Gauverfassung

Zumal ja nicht gesagt ist, dass einem Grafen automatisch das komplette als Grafschaft bezeichnete Land de facto gehört. Er hätte ja dann z.B. keine gesellschaftlich adäquaten Nachbarn, die man einladen und besuchen könnte.
Der von Brissotin oft zitierte Kotzebue sprach in unten verlinkter Abhandlung zur Geschichte des Adels (1792) von "Grafen ohne Land", und es gab sogar den berühmten Herrscher "Johann ohne Land".

Vom Adel - Google Bücher

Im übrigen stellten häufiger Adelige der Kirche Landstücke und Gebiete zur Verfügung. So schenkte Graf Ancor das ursprünglich von ihm gegründete Kloster Lorsch einem verwandten Bischof. Geschichte

*Nachtrag* Weil Tekker mich auf "1792" hingewiesen hat:

Mir ging es hierbei nur um den Hinweis, dass ein Titel und eine Bezeichnung eben nicht automatisch mit dem entsprechenden Landbesitz einhergingen. Rechte, Eigentum und Besitz sind in dem angesprochenen Zeitraum schwierig zu definieren und auseinander zu halten.
 
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Zumal ja nicht gesagt ist, dass einem Grafen automatisch das komplette als Grafschaft bezeichnete Land de facto gehört. Er hätte ja dann z.B. keine gesellschaftlich adäquaten Nachbarn, die man einladen und besuchen könnte.
Der von Brissotin oft zitierte Kotzebue sprach in unten verlinkter Abhandlung zur Geschichte des Adels (1792) von "Grafen ohne Land", und es gab sogar den berühmten Herrscher "Johann ohne Land".

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Das geht allerdings etwas am Thema vorbei. Kotzebue spricht eine Situation an, die im Prinzip typisch für die Frühe Neuzeit ist und die zeigt, dass der Übergang von der ständischen Gesellschaft zur Klassengesellschaft zwar noch nicht vollzogen ist, die ständische Gesellschaft aber längst ein Anachronismus.
Und dass Jean vom Ginsterstrauch (Plantagenêt), den meisten wohl als Fiesling aus Robin Hood ("Prinz John") bekannt, als John Lackland oder Johann Ohneland in die Geschichte eingegangen ist, ist vielmehr ein Spottname. Er hatte sehr wohl ein territoriales Erbe erhalten, dieses war aber absolut nicht gesichert. Dieses Erbe hätte eine Aufgabe bedeutet, nämlich die Aufgabe, die angevinische Herrschaft über diese sehr verstreuten Gebiete zu konsolidieren.
 
Ich habe jetzt gefunden, daß die Konradiner um die Jahrtausenwende die Grafen der Wetterau gestellt haben. Andererseits haben die Klöster Lorsch und Hersfeld ihre Lehnsrechte in der Wetterau auf Karl dGr.

Welche Rechte hat der Gaugraf denn dann noch ?

Die Besitzverhältnisse in der Wetterau waren vom frühen Mittelalter bis in die Neuzeit sehr kompliziert. Auch als "heimischer" traue ich mir kaum zu, sie zu interpretieren. Als Einführung:

Reich, Adel und Kirche in der Wetterau von der Karoling bei eBay.de: Deutschland (endet 24.08.10 21:11:15 MESZ)

Als Grundtendenz kann man vielleicht anführen, es gab hier sehr viel Reichsland und infolgedessen viele Belehnungen, was zu sehr merkwürdigen Konstruktionen des Systems führte:

Reichsburg Friedberg
Burg Friedberg (Friedberg) ? Wikipedia

Außerdem lag dieses Gebiet gleichzeitig noch im Interessengebiet des Erzbistums Mainz, gleichzeitig eine der wichtigsten Stützen und Gegenspieler des Reiches.
 
Hallo,

kann mich Ashigaru nur anschliessen. Konrad der Ältere wird 905 als Graf der Wetterau genannt, aber in welchen Umfang er dort Rechte hatte ist sehr schwierig zu beantworten.

Anfangs besteht die Teilung zwischen dem sächsischen und fränkischen Hessengau, bei den Konradiner die kommt die Unterteil des Wetteraugaus und des Oberlahngaus noch hinzu.
Wichtig ist wie schon Ashigaru geschrieben hat, die Interessen- und Machtpolitik des Erzbistums Mainz.
Um das Ganze noch zu verwirren werfe einmal einen Blick auf die Gisonen - hier wird Reichsgut dem Erzbistums vom Mainz zum Lehen aufgetragen.
 
Ich habe jetzt gefunden, daß die Konradiner um die Jahrtausenwende die Grafen der Wetterau gestellt haben. Andererseits haben die Klöster Lorsch und Hersfeld ihre Lehnsrechte in der Wetterau auf Karl dGr.

Welche Rechte hat der Gaugraf denn dann noch ?
Die Grafen waren gewissermaßen Statthalter des Königs. Je mehr sich die (bedeutenderen) Fürsten aber zu quasi eigenständigen Landesherren entwickelten, desto mehr verloren die Grafen diese Funktion und Machtbefugnisse - es sei denn, sie wurden selbst zu Fürsten, wie der Pfalzgraf bei Rhein, die Markgrafen oder andere "gefürstete" Grafen.
 
Ja, oder um noch genauer zu werden: die Rechte des Gaugrafen beliefen sich auf Verwaltung königlicher Güter, auf Steuereintreibung und Rechtsprechung.
 
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