Neuzeitliche Kampfeinsätze unter Drogen !

simplicissimus

Aktives Mitglied
Ich habe in Erinnerung gelesen zuhaben, dass US-Bomberpiloten im 3. Golfkrieg (2. Irak Krieg) - bei der Bombardierung von Bagdad - Drogen genommen haben sollen, damit sie „fitter“ sind und ununterbrochen Kampfeinsätze fliegen können; ebenso soll es auch im Afghanistan Krieg sein.
An die Öffentlichkeit ist dies gedrunngen, weil einer dieser Kampfpiloten ein Verfahren am Hals hatte; er hatte zivile Stellungen angegriffen! Sein Verteidiger argumentierte dann im Verfahren, dass der Pilot die Drogen zu sich nehmen musste; war zwar nicht befohlen, aber das Ergebnis einer Verweigerung wäre gewesen, dass der Pilot nicht mehr in der US-Air Force fliegt.
Wie das Verfahren ausgegangen ist, weiß ich nicht!

Ich habe auch gelesen, dass im Zusammenhang mit Drogen und Kampfeinsätzen der USAF auch in Afghanistan der Luftwaffenführung vorgeworfen wird: "Kampfflieger gewohnheitsmäßig zur Einnahme von Amphetaminen zu zwingen".

Hier zu ein Zeitungskurznotiz:
Laut Frankfurter Allgemeine (FAZ 4.1.03) hat die US-Luftwaffe die "regelmäßige Verabreichung der Amphetamine" zugegeben, aber bestritten, dass dabei Zwang im Spiel sei. Es sei gängige Praxis, dass Bomberpiloten bei langen Einsätzen solche "go-pills" einnehmen, um Müdigkeit und Erschöpfung zu bekämpfen.
Für mich stellt sich die Frage, welche Auswirkungen haben die Drogen noch neben dem Fittmachen und Muntermachen; machen sie womöglich die Piloten zu einem willenlosen, gefühlslosen, ja zu einem fremdbestimmten und "robotergesteuerten" Subjekt?

*tagespolitischer Bezug durch Moderation entfernt*
 
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[Hinweis/Mod an:]Mir ist nicht klar, inwieweit es Dir um eine geschichtliche Fragestellung geht. Aktueller Drogenmißbrauch bzw. Drogenverabreichung in Streitkräften ist jedenfalls ein politisches Thema. Bitte hierzu die Forenregeln beachten[Mod aus]


Drogenkonsum, ob verabreicht oder selbst organisiert, ist bei den Luftwaffen ein altes Thema:
N-Methylamphetamin – Wikipedia
SPIEGEL special*2/2005 - Berauscht in die Schlacht
Geschichte: Drogen an die Front - Deutschland - FOCUS Online

Die Mittel wurden als leistungssteigernd bzw. als Weckmittel angesehen und massenhaft konsumiert. Das ging von Schoka-Cola ("Fliegerschokolade") bis zu Pervitin. Bei den Landstreitkräften kommt noch, soweit verfügbar, Alkohol dazu.

Dazu eine aktuelle Arbeit:
FreiDok - Zur Devianz-Problematik in der Wehrmacht: Alkohol- und Rauschmittelmissbrauch bei der Truppe

Zur Royal Air Force:
The Flyer: British culture and the ... - Google Bücher
Entsprechendes galt für die US-Luftwaffe.
Stimulant Use in Extended Flight Operations
 
...damit sie „fitter“ sind und ununterbrochen Kampfeinsätze fliegen können...[/B].

Schau mal in die Geschichte der Kriege überhaupt. Drogenverabreichung (z.B. Alkohol) vor Schlachten war Usus. Eher kann man die Frage stellen, in welchen Kriegen wurden keine Drogen verabreicht.
 
Drogenverabreichung (z.B. Alkohol) vor Schlachten war Usus. Eher kann man die Frage stellen, in welchen Kriegen wurden keine Drogen verabreicht.

Ganz richtig, Alkohol bei Piloten betrifft aber eher die Frage davor und danach.

Oben habe ich die Rote Armee ausgelassen. Bei Glantz, Colossus Reborn (zum Zeitraum 1942/43), sind einige Daten zur Alkohol-Versorgung einer russischen Heeresgruppe enthalten. Die Versorgung mit Wodka war ebenso geregelt wie bzgl. der Munition, inkl. Sonderzuteilungen vor den (verlustreichen) Angriffen.
 
Es gab da vor einigen Jahren in Afghanistan einen ähnlich gelagerten Vorfall, als US-amerikanische Piloten unter dem Einfluss von Speed kanadische Bodentruppen, die gerade eine Schießübung exerzierten, irrtümlich töteten.

Drogen wurden auch bereits im Dritten Reich eingesetzt. Ich habe hier eine Spiegel-Edition zum Thema 2. Weltkrieg, da ist ein Artikel dem Thema gewidmet. Kann ich meinetwegen draus zitieren, falls Interesse besteht.

Sinngemäß war unter den deutschen Tuppen Morphium-Missbrauch weit verbreitet. Des Weiteren wurde das Mittel Pervitin, heute als Speed bekannt, an die Truppen ausgegeben. Außerdem wurden Alkohol und Opiate an die Truppen zwecks Leistungssteigerung ausgegeben. Pervitin ist ein Metamphetamin. Es wurde in den Berliner Tremmler Werken entwickelt und seit dem Polen-Feldzug "hemmungslos an Frontsoldaten ausgeteilt."


Makabre, aber irgendwo auch amüsante Anekdote:


Januar 1942, 500 deutsche Soldaten an der Ostrfront eingekesselt. Ausbruchsversuch erfolgt. Bei teils hüfthohen Schnee "wollten immer wieder Mannschaften ... liegen bleiben."

Pervitinausgabe wird durchgeführt.

"Nach einer halben Stunde bestätigten die ersten Männer spontan ihr besseres Befinden. Sie marschierten wieder ordentlich, blieben in der Reihe, waren besseren Mutes und nahmen am Geschehen teil."
 
Anfang der 50er hat fast jede Armee unteranderem mit Lsd getestet, ergebnis war eher dass das Lsd besser über feindlichen Armeen versprüht werden sollte wegen den desolaten Resultaten.
Fraglich ob dieses Vorhaben nicht einer chemischen Kriegsführung gleichkommt.
 
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wenn der Tablettenmissbrauch eine so lange (traurige) Geschichte hat, warum kam noch niemand auf die Idee, die Armee auf Schadensersatz zu verklagen?

Gibt es Studien, in denen Veteranen bzw. deren Lebensumstände nach Austritt aus der Armee auf Tablettenmissbrauch untersucht werden?

Gab/Gibt es Rehamaßnahmen zur Behandlung?

War das nicht auch speziell nach dem Vietnamkrieg ein sehr stark diskutiertes Thema in der amerikanischen Öffentlichkeit?


Fast-OT: auch Elvis Presley soll innerhalb seiner militärischen Dienstzeit Amphetamine genommen haben. Die Tablettensucht blieb ihm bis zum Tod.
 
wenn der Tablettenmissbrauch eine so lange (traurige) Geschichte hat, warum kam noch niemand auf die Idee, die Armee auf Schadensersatz zu verklagen?

Ohne jetzt Ahnung zu haben:
wenn das bei unseren Freunden jenseits des Atlantik noch keiner versucht hat, fresse ich meinen Hut.
 
Soviel ich weiß, gabs mehrere Vorstöße in diese Richtung, nicht nur wegen des LSD.

Veteranen werden allerdings leider meist von ihrem Arbeitgeber (dem jeweiligen Staat) nach dem Austritt aus der Armee ziemlich hängen gelassen. Am besten kann man das an der Behandlung der Vietnam-Veteranen erkennen, die heute noch unter den Traumata des Krieges leiden.

Es interessiert keinen - einfach schrecklich.
 
Die Innere Uhr: Der Rhythmus des Lebens

Unser Leben wird von unserer Inneren Uhr bestimmt. Sie beeinflusst nicht nur das Schlafverhalten, sondern auch zahlreiche andere Körperfunktionen. Störungen können schwere Erkrankungen auslösen, wie ein international führender Forscher der sogenannten Chronobiologie in der Fachzeitschrift „DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2010) ausführt.

Die Innere Uhr ist eine Ansammlung von Zellen am Boden des Großhirns – genau an der Stelle, wo sich beide Sehnerven kreuzen. Der Ort ist nicht zufällig, denn der sogenannte Nucleus suprachiasmaticus erhält Signale aus beiden Augen. Die Signale gehen von speziellen Sinneszellen aus, die 1991 von einer Arbeitsgruppe um Professor Russel Foster entdeckt wurden. Er leitet heute das Nuffield Laboratory of Ophthalmology an der Universität Oxford und hat sich auf die Erforschung der Chronobiologie spezialisiert.

[...]

Ein idealer Wachhalter wurde laut Professor Foster bisher nicht gefunden, auch wenn viele Chronobiologen danach suchen. Besonders experimentierfreudig zeigt sich das Militär. Die US-amerikanische Luftwaffe bereitet ihre Kampfpiloten durch Amphetamine auf den Einsatz vor, berichtet der Experte: Die Nebenwirkungen sind Unruhe, Reizbarkeit, Übelkeit und Impotenz. Französische Fremdenlegionäre würden mit dem neueren Wirkstoff Modafinil wach gehalten, dessen Risiken noch nicht restlos erforscht seien. In vielen Bereichen, so Foster, steht die Chronobiologie noch am Anfang. Selbst die Frage, warum wir überhaupt schlafen, sei letztlich noch nicht geklärt.

R. G. Foster: A sense of time: body clocks, sleep and health. DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2010; 135(51/52): S. 2601-2608

Quelle: HWelt - Die Innere Uhr: Der Rhythmus des Lebens

Zu meiner Zeit kursierte eher das Gerücht von Hängolin im :fs::D

Hängolin ? Wikipedia
 
Zigaretten und Tabak sind mindestens seit dem Krim-Krieg den Truppen ausgegeben worden. Das Nikotin sollte wohl die Soldaten beruhigen. Wie das heute ist kann ich aber nicht sagen.

Apvar
 
Beim lesen über die Schlacht um Leros bin ich bei Wikipedia auf diesen Kommentar gestoßen:

"The Brandenburgers, under command of Leutnant Langbein, landed at night on the southern coast of the island, and quickly subdued the beach defenses, controlled by Italian troops. The unit then advanced to the town encountering no resistance, and began clearing the town. After investigating several caves, the unit discovered a stash of alcohol. Many of the men indulged themselves with a few drinks. After nightfall, Langbein realised that the alcohol had made his men tired and dulled their alertness. He secured a stock of Pervitin (Methamphetamine), a stimulant, and administered it to his men. Mixed with the alcohol, Pervitin created a sense of controlled rage among the men, and when the British and Italians attacked later in the evening, the Brandenburgers repulsed them with ease and assaulted and captured the British and Italian positions, linking up with the Fallschirmjägers and securing the island."

Brandenburgers - Wikipedia, the free encyclopedia
 
Methaphetamine im Krieg

Das Ganze wurde ja im zweiten Weltkrieg, auch laut Wikipedia, in großen Mengen an die kämpfende Truppe verteilt, nun hat ein Freund von mir der sich mit diesen Zeitabschnitt beschäftigt hat, geäußert der Einsatz derartiger leistungssteigernder Drogen könnte sich auf Grund der damit verbundenen Probleme merkbar negativ auf den Kriegserfolg ausgewirkt haben und sei deshalb zurückgefahren und schließlich eingestellt worden.

Ist das denkbar, hat sich mit diesem Thema bereits jemand beschäftigt, etwas veröffentlicht?
 
Das Ganze wurde ja im zweiten Weltkrieg, auch laut Wikipedia, in großen Mengen an die kämpfende Truppe verteilt, nun hat ein Freund von mir der sich mit diesen Zeitabschnitt beschäftigt hat, geäußert der Einsatz derartiger leistungssteigernder Drogen könnte sich auf Grund der damit verbundenen Probleme merkbar negativ auf den Kriegserfolg ausgewirkt haben und sei deshalb zurückgefahren und schließlich eingestellt worden.

Ist das denkbar, hat sich mit diesem Thema bereits jemand beschäftigt, etwas veröffentlicht?
Es war vor Kurzem eine Dokumentation im Fernsehen.

Ich wusste zwar schon vorher, dass Amphetamine im Krieg verwendet worden sind, war aber über das Ausmass überrascht.

Von"zurückfahren" und "eingestellt" jedoch keine Spur. Den Ärzten sind zwar die negativen Folgen auf den Einzelnen bald aufgefallen und es wurde eine Rezeptpflicht eingeführt, sie wurden aber weiterhin und bis zum Ende massiv verteilt und eingesetzt.

Bei bestimmten Waffengattungen, wie z.B. den Kleinst-U-Bootfahrern konnte man sich einen Einsatz ohne Pillen gar nicht vorstellen. Die mussten ewig lange wach bleiben , da die Belüftungssysteme dieser U-Boote nicht automatisch waren und ein schlafender Pilot erstickt wäre.

Bei den Alliierten Bomberpiloten war es übrigens ähnlich. Um die langen Einsätze zu überstehen wurden denen auch Anphetamine verabreicht. Und nicht nur im 2 WK. Zu Beginn des Afghanistan Krieges gab es eine Zwischenfall bei denen Kanadier von einem US-Flieger bombardiert wurden, der anscheinend durch den andauernden Drogenkonsum und der langen Schlaflosigkeit verwirrt war.
 
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