Orientalische Einflüsse in der Spätgeometrik und Früharchaik

Herakleios

Aktives Mitglied
:fs:
Da ich nun doch langsam aber sicher auf mein Archäologie-Studium zugehe habe ich mich seit einiger Zeit mit der griechischen Keramik beschäftigt, wobei ich hier einen Schwerpunkt bei der geometrischen und orientalisierenden Periode (Früharchaik) gesetzt habe. Mir ist beim Studium mehrerer attisch-geometrischer Krater aus der Spätgeometrik eine Parallele zwischen den menschlichen Darstellungen in der Spätgeometrik und den typischen altägyptischen Menschen-Darstellungen aufgefallen. (In beiden Stilen werden die Menschen in der Wechselansicht, also Oberkörper von vorne Unterkörper von der Seite, dargestellt)

Dazu habe ich (wie immer:D) ein paar Fragen:

> Kann man aufgrund dieser Parallele von einen orientalischen bzw. ägyptischen Einfluß bereits in der spätgeometrischen Phase sprechen?

> Wenn ja wo äußerte sich dieser Einfluß noch? (Kunst, Gesellschaft, usw.)

> Muss man zwischen einen primär ägyptischen und einen primär orientalischen Einfluß unterscheiden?
 
Nachgeliefert noch ein paar Bilder:

Greek_Krater_725BC.jpg

hb_14.130.14.jpg

Verglichen dazu eine ägyptische Abbildung mit "wechselansichtigen" Personen:

456px-Tomb_of_Nakht_(2).jpg

Bitte um ausführliches Feedback! :winke:
 
In archaischer Zeit war vor allem Zypern ein Schmelztiegel verschiedenster Kulturkontakten. Erst in der homerisch-archaischen Zeit, also 800-500 v. Chr., erreichten die Kulturkontakte ihren Höhepunkt. Während die Griechen in der Ägäis, auf Kreta, Westanatolien und auf Zypern siedelten, gingen andere daran, im gesamten Mittel- und später auch Schwarzmeerraum neue Siedlungen anzulegen.

Damals machte auch der Handel einen bedeutsamen Wandel durch: Auch wenn sich der staatlich organisierte Handel in einigen Regionen, wie Ägypten, hielt so wurden griechische und phönikische Seehändler, deren Basis die hellenischen und levantischen Stadtstaaten waren, zu Trägern des Überseehandels.
Man kann also sagen, dass es schon viel früher über Seehändler zu ägyptisch-griechischen Kulturkontakten kam.
Wann genau kann man, glaube ich, nicht sagen.

Ich hoffe, es ist dir eine Hilfe.

lg
 
In archaischer Zeit war vor allem Zypern ein Schmelztiegel verschiedenster Kulturkontakten. Erst in der homerisch-archaischen Zeit, also 800-500 v. Chr., erreichten die Kulturkontakte ihren Höhepunkt. Während die Griechen in der Ägäis, auf Kreta, Westanatolien und auf Zypern siedelten, gingen andere daran, im gesamten Mittel- und später auch Schwarzmeerraum neue Siedlungen anzulegen.

Richtig, jedoch eine kleine Ergänzung: Kulturkontakte zwischen Griechen und orientalischen Völkern nahmen zur Zeit der griechischen Kolonisationsbewegung zwar zu, von einem Höhepunkt würde ich jedoch nicht sprechen. Dieser wurde erst in hellenistischer Zeit erreicht.

Man kann also sagen, dass es schon viel früher über Seehändler zu ägyptisch-griechischen Kulturkontakten kam.

Kannst du hierfür irgendwelche Belege nennen? Die orientalischen Einnflüße in der Protoarchaik sind mir bekannt. (Deshalb wird diese zeitliche Periode auch die "orientalisierende Epoche" genannt.) Mich würde interessieren welche die frühesten Belege für einen orientalischen/ägyptischen Einfluß sind.
 
Die Griechen übernahmen auch sehr viel von den Phönikern. So wie die Alphabetschrift im 8. Jh.

Es gibt auch 3 Theorien über phönizischen Einfluss der Polisbildung in Griechenland:

1.
Eine Gruppe von Wissenschaftler betont die rein griechische Abkunft der Polisbildung.

2.
Eine weitere Gruppe von Wissenschaftler betont wiederum die rein griechische Abkunft der Polis, aber jedoch nicht späterer Ideen der Griechen. Diese sollen sie aus dem Orient übernommen haben.

3.
Dritte Gruppe vertritt die Meinung, die Griechen hätten die Polis von den Phönikern erlernt bzw. die Entstehung sei zumindest von phönikischen Vorbildern beeinflusst worden.
 
Es gibt auch 3 Theorien über phönizischen Einfluss der Polisbildung in Griechenland:

1.
Eine Gruppe von Wissenschaftler betont die rein griechische Abkunft der Polisbildung.

2.
Eine weitere Gruppe von Wissenschaftler betont wiederum die rein griechische Abkunft der Polis, aber jedoch nicht späterer Ideen der Griechen. Diese sollen sie aus dem Orient übernommen haben.

3.
Dritte Gruppe vertritt die Meinung, die Griechen hätten die Polis von den Phönikern erlernt bzw. die Entstehung sei zumindest von phönikischen Vorbildern beeinflusst worden.
Auch hierfür möchte ich dich darum bitten deine Quellen zu nennen. Welche Historiker/Archäologen vertreten diese Thesen?
 
Quelle:

Peter Funke, Peter Herz, Karl-Joachim Hölkeskamp, Jens-Uwe Krause, Elke Stein-Hölkeskamp und Josef Wiesehöfer, Geschichte der Antike, Ein Studienbuch, hrg. Hans-Joachim Gehrke und Helmuth Schneider.


Wer genau diese Theorien in die Welt gesetzt hat, weiss ich nicht.
Ich hab alles daraus zitiert.
 
Aha, gut danke schön. Allerdings halte ich die These eines starken phönizischen Einflußes auf die griechische Polisbildung für nicht richtig.

Kannst du andere Einflüße orientalischer Herkunft nennen, bspw. in der Kunst?
 
Durch bildliche Beispiele in diesem Buch werden die Kulturkontakte noch stärker hervorgehoben.

Bsp.:

Attische Grabstelle um 390 v. Chr., Abgebildet ist eine griechische Frau mit einem persischen Kandys über der Tunika.

Attische Löwenkopftasse nach assyrisch-persischem Vorbild, um 480 v. Chr.

Grabbeigabe in phönizischem Stil mit ägyptischen Einschlägen, Salamis(Zypern) um 700 v. Chr.


Würde dir gerne Bilder hinzufügen, bin im Internet nicht fündig geworden.
 
Attische Grabstelle um 390 v. Chr., Abgebildet ist eine griechische Frau mit einem persischen Kandys über der Tunika.

Das ist für dieses Thema bereits etwas zu spät. Sie fällt in die Spätklassik.

Attische Löwenkopftasse nach assyrisch-persischem Vorbild, um 480 v. Chr.

Dito. Ein Exemplar der frühen Klassik.

Grabbeigabe in phönizischem Stil mit ägyptischen Einschlägen, Salamis(Zypern) um 700 v. Chr.

Salamis war keine griechische Kolonie, sondern ein zypriotisches Königreich. Gerade zu dieser Zeit konnte man einen starken orientalischen Einfluss auf Zypern ausmachen. Ich würde dies deshalb nicht als orientalischen Einfluß auf Griechenland werten.
 
Weiter oben habe ich ein paar Bilder eingefügt, die stellvertretend den Einfluß, den ich mir zumindest einbilde, orientalischer und ägyptischer Kunst zeigen. Ich habe nur gefragt ob du weitere Beispiele nennen kannst.
 
Es stammt zwar aus der Früharchaik und mir geht es primär um die Spätgeometrik, aber es passt schon:D

Es wurde ein Kouros bereits aus der spätminoischer Zeit auf Kreta gefunden. Man kann hier also auf einen längeren kulturellen Einfluß Ägyptens auf Kreta schließen.

Nun stellt sich jedoch die Frage: Adaptierten die Mykener bei der Eroberung Kretas den Kouros als Kunstgegenstand und führten in so am griechischen Festland ein, oder muss man hier von einen primär ägyptischen Einfluss auf die Entwicklung griechscher Skulpturen ausgehen?
 
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