Lebenhaltungskosten Berlin 1922/1923

Nabokov

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Guten Tag,
für einen Roman, der in Berlin zwischen Februar 1922 und November 1923 spielt, bin ich auf der Suche nach Fakten zu Lebenshaltungskosten. Was kosteten 1 Liter Milch, ein Brot, ein Pfund Kaffee, ein Ei? Was mußten für 2-Zimmer, 3-Zimmer, 4-Zimmer-Wohnungen im Westen bezahlt werden - also Charlottenburg, Wilmersdorf, Steglitz, Schöneberg? Was kostete ein Telefon? Wie teuer war der Anschluß? Was kostete ein Gespräch innerhalb der Stadt?
Was kostete ein Kleid, ein Kostüm, ein Anzug, ein Hut?
Gibt es irgendwo eine Linksammlung oder Nachschlagewerke, die ich verwenden könnte?
Viele Grüße.
N.
 
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1923 kostete ein Liter Milch bis zu 26 Milliarden Mark, ein Laib Brot 105 Milliarden Mark...

Vor dem Krieg kostete ein Dollar 4,20 Reichsmark, Anfang 1919 gut 8 Mark. Bis Anfang 1922 stieg der Dollarkurs auf knapp 200 Reichsmark, am Ende des Jahres musste man rund 7.500 Reichsmark für einen Dollar hinblättern.

Deutsche Inflation 1914 bis 1923 ? Wikipedia

Weitere u. detailliertere Auskunft: Statistisches Reichsamt (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich, Jg. 1926–1934; Berlin, 1926ff.


Saludos!
 
...Was kostete ein Kleid, ein Kostüm, ein Anzug, ein Hut? Gibt es irgendwo eine Linksammlung oder Nachschlagewerke, die ich verwenden könnte?...

Weitere konkrete Angaben findest du z.B.
in dem entsprechenden Artikel des D(eutschen)H(istorischen)M(Museums),
über Notgeld auf der Seite von wallstreet-online, dort auch Angaben über Preise für Gegenstände des tägl. Bedarfs (z.B. am 30.11.23 kostete ein Paar Schuhsohlen 10 Billionen),
auf dieser Seite über "Preisindex für Lebenshaltung aller privaten Haushalte seit 1881",
in diesem Artikel über Lohnentwicklung,
auf dieser Seite von chronik.net,
in dem FAZ.online-Artikel "Jeder durfte mal Millionär sein" von Stefan Ruhkamp,
in dem Artikel "Inflation 1923: Die Stunde der Spekulanten" aus GEO-Epoche Nr. 27 - 08/07, und
in dem SPIEGEL-online Artikel "Hyperinflation 1923".


 
Kann ich dazu auch was fragen? (Falls ihr noch lest.)

Und zwar verstehe ich nicht, warum die Verkäufer diese enormen Mengen an Bargeld überhaupt noch annahmen, bzw. wie das praktisch ablief. Ich habe irgendwo so eine Anekdote gelesen: Ein Mann geht ins Café, bestellt sich eine Tasse Kaffee, zahlt ein paar Millionen dafür. :fs: Dann bestellt er sich noch eine zweite Tasse Kaffee, und diese kostet noch mehr als die erste ...

Das würde ja dann umgekehrt auch bedeuten, dass der Cafébesitzer sofort nachdem ein Gast bezahlt hat, das Geld ausgeben musste, denn bis zum nächsten Tag war es ja schon wieder weniger wert.

Wie kann man sich das vorstellen? Ist er gleich nachdem der Gast weg war, zum Krämer gelaufen und hat sich von seinen Einnahmen 100 g Kaffee gekauft? Ist er zum Vermieter gelaufen und hat gesagt: "Hier hab ich wieder einen Teil der Miete, in zehn Minuten komm ich dann mit der nächsten Rate, ok?" :D Oder wie sah das in der Praxis aus? :confused:

Schöne Grüße

Petra
 
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Hallo Nabakov.
Versuche einen Einblick in Berliner Tageszeitungen der von Dir gesuchten Zeit zu bekommen. Die Zeitungen waren schon damals voll mit Werbung für Dinge des täglichen Bedarfs und Anzeigen. Da bekommst Du die Taggenauen Preise.
 
Wie kann man sich das vorstellen? Ist er gleich nachdem der Gast weg war, zum Krämer gelaufen und hat sich von seinen Einnahmen 100 g Kaffee gekauft? Ist er zum Vermieter gelaufen und hat gesagt: "Hier hab ich wieder einen Teil der Miete, in zehn Minuten komm ich dann mit der nächsten Rate, ok?" :D Oder wie sah das in der Praxis aus? :confused:
So ähnlich sah das sicher aus. Ich weiss noch von meiner Oma, dass es während der Hochphase der Inflation zwei Mal täglich Lohnauszahlung gab und die Scheine eine Menge annahmen, die man nicht mehr einfach in die Aktentasche stecken konnte. Auch kostete wohl bspw. ein Brot früh am Morgen so-und-so-viel und am Abend fast das doppelte, oder so ähnlich... ;)

Bilder:

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Saludos!
 
Und dann hast du einen Stapel Kontoauszüge, damit die ganzen Nullen draufpassen. :D

Nee, im Ernst, ich kenne das auch so, dass die Leute wirklich gleich noch am selben Tag versucht haben, das Geld was sie verdient hatten ganz schnell wieder auszugeben. Kann mir also das mit der Miete täglich zahlen wirklich vorstellen.
 
Während der Hyperinflation waren die Mieten eingefroren, so dass Hausbesitzer, die lediglich von Mieten lebten, verarmten und ihre Häuser verkaufen mussten. Leute mit Schulden allerdings, zahlten die Schulden mit entwertetem Geld zurück.

s.: Interview mit dem Historiker Martin Geyer, Universität München www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30126/1.html
 
Es machte einen enormen Unterschied, ob man seinen Lohn Mittags ausbezahlt bekam, oder erst Nachmittags. Teilweise wurden die Geldscheine gar nicht gezählt, sondern die Höhe des Stapels bzw. das Gewicht des Stapels gemessen. Auf den einen oder anderen Tausender kam es kaum an.
 
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