Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Nachdem man einmal den Weg gewiesen hatte und sobald die Legionen auf der Flucht waren, konnte man davon ausgehen, dass sie den Weg des vermeintlich geringsten Widerstandes gehen würden: Sie würden also den festen Weg zwischen dem Sumpf und dem Gebirge nehmen. Somit war der Kalkrieser Berg vorprogrammiert.

Das sehe ich allerdings ganz anders! Du gehst von der Lokalität Kalkriese aus, da mag es zutreffen. Doch was ist mit dem Weg dahin? Ich gehe davon aus, dass die Legionen erst durch unwegsames Gelände (sei es das Wiehengebirge oder weiter südlich, je nach Theorie) getrieben wurde.
Da gibt es keine klar gerichtete Morphologie, die es berechenbar macht, dass ein Heerzug am Tage X am Ort Y ist!

Es gibt viele kleine Seitentäler/Senken, die mehrere Marschrichtungen möglich macht. Zudem musste Arminius damit rechnen, dass die Legionen versuchen an den Flanken durch zu brechen.


Die Verbündeten hatten die Römer überfallen. Wer konnte schon wissen, welcher der Verbündeten - du meinst wohl insbesondere die Chauken - treu war und welcher einen niedermetzeln würde, gerade dann, wenn man als versprengte Grüppchen oder einzeln dort ankäme . Auch Germanicus musste sich erst der Freundschaft der Chauken versichern, wie man Tac. ann. I, 60, 2 entnehmen kann.

Schlüssig!

Was das Ereignis bei Kalkriese angeht, so tendiere ich eher zu Sillis oben angeführter These!

Gruß
Andreas
 
Nun nehme ich mal an, dass der direkte Weg vom Sommerlager nach Xanten grob über die Route Minden-Herford-Bielefeld verlief (eine nördlichere Route fände ich nicht plausibel).

Warum nicht? Barkhausen liegt genau an der Schnittstelle Weserdurchbruch, Wiehengebirge.

Der Pass (Teuto)/die direkte Route könnte allerdings für Varus gesperrt gewesen sein. Insbesondere dann, wenn von Südosten Chatten beteiligt waren. Dann wäre die Nordwest-Marschrichtung (mit komplettem Troß) zwischen Teuto und Wiehengebirge bis zu den Ausläufern und dem nächsten passenden Übergang plausibel.

Die Frage wäre, welche Druckrichtungen (von N/von NO/von SO) durch die beteiligten Stämme auf das Sommerlager ausgeübt wurden. Denkbar wäre doch auch, dass man (Varus) nur von der Sperre des Passes ausgegangen ist oder das Risiko nicht eingehen wollte.
 
Dann weißt du wirklich viel, denn auch dies ist lediglich Interpretation. Es ist völlig unklar ob Varus am ersten Tag nach Verlassen des Lagers oder später angegriffen wurde.

Warum nicht? Barkhausen liegt genau an der Schnittstelle Weserdurchbruch, Wiehengebirge.

Ach, wenn ich nur so viel wissen würde! :rotwerd:
Bin ja noch wissensdurstiger Laie.

Zum Verständnis:

Das erste Buch, dass ich zum Thema gelesen hatte, war das von Tony Clunn (Auf der Suche nach den verlorenen Legionen). Die Kalkriese-Theorie hatte mich zunächst überzeugt (wie immer, wenn man keine anderen Infos hat).

Danach hatte ich mir die beiden Bände von Schoppe (Varusschlacht) zugelegt. Er verortet ja die Schlacht im Werretal zwischen Detmold und Herford. Abgesehen davon, dass er in einigen Bereichen sehr spekulativ ist, fand ich seine Argumente ebenfalls schlüssig.

(Und nun hängt der Laie zwischen Baum und Borke! Um so wertvoller empfinde ich dieses Forum! )

Sowohl bei Clunn als auch bei Schoppe wurden die Legionen schon am ersten Tag nach Abweichen von der geplanten Route überfallen.

Zur (vermutlichen) Marschroute:
Habe mal eine Karte dazu erstellt. Ist für mich nicht schlüssig, warum Varus auf dem Weg nach Xanten eine nördlichere Route als die über Herford nach Bielefeld (gelb) gewählt haben sollte! Die Lippe mit ihren Versorgungslagern war doch wohl der attraktivste Verkehrsweg.
(Schoppe geht von einer südlicheren Marschroute über Hameln aus, doch diese Theorie will hier mal aussen vor lassen)

Angenommen Kalkriese sei der Ort der Varusschlacht, so mag ich daher nicht daran glauben, dass dies der Ort des ersten Überfalles war.

Gruß
Andreas
 

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Der Pass (Teuto)/die direkte Route könnte allerdings für Varus gesperrt gewesen sein. Insbesondere dann, wenn von Südosten Chatten beteiligt waren. Dann wäre die Nordwest-Marschrichtung (mit komplettem Troß) zwischen Teuto und Wiehengebirge bis zu den Ausläufern und dem nächsten passenden Übergang plausibel. ...

Varus hat seine Marschroute doch zu einem Zeitpunkt gewählt, als es noch keinen "Zoff" gab! Warum hätte er den Umweg wählen sollen?

Gruß
Andreas
 
Sowohl bei Clunn als auch bei Schoppe wurden die Legionen schon am ersten Tag nach Abweichen von der geplanten Route überfallen.
Das halte ich für mehr als zweifelhaft. Man kann davon ausgehen, dass das Sommerlager, von dem aus er aufbrach, gut befestigt und ausgebaut war. Der Statthalter hat sicher nicht in einer Waldhütte gehaust. Wäre der Angriff so früh erfolgt, wäre es für Varus die sicherste Option gewesen, sich einfach in dieses Sommerlager zurückzuziehen. Der Angriff wird also erst erfolgt sein, als es dies Option - Umkehren - nicht mehr gab.

Ist für mich nicht schlüssig, warum Varus auf dem Weg nach Xanten eine nördlichere Route als die über Herford nach Bielefeld (gelb) gewählt haben sollte! Die Lippe mit ihren Versorgungslagern war doch wohl der attraktivste Verkehrsweg.
Das ist ja das Problem. Wir wissen weder, wo Varus losmarschiert ist, noch wo er hinwollte, noch wie lange er bis zum Ausbruch der Kämpfe unterwegs war. Das wird nirgendwo in den Quellen spezifiziert. Wollte Varus wirklich nach Vetera? Schon Drusus hat seine Winterlager innerhalb Germaniens angelegt: Die innergermanischen Lager hatten deshalb feste Innenbebauungen, die Rheinlager dagegen nicht. Die Rheinlager wurden erst nach der Abkehr von der Okkupationspolitik endgültig befestigt (für Xanten weiß ich das jetzt allerdings nicht). Germanien war zu Varus´ Zeiten fast eine tributpflichtige Provinz. Warum hätten die Römer also ihre Winterlager außerhalb des Landes anlegen sollen?

Angenommen Kalkriese sei der Ort der Varusschlacht, so mag ich daher nicht daran glauben, dass dies der Ort des ersten Überfalles war.
Ich spekuliere hier auch nur. Bei Kalkriese ist offenbar ein Hinterhalt vorbereitet worden. Mit dem Bau des Walls muss einige Tage vor der eigentlichen Schlacht begonnen worden sein. Die sicherste Methode, die Römer dort hin zu manövrieren, wäre es dann gewesen, sie in der Maske von Freunden zu "führen". Die sicherste Methode wäre es gewesen, sie erst anzugreifen, nachdem sie in die fünf Kilometer lange Engstelle zwischen dem unpassierbaren Sumpf im Norden und den (von Germanen besetzten) Hängen im Süden eingezogen waren - also kurz bevor das Heer den Hinterhalt am Oberesch erreicht hatte. Zu dem Zeitpunkt gab es für die Legionen keine Alternative mehr. Sie konnten nur noch weitermarschieren und den Durchbruch versuchen. Bei jedem anderen Vorgehen hätte das Risiko bestanden, dass Varus sich entscheidet, einen anderen Weg zu nehmen.

Varus hat seine Marschroute doch zu einem Zeitpunkt gewählt, als es noch keinen "Zoff" gab! Warum hätte er den Umweg wählen sollen?
Welchen Umweg? Er hat diese Marschroute eingeschlagen, weil sein vertrauenswürdiger Freund Arminius ihm dazu geraten hat, weil es angeblich irgendeinen Aufstand weit entfernter Stämme gab.

MfG
 
Das halte ich für mehr als zweifelhaft. Man kann davon ausgehen, dass das Sommerlager, von dem aus er aufbrach, gut befestigt und ausgebaut war. Der Statthalter hat sicher nicht in einer Waldhütte gehaust. Wäre der Angriff so früh erfolgt, wäre es für Varus die sicherste Option gewesen, sich einfach in dieses Sommerlager zurückzuziehen. Der Angriff wird also erst erfolgt sein, als es dies Option - Umkehren - nicht mehr gab.

Welchen Umweg? Er hat diese Marschroute eingeschlagen, weil sein vertrauenswürdiger Freund Arminius ihm dazu geraten hat, weil es angeblich irgendeinen Aufstand weit entfernter Stämme gab

Ich glaube, wir reden aneinander vorbei!?
Nach der oben angeführten Literatur (= meinem Kenntnisstand) war der Varuszug erst einige Tage nach Verlassen des Sommerlagers "in die Wälder" gelockt worden.

Von daher hat Varus nicht direkt beim Aufbruch aus dem Sommerlager den Weg zu den vermeindlichen Aufständen gewählt.

Muss aber zugeben, dass ich nicht sehr quellensicher bin und nicht genau weiß, was explizit in den Texten steht. Meine Hausaufgabe für die nächste Zeit!

Beste Grüße
Andreas

P.S.: habe in den nächsten Tagen keine Zeit zu antworten. Nicht dass ihr glaubt ich hätte keinen Bock mehr auf Diskussionen. ;)
 
Man kann davon ausgehen, dass das Sommerlager, von dem aus er aufbrach, gut befestigt und ausgebaut war Der Statthalter hat sicher nicht in einer Waldhütte gehaust.
Zustimmung. Das würde ich auch so sehen.



Wir wissen weder, wo Varus losmarschiert ist, noch wo er hinwollte, noch wie lange er bis zum Ausbruch der Kämpfe unterwegs war. Das wird nirgendwo in den Quellen spezifiziert.
Ebenfalls richtig.

Germanien war zu Varus´ Zeiten fast eine tributpflichtige Provinz. Warum hätten die Römer also ihre Winterlager außerhalb des Landes anlegen sollen?.
Ebenfalls richtig. Man kann davon ausgehen, dass 9 n. Chr. im rechtsrheinischen Germanien Legionen dauerhaft stationiert waren, also nicht jeden Spätherbst zum Rhein zurück marschieren mussten.

Die sicherste Methode wäre es gewesen, sie erst anzugreifen, nachdem sie in die fünf Kilometer lange Engstelle zwischen dem unpassierbaren Sumpf im Norden und den (von Germanen besetzten) Hängen im Süden eingezogen waren - also kurz bevor das Heer den Hinterhalt am Oberesch erreicht hatte.
Der Oberesch mit dem Wall befindet sich an der schmalsten Stelle zwischen Kalkrieser Berg und Sumpf. Östlich davon gab es keine weitere Engstelle.



Zu dem Zeitpunkt gab es für die Legionen keine Alternative mehr. Sie konnten nur noch weitermarschieren und den Durchbruch versuchen. Bei jedem anderen Vorgehen hätte das Risiko bestanden, dass Varus sich entscheidet, einen anderen Weg zu nehmen.
Wie bitte? Die Legionen werden also wie die Lemminge durch den Engpass am Oberesch getrieben? Alle zusammen oder in kleinen Grüppchen? Und das Ganze soll drei Tage gedauert haben? Dann muss sich der Heerzug östlich von Kalkriese aber ganz schön gestaut haben. Wie lange musste denn ein Legionär warten, bis er an der Reihe war?


Er (Varus) hat diese Marschroute eingeschlagen, weil sein vertrauenswürdiger Freund Arminius ihm dazu geraten hat, weil es angeblich irgendeinen Aufstand weit entfernter Stämme gab.

Dass Arminius ein vertrauenswürdiger Freund des Varus war, ist wohl eher der Inhalt eines Romans.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich glaube, wir reden aneinander vorbei!?
Nach der oben angeführten Literatur (= meinem Kenntnisstand) war der Varuszug erst einige Tage nach Verlassen des Sommerlagers "in die Wälder" gelockt worden.

Von daher hat Varus nicht direkt beim Aufbruch aus dem Sommerlager den Weg zu den vermeindlichen Aufständen gewählt.

Das müsste ich auch nochmal nachlesen. Es würde aber der Geschichte widersprechen, dass Seghestes den Varus vor dem bevorstehenden Verrat des Arminius gewarnt haben soll. Diese Warnung, wenn es sie denn wirklich gab, muss also ausgesprochen worden sein, als Varus noch im Sommerlager war.

MfG
 
Varus hat seine Marschroute doch zu einem Zeitpunkt gewählt, als es noch keinen "Zoff" gab! Warum hätte er den Umweg wählen sollen?
Gruß
Andreas

Sofern auf dem Rückweg von der Weser der (wohl leicht zu sperrende) Bielefeld Paß blockiert wurde (von Süden her - Chatten), bleibt im vollem Troß nur der Ausweg entlang des grob nw-verlaufenden Teutoburger Waldes bis zum nächsten Übergang bzw. ggf. den mit Troß leichter zu überquerenden Ausläufern. Das wäre hier eine Frage, wann die Nachricht der Sperrung Varus erreicht hat.

P.S. ausgeprägtes (wochenlanges) Regenwetter im Frühherbst wäre ggf. bei der römischen Schilderung der Sümpfe zu beachten.


[Das war allerdings nur eine Überlegung hier aus den Beiträgen des Themas:]
 

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Seltsam auch, das alle Kalkriese Gegner, Cherusker, NicoleH. gesperrt und ausgeschlossen werden? Warum?

Dass diese beiden gesperrt wurden, lag nicht an ihrer Kalkriese-Gegnerschaft, sondern an ihrer spezifischen Art der Diskussionssführung, die oft ruppig und beleidigend war. Cherusker versuchte zudem, per Doppelaccount wieder hier mitzuspielen, was ebenfalls nicht erlaubt ist.
Dass die Diskussionen um die Varusschlacht hier noch immer ein Dauerbrenner sind, zeigt ja, dass es auch ohne die beiden noch viele Gegner der Kalkriese-Hypothese im Forum gibt.
 
Der Oberesch mit dem Wall befindet sich an der schmalsten Stelle zwischen Kalkrieser Berg und Sumpf. Östlich davon gab es keine weitere Engstelle.
Mach Dich erstmal schlau, bevor Du sowas verbreitest. Der Engpass zwischen Berg und Sumpf zieht sich über fünf Kilometer hin. Der Oberesch ist nur die schmalste Stelle in diesem Engpass. Deswegen hätte Caecina ja völlig bescheuert sein müssen, genau da einen Wall zu bauen und seinen eigenen Truppen den Manövrierraum zu nehmen. Aber das nur am Rande...

Wie bitte? Die Legionen werden also wie die Lemminge durch den Engpass am Oberesch getrieben? Alle zusammen oder in kleinen Grüppchen? Und das Ganze soll drei Tage gedauert haben? Dann muss sich der Heerzug östlich von Kalkriese aber ganz schön gestaut haben. Wie lange musste denn ein Legionär warten, bis er an der Reihe war?
Du findest Dich selbst ziemlich witzig, was? Kannst mächtig stolz auf Dich sein!

Was sagen denn die Grabungsbefunde? Die kann man doch eigentlich nur so interpretieren, dass die Römer durch die Engstelle gezogen SIND, obwohl Du diese Vorstellung für völlig lächerlich hältst, oder? Warum haben sie das Deiner Meinung nach getan? Weil sie blind oder blöd waren?

Und das Ganze soll drei Tage gedauert haben? Dann muss sich der Heerzug östlich von Kalkriese aber ganz schön gestaut haben. Wie lange musste denn ein Legionär warten, bis er an der Reihe war?
Habe ich behauptet, dass der Kampf dort drei Tage gedauert habe? Wenn Du Mitdiskutanten schon solchen Unsinn unterstellen willst, dann sei doch wenigstens so pfiffig und bezieh Dich auf Aussagen, die schon lange zurückliegen und deshalb vielleicht nicht mehr allen in Erinnerung sind.

Um Dir die Mühe zu ersparen, eine Seite zurückblättern zu müssen, zitiere ich mich mal selbst:
Meiner Theorie nach hat sich alles, was nach Tag 1 folgt, westlich oder südlich von Kalkriese abgespielt.

Dass Arminius ein vertrauenswürdiger Freund des Varus war, ist wohl eher der Inhalt eines Romans.
Du hängst doch so am Tacitus-Text. Steht da nicht explizit, dass Varus dem Arminius genug vertraut hat, um auch die Anschuldigungen des Seghestes zu ignorieren?

Dein "Sarkasmus" wirkt übrigens mehr gewollt als gekonnt.

Für Dich verschwende ich ab jetzt keine Zeit mehr.
 
Frage: zu welchem Konflikt würden folgende Szenarios passen?
Die Römer befanden sich auf dem Wall und südlich davon. Bei einem Ausfall in Richtung Westen überwanden die Römer den Wall auf breiter Front und es kam zu Kampfhandlungen auf der Nordseite.
 
Mach Dich erstmal schlau, bevor Du sowas verbreitest. Der Engpass zwischen Berg und Sumpf zieht sich über fünf Kilometer hin. Der Oberesch ist nur die schmalste Stelle in diesem Engpass.

Der Durchgang zwischen Kalkrieser Berg und Sumpf, ein alter Fernhandelsweg, ist zweigeteilt. Es gibt eine nördliche Flugsandzone und eine südliche Hangsandzone. Beide sind bei schlechten Wetterbedingungen ca. 200 m breit. Bei trockenen Bedingungen ist der gesamte Durchgang ca. 1 km breit.

Östlich und westlich vom Oberesch befinden sich weite Flächen, so dass man kaum mehr von einem „Engpass“ sprechen kann.

Die kann man doch eigentlich nur so interpretieren, dass die Römer durch die Engstelle gezogen SIND, obwohl Du diese Vorstellung für völlig lächerlich hältst, oder? Warum haben sie das Deiner Meinung nach getan? Weil sie blind oder blöd waren?

Genau das waren sie eben nicht. Sie waren nicht blind und hätten deshalb den „germanischen Wall“ gesehen. Und sie waren auch nicht blöd, weil sie seit 20 Jahren im Lande standen und die kritischen Punkte und Engstellen der großen Wegeverbindungen kannten.

Der Überlieferung nach gab es keine festen germanischen Stellungen in Form von Wällen oder Gräben während der Varusschlacht. Über ein festes Angriffsziel hätten sich die Römer gefreut. Das hätten sie plattgemacht. Der Kampf wurde allerdings in Guerillataktik geführt, das heißt punktuelle Angriffe der Germanen auf das römische Heer und Rückzug ins Dickicht.
Die Römer hassten es, wenn ein Feind angriff und sich danach einem Gegenangriff entzog. „Hit and run“ nennt man das heute. Mit diesem Prinzip wurde auch Crassus´Armee von den Parthern nach und nach aufgerieben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Frage: zu welchem Konflikt würden folgende Szenarios passen?
Die Römer befanden sich auf dem Wall und südlich davon. Bei einem Ausfall in Richtung Westen überwanden die Römer den Wall auf breiter Front und es kam zu Kampfhandlungen auf der Nordseite.

Spielst Du auf den Angrivarierwall an? Das passt auch nicht. Schon deshalb nicht, weil dann das Wallmaterial mit Geschoss-Spitzen von den römischen Wurfgeschützen durchsetzt sein müsste. Außerdem würden dann irgendwelche Spuren des Kampfes auf dem Wall und an seinem südlichen Rand zu finden sein (am Harzhorn ließen sich z.B. anhand von Sandalennägeln sogar die Bewegungen von Truppenteilen nachzeichnen, die nicht direkt in Kämpfe verwickelt waren). Und drittens würde das nicht erklären, warum diese Römer dann nach dem Überqueren des Walls - also nördlich davon - so vernichtend geschlagen wurden, dass sie nicht fähig waren, ihre Toten und Verwundeten mitzunehmen.

Mal grundsätzlich: Ich verstehe nicht so recht, warum immer versucht wird, diesem Wall eine neue Bedeutung zuzuschreiben. Wenn man etwas vor sich hat, das wie ein Schwein aussieht, so riecht und grunzt, dann liegt der Verdacht nahe, dass es sich um ein Schwein handelt. Warum also nach Anzeichen dafür suchen, dass es ein Reh ist? Gleiches gilt für diesen Wall:

Das war nicht bloß eine Erdaufschüttung, sondern eine Feldbefestigung, die im Laufe einer Schlacht eine bestimmte taktische Funktion hatte. Welche Funktion das war, kann man an Standort und Form der Befestigung ablesen. Hierzu erstmal ein Zitat aus dem Aufsatz "Kalkriese - Ort der Varusschlacht?" von Günther Moosbauer und Susanne Wilbers-Rost, zu finden im Buch "Die Varusschlacht", Hrsg. Wiegels:

"Der etwa 6 km lange und an der schmalsten Stelle nur 1 km breite Engpass war an seinen Rändern, auf den so genannten Hangsandzonen (...) passierbar".

Wolters hat das in der Weise präzisiert, dass der Wall an der engsten Stelle des Engpasses lag und dass dort die "begehbare" Bereich auf den Hangsanden maximal hundert Meter breit war.

Da drängt sich doch die Frage auf, warum gerade an dieser engsten Stelle ein solcher Wall grob parallel zum begehbaren Weg verlief. Wie an anderer Stelle schon mal angedeutet: Hätte ein durchziehendes Heer diesen Wall angelegt, dann hätte es sich selbst den Weg zum Durchzug noch enger gemacht und es hätte sich selbst die Möglichkeit genommen, Sicherungstruppen entlang der Engstelle aufmarschieren zu lassen. Zudem hätte dieser Wall dann unter Gefechtsbedingungen errichtet werden müssen - und jetzt stell Dir mal vor, wie das ausgesehen haben soll! Da zieht ein großes Heer mit Tross durch den nur 100 Meter breiten Engpass, auf der halben Fläche schanzen Pioniere und davor gibt es noch eine Postenkette, die die Schanzarbeiten sichert. Ein Kommandeur, der so handelt, begeht praktisch Selbstmord.

Für das durchziehende Heer wäre der Wall gar nicht nötig gewesen. Es wäre sogar pure Zeitverschwendung gewesen, den zu bauen. Eine 400 Meter lange Linie im Gelände hätten vier Kohorten locker absichern können. Diese vier Kohorten wären auch nötig gewesen, um die Schanzarbeiten am Wall zu sichern. Warum also überhaupt schanzen? Man stellt die vier (oder meinetwegen sechs) Kohorten in Schlachtreihe auf, lässt sie den Hang hinaufrücken - und hat in deren Rücken einen freien und sicheren Marschweg für die restlichen Truppen und den Tross, ohne dass das Gelände durch das Abstechen von Rasensoden in einen knietiefen Sumpf verwandelt worden ist.

Es ist einfach völlig unsinnig, den Wall als Schanzwerk der durch den Enpass ziehenden Römer anzusehen. Der Wall hatte ganz offensichtlich nicht die Funktion, den Weg vor Angriffen vom Hang zu sichern. Seine Funktion war es, den Weg an der Engstelle zu beherrschen!

Dass dies so war, belegen die Funde eindeutig. Vor dem Wall, also nördlich davon, hatten die Römer keine Chance, sich militärisch durchzusetzen. Sie mussten zahlreiche Gefallene und einen Teil ihres Trosses zurücklassen. Die archäologischen Funde belegen doch unmissverständlich, dass römische Truppen vor dem Wall eine ziemlich herbe Niederlage erlitten haben. Wie kann man da noch über mögliche andere Funktionen des Walls philosophieren?

MfG
 
Was das Ereignis bei Kalkriese angeht, so tendiere ich eher zu Sillis oben angeführter These!

Gruß
Andreas

Ich würde sie etwas modifizieren:

Wenn bei Kalkriese eine der literarisch überlieferten Schlachten stattgefunden hat, dann am ehesten noch ein Gefecht der Varusschlacht.

Von Cato als aktuellem pontes longi Fan würde ich weiterhin gerne eine Deutung der Knochengruben von Kalkriese lesen. Wer hat da wann wen bestattet, wenn es sich um die Schlacht an den pontes longi handelt.

Kann doch echt nicht sein, dass Cato nahezu alle Nachfragen ignoriert! :motz:
 
Ich spiele auf keinen bekannten Wall an!Sonst hätte ich nicht gefragt.Warum keine Geschossspitzen und warum keine Bergung der Toten ? das war Flucht! Panik,Angst um das nackte eigene Leben. vor dem wall im Norden der Feind und aus dem Osten wahrscheinlich nachrückende Truppen und im Rücken den Kalkrieser Berg. Ich weiß nicht wer den Wall erbaut hat, nur für mich steht fest das die Römer (ich möchte den begriff Römische Truppen auf Grund der unsicheren Verteilung von Militär und Zivilpersonen vermeiden) für sich genutzt haben.Warum das für mich offensichtlich ist? Ein Maultier liegt
mit gebrochenem Genick unter dem wall an der Nordseite von Grassoden fast bedeckt.
Wie ist das da bloß hingekommen? Laut Kalkriese Katalog: alles die Römer vor dem Wall an der Nordseite kämpfend vor bei zogen, bog das Maultier links ab und versuchte den vom Feind besetzten Wall zu stürmen. Oben erschreckte es sich und stürzte rückwärts den Wall wieder runter, brach sich das Genick und verstarb. Das soll die Reaktion eines Fluchttieres sein? Sehr Unwahrscheinlich! Maultiere sind sehr Trittsicher auch in den Bergen(auch heute noch bei der Fleurop-truppe) das Tier ist beim Ausfall auf den Wall geführt worden .aber beim abstieg auf der Nordseite bekam das Mautier Übergewicht durch die Last auf dem Rücken und fiel Kopfüber nach vorn wobei es sich den Hals brach.Bergab ist immer schwierig, auch für Tiere. Ich beobachte den Thread nun schon sehr lange und dachte das mit dem Maultier wäre auch anderen aufgefallen.
Ob die Grassoden bei dem Sturz von dem Maultier eine Rolle spielten oder erst vom den Nachfolgenden losgetreten wurden ist meiner Meinung nach ohne Bedeutung. Die Schlussfolgerung: kein Vorbeimarsch von Römern nördlich vor dem Wall.
 
Mal grundsätzlich: Ich verstehe nicht so recht, warum immer versucht wird, diesem Wall eine neue Bedeutung zuzuschreiben. Wenn man etwas vor sich hat, das wie ein Schwein aussieht, so riecht und grunzt, dann liegt der Verdacht nahe, dass es sich um ein Schwein handelt. Warum also nach Anzeichen dafür suchen, dass es ein Reh ist? Gleiches gilt für diesen Wall:

Das Problem ist ja nicht die Deutung des Schweines, sondern wie es auf das Sofa im 5. Stock kommt.

Wolters hat das in der Weise präzisiert, dass der Wall an der engsten Stelle des Engpasses lag und dass dort die "begehbare" Bereich auf den Hangsanden maximal hundert Meter breit war.

Ich finde durchaus, daß 60 m für eine Formation der römischen Truppen reichen kann. Ist natürlich auch Situationsbedingt.

Zudem hätte dieser Wall dann unter Gefechtsbedingungen errichtet werden müssen - und jetzt stell Dir mal vor, wie das ausgesehen haben soll! Da zieht ein großes Heer mit Tross durch den nur 100 Meter breiten Engpass, auf der halben Fläche schanzen Pioniere und davor gibt es noch eine Postenkette, die die Schanzarbeiten sichert. Ein Kommandeur, der so handelt, begeht praktisch Selbstmord.

Wer sagt denn, daß dies freiwillig passiert wäre? Vielleicht wurden die römischen Truppen vom Gegner (müßte dann eine enorme Übermacht gewesen sein) in den Kessel gedrückt und mann mußte sich irgendwie Zeit verschaffen.

Für das durchziehende Heer wäre der Wall gar nicht nötig gewesen. Es wäre sogar pure Zeitverschwendung gewesen, den zu bauen. Eine 400 Meter lange Linie im Gelände hätten vier Kohorten locker absichern können. Diese vier Kohorten wären auch nötig gewesen, um die Schanzarbeiten am Wall zu sichern. Warum also überhaupt schanzen? Man stellt die vier (oder meinetwegen sechs) Kohorten in Schlachtreihe auf, lässt sie den Hang hinaufrücken - und hat in deren Rücken einen freien und sicheren Marschweg für die restlichen Truppen und den Tross, ohne dass das Gelände durch das Abstechen von Rasensoden in einen knietiefen Sumpf verwandelt worden ist.

Blanke Theorie und deshalb verweise ich nur auf den Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Für ein normal ziehendes Heer wäre der Wall sicher nicht notwendig gewesen, aber wie ich bereits vorher schrieb vielleicht aus der Situation heraus. Selbst wenn es sich um ein Teilgefecht der Varusschlacht handelt, könnten einzelne Abteilungen voneinander getrennt worden sein und hätten den Feind von 3 Seiten. Da muß man was tun.

Es ist einfach völlig unsinnig, den Wall als Schanzwerk der durch den Enpass ziehenden Römer anzusehen. Der Wall hatte ganz offensichtlich nicht die Funktion, den Weg vor Angriffen vom Hang zu sichern. Seine Funktion war es, den Weg an der Engstelle zu beherrschen!

Ich finde es völlig unsinnig, wenn man als Römer stur auf ein offensichtliches Problem zumarschiert. Warum sollten Germanen eine offensichtlich strategisch günstige Position mit der möglichen Entdeckung durch das Opfer riskieren?
 
Von Cato als aktuellem pontes longi Fan würde ich weiterhin gerne eine Deutung der Knochengruben von Kalkriese lesen. Wer hat da wann wen bestattet, wenn es sich um die Schlacht an den pontes longi handelt.


Wer die Knochengruben angelegt hat, ist vollkommen ungewiss.
Auf jeden Fall widersprechen sie den Schilderungen zur Varusschlacht, die von einem einzigen Tumulus und nicht von mehreren einzelnen Knochengruben berichten.

Eine mögliche Erklärung könnte sein:
Da Germanicus 16 n.Chr. nach den Schlachten bei Idistaviso und am Angrivarierwall (im Weserbereich) zurück zur Ems zog, ist wahrscheinlich er oder eine seiner Heeresgruppen bei Kalkriese vorbei gekommen. Sie werden dort die skelettierten Gebeine jener Legionäre gefunden haben, die im Jahr zuvor in der Caecinaschlacht ums Leben kamen. Diesmal wurde kein Tumulus errichtet (Tiberius hatte den Caesar für die Totenzeremonie gerügt), sondern die Knochen hastig in der Erde verscharrt.

Gegen die Varusschlachttheorie sprechen zwei wesentliche Punkte:
1.) Die meisten Knochen waren separiert, andere dagegen lagen noch im Konvolut vor, d.h. Gewebereste waren noch vorhanden. Das wäre nach sechs Jahren Liegezeit unmöglich.
2.) Die Knochengruben liegen sehr dicht beieinander. Drei Gruben im Grabungsschnitt 25 liegen jeweils ca. 5 m voneinander entfernt. Es stellt sich die Frage, warum die Römer, die diese Knochen einsammelten, den geringen Aufwand scheuten, diese Knochen zusammen zu tragen und gemeinsam unter die Erde zu bringen. Vielleicht wäre dann auch einem aufgefallen, dass sich Pferdeknochen darunter befinden, so dass man diese ausgesondert hätte.

Besonders aus Punkt 2 folgt eine ganz andere Frage:
Waren es überhaupt Römer, die diese Gruben anlegten? Auf dem jüngst entdeckten Schlachtfeld am Harzhorn wurde bereits beim ersten Grabungsschnitt eine Grube gefüllt mit einigen Pferdeknochen entdeckt. Dieser neue Fund muss zwar erst ausgewertet werden, aber es ist nicht auszuschließen, dass es sich Spuren ritueller Handlungen der Germanen handelt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine 400 Meter lange Linie im Gelände hätten vier Kohorten locker absichern können. (…) Man stellt die vier (oder meinetwegen sechs) Kohorten in Schlachtreihe auf, lässt sie den Hang hinaufrücken - und hat in deren Rücken einen freien und sicheren Marschweg für die restlichen Truppen und den Tross, ohne dass das Gelände durch das Abstechen von Rasensoden in einen knietiefen Sumpf verwandelt worden ist.

Respekt, Du bist ein genialer Taktiker!
Man kann also durch die Engstelle am Oberesch marschieren, wenn man vier (oder deinetwegen sechs) Kohorten zum Flankenschutz postiert. So einfach ist das! Warum ist Varus nicht darauf gekommen? Wenn Varus dich dabei gehabt hätte, hätte er am „germanischen Wall“ locker vorbeimarschieren können und wir alle würden heute eine romanische Sprache sprechen.
 
Ich finde es völlig unsinnig, wenn man als Römer stur auf ein offensichtliches Problem zumarschiert. Warum sollten Germanen eine offensichtlich strategisch günstige Position mit der möglichen Entdeckung durch das Opfer riskieren?

Und trotzdem ist genau das passiert. Die ganze Fundsituation belegt, dass die Römer von Osten nach Westen durch den Engpass marschiert sind und vor dem Wall furchtbar zusammengeschlagen wurden.

Aus meiner Sicht hat es wenig Sinn, nun darüber zu philosophieren, dass das unsinng gewesen sei. Hilfreich könnte es allenfalls sein, sich zu fragen, warum es so gekommen sein könnte. Ich würde mal ganz pauschal sagen: Den Römern blieb keine andere Wahl, als durchzubrechen. Was ihnen ja offensichtlich trotz der Verluste im Engpass auch gelungen ist.

MfG

P.S.:

Wer sagt denn, daß dies freiwillig passiert wäre? Vielleicht wurden die römischen Truppen vom Gegner (müßte dann eine enorme Übermacht gewesen sein) in den Kessel gedrückt und mann mußte sich irgendwie Zeit verschaffen.
(...)
Blanke Theorie und deshalb verweise ich nur auf den Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Für ein normal ziehendes Heer wäre der Wall sicher nicht notwendig gewesen, aber wie ich bereits vorher schrieb vielleicht aus der Situation heraus.
Man wird von einer enormen Übermacht in einen Kessel gedrück, hat dann aber die Muße, einen Wall zu bauen? Das klingt kaum plausibel. Ein Wall wäre normalerweise nicht notwendig gewesen, könnte es aus der Situation heraus aber doch gewesen sein? Klingt für mich auch nicht überzeugend.

Ich weiß natürlich auch nicht, wie das damals abgelaufen ist. Ich finde nur, dass meine Theorie die Fundlage ziemlich bruchlos erklären würde, während die Erwägungen über mögliche alternative Abläufe immer mit "könnte unter Umständen doch sein..." einhergehen.

Nochmal MfG
 
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