Krieg im Westen 44/45: Auftakt zum Untergang

Die Frage sollte eigentlich nicht lauten warum verlor das dritte Reich den Krieg sondern wie hielt es Deutschland solange aus Krieg gegen eine solche Übermacht zu führen.
Meine Antwort zielte auch eher auf Auftakt zum Untergang hin. Es stört mich immer, dass sich der Westen als großer Sieger hinstellt, so als sei D-Day der Auftakt zum Sieg gewesen.

Ich denke Deutschland hielt den Krieg bis zum bitteren Ende (Breslau und Berlin) durch, weil es keine andere Wahl gab. Jeder wusste um die Millionen Leichen im Keller und ahnte, dass eine Niederlage Vergeltung nach sich ziehen würde. Zum Ende war alles nur noch reiner Aktionismus. Im Propaganda- und Durchhaltefilm "Kolberg" (Uraufführung 30. Januar 1945) vom Antisemiten Veit Harlan lässt man den jungen Major Gneisenau sagen: "Wehe, wenn wir diesen Krieg verlieren". Aus dem Zusammenhang läßt sich leicht erschließen, was damit gemeint war und was jeder dachte.
 
Betrachtet man die verheerende Situation im Reich aufgrund der Bombardierungen und die erfolgreiche logistische Abriegelung östlich der Seine, dann ist auch die Frage aufzuwerfen, ob die Allierten sich durch Planungsfehler im Rahmen von "Neptun" selber haben besiegen können.

Und in der Tat lassen sich neben den bereits aufgeführten Argumenten, die die Stärke der Alliierten indizieren, auch Momente der Schwäche bzw. gravierenden Fehleinschätzung erkennen.

Ein wesentlicher Aspekt bei amphibische Operationen ist die Feuerkraft der unterstützenden maritimen Kampfgruppen. Betrachtet man den Pazifik im Vergleich, dann wurde die 4.Marines Div. bei Namur durch 6 BB, 2 CA, 3CL und 11 DD unterstützt(vgl. Lewis: Omaha Beach, S. 289). Eine ähnliche Unterstützung fand die 7. Inf Div bei Kwajaleinen.

Für die Invasion in der Normandy wrden zwei Bombadierungsgruppen bereitsgestellt, die insgesamt 3 BB, 3 CA, 6 CL und 22 DD umfaßte.

Aus diesem Ungleichgewicht der eingesetzten Kräfte wird ersichtlich, dass die Lehren amphibischer Operationen aus dem Pazifik nicht in der gleichen Professionalität beherzigt wurden.

Den Unterschied an Feuerkraft mußten die Infantristen, vor allem an Omaha-Beach, direkt am Strand wettmachen, da aus einer Reihe von Gründen die Bombardierung der deutschen Positionen durch alliierte schwere Bomber ein Fehlschlag war.

Die Unterschätzung des direkten Feuers von Marineeinheiten auf die befestigten deutschen Positionen ist sicherlich ein gravierendes Argument, warum die Landung auf Omaha-Beach lange Zeit auf Messers Schneide stand am D-Day.

Der zweite Aspekte, der für die West-Allierten eine gefährliche Situation hätte heraufbeschwören können, betrifft die Frage der Logistik.

Diesen Aspekt kann man sehr gut illustireren an der geplanten Menge für die US Truppen und der tatsächlich ausgelieferten Menge in Prozent.

7. Juni // 21 %
9. Juni // 31 %
10. Juni // 38 %
11. Juni // 47 %
13. Juni // 60 %
15. Juni // 71 %
17. Juni // 76 %
30. Juni // 81 %
31. Juni // 93 %
(Quelle: Hart: Clash of Arms, S. 275)

Diese relative Schwäche der Allierten Truppen auch im Bereich der Munitionierung wurden bei zentralen Offensiven wie bei St. Lo durch die Luft eingeflogen und so konnte die notwendige artilleristische Unterstützung sicher gestellt werden.

Diese relative Schwäche der Alliierten Streitkäfte beim Aufbau der Logistik stand die Minimalversorgung der deutschen WM gegenüber, die lediglich auf dem Level eines stationären Krieges versorgt werden konnte und keinerlei operative Bewegungen mehr ermöglichte (vgl. z.B. Keegan: The Second World War, S. 416).

Zu erklären sind die Defizite der Alliierten natürlich auch vor dem Hintergrund der sehr ambitionierten Ziele, den Truppenaufmarsch in der Normandy zu intensivieren.
D-Day + tage // Truppen // Fahrzeuge
D-Day // 91.381 // 9.727
D + 5 // 218.957 // 29.859
D + 10 // 320.309 // 50.554
..
D + 60 // 1.031.256 // 215.590
(Quelle: Waddel: United States Army Logistics. The Normandy Campaign. S. 36)

Die Probleme resultierten aber nicht nur aus dem engagierten Truppenaufbau, sondern sind zu einem nicht unerheblichen Prozensatz durch den harten Widerstand der WM zu erklären. Das brachte den alliierten eitplan durcheinander und führte dazu, dass lebenswichtige Häfen erst deulich später eingenommen wurden als geplant, wie z.B. Cherburg geplant 14. Juni, besetzt 27. Juni oder Brest geplant 26.Juli, besetzt 17. September.

Die überlegende taktische und operative Kriegsführung der WM im Bereich der Normandy war in der Lage, die Allierten einzuschnüren. Mit dem relativ leichten, weil die Engländer die deutschen Panzer-Divisionen vor ihrer Front hatten - so die Sichtweise von Montgomery (The Memoirs of the Field-Marshal, S. 257-260) - Ausbruch der 1. US-Armee (18. Juli: Operation Cobra) aus ihrem Landungsgebiet ergab sich das Prelude zum Kessel von Falaise und dem Zusammenbruch der Wehrmacht in Frankreich.
 
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aha, na dann.
Es geht also gar nicht um das Beispiel sondern allgemein um ... .

Wenn Du mich zitierst dann bitte so, dass ersichtlich wird, dass ich im nächsten Abschnitt auf die Situation in der Normandy eingehe und die Klammer zum Thema herstelle.

Relevant für diesen Exkurs, der eigentlich gar nichts mit dem Thema zu tun hat, ist die These, dass die heutigen Revisionisten sich des Gedankengutes aus der NS-Zeit bedienen im Verhältnis "eins zu eins".

Will sagen, dass der "Führerkult" bei seinen heutigen Epigonen dazu führt, dass sie in offener Verehrung seiner "tiefgründigen" Einsichten, seine Erkenntnisse ausgesprochen platt wiederholen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Meine Antwort zielte auch eher auf Auftakt zum Untergang hin. Es stört mich immer, dass sich der Westen als großer Sieger hinstellt, so als sei D-Day der Auftakt zum Sieg gewesen.

Ich weiss nicht, auf welche Quelle sich Deine Einschätzung stützt.
Fakt ist:
1. Die Westgrenze, zunächst am Atlantik, war hoffnungslos militärisch überdehnt und eine Verteidigung nicht wirklich zu leisten.

2. Das Vorrücken der Alliierten bedrohte sehr schnell und sehr direkt das Ruhrgebiet und damit das industrielle Herz des Reichs.

3. Die Mehrfrontenbelastung bedeutete für die WM das finale Ende.

4. Ansonsten weise ich sehr häufig bei meinen Postings auf die Positionen der RA hin, da ich ihre Perspektive für sehr relevant halte.
 
Ich weiss nicht, auf welche Quelle sich Deine Einschätzung stützt.
Am 22. Juni 1944, eröffnete der Russe mit einer noch nie erreichten Truppenkonzentration von 10 Armeen, sowie 4 Luftarmeen seine Offensive. Die Überlegenheit der Roten Armee an Mannschaften beträgt 2:1, an Panzern 4:1, an Artillerie 3:1, an Flugzeugen 5:1. Die Überlegenheit an Waffen beträgt 10:1. 12000 LKWs sorgen für einen Nachschub von 25000 Tonnen pro Tag.
Am Mittwoch, dem 28. Juni 1944 existiert in Weißrussland keine deutsche Front mehr. Am Donnerstag kapituliert die deutsche 9. Armee.
Bis zum 3. Juli ist der Russe 300 Kilometer weit vorgestoßen und steht weit in Polen. 28 deutsche Divisionen mit 350000 Mann sind in dieser Zeit verloren gegangen.

Nach sechswöchigen Kämpfen gelingt es den Briten, am 19 Juli 1944, endlich Caen zu erobern.
 
Ja, ich weiss und diese Operation war zwischen Stalin, Roosevelt und Churchil abgesprochen als Teil einer übergreifenden Strategie.

Diese Operation gehörte zu den 10 entscheidenden Schlägen des Jahres 1944, wie sie Stalin in seiner Rede zum 27 Jahrestag des Oktober-Revolution, am 6. 11. 1944 genannt hat
 
@rurik:

Von "dem Russen" zu sprechen erscheint mir recht unangemessen, da es eine despektierliche Bezeichnung ist, deren Tradition sich spätestens in der Goebbels-Propaganda begründet und im Kalten Krieg unrühmliche Weiterverwendung fand. Es war die Rote Armee, gegen die gekämpft wurde, meinetwegen auch die Sowjetunion.

Korinthenscheißerei vielleicht. Aber gerade bei einem solchen Thema sollte auf die Wortwahl geachtet werden.

Nichts für ungut.
 
Meine Antwort zielte auch eher auf Auftakt zum Untergang hin. Es stört mich immer, dass sich der Westen als großer Sieger hinstellt, so als sei D-Day der Auftakt zum Sieg gewesen.
Da gebe ich Dir völlig recht. Von Jan bis Aug. 1944 verlor die Wehrmacht im Osten ca. 100 Divisionen.

Ich denke Deutschland hielt den Krieg bis zum bitteren Ende (Breslau und Berlin) durch, weil es keine andere Wahl gab. Jeder wusste um die Millionen Leichen im Keller
Da kann man an die im Forum diskutierte Himmler-Rede nach der fehlgeschlagenen Operation "Zitadelle" erinnern: man hatte "alle Brücken abgebrochen".

Der Wehrmachts-Führung im Westen war klar, dass ein Bewegungskrieg bei allierter Luftherrschaft in Frankreich nicht geführt werden konnte. Die einzige "Chance" bestand damit in der Abschnürung des Landekopfes unter Einsatz jedes Mittels.

Vielleicht dazu eine kleine Statistik, die eine Relation aufzeigt: Im Herbst 1943 standen im Westen 800 Panzer/Sturmgeschütze. Trotz mehrfacher Abgaben von Panzerverbänden an den Osten wurde die Zahl bis zum Juni 1944 - allierte Landung - auf 2000 aufgestockt. Das entsprach etwa dem Niveau der Operation bei Kursk (Zitadelle), und dürfte nicht wesentlich von der gesamten Ostfront (über 3000 km Frontlänge im Juni 1944) abweichen.
 
@rurik:

Von "dem Russen" zu sprechen erscheint mir recht unangemessen, da es eine despektierliche Bezeichnung ist, deren Tradition sich spätestens in der Goebbels-Propaganda begründet und im Kalten Krieg unrühmliche Weiterverwendung fand. Es war die Rote Armee, gegen die gekämpft wurde, meinetwegen auch die Sowjetunion.

Korinthenscheißerei vielleicht. Aber gerade bei einem solchen Thema sollte auf die Wortwahl geachtet werden.

Nichts für ungut.

Hm, respektlos oder gar verächtlich habe ich das nicht gemeint. Ich muss aber auch zugeben, dass es, völlig ohne Hintergedanken, in meinem Sprachgebrauch ist. Der Zweite Weltkrieg war für die Russen der Große Vaterländische Krieg in Anlehnung an den Vaterländischen Krieg gegen Napoleon. Dabei ging es der Masse der kämpfenden Soldaten sicher um Mütterchen Russland, weniger um Stalins Sowjetunion oder die Rote Armee, denke ich.
Exakter ist es aber trotzdem, von der Roten Armee zu sprechen.
 
Wenn Du mich zitierst dann bitte so, dass ersichtlich wird, dass ich im nächsten Abschnitt auf die Situation in der Normandy eingehe und die Klammer zum Thema herstelle.

Will sagen, dass der "Führerkult" bei seinen heutigen Epigonen dazu führt, dass sie in offener Verehrung seiner "tiefgründigen" Einsichten, seine Erkenntnisse ausgesprochen platt wiederholen.
Du nutzt ein Beispiel ich antwortete darauf.
Man sollte, nmA, nicht in Automatismen verfallen und jeden Autor in den gleichen Topf werfen. Ein Suworow ist nicht mit einem Hoffmann zu vergleichen.
Ebenso grenzt deine Interpretation das "alle" Befürworter der Präventivkriegthese automatisch auch offene Verehrer von Hitlers tiefgründigen Einsichten sei schon fast an Rufmord.

Ein bißchen mehr Abstand, mehr Differenziertheit zum Thema und mehr Sachlichkeit wäre wünschenswert, ansonsten gibt man den, von dir zurecht kritisierten Autoren, nur Wasser auf ihre rechten Mühlen.
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zurück zum Thema des Threads.

a.) Ich glaube nicht das man die Landungen im Pazifik und im europäischen Raum vergleichen kann.
Die US-Trägerluftstreitkräfte, so zahlenmäßig stark sie auch waren, im Vergleich zu den in England versammelten allierten Luftwaffen waren doch nur eher schwach.
Die Logistik für ausgedehnte Luftwaffeneinsätze war im Pazifik sehr viel schwieriger zu bewerkstelligen.
Während die tagelange Beschießung von Inseln / Landungszonen im Pazifik möglich war und keine großen operativen Auswirkungen hatten, wäre gleiches Geschehen in Europa ein viel zu deutlicher Fingerzeig welches die Zuführung von Reserven in diese Räume zur Folge gehabt hätte. Diese Zuführung von Reserven war im Pazifik den Japaner nicht möglich.

b.) Ich denke nicht das die Allierten "das direkte Feuer auf Marineeinheiten" aus befestigten deutschen Stellungen unterschätzten. Es waren Maßnahmen getroffen das diese Stellungen ausgeschaltet wurden, das sie versagt haben gehört zu den normalen Friktionen des Krieges.
Das die Landung im Omaha-Beach "lange Zeit auf Messers Schneide" stand halte ich für übertrieben. Schon gar nicht kann man aus einem evtl. Versagen in diesem Landungsraum auf ein generelles Versagen der gesamten Operation schließen, wie man aus deinen Zeilen (Absätze 1,6 + 7) interpretieren könnte.

c.) Die allierten Feldzugsplanung war bis September (meine ich) sehr im Zeitvollzug. Die geplanten Nachschubmengen waren also in der Realität nicht mehr gültig. Beispiel: Statt Treibstoff wurde mehr Munition benötigt.

d.)
Die überlegende taktische und operative Kriegsführung der WM im Bereich der Normandy war in der Lage, die Allierten einzuschnüren.
Anmerkung:
Eine taktische Überlegenheit des deutschen Heeres war sicherlich oft gegeben. Ob sie operativ überlegen war, wage ich zu bezweifeln (siehe auch festhalten starker Reserven im Raum Dover). Immerhin war die deutsche operative Führung "besser" als die allierte, was aber nmA nur zeigt wie schlecht die allierte operative und strategische Führung war.

http://www.geschichtsforum.de/474871-post24.html
zu 1.) Bis zur Landung in der Normandie gab es keine Front im Westen.
Sie konnte also auch gar nicht überdehnt sein. Auch die Westallierten konnten mit dem ihnen im Raum England zV stehenden Landungs- und Frachtertonnage nur irgendwo im Kanalraum landen. Die Bretagne mußte also nur gesichert werden. Das 3.Reich hatte das Problem das, aus verschiedenen Gründen, nicht erkannt wurde wo die Hauptlandung sich entfalten sollte. Hitler ging auch nach Beginn der Landung in der Normandie davon aus das die "Hauptlandung" im Raum Dover stattfinden mußte. Aus diesem Grund wurden starke Infanterieverbände im dortigen Raum festgehalten. Eine frühere Verlegung dieser Verbände in die Normandie hätte erhebliche operative Wirkungen gezeigt.

zu 2.)
Der allierte Vormarsch war - an sich - von einem schnellen ausfächern und breiten und eher langsamen Vormarsch gekennzeichnet. Ein massiver Vorstoß in Richtung Ruhrgebiet hätte tatsächlich die schnelle Kriegsentscheidung gebracht, dieser wurde aber nicht durchgeführt. Außer dem stümperhaften Versuch von Market Garden.

zu 3.)
Schon vor der Landung war klar das die WM zusammenbrechen würde. Die Verluste im Osten waren zu groß.

Ohne die Bindung, Abnutzung und faktische Zerstörung des Heeres im Kampf gegen die Rote Armee war keine Landung in der Normandie möglich. Aus diesem Grund halte ich eine These: Auftakt zum Untergang für grundfalsch. Das sehe ich wie Rurik.
 
1. Ein Suworow ist nicht mit einem Hoffmann zu vergleichen.

2. Ebenso grenzt deine Interpretation das "alle" Befürworter der Präventivkriegthese automatisch auch offene Verehrer von Hitlers tiefgründigen Einsichten sei schon fast an Rufmord.

3. Ein bißchen mehr Abstand, mehr Differenziertheit zum Thema und mehr Sachlichkeit wäre wünschenswert, ansonsten gibt man den, von dir zurecht kritisierten Autoren, nur Wasser auf ihre rechten Mühlen.

zu 1. Mir sind die Unterschiede der einzelnen Personen durchaus bewußt. Und dass ich sie in einen Topf geworfen habe, bezieht sich auf die Vereinnahmung dieser Autoren durch revisionistische Kreise.

Und da bin ich der Meinung, dass Hoffmann zuwenig getan hat, sich dieser Umarmung zu entziehen. Er wird ähnlich wie Post und Magenheimer als die eigentlichen Militärexperten aus dem deutschsprachigen Raum für die Absicherung der Präventivkriegsthese herangezogen.

zu 2. Nicht ich begehe den Rufmord, sondern die Personen Positionieren sich durch ihre Publikationen und durch die Vorträge (bzw. Gesellschaften bei denen diese Vorträge gehaltenwerden), die sie halten.

Sie Positionieren sich auch durch die Stellungnahmen, die sie zu anderen Historikern abgeben bzw. in der Art wie Sie Brücken bauen. Oder wie Konflikte in einzelnen Forschungsinstitutionen ablaufen.

Und die Positionierung kommt auch dadurch zustande, welches Erkenntnisinteresse man bei seinen Forschungen an den Tag legt und welche Fakten man für relevant erachtet und welche man negiert.

Ob Hoffmann dabei bewusst und objektiv sich in der Kontinuität zu Hitlers Legitimationsversuchen befindet, oder ob er aus einem universellen Antikommunismus oder aus welchen Gründen auch immer seine positionen bezieht, kann ich dabei nicht beurteilen. Dennoch wird er durch seine Vereinnahmung durch revisionistische Kreise als "Legitimationsbeschaffer" instrumentalisiert. Das ist einfach die "häßliche" Seite der Geschichtswissenschaft und jeder Historiker muss sich Gedanken machen, welche Positionen er bewusst oder unbewusst unterstützt.

Es besteht die faktische Polarisierung in dieser Debatte und jeder der Bteiligten hatte die Möglichkeit über seine Beiträge zuzuordnen. Hoffmann hat sich auch zugeordnet und ich vermute, er wußte was er tut.

3. Nein, nicht Differenzierung muss man betreiben, sondern die übergeordnete Metaebne verstehen. Es werden nicht revisionistische Themen per Zufall generiert, sondern sie können erkenntnisgeschichtlich zugeordnet werden. Und ihr gemeinsames Credo ist die retrospektive Legitimationsbeschaffung für das NS-Regime, weil Hitler in den WW2 getrieben wurde.

Dass man ein historisches Thema dabei immanent und parallel erkenntnistheoretisch als Exkurs diskutiert, ist vielleicht etwas ungewöhnlich, aber bietet sich bei diesem Thema an.

Solltest Du an einer differenzierten Betrachtung der Präventivkriegthese über Suworow, Meltijuchow, Besamenskij, Musial, Hoffmann, Post, Magenheimer, Scheil, Schulze-Rohnhoff, Maser und anderer interessiert sein, dann mach ein Thread auf und da können wir das Thema gerne nochmal differenziert ein zweites Mal, da es diesen Thread ja schon gab, diskutieren. Viellicht kommen ja neue Punkte hinzu.
 
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zu 1. Mir sind die Unterschiede der einzelnen Personen durchaus bewußt. Und dass ich sie in einen Topf geworfen habe, bezieht sich auf die Vereinnahmung dieser Autoren durch revisionistische Kreise.
Nun liest sich dein Beitrag hier:
http://www.geschichtsforum.de/474570-post5.html
gänzlich anders.

Hoffmann hat seine Anscheinung durchaus sehr deutlich gemacht, siehe Wikipedia-Zitat, ich kann eine mangelnde Abgrenzung nicht erkennen. Revanchistische Autoren, wie die angesprochenen Suworow, Post, Magenheimer ... meinen das deutsche Heer der Roten Armee nur kurz zuvorgekommen sei und zwar absichtlich und bewußt. Das ist ein himmelweiter Unterschied zu den Aussagen von Hoffmann.


zu 2. Nicht ich begehe den Rufmord, sondern die Personen Positionieren sich durch ihre Publikationen und durch die Vorträge (bzw. Gesellschaften bei denen diese Vorträge gehaltenwerden), die sie halten.
siehe oben. Im übrigen hab ich nicht geschrieben du "begehst" Rufmord sondern deine Aussagen sind am Rande dessen.

Sie Positionieren sich auch durch die Stellungnahmen, die sie zu anderen Historikern abgeben bzw. in der Art wie Sie Brücken bauen. Oder wie Konflikte in einzelnen Forschungsinstitutionen ablaufen.
Wir wissen also wie die Konflikte in den Forschungsinstituten ablaufen. Per Berichten der Beteiligten innerhalb der Institute. Wobei manche der dem einen glauben wollen, andere eher dem anderen.

Und die Positionierung kommt auch dadurch zustande, welches Erkenntnisinteresse man bei seinen Forschungen an den Tag legt und welche Fakten man für relevant erachtet und welche man negiert.
Tatsächlich. Und du willst mir jetzt erzählen das ein Widgard Benz, Knopp nicht Fakten unter den Tisch fallen lassen?

Ob Hoffmann dabei bewusst und objektiv sich in der Kontinuität zu Hitlers Legitimationsversuchen befindet, oder ob er aus einem universellen Antikommunismus oder aus welchen Gründen auch immer seine positionen bezieht, kann ich dabei nicht beurteilen.
siehe ganz oben. Du hast es beurteilt.

Das ist einfach die "häßliche" Seite der Geschichtswissenschaft und jeder Historiker muss sich Gedanken machen, welche Positionen er bewusst oder unbewusst unterstützt.
Nein, Ein Historiker hat die Aufgabe die Geschichte zu recherchieren und nicht aktuelle politische Strömungen und Ansichten (denn nichts anders sind die "Positionen) in seine geschichtlichen Betrachtungen einfließen zu lassen. Nichtsdestotrotz geschah es in der Vergangenheit oft genug (siehe zb. Rezeption der Vorgeschichte und Geschichte des 1.Weltkriegs in Deutschland) und auch in der Realität. Gleiches gilt für die Geschichtsschreibung der DDR oder der USA oder oder oder.

Da wir anscheinend eine sehr unterschiedliche Auffassung der Rolle von Historiker haben werde ich auf deine letzten Punkte nicht mehr eingehen.

Nur eine Frage
Unter welchen Titel wurde die Präventivkriegthese behandelt?
 
Aus diesem Grund halte ich eine These: Auftakt zum Untergang für grundfalsch. Das sehe ich wie Rurik.

Das war gar keine These, sondern spiegelte im wesentlichen die Einschätzung des Führungszirkels des 3. Reichs wieder, dass durch die Invasion im Westen, der Zusammenbruch unausweichlich ist.

Dieses Aspekt hatte, wie ich im Zusamenhang mit dem Widerstand angeführt hatte, auch weitreichende politische Implikationen und reduzierte den subjektiv vermuteten - objektiv aber eh nicht vorhandenen - Handlungsspielraum.

Ob diese Einschätzung angesichts des Zusammenbruch der HG Mitte an der Ostfront im Rahmen von Bagration eine realistische Einschätzung war, steht auf einem anderen Blatt.

Und an anderer Stelle habe ich die These formuliert, dass der Zusammenbruch des dritten Reichs genauso eingetreten wäre, völlig unabhängig von dem Erfolg bzw. Mißerfolg der Invasion in der Normandy. An diesem Punkt besteht objektiv kein Dissens.


zu 1.) Bis zur Landung in der Normandie gab es keine Front im Westen.
Sie konnte also auch gar nicht überdehnt sein. Auch die Westallierten konnten mit dem ihnen im Raum England zV stehenden Landungs- und Frachtertonnage nur irgendwo im Kanalraum landen. Die Bretagne mußte also nur gesichert werden.

Weil es keine Landfront gegeben hat, deswegen konnte die Frontposition der WM nicht überdehnt sein. Verstehe ich nicht diese Argumentation. Fakt ist, dass im Bereich der 1. Armee lediglich eine Überwachung der Küste durchgeführt werden konnte. Einzelne Divisionen mussten Bereiche von 100 bis 200 km militärisch sichern.

Natürlich war sie extrem überdehnt wie man unschwer an der Priorisierung erkennen kann, die bei allen Aspekten der Steigerung der Abwehrkraft vorgenommen wurden.

Die Bretagne konnte nur überwacht werden, weil gar nicht ausreichend Einheiten zur Verfügung gestellt werden konnten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hitler war erfreut als er von der Landung in Frankreich hörte, da nach seiner Ansicht, die allierten Heeresstreitkräft erst JETZT geschlagen werden konnten.


Weil es keine Landfront gegeben hat, deswegen konnte die Frontposition der WM nicht überdehnt sein.
Die Begründung dafür hatte ich bereits gegeben.
Einzelne Divisionen mußten tatsächlich große Abschnitt sichern. Diese Abschnitte lagen allerdings in Bereichen in dem auch die Westallierten (mit dem ihnen in England zV stehenden Landungsraum) keine Großlandung durchführen und -vor allem- nähren konnten.

Letztlich ist keine Abwehrfront stark genug, deshalb müssen an bestimmten Stellen (zb. Bretagne) Schwächen hingenommen werden. Da die deutsche Führung meist (insbesondere und besonders - Hitler) der Ansicht war das die Landung nur im Raum Dover stattfinden konnte stand auch dort die Masse der Truppen.

Die Bretagne konnte nur überwacht werden, weil gar nicht ausreichend Einheiten zur Verfügung gestellt werden konnten.
wobei auch nicht mehr nötig war. siehe oben.
 
Ein Einwurf:

Kann man die Überdehnung an der Besetzung der frz. und belgischen Küste festmachen, oder muss man nicht vielmehr von den insgesamt im Westraum gebundenen Streitkräften (dazu siehe oben) ausgehen?
 
Die Begründung dafür hatte ich bereits gegeben.
Einzelne Divisionen mußten tatsächlich große Abschnitt sichern. Diese Abschnitte lagen allerdings in Bereichen in dem auch die Westallierten (mit dem ihnen in England zV stehenden Landungsraum) keine Großlandung durchführen und -vor allem- nähren konnten.

Es lässt sich doch aber nicht bestreiten, dass die Länge der Atlantikküste bei den strategischen Vorüberlegungen eine große Rolle spielte - und die unterschiedlichen Anschauungen letztlich zum Konflikt zwischen Rommel und Rundstedt führten, weil ersterer eine statische Verteidigung präferierte, der andere mobile Reserven im Hinterland, um eben flexibel an verschiedenen Landepunkten eingreifen zu können.

Ebenso lässt sich ja nicht bestreiten, dass es im Rahmen der Küstenverteidigung zu einer deutschen Schwerpunktbildung kam
Die 7. Armee hatte mit ihren schwächeren Divisionen einen mehr als doppelt so großen Küstenabschnitt zu übernehmen im Vergleich zur 15. Armee.


Der Atlantikwall in Frankreich
 
Ebenso lässt sich ja nicht bestreiten, dass es im Rahmen der Küstenverteidigung zu einer deutschen Schwerpunktbildung kam
Die 7. Armee hatte mit ihren schwächeren Divisionen einen mehr als doppelt so großen Küstenabschnitt zu übernehmen im Vergleich zur 15. Armee.

Irgendein Autor in einem Überblickswerk zur Normandie hat das mal so erklärt: die deutsche Seite hatte keine praktischen Erfahrungen von einer amphibischen Operation dieses Ausmaßes. Norwegen ist von der Größenordnung der Verbände eher ein Klassenausflug dagegen; bei Seelöwe blieb man am grünen Tisch hängen, bekam aber eine planerische Vorstellung von der Größenordnung. Von daher war naheliegend, die Invasion am logistisch vermutlich günstigsten (=kürzesten) Abschnitt zu erwarten, der zudem den kürzesten Weg ins Ruhrgebiet (dieses "Droh-Motiv" beherrschte schon die Planung 1939/40) eröffnen würde.
 
Hoffmann hat seine Anscheinung durchaus sehr deutlich gemacht, siehe Wikipedia-Zitat, ich kann eine mangelnde Abgrenzung nicht erkennen. Revanchistische Autoren, wie die angesprochenen Suworow, Post, Magenheimer ... meinen das deutsche Heer der Roten Armee nur kurz zuvorgekommen sei und zwar absichtlich und bewußt. Das ist ein himmelweiter Unterschied zu den Aussagen von Hoffmann.

Als Zusammenfassung schreibt Hoffmann "Die Rote Armee nahm eine Offensivaufstellung an der Westgrenze ein. Die militärischen und poliitischen Angriffsvorberetiungen der Roten Armee liefen von Frühjahr 1941 an auf Hochtouren. Hitler hatte keine klaren Vorstellungen davon, was sich auf sowjetischer Seite wirklich vorbereitete. Zieht man aber diese Vorbereitungen in Betracht, so wird deutlich, daß er einem Angriff Stalins durch seinen Angriff vom 22.Juni 1941 zuvorgekommen ist". (Hoffmann: Die Angriffsvorberetiungen der Sowjetunion 1941, in Zwei Wege nach Moskau, B. Wegner, S. 367-388).

Er benennt zwar keinen exakten Termin, aber zitiert Grezcko und suggeriert damit einen baldigen Termin des Angriffs der Roten Armee. Ansonsten stellt er eine Monografie, "Stalin und die Rote Armee" zu diesem Thema in Aussicht, in der er den Termin des Angriffs ausführlich beleuchten möchte. Ich konnte diese Monografie nicht auffinden.

Mit dieser Formulierung bewegt sich Hoffmann auf der Eingangs zitierten Aussage von Rundstedt über Hitlers Äußerungen zur Angriffsfähigkeit der Roten Armee.

Diese Argumentation reiht ihn in die Reihe der Autoren ein, die den Angriff der WM als einen Präventivschlag (betrachten wir die altpreußische Definition eines Halders als angemessen, neu dargestellt bei Messerschmidt in Pietrow-Ennker) im Rahmen einer "legitimen Selbstverteidigung" interpretieren.

Und das ist die Argumentationsebene, die Hitler als Legitimation für seinen Angriff auf die SU benutzt hat.
 
Und das ist die Argumentationsebene, die Hitler als Legitimation für seinen Angriff auf die SU benutzt hat.

Aber nur propagandistisch, und das ab den ersten Wehrmachtsmeldungen im Juni 1941.

Intern sah die Sache völlig anders aus, aus zwei Gründen:

- die konkrete Gefahr eines sowjetischen Angriffs wird nur in Zusammenhang mit dem deutschen Aufmarsch diskutiert (-> Halder-Tagebuch, Leeb, Bock), speziell bei den Truppenverlegungen nach Rumänien und Bulgarien. Diese "Möglichkeit" wurde recht relaxt behandelt.

- die Perzeption einer Bedrohung durch einen möglichen Präventivschlag Stalins beißt sich mit der eigenen, vielfach belegten Einschätzung, es mit "einem Koloss auf tönernen Füßen" zu tun zu haben, der in wenigen Wochen Krieg zusammenbricht.

- der Angriff auf die SU wurde von Hitler - vorgetäuscht oder nicht - eben mit der Kriegsfähigkeit im Westen begründet, gegenüber England und auch für den Fall des Eingreifens der USA. Der "Rückraum" - durch Eroberungskrieg zu sichern - sollte eine Autarkie des Deutschen Reiches gegenüber den Westmächten garantieren.

Aber ist alles hier OT.
 
Absolut richtig. Und interessant ist auch, dass Hitler es für notwendig ansah, dieses Bedrohungs-Szenario zu formulieren. Dieses umsomehr als er sich nach dem "erfolgreichen" Westfeldzug eigentlich in einer relativ sicheren Position als militärischer Lenker befand.

Die Formulierung ist aus einer Reihe von Gründen für die Rechtfertigung seines "unabänderlichen Entschlusses" zum Angriff durchaus notwendig gewesen.

1. Neben der Vorstellung, dass die WM qualitativ deutlich überlegen ist, war man sich in der WM auch der Weite des Raumes und der klimatischen Bedingungen durchaus sehr bewust. Ein Argument, dass deutlich gegen den Feldzug sprach und zumindest bei den "überlegteren" deutschen Generälen deswegen auf Ablehnung stiess.

2. Das Suggerieren der Notlage war aber auch notwendig, da der Konflikt mit England nicht beendet war und man durch den Angriff sich dem Albtraum eines Zeifrontenkreiges aussetzte. Ebenfalls eine Vorstellung, die vielen konservativen Militärs nicht behagte.

3. Und nicht zuletzt war diese Argumentation zwingend erforderlich, um nach den Jahren der Kooperation mit der SU, dass Feindbild wieder deutlich zu akzentuieren.

Nicht zuletzt durch die Erfahrungen des Sommers 1940, in dem ein "idealer" Angriffszeitraum (was natürlich nicht richtig ist, da die RA sich 1940 in dem gleichen schlechten Zustand befand wie 41) bestand für die Rote Armee auf das Dritte Reich, der aber nicht erfolgte. In der Folge des Jahres 1940 war bei Teilen der Wehrmacht die unmittelbare Bedrohungswahrnehmung durch die RA neutralisiert worden.
 
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