Geschlechterrollen in der Steinzeit

Als ich mir, angeregt durch Eure Diskussion, noch einmal den Zusammenhang von Horn und Mondsymbolik vor Augen führen wollte, bin ich über folgende Deutung des Horns gestossen:

"Horn ... phallische Bedeutung wahrscheinlich schon bei dem prähistorischen Felsrelief der sog. Venus von Laussel."
Lurker: Wörterbuch der Symbolik, Kröner 1991

Und woran wird die "phallische Bedeutung" des Horns im Felsrelief der Venus von Laussel festgemacht? Ich finde, langsam sollte man den Freud mal historisieren, will sagen, Freud und die freudsche Sublimierungstheorie auf seine Lebenswelt beziehen und nicht quer durch die Historie damit argumentieren. Ein prähistorischer Künstler war sicher nicht - und die Venusfigurinen machen dies deutlich - durch gesellschaftlich angeordnete Prüderie in irgendeiner Form gehemmt. Wieso hätte er also den Phallus symbolhaft ersetzen sollen?!
 
Was ist daran ungewöhnlich?
Es ist ungewöhnlich, dass bei den genannten Völkern/Gesellschaften die warme Sonne maskulin belegt ist, zumal in der Symbolik meines Wissens stets runde, weiche Formen (wie die Sonne) dem Weiblichen entsprechen und spitze, kantige dem Männlichen.

Nachtrag:
Allerdings findet sich eine ähnliche Entsprechung beim chinesischen Yin und Yang, wo das "weibliche" Yin zwar als sanft, aber dunkel definiert wird, das "männliche" Yang als hell (weiß, gelb, rot, also Feuerfarben) :confused:
 
♀ oder ♂

Es ist ungewöhnlich, dass bei den genannten Völkern/Gesellschaften die warme Sonne maskulin belegt ist, zumal in der Symbolik meines Wissens stets runde, weiche Formen (wie die Sonne) dem Weiblichen entsprechen und spitze, kantige dem Männlichen.

Symbole sind stets durch Menschen definiert, nie natürlich. Insofern hat jede Kultur ihre eigenen Symbole, die für Außenstehende mal mehr, mal weniger offensichtlich sind. Je dinghafter das Symbol, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass es von Außenstehenden verstanden wird.
Um über die Symbole zum Thema zurückzukommen: Woran erkennt man, wofür diese Symbole ♀ ♂ stehen, wenn man sie nicht kennt?
 
Symbole sind stets durch Menschen definiert, nie natürlich. Insofern hat jede Kultur ihre eigenen Symbole, die für Außenstehende mal mehr, mal weniger offensichtlich sind. Je dinghafter das Symbol, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass es von Außenstehenden verstanden wird.
Um über die Symbole zum Thema zurückzukommen: Woran erkennt man, wofür diese Symbole ♀ ♂ stehen, wenn man sie nicht kennt?
Ganz einfach Frau ♀ hat das runde (Sonne?) oben, der Mann ♂ den spitzen Pfeil, Speer, oder was auch immer spitz nach oben ragt. :)
Gilt diese Symbolik nicht auch für die Franzosen, obwohl sie auch eine männliche Sonne haben? Na ja, ist ja auch eine romanische Sprache. :winke:
 
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Ganz einfach Weib ♀ hat das runde (Sonne?) oben, der Kerl ♂ den spitzen Pfeil, Speer, oder was auch immer spitz nach oben ragt. :)

Ich wollte nicht die Symbole erklärt bekommen - ich gehe davon aus, dass sie jeder kennt. Es ging darum, dass diese Symbole für jemanden, der sie nie gesehen hat, überhaupt nicht zu entschlüsseln sind.
Aber eines ist doch bezeichnend: Bei ♀ erklärst du den Kreis zur Sonne, bei ♂ nicht. Wieso?!

Übrigens gilt diese Symbolik selbst für die Franzosen
Diese Symbole sind international!

die Franzosen, die auch eine männliche Sonne haben. :winke:
Was evtl. - aber nur ganz vielleicht - daran liegen könnte, dass das soleil der Franzosen von lat. sol, bzw. dem Diminutiv *solĭcŭlus herstammt.
 
Aber eines ist doch bezeichnend: Bei ♀ erklärst du den Kreis zur Sonne, bei ♂ nicht. Wieso?!
Ganz einfach: Weil hier ♀ die weibliche Form oben ist, also dominiert, bei dem andern das männliche, die Spitze. Es kommt nicht nur auf den Kreis an, sondern auch auf die Position und damit Dominanz innerhalb des Symbols. :winke:

Anders gefragt: Woran sollte jemand hier ♂ auf die Idee kommen, das wäre weiblich? :grübel: Außer man benützte es für eine Kriegerin ...
 
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Ein prähistorischer Künstler war sicher nicht - und die Venusfigurinen machen dies deutlich - durch gesellschaftlich angeordnete Prüderie in irgendeiner Form gehemmt. Wieso hätte er also den Phallus symbolhaft ersetzen sollen?!

Das bringt mich zum Grübeln. Allerdings, wie viele Darstellungen des eregierten Penis (nicht symbolhaft ersetzt) kennst Du denn? :grübel:
Mir ist eine bekannt, auf einem persischen Rollsiegel. Wenn es keine gegenständlichen Darstellungen des Penis gab und symbolische Darstellungen verworfen werden, bleibt nur ein Tabu der Penisdarstellung anzunehmen oder komplettes Desinteresse. Ein Tabu der Penisdarstellung kann dann allerdings wieder zum Ersetzen des Penis durch Symbole geführt haben.
Nebenbei kann das Horn als Mondymbol aufgefasst werden. Der Mond gilt auch als Symbol weiblicher Fruchtbarkeit. In diesem Zusammenhang wird der zunehmende Mond als Symbol für die wachsende Leibesfrucht gedeutet.
Einen Zusammenhang zwischen Horn und Penis finden wir bei Völkern in Ostafrika, wo das Horn stellvertretend für den Penis zur Defloration in einem Ritual verwendet wurde.
Wenn es um die Deutung von Symbolen geht, halte ich vieles für spekulativ. Das ist aber wohl auch legitim, solange man den relativen Charakter solcher Deutungen im Hinterkopf behält.

@ Caro: Ein weiterer Sonnengott war Utu/Schamasch

Aus meiner persönlichen Erfahrungswelt geschöpft würde ich das Horn der Venus als (Frühstücks)hörnchen deuten, dass der Mann beim Bäcker erlegt hat, während die Frau noch zuhause am Kaffeetropf hing.
 
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Das bringt mich zum Grübeln. Allerdings, wie viele Darstellungen des eregierten Penis (nicht symbolhaft ersetzt) kennst Du denn? :grübel:

Aus der fraglichen Zeit, also Paläo- oder Mesolithikum, keine. Aber bei den Griechen (hauptsächlich Vasen) und sogar bei den prüden Römern einige (Phallusanhänger der Reiterei, terrae sigillatae).
 
Die beiden Symbole sind doch astrologischer Herkunft. Das mit dem Kreuz ist "Venus", das mit dem Speer "Mars". Jetzt könnten wir wieder seitenlang diskutieren, warum diese Planeten so belegt sind. Dann wären wir auch bei der Symbolik der griechischen Götterwelt.
Wir haben also hier ein Symbol aus einem Symbol aus einem Symbol....
Symbole sind deutlich kulturbedingt. Es gibt doch keine quasi „Ursymbole“ Wie denn ?

Einmal weil nicht jede Kultur den gleichen Umstand oder das gleiche Etwas nur symbolisch darstellen muss, zum anderen weil die graphische/symbolische Darstellung an sich nur innerhalb der eigenen Kultur richtig verstanden werden kann. Es ist eine Übereinkunft, so wie „Tisch“ oder „Table“, „Grün“ oder „verte“. Mehr nicht.

Was Sonne und Mond angeht. Einerseits soll der Mond aufgrund seiner (übrigens recht unregelmäßigen) Zyklen weiblich sein, dann wieder die Sonne, weil sie rund ist. Was denn nun ?
Ich denke, dass "die beiden Seiten" also z. B. gut/böse, Schwarz/weiß, Gott/Teufel, kalt/heiß, Winter/Sommer, Tod/Leben usw. eine einfache Erkenntnis ist, die wohl in jeder Kultur gelang. Inwieweit männlich/weiblich im Europäischen Paläolithikum hinzu kam und wie dann wohl die Gewichtung bzw. die Zuordnungen zu den anderen Paarungen stattfand, muss doch offen bleiben. Bitte jetzt nicht gleich mit „Leben = Frau“....auch Madam und Monsieur Gravettien wussten, dass eine Jungfrau keine Kinder kriegt.

Wir interpretieren doch die Darstellungen aus unserer Kultursicht. Was bei der Venus(!) von Laussalle das Horn ist, ist das Swastika auf hallstattzeitlichem Gewebe...

Phallussymbol. Mein Gott...es gibt so eindeutige Phallusdarstellungen (und Vulvae) aus dieser Zeit, dass es einfach arg ums Eck gedacht ist, wenn man/frau hier eine nur symbolische Darstellung des Phallus fordert.
(Phallusdarstellungen gibt es als Speerschleudern, auf Höhlenmalereien, sogar ein Schlagstein für die Flintbearbeitung hat entsprechende Einkerbungen..)
Oder die 13 (?) Rillen. Ein gebogenes Horn ist „innen“ immer faltig. Das ist ein Antilopenhorn, erstmal nicht mehr. Warum die Dame nackt ist, warum sie so gut gebaut ist und warum sie das Horn hält....
Was macht eine (halb)nackte Frau mit einem Lorbeerkranz ? Stärken Lorbeeren vielleicht die a) Potenz , b) die Rezeptionsfähigkeit c) den Monatszyklus d) die Intelligenz ?

Zutreffendes bitte ankreuzen.
Es ist die Siegesgöttin. Der Sieg ist....äh...weiblich ?....wenn doch Mars...männlich...?

Das ganze folgt keiner nachvollziehbaren Logik. Da steckt kein erkennbares System dahinter. Außer es gibt Daten aus der schriftlichen Überlieferung. Wir erkennen bestimmte Symbole z.b. bei der katholischen Mariendarstellung, die sich wiederholen. Diese Symbole finden sich auch bei der (römischen) Isis. Dass es jeweils Isis und Maria sind, wissen wir nur aufgrund der beigegebenen Historie.
Ansonsten würden wir im Petersdom einen angeschlossenen Isiskult vermuten. Würde ja auch zur Sprache (Latein) oder zum Fundort (Rom) passen.....

Ich denke, wir kommen über die Symbolik im Thema Mann/Frau im Jungpaläolithikum Europas nicht weiter. Leider.

Thomas
 
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Die beiden Symbole sind doch astrologischer Herkunft.

Ja?

Das mit dem Kreuz ist "Venus", das mit dem Speer "Mars". Jetzt könnten wir wieder seitenlang diskutieren, warum diese Planeten so belegt sind. Dann wären wir auch bei der Symbolik der griechischen Götterwelt.
Wir haben also hier ein Symbol aus einem Symbol aus einem Symbol....
Symbole sind deutlich kulturbedingt. Es gibt doch keine quasi „Ursymbole“ Wie denn ?

Eben. :yes:

Einmal weil nicht jede Kultur den gleichen Umstand oder das gleiche Etwas nur symbolisch darstellen muss, zum anderen weil die graphische/symbolische Darstellung an sich nur innerhalb der eigenen Kultur richtig verstanden werden kann. Es ist eine Übereinkunft, so wie „Tisch“ oder „Table“, „Grün“ oder „verte“. Mehr nicht.

Sehr schön, das sprachliche Zeichen vom guten Ferdinand de Saussure. :yes:

Phallussymbol. Mein Gott...es gibt so eindeutige Phallusdarstellungen (und Vulvae) aus dieser Zeit, dass es einfach arg ums Eck gedacht ist, wenn man/frau hier eine nur symbolische Darstellung des Phallus fordert. (Phallusdarstellungen gibt es als Speerschleudern, auf Höhlenmalereien, sogar ein Schlagstein für die Flintbearbeitung hat entsprechende Einkerbungen..)

Es wäre sehr schön, wenn du Beispiele für paläo- oder mesolithische Phalloi
anführen könntest. Belegstellen, Bilder...
 
Andererseits müsste man bei gewollt phallusförmigen Steinwerkzeugen bzw. Flintsteinen ja davon ausgehen, dass die Steine in diese Form (aus)geschlagen wurden. Ich denke, dass die verwendeten Steine größtenteils Fundstücke waren. Daß lange, spitze, oder auch eckige, dreieckige Steine als Waffen und Werkzeug eher Verwendung finden, als runde Flußsteine ist ja logisch. Zumal man sie auch noch leichter bzw. haltbarer befestigen kann.

Ein Messer ist ja auch lang und spitz, weil man damit besser scheniden kann, und nicht weil es ein Phallus ist. Daß Männer gerne Messer mit sich rumtragen und diese kunstvoll verziert werden, ist ein anderes Thema.

OT: Im übrigen gibt es sogar Diskussionen über Wolkenkratzer als Phallus ;)
 
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Ich denke, dass "die beiden Seiten" also z. B. gut/böse, Schwarz/weiß, Gott/Teufel, kalt/heiß, Winter/Sommer, Tod/Leben usw. eine einfache Erkenntnis ist, die wohl in jeder Kultur gelang. Inwieweit männlich/weiblich im Europäischen Paläolithikum hinzu kam und wie dann wohl die Gewichtung bzw. die Zuordnungen zu den anderen Paarungen stattfand, muss doch offen bleiben.
Das ist keine kulturelle Erkenntnis, sondern eine psychologische, die sich im Alter von etwa 4 Jahren herausbildet. Das ist die binäre Denkweise (die sehr gern und mit zweifelhaftem Nutzen aus der inneren Empfindung auf die äußere Welt projiziert wird...); bis dahin verstehen Kinder auch nicht den Unterschied zwischen Mann und Frau. Entwicklungspsychologen (Norbert Bischof, Doris Bischof-Köhler) gehen davon aus, dass männlich/weiblich das erste Merkmal überhaupt ist, an dem sich beim Kind die binäre Denkweise bemerkbar macht. Das alles umhüllende Elternmedium zerfällt plötzlich in zwei Teile. Damit geht eine Sinnkrise einher. Aus der Psychologie kennen wir sie als ödipale Phase (neuere Forschungen sind Freuds Deutungen unbedingt vorzuziehen), aus den Mythen rund um die Welt als die Trennung von Himmel und Erde bzw. als die Erlangung der Erkenntnis.

@Caro: Eiszeit-Erotik: Archäologen entdecken Stein-Phallus - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Wissenschaft
 
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@Beral
Danke, in dem anderen Link war das nicht so deutlich.
Ich bleibe dennoch kritisch, was die Verwendunga als Waffe/Werkzeug angeht.

In dem Artikel steht, dass eine solche Form in der Natur nicht vorkommt, der Stein, also bearbeitet wurde. Demnach müsste die Form aus einem großen Stein ausgeschlagen worden sein, oder aus mehreren Steinfragmenten bestehen. Mit welchen Hilfsmitteln hätte beides denn geschehen sollen? Was benutzte man damals zum Schleifen und Polieren, oder zum "Kleben"? :confused: :grübel:
 
Erklärt mir doch bitte, womit man in der Steinzeit Steine hat haltbar "kleben" können, um aus mehreren Steinfragmenten ein haltbares Werkzeug/Waffe zu machen. Es ist mir schleierhaft. :confused: :grübel:

Ich glaub, da hast du den Artikel missverstanden. Heute sind es Fragmente, damals war es ein Stück.
Dennoch gab es verschiedene Kleber, die man auch schon in der Steinzeit herstellen konnte. Zunächst einmal das schon natürlich als Kleber vorkommende Baumharz. Das klebt sehr schnell und teilweise auch sehr fest! Desweiteren Birkenpech, welches nachweislich schon Neandertaler hergestellt haben! Sehr praktisch, denn es ist knetbar, klebt aber nur, wenn man es verflüssigt. Desweiteren kann man aus Eiern und Fischen Kleber herstellen. Fischleim ist allerdings erst seit der Spätantike sicher nachgewiesen.
 
@ Caro

Ich habe gerade mal einen befreundeten Geologen angerufen, ob der eine Idee zur Bearbeitung des Steins hat.

Laut Artikel besteht der Phallus aus Siltstein, also um ein recht weiches Material.
Es wäre also möglich, Sand zum Schleifen zu verwenden (etwa Quarzsand). Um so runde Formen zu erhalten, könnte gerolltes Leder oder eine Rinne mit Sand gefüllt verwendet worden sein. So hätte man mit Geduld einen Stein durch Reiben so abschleifen können, dass die gewüschte Phallusform entsteht. Zum Ritzen könnte Obsidian verwendet worden sein, der am Fundort des Phallus vorkommt (Vogelberg). Es ist anzunehmen, das der zum Bearbeiten gewählte Stein in seiner Form schon dem gewünschten Endprodukt nahe kam.
 
Ich bleibe dennoch kritisch, was die Verwendunga als Waffe/Werkzeug angeht.

Warum bist kritisch gegenüber der Nutzung auch als Werkzeug.
Aus dem SPON-Artikel:
Derartige Kunstwerke wurden oft gleichzeitig als Werkzeug genutzt - so auch der Eiszeit-Phallus. An ihm finden sich Arbeits- und Nutzungsspuren. Der Fund diente wohl unter anderem als Schlagstein, hierfür sprechen einige Narbenfelder.

Es spricht doch nichts dagegen das solche Objekte eine mehrfache Benutzung/Bedeutung hatten.
 
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