Warum machte der Papst Zacharias den Karolinger Pippin zum König?

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Hallo,
könnt Ihr mir bitte ganz schnell die folgende Frage beantworten: Warum machte der Papst Zacharias den Karolinger Pippin zum König? Vielen Dank!
 
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"Anno 750 incarnationis dominicae mittit Pippinus legatos Romam ad Zachariam papam, ut interrogarent de regibus Francorum, qui ex stirpe regia erant et reges appellabantur, nullamque potestem in regno habebant, nisi tantum quod cartae et privilegia in nomine eorum conscribebantur, potestatem vero regiam penitus nullam habebant, sed quod maiordomus Francorum volebat, hoc faciebant; in die autem Martis campo secundum antiquam consuetudinem dona illis regibus a populo offerebantur, et ipse rex sedebat in sella regia circumstante exercitu, et maior domus coram eo, praecipiebatque die illo quicquid a Francis decretum erat; die vero alia et deinceps domi sedebat. Zacharias igitur papa secundum auctoritatem apostolicam ad interrogationem eorum respondit, melius atque utilius sibi videri, ut ille rex nominaretur, et esset, qui potestatem in regno habebat, quam ille, qui falso rex appellabatur. M andavit itaque praefatus pontifex regi et populo Francorum, ut Pippinus qui potestate regia utebatur, rex appellaretur, et in sede regali constitueretur.
Quod ita et factum est per unctionem sancti Bonifatii archiepiscopi Suessionis civitate. Appelatur Pippinus rex et Hildericus, qui falso rex appellabatur, tonsoratus in monasteriam mittitur." Aus den kleinen Lorscher Annalen/[SIZE=-1] Annales Laurissenses Minores.[/SIZE]
 
In Kurzform auf Deutsch:
Der Papst hatte sich an die Franken um Hilfe gewandt, da Rom von den Langobarden bedroht war. Das passte in die Pläne von Pippin und er richtete die berühmte Anfrage an Zacharias, ob derjenige König sein solle, der den Titel trägt oder derjenige, der die Macht hat.
 
Na ja, aber inwieweit tatsächlich der Papst im Frankenreich was zu sagen hatte, dürfte wohl fragwürdig sein. Die Theorie, dass das Königtum Pippins v. a. auf den Konsens der fränkischen Großen beruhte, halte ich da für überzeugender. Insofern ist die Ausgangsfrage damit zu beantworten, dass der Papst Pippin gar nicht zum König gemacht hat. Und die Lorscher Annalen könnten auch zu einem Zeitpunkt (um 800) entstanden sein, als eine Legitimation durch den Papst viel realistischer schien als eine solche durch die Großen...
 
Na ja, aber inwieweit tatsächlich der Papst im Frankenreich was zu sagen hatte, dürfte wohl fragwürdig sein. Die Theorie, dass das Königtum Pippins v. a. auf den Konsens der fränkischen Großen beruhte, halte ich da für überzeugender. Insofern ist die Ausgangsfrage damit zu beantworten, dass der Papst Pippin gar nicht zum König gemacht hat. Und die Lorscher Annalen könnten auch zu einem Zeitpunkt (um 800) entstanden sein, als eine Legitimation durch den Papst viel realistischer schien als eine solche durch die Großen...

Ich denke auch, daß Pippin zusätzlich zur eigentlichen "Macht" im Reiche sich dem Rückhalt aus Rom - so zu sagen der höchsten geistlichen Stelle - versichern mußte. Zum einen muß man bedenken, es geht hier nicht einmal um eine Thronvakanz, sondern es gab mit Childerich III. durchaus noch einen amtierenden König.
Zum anderen ist auch unbedingt zu beachten, daß erst wenige Jahre zuvor zwischen 737-743 eine von Karl Martell veranlaßte Thronvakanz zu Ende ging, weil es offenbar einen zu großen Druck von Seiten der Fürsten gab und sicher aus "traditionswahrenden Gründen" mußte dann mit Childerich III. noch einmal ein merowingischer König inthronisiert werden. So war es also offenbar eine durchaus heikle Angelegenheit, einen dynastischen Wechsel vorzunehmen - 743 war er offenbar noch nicht möglich. 751 mit der offiziellen Zustimmung des Papstes schon.
 
Ich verstehe dennoch nicht so wirklich, wozu die Zustimmung des Papstes überhaupt notwendig war, wenn Pippin doch wohl die Großen auf seiner Seite hatte. Ich meine, wir sprechen vom achten Jahrhundert, da hatte der Papst längst nicht die Machtstellung wie in der Zeit nach der Kirchenreform. Die fränkische Kirche war von ihm relativ unabhängig, Großen wie König konnte seine Ansicht egal sein. Etwas völlig Anderes ist es, wenn die päpstliche Zustimmung aber von einer Quelle aus dem 9. Jahrhundert behauptet wird - nachdem der Papst einen Kaiser krönte und eine damalige Vorstellung denkbar wäre, dass nur derjenige König werden könnte, der auch vom Papst anerkannt würde.
Hinzu kommt, dass Pippin dem Papst lediglich eine Frage gestellt hat, als würde er ihn um Rat bitten. Eine Krönung, Salbung oder was weiß ich durch den Papst hat es nicht gegeben. Auch keine offizielle Zustimmung im Stile von: "Ich, der Papst, anerkenne dich als König" oder dergleichen.
 
Ich verstehe dennoch nicht so wirklich, wozu die Zustimmung des Papstes überhaupt notwendig war, wenn Pippin doch wohl die Großen auf seiner Seite hatte. Ich meine, wir sprechen vom achten Jahrhundert, da hatte der Papst längst nicht die Machtstellung wie in der Zeit nach der Kirchenreform. Die fränkische Kirche war von ihm relativ unabhängig, Großen wie König konnte seine Ansicht egal sein. Etwas völlig Anderes ist es, wenn die päpstliche Zustimmung aber von einer Quelle aus dem 9. Jahrhundert behauptet wird - nachdem der Papst einen Kaiser krönte und eine damalige Vorstellung denkbar wäre, dass nur derjenige König werden könnte, der auch vom Papst anerkannt würde.
Hinzu kommt, dass Pippin dem Papst lediglich eine Frage gestellt hat, als würde er ihn um Rat bitten. Eine Krönung, Salbung oder was weiß ich durch den Papst hat es nicht gegeben. Auch keine offizielle Zustimmung im Stile von: "Ich, der Papst, anerkenne dich als König" oder dergleichen.

Ich denke, die Antwort des Papstes Zacharias ist durchaus als offizielle Legitimation zunächst nur für Pippin zu verstehen - zumindest wird es überall so dargestellt. Dessen Nachfolger Stehan II. bestätigte 754 diese Legitimation und dehnte sie auf alle Karolinger aus. Es ging dabei um die Legitmation der Karolinger sowohl nach innen und sicher vor allem nach außen. Und außerhalb des Frankenreiches hatten die Päpste durchaus eine gewisse Autorität - nur eben keine militärische Macht, weswegen sie einer Schutzmacht bedurften. Im Frankenreich selbst war die Kirche seit Chlodwig eigenständig, das ist richtig, aber es waren offiziell eben die Könige, die das geistige Oberhaupt im Reiche stellten. Die Karolinger hatten seit Karl Martell aber große Ambitionen, ihre Macht nach innen und nach außen weiter auszubauen und da kamen sie offenbar auch um den Papst in Rom nicht herum. Die eigentliche Macht zu haben ist die eine Seite - die Legitimation dieser Macht aber, insbesondere auch gegenüber anderen Großmächten in Europa, das war wieder eine andere Sache. Da mußte man alle Möglichkeiten nutzen - dafür wurden auch schon mal Urkunden gefälscht. Das scheint auch in späteren Jahrhunderten noch sehr wichtig gewesen sein.

Edit:
hier ist noch etwas zum nachlesen: http://www.mittelalter-genealogie.d...ch/pippin_3_der_kleine_frankenkoenig_768.html
 
Zuletzt bearbeitet:
Wozu brauchte Pippin eine Legitimation nach innen, wenn ein Konsens der Großen zu seinen Gunsten sowieso vorhanden war? Und wozu brauchte er eine Legitimation nach außen? Wem gegenüber? Wird in den Quellen dazu etwas erwähnt, dass er Legitimation BENÖTIGTE? Durch die Zustimmung der Großen war er bereits durch und durch legitimert, keiner hat an seiner Herrschaft mehr angezweifelt, v. a. keine Macht von außen, der es sowieso hätte egal sein können, wer da genau König war oder nicht.

Natürlich ist die Antwort von Zacharias nur auf Pippin bezogen, doch entstammt diese Antwort einer Quelle, die Jahrzehnte nach den Ereignissen abgefasst wurde und deshalb die ursprünglichen Geschehnisse gar nicht mehr nachvollziehen und sehr stark von dem eigenen Zeitempfinden geprägt war.

Urkunden wurden gefälscht ja, aber aus ganz naiven Gründen, um Besitzansprüche, die nicht bestritten wurden, mit einer Urkunde zu versehen, da man anachronistischerweise glaubte, derartige Urkunden hätte es schon mal gegeben. Hierbei sind natürlich v. a. vermeintlich karolingische Urkunden betroffen - die im Hochmittelalter gefälscht worden sind. Als Beispiel fällt mir eine Karl dem Großen untergeschobene Urkunde aus der Zeit Barbarossas ein, um Aachen ein Privileg zu erteilen, da geglaubt wurde, das Privileg, das von niemandem angezweifelt wurde, wäre in Form einer Urkunde, die es "wiederherzustellen" galt, einstmals bereits vorhanden gewesen.
 
Wozu brauchte Pippin eine Legitimation nach innen, wenn ein Konsens der Großen zu seinen Gunsten sowieso vorhanden war? Und wozu brauchte er eine Legitimation nach außen? Wem gegenüber? Wird in den Quellen dazu etwas erwähnt, dass er Legitimation BENÖTIGTE? Durch die Zustimmung der Großen war er bereits durch und durch legitimert, keiner hat an seiner Herrschaft mehr angezweifelt, v. a. keine Macht von außen, der es sowieso hätte egal sein können, wer da genau König war oder nicht.

Natürlich ist die Antwort von Zacharias nur auf Pippin bezogen, doch entstammt diese Antwort einer Quelle, die Jahrzehnte nach den Ereignissen abgefasst wurde und deshalb die ursprünglichen Geschehnisse gar nicht mehr nachvollziehen und sehr stark von dem eigenen Zeitempfinden geprägt war.

Urkunden wurden gefälscht ja, aber aus ganz naiven Gründen, um Besitzansprüche, die nicht bestritten wurden, mit einer Urkunde zu versehen, da man anachronistischerweise glaubte, derartige Urkunden hätte es schon mal gegeben. Hierbei sind natürlich v. a. vermeintlich karolingische Urkunden betroffen - die im Hochmittelalter gefälscht worden sind. Als Beispiel fällt mir eine Karl dem Großen untergeschobene Urkunde aus der Zeit Barbarossas ein, um Aachen ein Privileg zu erteilen, da geglaubt wurde, das Privileg, das von niemandem angezweifelt wurde, wäre in Form einer Urkunde, die es "wiederherzustellen" galt, einstmals bereits vorhanden gewesen.

Und es gab auch noch andere Urkunden, die gefälscht wurden. Interessant ist dabei, daß es innenpolitisch für Pippin sicher keine große Rolle spielte, ob er nun seine Salbung vom Papst legitimieren ließ. Aber Es ist auch eine Eigenheit des jeweiligen Machthabers, bereits zu Lebzeiten an seine Nachfolge zu denken. Und hier konnte es sogar sehr wichtig sein, daß er seinen Königstitel auch für die Nachkommen mit absichrete.
Außenpolitisch gab es insbesondere mit dem Byzantinischen Reich durchaus eine christliche Macht, vor der man sich legitimieren mußte.
Stell dir mal vor, Pippin hätte seine Königserhebung nicht derart "von offiziell höchster Stelle" absichern lassen, dann wäre die spätere Kaiserkrönung von Karl dem Großen niemals von Byzanz anerkannt worden.
Das war einfach eine vorausschauende Politik, die Pippin da betrieb - eine Politik mit einem "festen Fundament", wie man so schön sagt. Immerhin schickte sich das Frankenreich an, die führende Macht in Westeuropa zu werden.
;)
 
Dass ein Machthaber an seine Nachfolge denkt ist ja normal. Beim Fränkischen Reich handelte es sich allerdings um eine Erbmonarchie; erbberechtigt waren alle männlichen Nachkommen des aktuellen Königs. Da hatte der Papst auch wenig mit zu tun.
Und was Byzanz anging, so war es dem dortigen Kaiser so was von egal, wer König irgendeines Barbarenstammes im Westen war oder nicht. Mit dem Kaisertum hatte das ja nichts zu tun, insofern war die Königserhebung für Byzanz nicht von Belang; die Kaiserkrönung Karls des Großen war 751 noch lange nicht abzusehen - und von Pippin sicher auch nicht angestrebt worden. Fünfzig Jahre später herrschten völlig andere Umstände, unter denen Karl letztlich zum Kaiser gekrönt wurde. Und ach ja: Die Krönung Karls des Großen ist von Byzanz auch nur noch zwölf Jahren, zwei Kaisern und einem kurzen Krieg anerkannt worden - und selbst das nicht ganz freiwillig.
Übrigens hatte der Papst mit dem Kaisertum aus byzantinischer Sicht auch rein gar nichts zu tun. Dass man im Westen nur durch eine Krönung durch den Papst sich Kaiser nennen durfte erschien den Byzantinern im besten Fall als lächerlich, mehr aber nicht. Insofern glaube ich auch deshalb nicht, dass Pippin sich vom Papst im Hinblick auf ein späteres Kaisertum irgendwelcher Nachkommen krönen ließ.
Und inwiefern man von "vorausschauender Politik" in einer Zeit und einem Reich beinahe ohne Verwaltung und beinahe ohne Schriftlichkeit sprechen kann dürfte wieder fragwürdig sein; ich für meinen Teil bezweifle, dass es derartiges im siebten Jahrhundert gegeben hat. Solange in den Quellen nicht davon die Rede ist, handelt es sich in meinen Augen um eine schlichte anachronistische Konstruktion.
 
nun ja, wenn man der Theorie folgt, daß die Merowinger sich über ein spätantikes Sakralkönigtum definierten und die Legitimation der anderen beiden Großmächte jener Zeit, das byzantinische Kaisertum und das Kalifat in Bagdad ebenfalls sowohl eine machtpolitische als auch eine sakral-spirituelle Komponente enthielt, konnten die Karolinger auf eine solche spirituelle Legitimation wohl ebenfalls nicht verzichten.
Und da bot sich Rom als Partner quasi an, zumal die Franken Katholiken waren und große Teile des Reiches damals noch spätrömisch geprägt waren.
Mit der Krönung durch den Bischof von Rom holte man sich sowohl die (sakrale) Nachfolge Christi als auch die (imperiale) Nachfolge der (west)römischen Kaiser in die Familie und war damit legitimitätsmäßig quasi doppelt abgesichert.
Gleichzeitig konnte man damit das immer noch bestehende merowingische Sakralkönigtum aushebeln. und sich selbst vom Vorwurf der Ursupation befreien.
Ohne die sakrale Legitimation wären die Karolinger nichts anderes als bloße Thronräuber gewesen.
Rom andererseits sah in der Bindung an die neue Dynastie zum einen die Möglichkeit,den eigenen Einfluß auszubauen und zum anderen bedurfte es einer Schutzmacht nicht nur gegen die Langobarden sondern auch gegen Byzanz und Bagdad.
 
Nun gut, die Theorie vom merowingischen Sakralkönigtum ist allerdings auch schon alter Hut und wird in der Form wie früher nicht mehr vertreten, wenn auch eine gewisse Sakralkomponente nicht abzustreiten ist. Und eine "spirituelle Legitimation" seh ich im Zusammenhang mit der Kaiserkrönung Karls gerade noch so ein - allerdings nicht mit der Königserhebung Pippins. Und auch wenn ich es bereits gefühlte zweihundertvierundsechszig Male gesagt habe: Pippin dürfte seine Krone ausschließlich durch den Konsens der Großen des Frankenreiches erhalten haben. Als Thronräuber hätte ihn damit keiner angesehen, mit oder ohne päpstliche Approbation.
Und noch eine kleine Kleinigkeit: Rom benötigte eine Schutzmacht - aber nicht gegen Byzanz, die dieses die eigentliche Schutzmacht ja wahr, diese Funktion im achten Jahrhundert aber nicht mehr ausüben konnte. Deshalb wandte sich der Papst an die Franken. Inwiefern ein Merowingerkönig auf dessen Hilferufe reagiert hätte, definitiv ohne irgendeine Form der Legitimation benötigt zu haben, ist allerdings schwer zu sagen.
 
Pippin dürfte seine Krone ausschließlich durch den Konsens der Großen des Frankenreiches erhalten haben. Als Thronräuber hätte ihn damit keiner angesehen, mit oder ohne päpstliche Approbation.

Nun ja, zum einen ist fraglich,ob ein solcher Konsens tatsächlich bestanden hat, oder ob sich die Karolinger nur als Hausmeier und damit einflussreichste Partei im Merowingerreich kalt an die Macht geputscht haben.
Zum anderen hätte,wären die Karolinger so unangefochten gewesen,wie Du sagst, kein Grund für eine Abhängigkeit vom Papsttum bestanden und auch kein Grund sich mit den italienischen Verhältnissen zu befassen.Warum hätte man es dann also tun sollen ? M.E. kann der Grund nur in der sakralen Legitimation gelegen haben, die auch dazu gedient haben mag, der Opposition im Merowingerreich den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Byzanz war zwar nach dem Fall Westroms zunächst so eine Art Schutzmacht für Italien und Rom, im 8.Jahrhundert war dies aber längst nicht mehr der Fall. Bereits unter Gregor I d.Gr. begann schon die Abwendung Roms von Byzanz, das sich mit dem Exarchat von Ravenna vorübergehend eine eigene Machtbasis in Italien geschaffen hatte und auch das 6.Ökumenische Konzil von Konstantinopel , das die Zerstörung der alleinigen Lehrautorität Roms zur Folge hatte zeigen eher den Gegegensatz Rom-Byzanz als Byzanz als Schutzmacht Roms.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das sehe ich genau so wie @zaphodB.
Und ich möchte die damalige politische Situation noch einmal zusammen fassen:

1.) Es gab noch einen amtierenden merowingischen König, den die Karolinger unter Karl Martell einsetzen mußten, weil der Widerstand der Fürsten gegen eine mögliche Thonusurpation anscheinend zu groß oder zumindest zu gefährlich war oder hätte werden können.
Diesen Merowinger mußte man also 751 erst absetzen um selbst die Krone erwerben zu können und das gegen eine Dynastie, die sich als sakrale Herrscher von Alters her verstanden. Wie du selbst richtig angeführt hast, war das Reich eine Erbmonarchie. Um so wichtiger war es da, einen solchen Dynastiewechsel zu rechtfertigen.

2.) Die Karolinger strebten eine Königsherrschaft an, die auch in zukünftigen Generationen noch als rechtmäßig anerkannt werden sollte. Kein vermeindlicher "Nachkomme eines Merowingers" sollte auf Grund seiner Abstammung noch auf einen Anspruch auf die Krone pochen können.

3.) Auch außenoplitisch mußte die Übernahme der Krone Anerkennnug finden, insbesondere in Konstantinopel, das seit dem Untergang des Weströmischen Reiches wieder den Anspruch auf das "Gesamtreich" erhob, auf dessen Boden auch das Frankenreich und vor allem Italien lag. Dieser außenpolitische Anspruch wurde bereits bei der "Pippinischen Schenkung" (754) relevant, ohne den er wohl nie das Recht erhalten hätte, dem Papst oder sonst wem Land zu "schenken", welches gar nicht auf fränkischem Gebiet lag. Unter den Merowingern konnten die Karolinger auch immer "nur" im Namen des jeweiligen Königs handeln. Dies wollten die Karolinger seit langem nicht mehr. Es gab mehrere verschiedene Versuche der Karolinger, einen Dynastiewechsel herbeizuführen, die aber alle scheiterten. Hier wäre noch der Staatsstreich des Hausmeiers Grimoald im Jahre 656 gegen bereits ebenfalls so gut wie machtlose Merowinger anzuführen.
Das mit der Kaiserkrone kam später und war zur Zeit Pippins noch nicht vorhersehbar, da gebe ich dir recht, @imperator.

Wenn du fragst, warum Pippin seine Krone legitimieren lassen mußte, wo er doch genügend Macht besaß, um seinen Anspruch auch militärisch durchzusetzen, dann mußt du aber auch bedenken, daß in jener Zeit zwar viel auf militärischem Wege "geregelt" wurde, aber dennoch war das Mittelalter kein rechtsfreier Raum. Auch hier gab es Gesetze und die mußten befolgt werden. Und bei einem solchen Machtwechsel, wie er hier statt fand, mußte man einfach alle Möglichkeiten der Legitimierung in die Waagschale werfen.

Und noch eines gebe ich dir zu bedenken @imperator:
Wenn du sagst, daß "die Großen" des Reches "alle" für Pippins gestimmt haben, dann kann ich dir jetzt nicht widersprechen, weil ich es momentan nicht besser weiß, aber wenn sie es taten, dann nur deshalb, weil sie auf Grund der großen Macht der Karolinger nicht anders konnten. Aber wehe, wenn einer von ihnen mal nicht so durchsetzungsfähig war, dann wurde es selbst für einen legitimen König schwer, sich gegen die Fürsten politisch durchzusetzen...
 
Nun, kein mittelalterlicher König hat es sich leisten können, gegen den Willen einer breiteren Adelsfraktion eigene Ziele und Pläne duchzusetzen. Du hast völlig Recht, wenn du sagst, dass das Mittelalter kein rechtsfreier Raum war. Doch "Recht" und "Politik" im Mittelalter funktionierten anders als heute. Ein wichtiges Mittel mittelalterlicher Politik war die Herstellung eines breiten Konsens. Ich empfehle dir folgenden Aufsatz von Bern Schneidmüller: Konsensuale Herrschaft. Ein Essay über Formen und Konzepte politischer Ordnung im Mittelalter., in : Reich, Regionen und Europa im Mittelalter und Neuzeit, Berlin 2000, 53-87.
Die Macht der Karolinger war groß, doch spreche ich gar nicht von ihrer militärischen Macht, wenn ich vom Konsens der Großen spreche. Dieser hätte nicht unbedingt erzwungen werden müssen. Letztlich lag es auch im Interesse der Großen selbst, einen handlungsfähigen König über sich zu haben. Und der Merowinger war nun einmal nicht unbedingt das, was man als handlungsfähig bezeichnen würde... das Bild mittelalterlicher Reichsfürsten als machtbesessene Egoisten, die dem König jederzeit in den Rücken fallen würden, ist längst überholt. Bevor ein König oder noch vielmehr ein "einfacher" Hausmeier irgendetwas durchsetzen konnte, benötigte er den Konsens der Großen. Und dass Pippin König geworden war setzt einen Konsens voraus. Wie hätte er sich schon an die Macht "putschen" sollen? Im Fränkischen Reich hat es keine zentralen Institutionen gegeben, die er mit seinen Truppen, die es in der Form auch nicht gab, hätte besetzen können. Ein solches Denken ist schlichtweg anachronistisch.

Was die Einmischung in die Verhältnisse Italiens angeht: Es gab einen guten Grund für Pippin sich da einzuschalten: ein Hilferuf des Papstes. Pippin marschierte nach Italien, regelte die Dinge in seinem Sinn und ist genauso schnell wieder abgehauen. Hierbei irgendwelche Bezüge zwischen Pippins Italienpolitik und seiner Königserhebung zu ziehen halte ich für konstruiert. In den Quellen ist davon nichts zu finden.

Zu den einzelnen Punkten, die Barbarossa aufgeführt hat:

1.) Wenn, so wie ich meine, ein Konsens der Großen vorhanden war, war eine Rechtfertigung nicht mehr notwendig, auch nicht in einer Erbmonarchie.

2.) Verstehe ich schlicht und ergreifend nicht, worauf du hinaus willst. Mit der Tonsur ist den Merowinger jeglicher Anspruch auf Königsherrschaft genommen worden. Damit hat sich die Sache erledigt.

3.) Stimme ich partiell zu. Selbstverständlich erhob Byzanz Anspruch auf das Gesamtreich und selbstverständlich dürfte das Fränkische Reich als eine Art Usurpation betrachtet worden sein. Doch ob nun ein Merowinger oder ein Karolinger fränkischer König war änderte nichts an der Tatsache, dass irgendein fremder Barbar die Krone trug. Ich glaube, dass der Kaiser von Konstantinopel von einem Dynastiewechsel gar nicht mal wirklich was mitbekommen hat. Es ist ja nicht so, dass aus dessen Sicht die Merowinger die Königskrone für sich gepachtet haben. Wer sich König nannte, der war es halt. Und mit dem musste der Kaiser klar kommen. Ich verstehe auch nicht, weshalb es Pippin so sehr auf eine Anerkennung des Kaisers angekommen sein sollte. Hätte er einen Angriff des Kaisers befürchten müssen? Glaube ich kaum, zumal der Kaiser auch nicht vorher das Frankenreich attackiert hat. Er hatte ja genug an den eigenen Fronten am Hut.
 
Ach ja, und wegen dem merowingischen Sakralkönigtum möchte ich noch folgende Stelle bei Reinhold Kaiser, Das Römische Reich und das Merowingererbe, zitieren: "Die insbesondere von O. Höfler vertretene These eines ursprünglichen merowingischen Sakralkönigtums und einer 'germanischen Kontinuität' ist von sehr vielen Historikern ganz oder partiell aufgenommen worden. Doch sind gegen alle herangezogenen Belege kritische Einwände erhoben worden, so dass es geboten erscheint, nicht von einem alten Sakralkönigtum der Merowinger auszugehen."
 
Ach ja, und wegen dem merowingischen Sakralkönigtum möchte ich noch folgende Stelle bei Reinhold Kaiser, Das Römische Reich und das Merowingererbe, zitieren: "Die insbesondere von O. Höfler vertretene These eines ursprünglichen merowingischen Sakralkönigtums und einer 'germanischen Kontinuität' ist von sehr vielen Historikern ganz oder partiell aufgenommen worden. Doch sind gegen alle herangezogenen Belege kritische Einwände erhoben worden, so dass es geboten erscheint, nicht von einem alten Sakralkönigtum der Merowinger auszugehen."
Ich glaube, man sollte alte Traditionen in der damaligen Zeit nicht unterschätzen. Erst gestern habe ich im Fernsehen u. a, eine Folge über Otto III. gesehen.
Als Heinrich "der Zänker" nach dem Tod Ottos II. den minderjährigen Otto der Mutter wegnahm, da war das nach der Meinung der Historiker eine Maßnahme, zu der er nach germanischem Gesetz das Recht hatte.
Wenn das selbst 250 Jahre nach Pippin noch nachwirkte, dann zur Zeit Pippins erst recht.
Im übrigen glaube ich, daß du den "Konsens" der Großen überschätzt, Pippin zum König zu machen. Jedenfalls hatte Karl Martell diesen Konsens noch nicht und das, obwohl gerade er die Anerkennung hätte haben müssen, nachdem er die Araber zurück schlug. Selbst er hatte einen Dynastiewechsel nicht herbei führen können. Diese Tatsache spricht nun einmal für sich.
 
Ich glaube, man sollte alte Traditionen in der damaligen Zeit nicht unterschätzen. Erst gestern habe ich im Fernsehen u. a, eine Folge über Otto III. gesehen.
Als Heinrich "der Zänker" nach dem Tod Ottos II. den minderjährigen Otto der Mutter wegnahm, da war das nach der Meinung der Historiker eine Maßnahme, zu der er nach germanischem Gesetz das Recht hatte.
Wenn das selbst 250 Jahre nach Pippin noch nachwirkte, dann zur Zeit Pippins erst recht.
Im übrigen glaube ich, daß du den "Konsens" der Großen überschätzt, Pippin zum König zu machen. Jedenfalls hatte Karl Martell diesen Konsens noch nicht und das, obwohl gerade er die Anerkennung hätte haben müssen, nachdem er die Araber zurück schlug. Selbst er hatte einen Dynastiewechsel nicht herbei führen können. Diese Tatsache spricht nun einmal für sich.

Das ist doch ein völlig anderer Fall. Heinrich der Zänker war zwar kein Ottone, aber er war wie die Ottonen ein Liudolfinger. Er war somit nach dem Tod Ottos II. das liudolfingische Familienoberhaupt.
Und die Schlacht von Tours und Poitiers, die du hier mal wieder ansprichst, sollte man auch nicht überbewerten für den karolingischen Führungsanspruch. Es sind auch hier wieder die späteren, nciht die zeitgenöss. Quellen, welches aus einer kleinen Schlacht durch Abschreibefehler eine Schlacht um den Untergang des Reiches oder seine Abwendung machen.
 
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