Warum machte der Papst Zacharias den Karolinger Pippin zum König?

Tut mir leid, aber ehrlich gesagt verstehe ich den Sinn deines Beitrags nicht so ganz. Zunächst einmal hat bereits Kaiser Galerius zwei Jahre vor Konstantin ein Toleranzedikt für die Christen erlassen - dem Konstantin nichts wesentlich Neues hinzuzufügen hatte. Inwieweit er in der Kirche eine potentielle Machtstütze erkannt hat ist schwer zu sagen - kann sein, kann auch nicht sein.
Es wird übrigens geschätzt, dass zur Zeit Konstantin etwa 10% der Bevölkerung Christen waren. Um 400, also nach den theodosianischen Gesetzen, waren es auch nur etwa 50%. Das Christentum wurde stark gefördert, ja, aber zu einem beträchtlichen Teil lebten noch Heiden im Römischen Reich, eben bis weit in die Merowingerherrschaft hinein.

Was das alles allerdings mit unserer Diskussion über germanisches und römisches Recht in Spätantike und Frühmittelalter zu tun hat, ist mir allerdings ein Rätsel. Ich vermute mal, du meinst mit deinem Beitrag, dass durch die Christianisierung des römischen Reiches die Heiden nicht mehr ans römische Recht gebunden gewesen wären, weil dieses ja von christlichen Kaisern erlassen wurde. Und die Lex Salica, so deine Meinung, hätte sich auf diese heidnischen Römer bezogen. Habe ich das richtig aufgefasst?
Ich behaupte einfach mal: Ja. Und werde diese Auffassung im Folgenden zerlegen. Zuerst sei darauf aufmerksam gemacht, dass in deiner Argumentationsführung eine große Lücke klafft: Die Lex Salica ist ein "germanischer" Rechtstext, das auf die Franken bezogen war, nicht auf die Römer. Egal wie heidnisch manche Römer zur Zeit Chlodwigs noch waren - als Nichtgermanen galt für sie auch nicht die Lex Salica oder irgendein anderes germanisches Rechtswerk. Hinzu kommt, dass ich den Sinn nicht erkenne, weshalb ein christlicher König ein Rechtswerk für heidnische Franken bzw. Römer hätte erlassen sollen, nur weil diese das Rechtswerk christlicher Kaiser nicht akzeptiert hätten. Tut mir leid, aber da kann ich keine Logik erkennen.
Egal welcher Religion ein Bürger im Römischen Reich angehörte, er war auf die Gesetze des Kaisers, dessen Untertan er war, angewiesen. Genauso wie die Christen bis 300 die Gesetze des Kaisers achteten (abgesehen vom Opfer für den Kaiser, dass die Christen verweigerten, was nach manchen Forschungsmeinungen den Hauptgrund für die Christenverfolgungen darstellte), so waren nach 300 auch die Heiden daran gebunden. Wer sich nicht daran hielt, hatte mit den entsprechenden Konsequenzen zu rechnen. Und das war im Fränkischen Reich auch nicht anders: Der König war Herr über alle seine Untertanen, unabhängig ihrer Religion. Ein fränkisches Sakralkönigtum gab es nicht. Und die Lex Salica, vom römischen Recht durchaus beeinflusst, galt für alle Franken, Christen wie Heiden. Für die Römer galt nach wie vor das römische Recht, in welcher Version auch immer (Edictum perpetuum bzw. Codex Theodosianus bzw. Codex Iustinianus).
Übrigens sollen der Taufe Chlodwigs auch zahlreiche Franken gefolgt sein, so dass gar nicht mal so viele Heiden unter diesen übrig geblieben sein dürften, für die evtl. eine heidnische Gesetzgebung notwendig gewesen wäre.
Und noch etwas gebe ich dir mit auf den Weg: Nur weil der römische Kaiser christlich un die Hälfte der Bevölkerung Christen waren kann man nicht von einer christlichen Verwaltung sprechen. Die Verwaltung im Römischen Reich, auch in der Spätantike, war weitgehend "säkular", die Bischöfe übernahmen erst im 5. und 6. Jahrhundert allmählich Verwaltungsaufgaben - und selbst dies geschah nicht auf offiziellem Befehl, sondern deshalb, weil die römische Verwaltung in manchen Gebieten zusammengebrochen war und sie vom Bischof ersetzt worden war. Noch einmal: Das römische Recht ist nicht als ein durch und durch christliches Recht aufzufassen, sondern als das, was es eben war: Römisches Recht.
 
Tut mir leid, aber ehrlich gesagt verstehe ich den Sinn deines Beitrags nicht so ganz. Zunächst einmal hat bereits Kaiser Galerius zwei Jahre vor Konstantin ein Toleranzedikt für die Christen erlassen - dem Konstantin nichts wesentlich Neues hinzuzufügen hatte. Inwieweit er in der Kirche eine potentielle Machtstütze erkannt hat ist schwer zu sagen - kann sein, kann auch nicht sein.
Es wird übrigens geschätzt, dass zur Zeit Konstantin etwa 10% der Bevölkerung Christen waren. Um 400, also nach den theodosianischen Gesetzen, waren es auch nur etwa 50%. Das Christentum wurde stark gefördert, ja, aber zu einem beträchtlichen Teil lebten noch Heiden im Römischen Reich, eben bis weit in die Merowingerherrschaft hinein.
Und um 500 dürfte der Anteil der Christen noch viel höher gewesen sein.

Was das alles allerdings mit unserer Diskussion über germanisches und römisches Recht in Spätantike und Frühmittelalter zu tun hat, ist mir allerdings ein Rätsel.
Ich wollte nur einen kleinen chronologischen Überblick zwischen schalten, weil man die ganze Geschichte in einem gewissen Zusammenhang sehen muß: Die Franken auf der einen Seite, bei denen die Christianisierung erst mit dem Übertritt Chlodwigs zum Katholizismus erst begann und auf der anderen Seite die von ihnen Unterworfenen römischen Provinzen, die um 500 n. Chr. bereits weitgehend Christiansiert waren. In diesen Provinzen benötigte Chlodwig eine funtionierende Verwaltung und fand sie in der Kirche vor. Und ich gehe davon aus, daß die Kirche in den besagten Provinzen nur deshalb eine so starke Stellung haben konnte, weil die Bevölkerung weitgehend Christianisiert war. Denn was soll eine Kirche ohne Gläubige tun?
Ich vermute mal, du meinst mit deinem Beitrag, dass durch die Christianisierung des römischen Reiches die Heiden nicht mehr ans römische Recht gebunden gewesen wären, weil dieses ja von christlichen Kaisern erlassen wurde. Und die Lex Salica, so deine Meinung, hätte sich auf diese heidnischen Römer bezogen. Habe ich das richtig aufgefasst?
Nein. Die Lex Salica bezog sich nur auf die Franken, nicht auf die Römer und orientierte sich im Großen und Ganzen am traditionellen fränkischen Recht.

Egal welcher Religion ein Bürger im Römischen Reich angehörte, er war auf die Gesetze des Kaisers, dessen Untertan er war, angewiesen. Genauso wie die Christen bis 300 die Gesetze des Kaisers achteten (abgesehen vom Opfer für den Kaiser, dass die Christen verweigerten, was nach manchen Forschungsmeinungen den Hauptgrund für die Christenverfolgungen darstellte), so waren nach 300 auch die Heiden daran gebunden. Wer sich nicht daran hielt, hatte mit den entsprechenden Konsequenzen zu rechnen. Und das war im Fränkischen Reich auch nicht anders: Der König war Herr über alle seine Untertanen, unabhängig ihrer Religion. (...) Und die Lex Salica, vom römischen Recht durchaus beeinflusst, galt für alle Franken, Christen wie Heiden. Für die Römer galt nach wie vor das römische Recht, in welcher Version auch immer (Edictum perpetuum bzw. Codex Theodosianus bzw. Codex Iustinianus).
Übrigens sollen der Taufe Chlodwigs auch zahlreiche Franken gefolgt sein, so dass gar nicht mal so viele Heiden unter diesen übrig geblieben sein dürften, für die evtl. eine heidnische Gesetzgebung notwendig gewesen wäre.
Und noch etwas gebe ich dir mit auf den Weg: Nur weil der römische Kaiser christlich un die Hälfte der Bevölkerung Christen waren kann man nicht von einer christlichen Verwaltung sprechen. Die Verwaltung im Römischen Reich, auch in der Spätantike, war weitgehend "säkular", die Bischöfe übernahmen erst im 5. und 6. Jahrhundert allmählich Verwaltungsaufgaben - und selbst dies geschah nicht auf offiziellem Befehl, sondern deshalb, weil die römische Verwaltung in manchen Gebieten zusammengebrochen war und sie vom Bischof ersetzt worden war. Noch einmal: Das römische Recht ist nicht als ein durch und durch christliches Recht aufzufassen, sondern als das, was es eben war: Römisches Recht.

Stimmt, ich kann deinen Ausführungen zustimmen. Man muß bei dem Thema schon aufpassen, daß man sich nicht verrennt.
;)

Nur eines hätte ich noch nach zu fragen:
Ein fränkisches Sakralkönigtum gab es nicht...
Woher weißt du das?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ist aktuelle Forschungsmeinung. Habe bereits weit am Anfang dieses Threads einen Auszug aus Reinhold Kaisers "Römisches Erbe und Merowingerreich" gepostet.
 
Ist aktuelle Forschungsmeinung. Habe bereits weit am Anfang dieses Threads einen Auszug aus Reinhold Kaisers "Römisches Erbe und Merowingerreich" gepostet.
Stimmt, hab ich gefunden:
"Die insbesondere von O. Höfler vertretene These eines ursprünglichen merowingischen Sakralkönigtums und einer 'germanischen Kontinuität' ist von sehr vielen Historikern ganz oder partiell aufgenommen worden. Doch sind gegen alle herangezogenen Belege kritische Einwände erhoben worden, so dass es geboten erscheint, nicht von einem alten Sakralkönigtum der Merowinger auszugehen."
Aber warum nicht von einem Sakralkönigtum auszugehen ist, das wird hier nicht erklärt. Denn wer diesen Standpunkt einnimmt, der muß auch erklären, warum Chlodwig anstelle des Papstes nach seiner Taufe plötzlich auch noch als geistliches Oberhaupt im Reiche fungieren wollte, wenn er diese Position vorher nicht hatte.
 
Das ist nicht Kaisers Standpunkt, sondern der anderer Historiker. Er verweist hierbei auf:

A. C. Murray, After Rome's Fall. Narrators and Sources of Early Medieval History. Essays presented to Walter Goffart. Toronto 1998.

E. Picard, Germanisches Sakralkönigtum? Quellenkritische Studien zur Germania des Tacitus und zur altnordischen Überlieferung. 1991.

R. Schneider, Königswahl und Königserhebung im Frühmittelalter. Untersuchungen zur Herrschaftsnachfolge bei den Langobarden und Merowingern. Stuttgart 1972.

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich keines dieser Werke gelesen habe; aber die Studie von Picard hört sich sehr interessant an. Beizeiten werde ich darin mal hineinschauen.
 
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