Britischer Adel nach der Schlacht von Hastings

Apvar

Premiummitglied
Bin mal wieder Neugierig.

Der Englische Adel ist nach den Schlachten von Stamford Bridge und kurz danach auch noch in Hastings ziemlich dezimiert worden. Wer überlebt hat musste sich mit den Normannen arrangieren, oder untergehen.
Wie sah es eigentlich in den ander Teilen Britannien aus? In Wales und Schottland? Setzte sich auch hier der Normannische Adel durch? Und wie sah er vorher, von der Abstammung her aus. Schottland hatte ja auch einige heftige Kriege mit Norwegen auszufechten. Schottland und Wales wird leider fast immer vergessen, dabei gehören sie ja auch zu Britannien.

Apvar
 
Zuletzt bearbeitet:
Sowohl Schottland (kgr) als auch Wales (Fsm) waren unabhängige Staaten mit überwiegend keltischem, nicht mit angelsächsischen (germanischen) Ursprung und waren von den Erreignissen 1066 kaum beeinrtächtigt.

Schottland wurde von einheimischen Pikten (unbekannte Herkunft?) und keltischen Stämmen bewohnt (Skoten, Gälen). Lediglich in Northumbrien (heute zu England) gab es eine anglo-sächsische Bevölkerung. Die Schotten waren kulturell wohl am ehesten Nachfolger der Kelten, der Adel der drei Gruppen hatte sich miteinander vermischt. Schottland wurde erst 250 Jahre nach der Invasion der Normannen in England von England erobert.

Wales hatte eine keltische Kultur und war ein zersplittertes Gebiet. In Nordwales regierte ab dem 11. Jhd ein Fürstengeschlecht und im Süden setzten sich teilweise Normannen durch, bis Wales 1284 von England erobert wurde.
 
Die schottischen Könige gerieten in eine lose Abhängigkeit zu den normannischen Königen von England. Vor allem wegen des Besitzes von Northumbrien, das ein Lehen der englischen Krone war aber durch Erbe an die schottische Königsdynastie gefallen war.

König David I. mischte im englischen Bürgerkrieg Mitte des 12. Jahrhunderts mit und musste in der Standartenschlacht eine vernichtende Niederlage gegen die Anhänger König Stephans hinnehmen. In der Folge holte er eine ganze Reihe normannischer oder bretonischer Adlige nach Schottland und gab ihnen Land in den Lowlands. So kamen unter anderem die Familien der FitzAlan (Steward, bretonische Abstammung) und Brus (Bruce, Normannen) nach Schottland.
 
Die Abhängigkeit kam aber erst im folgenden Jahrhundert auf. 1066 waren beide Staaten noch recht unabhängig voneinander.
 
Der Angelsachsen Chronik nach ist Malcolm III. Canmore 1072 in Abernethy immerhin in ein Vasallenverhältnis zu Wilhelm dem Eroberer getreten. Was freilich keine handfesten Konsequenzen nach sich zog, aber von den Nachfahren Malcolms III. regelmäßig wiederholt wurde.
 
Die Abhängigkeit kam aber erst im folgenden Jahrhundert auf. 1066 waren beide Staaten noch recht unabhängig voneinander.

Darüber kann man sich streiten, und glaub' mir, darüber wird hierzulande noch gestritten. :D Aber Spaß beiseite, um zum eigentlichen Punkt zu kommen: Auch wenn es stimmt, daß Schottland, Wales und England auf der gleichen Insel liegen, und in Deutschland und andernorts die Bezeichnung "England" gerne für alle drei benutzt wird um die Insel zu bezeichnen, dann sind es doch drei zum Teil sehr verschiedene Länder. Von Wales habe ich leider wenig Ahnung, aber im Laufe der Geschichte haben sich die Waliser tapfer auf die ein oder andere Art gegen England gewehrt. Was die Schotten angeht, so ist es wahrscheinlich recht und billig zu sagen, daß die zur Zeit von Hastings andere Probleme hatten. Salopp gesagt war es eine undankbare Aufgabe schottischer König zu sein.

Mal ganz abgesehen von den Wikingern, die nicht zuletzt durch die Earls of Orkney eine Rolle spielten, gab es da noch den Einfluß des Königreiches Man(n) und die Highlands, vor Allem die Inseln (englischer Link: Kingdom of Mann and the Isles). Erschwerend hinzukam, daß die Lowland Clans eigentlich auch nicht regierbar waren, sondern in erster Linie auf den eigenen Vorteil bedacht waren. Da stellt sich die Frage in wie weit die normannische Invasion in England den schottischen König wirklich berührt hat, oder ob die Folgen erst später deutlich wurden.
 
Ich denke auch, dass William I. (der Eroberer) 1066 genug damit beschäftigt war England zu befrieden, seine Herrschaft zu sichern und die Normannische Herrschaft zu errichten. Nach Hastings stand ihm wohl die meiste Arbeit noch bevor. Das Vasallentum kann vieles bedeuten, Zeitweise waren die englichen Könige auch Vasallen des deutschen Kaisers, gestört haben sie sich nicht wirklich daran.

War es nicht auch so, dass sich um 1050 die Geschichte des historischen Macbeth abgespielt hat? War demnach Schottland nicht in Bürgerkriege verwickelt oder erholte sich zumindest grade von einem entsprechenden?
 
König Heinrich I von England war mit einer Schottin verheiratet. Edith von Schottland. Ihr Vater war Malcolm III. Edith von Schottland ? Wikipedia
Bei der Krönung wurde ihr Name in Matilda geändert.
William der Eroberer hatte in seiner Regierungszeit Probleme mit den Schotten. Und erst recht mit Nordengland.

Apvar
 
[...]
William der Eroberer hatte in seiner Regierungszeit Probleme mit den Schotten. Und erst recht mit Nordengland.

Apvar

Ich bin auch neugierig , also mal nachgefragt: Wie meinst du das, daß Wilhelm Probleme mit den Schotten und Nordengland hatte? Meinst du damit die Border Lords auf beiden Seiten der Grenze? Könntest du das etwas genauer erklären, oder einen Link dazu reinstellen? :winke:
 
Ich bin auch neugierig , also mal nachgefragt: Wie meinst du das, daß Wilhelm Probleme mit den Schotten und Nordengland hatte? Meinst du damit die Border Lords auf beiden Seiten der Grenze? Könntest du das etwas genauer erklären, oder einen Link dazu reinstellen? :winke:

Wilhelm hatte mehrmals Probleme mit Rebellionen in Northumbria. Der englische Wiki-Text ist einfach besser. Northumbria - Wikipedia, the free encyclopedia
Zum anderen hatte sein Sohn auch noch Probleme mit Schottischen Invasionversuchen in Nord-England. http://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_II._(England)

Apvar
 
König Heinrich I von England war mit einer Schottin verheiratet. Edith von Schottland. Ihr Vater war Malcolm III. Edith von Schottland ? Wikipedia
Bei der Krönung wurde ihr Name in Matilda geändert.
William der Eroberer hatte in seiner Regierungszeit Probleme mit den Schotten. Und erst recht mit Nordengland.

Und diese "Schottin" hat er auch geheiratet, um die Angelsachsen zu beruhigen, denn ihre Mutter war Angelsächsin. Dies wiederum, weil er eine möglichst breite Unterstützung brauchte gegen seinen Bruder Robert Kurzhose, der vom Kreuzzug wiederkommend Ansprüche auf England erhob: Robert war der älteste, Heinrich der jüngste von drei Brüdern. Während Robert die Normandie erbte, hatte William England geerbt, war aber umgebracht worden, offiziell ein Jagdunfall, aber es scheint doch Mord gewesen zu sein. Das Ende vom Lied war, dass Henry Robert für kurze Zeit Tribut zahlte, um König zu bleiben aber schließlich und endlich Robert in der Normandie angriff und ihn dort entmachtete. Robert verbrachte seine weiteren 28 Lebensjahre in der Gefangenschaft, in der er Gedichte auf walisisch (sic!) verfasst haben soll.

Der Englische Adel ist nach den Schlachten von Stamford Bridge und kurz danach auch noch in Hastings ziemlich dezimiert worden. Wer überlebt hat musste sich mit den Normannen arrangieren, oder untergehen.

Zunächst brauchte Wilhelm aus legitimistischen Gründen den witenagemot (eine Art überregionaler Thing), der ihn proklamieren sollte und seine Krönung ließ er durch je einen angelsächsischen und einen normannischen Bischof vollziehen. Auf der anderen Seite aber entmachtete er den alten angelsächsischen Adel vollständig. Er entzog den Angelsachsen das Land und übergab es seinen Rittern als Lehen.
Karl-Friedrich Krieger in Geschichte Englands von den Anfängen bis zum 15. Jahrhundert (München 1990):
Aus dem Domesday Book erfahren wir außerdem, dass die normannische Eroberung bis zum Jahr 1086 auch zu geradezu dramatischen Umwälzungen im Bereich der Führungsschicht geführt haben muss. So geht aus dem Werk hervor, dass in der Zwischenzeit seit der Eroberung der angelsächsisch-dänische Adel und die zahlreichen freien Landbesitzer nahezu völlig an Verfügungsgewalt über Grund und Boden eingebüßt hatten; sie war auf die neue, relativ dünne normannisch-nordfranzösische Oberschicht übergegangen. Die sozialen Folgen dieser von König Wilhelm nach und nach betriebenen Enteignungsmaßnahmen dürften für die Betroffenen einschneidend gewesen sein. Während die Angehörigen des Adels, soweit sie nicht auf dem Schlachtfeld gefallen waren, sich genötigt sahen, als Untervasallen in die Dienste eines normannischen Herren zu treten oder auszuwandern, sank die Masse der ehemals freien Bauern wohl in die Hörigkeit ab und diente den neuen Herren als Arbeitskräftepotential zur Bewirtschaftung ihrer Grundherrschaften.
 
Wilhelm hatte mehrmals Probleme mit Rebellionen in Northumbria. Der englische Wiki-Text ist einfach besser. Northumbria - Wikipedia, the free encyclopedia
Zum anderen hatte sein Sohn auch noch Probleme mit Schottischen Invasionversuchen in Nord-England. http://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_II._(England)

Apvar

Richtig, aber seine Unternehmungen zielten nicht darauf ab die Schotten zu unterwerfen sondern den Herrschaftsbereich des Königreichs England zu erhalten, wie er es erobert hatte.
 
Richtig, aber seine Unternehmungen zielten nicht darauf ab die Schotten zu unterwerfen sondern den Herrschaftsbereich des Königreichs England zu erhalten, wie er es erobert hatte.

Wirklich? Wenn ja, dann aber nur um seine eigenen Kräfte nicht zu überdehnen. Die Invasion in England hat ihm jede menge Land gebracht, welches er verteidigen musste. Gleichzeitig hat sich der Normannische Adel aber nicht in dem Maße vermehrt wie das Land. Und seine Feinde in Frankreich wurden auch nicht weniger. Und er hat sich im Grunde nur auf den Normannischen Adel verlassen.
Ungefähr zu dieser Zeit ist sogar ein Teil des Normannischen Adels abgewandert, nach Süditalien. Das sollte auch seine Expansionsbestrebungen gebremst haben.

Apvar
 
Habe das so verstanden als wenn Wilhelm quasi ein Friedensengel gewesen ist, der nur sein versprochenes Erbe mit dem Schwert in der Hand holen wollte, Und ansonsten in seinen Grenzen geblieben währe.
Aber da habe ich Dich wohl missverstanden.

Apvar
 
Also ich würde jemandem der den "Ehrennamen" "der Eroberer" trägt keinen Friedensnobelpreis verleihen. Wilhelm war halt einfach zu beschäftigt mit England um sich um andere Dinge zu kümmern.
 
Zu den letzten Beiträgen noch eine Stelle aus Krieger, Geschichte Englands...:
So gelang es Wilhelm, 1068 in einem raschen Feldzug den gesamten Süden und Südwesten des Landes zu unterwerfen. Eine ernstere Gefahr ging allenfalls von den weitgehend unabhängigen Earldoms des Nordens aus, wo 1069 ein Aufstand gegen die normannische Herrschaft ausbrach, der noch zusätzlich durch die Einfälle dänischer Wikinger (EQ: hm... man sagt doch im allgemeinen, mit 1066 sei die Wikingerzeit beendet gewesen...) und die Erhebung eines angelsächsischen Adeligen in Mercien im Bunde mit den Walisern unterstütz wurde. Wilhelm reagierte mit der ganzen Brutalität eines Feldzuges der verbrannten Erde. Zwischen Durham und York wurde praktisch jedes Haus dem Erdboden gleichgemacht; nur wenige scheinen das Massaker dieses Rachezuges überlebt zu haben, denn noch siebzehn Jahre später weist das berühmte Domesday Book die Gegend als praktisch unbewohnte Wüstung aus.
 
Wenn es um das Verhältnis zwischen England und Schottland/Wales geht - das fängt nicht erst mit Wilhelm dem Eroberer an.

Schon Athelstan nannte sich nicht nur König von England, sondern König/Kaiser von Britannien und wurde in dieser Oberfunktion von schottischen und walisischen Königen Anerkannt.
 
Du meinst vermutlich Aethelstan von Wessex (924-939)? Dass er sich "König von Britannien" nannte, stimmt, aber dass er sich auch als Kaiser bezeichnet hätte, ist mir neu, dass sein Anspruch anerkannt worden wäre, auch. Woher hast Du das?
 
Du meinst vermutlich Aethelstan von Wessex (924-939)?
Richtig.

Dass er sich "König von Britannien" nannte, stimmt, aber dass er sich auch als Kaiser bezeichnet hätte, ist mir neu, dass sein Anspruch anerkannt worden wäre, auch. Woher hast Du das?
Das war mir auch neu, habe ich erst durch ein BBC-Interview vor einigen Tagen erfahren.
Eine Prof. Sarah Foot (Professor Sarah Foot | Christ Church, Oxford) hat gerade eine Aethelstan-Biographie geschrieben und im Interview hat sie davon gesproche, daß er sich "Imperator Britanniae" nannte und die schottischen und walisischen Fürsten/Könige das anerkannt haben. Wobei das praktisch natürlich nicht viel hieß.
 
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