiziert wurden, wobei dies bei Lugos noch nichteinmal wirklich SICHER ist.

Loki ist eine obskure etymologie.. ebenso wie Lug, aber ich bezweifle ,daß beide miteinander zutun haben.

Anhand der inselkeltischen Erzählungen über Lugh und llew llaw gyffes kann ich keine besonderen Ähnlichkeiten zu Wodan oder Loki erkennen...
 
Hallo,

ich beschäftige mich im Moment viel mit Mythologie wobei mir etwas aufgefallen, was ich gerne hier zur Diskussion stellen würde.

Es geht um die Frage ob es sich bei dem keltischen Hauptgott Lugus (inselkeltisch Lugh) und dem germanischen Odin nicht um den ursprünglich selben Gott handeln könnte.


Dabei kann ich mir kaum vorstellen, dass ich der Erste bin, dem deren Ähnlichkeit auffällt. Beide sind einäugig, bewaffnet mit einem Speer und werden in Verbindung mit Raben gebracht.

Des weiteren fällt die Namensähnlichkeit von Lugus/Lugh mit dem germanischen Loki auf. Eine Theorie geht davon, dass Loki ursprünglich mit Odin identisch war und sie sich erst später zu getrennt wahrgenommenen Göttern entwickelten.

Sowohl Lugus, wie auch Loki gelten als geschickte Handwerker und Erfinder.


Weiß jemand von euch ob das Phänomen der Ähnlichkeit von Odin und Lugus schon mal weitergehend untersucht wurde?

Wie beurteilt ihr die Übereinstimmung? Gemeinsamer Ursprung, spätere Angleichung, weder noch, oder doch eher nur Zufall?

Viele Grüße, Drusemos

Lugh ist kein einäugiger Gott. Nach der irischen Mythologie ist er lediglich der Enkel Balors, des bösen Königs der Fomorianer, der nur ein Auge mit tödlichen Kräften hatte. Lugh tötet diesen später. Balor hat aber wenig Ähnlichkeiten mit Odin.
 
Aber Lugh wird mit Lugus gleichgesetzt oder? Das hatte ich auch nur wegen der Namensähnlichkeit Lugus-Lugh-Loki erwähnt.

Und bei Lugh finde ich eher die Ähnlichkeit mit Loki interessant (erfindungsreich, listig, schlau). Genau wie Lugus, der auch als Patron von Handwerkern und als listig gilt.

Diese Eigenschaften fehlen bei Odin eher, obwohl er als sehr weise und die Weisheit suchend gilt. Ausserdem wird er mit Toten, Verwandlungsfähigkeit, Krieg und Ekstase in Verbindung gebracht.

Weiß jemand worauf die Annahme oder These fußt, dass Odin und Loki ursprünglich identisch waren?

Bei Germanen und Kelten wird ja ein gemeinsamer Ursprung angenommen, aber auch so finde ich die Gemeinsamkeit: begleitet von Raben, einäugig und einen Speer tragend von Odin und Lugus, aufällig (es könnte sich z.B. nur die bildliche Darstellung erhalten, Ursprungsmythen, Zuständigkeiten und Geschichte der Götterfiguren aber verändert haben).


Das Phänomen der Einäugigkeit in der Mythologie ist interessant. Bei den Griechen die Zyklopen, bei den Germanen Odin, bei den Kelten Lugus, bei den Iren Balor. Fallen euch noch mehr solcher Beispiele ein?

Die Entstehung der Zyklopen wird ja auf Zwergelefantenfunde zurückgeführt, die vielleicht als einäugige Riesen gedeutet wurden.
 
Ein längerer Artikel zu diesbezüglichen Parallelen bzw. Ähnlichkeiten; die Grundaussage ist übrigens, daß diese Parallelen bzw. Ähnlichkeiten nicht auf einfache Übereinstimmungen reduziert werden können: The Birth of Lugh - Odin and Loki among the Celts

Anm.: Bereits angesprochen wurde auch die interpretatio romana bzgl. der Gleichsetzung mit dem römischen Mercurius und deren Umstrittenheit hinsichtlich Lugus. Daß eine solche pauschale Gleichsetzung optimistisch ist, da eine eineindeutige Übereinstimmung unzuverlässig ist , hatte Jan de Vries bereits 1960/61 herausgearbeitet.

Desweiteren ist dazu mE auch Keltische Daseinsdeutung und die ... - Google Bcher lesenswert.

Was Odin und Loki betrifft, so handelt es sich dabei um einen Dualismus: Loki ist Widerpart zu Odin. Soweit ich weiß, geht darauf auch die Annahme zurück, daß die beiden eigentlich identisch seien bzw. ursprünglich einmal identisch gewesen seien - doch gilt auch hierfür wie allgemein (und auch nicht nur für diesen Thread): wo die Fakten fehlen, hat die Spekulation freien Auslauf...

Bei Germanen und Kelten wird ja ein gemeinsamer Ursprung angenommen...

Gemeinsamer Ursprung inwiefern?
Mir erschließt sich nicht ganz, worauf Du mit dieser Aussage hinauswillst.
 
?

Wieso sollte es keine Ähnlichkeiten geben? Kelten und Germanen haben sich als direkte Nachbarn mit Sicherheit ausgetauscht, da werden sich ähnlichkeiten sogar in den Randgebieten wie Irland und Island erhalten haben ohne ,daß man einen direkten Zusammenhang oder gar einen gemeinsamen Ursprung vermuten müsste... eventuell gab es sogar direkte irische Einflüsse auf Island IIRC waren die Iren vor den Nordmännern dort.

Zu den alten Griechen wird man ebenso Gemeinsamkeiten finden (Hermes) wie zu den Sioux oder Ägyptern ohne ,daß man dort Kulturbeziehungen voraussetzen müsste.
 
Zu den alten Griechen wird man ebenso Gemeinsamkeiten finden (Hermes) wie zu den Sioux oder Ägyptern ohne ,daß man dort Kulturbeziehungen voraussetzen müsste.

Das hat Harald Weinrich als Mytheme beschrieben. Mytheme sind Versatzstücke von Mythen, die man in vielen Kulturen, ohne zwingenden Zusammenhang der Kulturen wiederfindet. Nun ist es natürlich so, dass sowohl Kelten als auch Germanen indoeuropäische Völker sind, daher ist es nciht ganz unwahrscheinlich, dass sie - Sprache ist ja auch der Kulturübermittler schlechthin - in ihren Mythen gemeinsame Ursprünge haben. Vor Überinterpretationen sollte man sich allerdings hüten. Ähnlichkeiten sind eben nicht zwangsläufig auf einen gemeinsamen Ursprung zurückzuführen, oder sie können entlehnt sein (letztere zwei Sätze sind allgemein gesprochen und nicht auf Haerangil bezogen).
 
Mytheme... danke für den Fachbegriff... mir waren bisher nur Märchentypen z.B. auf dem Arne Thompson Index geläufig.
 
"Gemeinsamer Ursprung inwiefern?
Mir erschließt sich nicht ganz, worauf Du mit dieser Aussage hinauswillst."

Gemeinsamer Ursprung in Bezug auf die Hypothese die davon ausgeht, dass Kelten und Germanen beide aus dem Urvolk der Indogermanen hervorgingen und sich erst später zu verschiedenen Ethnien entwickelten. Die sprachwissenschaftliche These wird manchmal auch auf einen indogermanischen Pantheon ausgeweitet. Und da Kelten und Germanen sich angeblich später von diesem hypothetischen Urvolk abgespalten haben, könnte man auch eine größere Übereinstimmung der beiden Mythologien in Betracht ziehen, als zum Beispiel im Vergleich mit den Griechen.
 
Gemeinsamer Ursprung in Bezug auf die Hypothese die davon ausgeht, dass Kelten und Germanen beide aus dem Urvolk der Indogermanen hervorgingen und sich erst später zu verschiedenen Ethnien entwickelten.

Das dachte ich mir schon; trotzdem besten Dank für die Bestätigung meiner Vermutung :fs:

Die sprachwissenschaftliche These wird manchmal auch auf einen indogermanischen Pantheon ausgeweitet.

Erstens ist dieses indoeuropäische "Urvolk" - wie Du ja selbst schreibst - hypothetisch; v.a. aber ist diese Hypothese auch keineswegs unumstritten.
Und wenn wir zweitens annehmen wollen, daß die Hypothese stimmt, so wäre
Und da Kelten und Germanen sich angeblich später von diesem hypothetischen Urvolk abgespalten haben, könnte man auch eine größere Übereinstimmung der beiden Mythologien in Betracht ziehen, als zum Beispiel im Vergleich mit den Griechen.
keineswegs derart zwangsläufig abzuleiten. Wie Du selbst einräumst, wäre die spätere Abspaltung von Kelten und Germanen "angeblich" - mithin also nicht sicher, sondern spekulativ -; und die Parallelen bzgl. Mythologien anderer indoeuropäischer Völker (z.B. eben auch der Griechen) wären dann dennoch gegeben (und wie groß oder gering bei detaillierter Betrachtung solche Übereinstimmungen wirklich sind bzw. bleiben, hatte ich bereits ausgeführt).
 
Das dachte ich mir schon; trotzdem besten Dank für die Bestätigung meiner Vermutung :fs:



Erstens ist dieses indoeuropäische "Urvolk" - wie Du ja selbst schreibst - hypothetisch; v.a. aber ist diese Hypothese auch keineswegs unumstritten.
Und wenn wir zweitens annehmen wollen, daß die Hypothese stimmt, so wäre

keineswegs derart zwangsläufig abzuleiten. Wie Du selbst einräumst, wäre die spätere Abspaltung von Kelten und Germanen "angeblich" - mithin also nicht sicher, sondern spekulativ -; und die Parallelen bzgl. Mythologien anderer indoeuropäischer Völker (z.B. eben auch der Griechen) wären dann dennoch gegeben (und wie groß oder gering bei detaillierter Betrachtung solche Übereinstimmungen wirklich sind bzw. bleiben, hatte ich bereits ausgeführt).


Sprachwissenschaftlich scheint doch eine indogermanische Ausgangssprache wahrscheinlich zu sein, wobei jegliche archäologischen Hinweise auf diese These fehlen, richtig?

Ich maße mir auch nicht an in dieser Frage Stellung zu beziehen, aber gerade aufgrund der offenen Fragen, ist es ein interessantes Thema.

Danke für den Link, zeigt ja doch, dass sich schon jemand daran gemacht hat. Loki und Lugus scheinen also miteinander vergleichbar zu sein und Odin scheint wahrscheinlich mit Gwydion (Gwodan) zusammen zu hängen. Habe es noch nicht zuende gelesen...
 
Zuletzt bearbeitet:
Man sollte bedenken, daß sich Religionen entwickeln. Sie sind nicht festgeschrieben, schon gar nicht in schriftlosen Zeiten. Der germanische götterhimmel um 800 ist nicht identisch mit dem um 400, um 0 oder gar in vorchristlicher Zeit. Götter verlieren an Macht, verschmelzen mit anderen, tauschen ihre Zuständigkeiten uvm.
die Gemeinsamkeiten zwischen Lugus und Odin/Wotan scheinen auf eine frühe Stufe eines mitteleuropäischen Gottes hinzudeuten, der sich dann über die Jahrhunderte in den jeweiligen Völkern auseinander entwickelte.
 
Sprachwissenschaftlich scheint doch eine indogermanische Ausgangssprache wahrscheinlich zu sein, wobei jegliche archäologischen Hinweise auf diese These fehlen, richtig?

Nicht "scheint wahrscheinlich gewesen zu sein", sondern (Proto-)Indoeuropäisch konnte auf Basis vorhandenen Sprachmaterials sowie der Betrachtung der Gemeinsamkeiten und der systematischen Unterschiede der indoeuropäischen Sprachen rekonstruiert werden.
Das ist allerdings das Arbeitsgebiet der Historischen Linguistik und nicht der Archäologie; Archäologie kann diesbezüglich auch nur in begrenztem Maße etwas beisteuern - z.B. wenn es Inschriften in einer bestimmten Sprache gibt. Hat eine Kultur i.d.S. kein oder nur ein rudimentäres Schrifttum entwickelt, wird es nämlich mit Rückschlüssen auf gesprochene Sprachen bzw. deren Klassifikation äußerst schwierig bis unmöglich.
Falls Dich die Rekonstruktion der Indoeuropäischen/Indogermanischen Ursprache intereressiert, findest Du auf Indogermanische Ursprache ? Wikipedia einen guten Einstieg und Überblick.
 
Götter mit besonderen Augen und Speeren, können von allen Völkern erdacht werden, die Speere und Augen kennen.
Eine besonderre Ähnlichkeit zwischen Odin und Lugh kann ich nicht erkennen. Hält man Lugh für einen Sonnen- und Lichtgott und Odin für eine Art stürmischen Nachgott, kann man miner Meinung eher von Gegensätzen als von Gemeisamkeiten sprechen.
 
alle Götter haben irgendwo ähnlichkeiten miteinander und dann gleichzeitig wieder Unterschiede... Götter sind komplexe Ideengebilde die aufgrund von Mythen erklärt und aufgrund von Ikonographien immerwieder miteinander identifiziert, verschmolzen oder ausdifferenziert werden können.

Früher hat man als interreligiöser Dialog sich gegenseitig Stories am Lagerfeuer erzählt oder philosophische Debatten über das Wesen des göttlichen geführt... in leicht veränderter Form findet das heute noch ganz genauso statt.

Ich sehe keinen Hinweis auf einen bestimmten mitteleuropäischen Ur-Gott... sehr wohl aber auf mythische Elemente die untereinander Austausch fanden.
 
ich sprach auch nicht von einem mitteleuropäischen Ur-Gott. Sondern von einem mitteleuropäischen Gott, der die Grundlage für Odin/Wotan und Lug gebildet haben mag. wobei hier allerdings schon der Begriff Gott sehr problematisch ist. Wie sah das religiöse Verständnis der Vorläufer von Germanen und Kelten überhaupt aus. hatten sie überhaupt schon Götter in unserem heutigen Verständnis oder verehrten sie "Hausgeister", "vergöttlichte Ahnen" etc.?
 
wobei hier allerdings schon der Begriff Gott sehr problematisch ist. Wie sah das religiöse Verständnis der Vorläufer von Germanen und Kelten überhaupt aus. hatten sie überhaupt schon Götter in unserem heutigen Verständnis oder verehrten sie "Hausgeister", "vergöttlichte Ahnen" etc.?

Gute Frage; und ich kann da auch wieder einmal nur einige wenige linguistische Anmerkungen beitragen.

Gehen wir von einem indoeuropäischen/indogermanischen Gott als Himmelsgott aus, so führt dies zur Wortwurzel *diu bzw. zu einem rekonstruierten indoeuropäischen/indogermanischen Himmelsgott *deiwos - vgl. z.B. griechisch Zeus, römisch Diespiter (anderer Name von Iupiter), altindisch Dyauh und Deva, Sanskrit Dyaus (pitar), kymrisch diu/duu/duw, germanisch *t(e)iwaz und von dort weiter zu altnordisch Tyr, altenglisch Tiw/Tig, althochdeutschTiu/Ziu; im Lateinischen schließlich über divus zu Deus.

Eine Grundlage für Odin/Wodan/Wotan oder Lugh/Lugus läßt sich daraus mE nicht herleiten...
 
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