Korinthische Säulen im Mittelalter ?

Mittelwalter

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Hallo zusammen und eine weitere Parisfrage

War im Zuge eines Parisurlaubes kürzlich in der gotischen Kathedrale Notre Dame. (Die in Paris, versteht sich ;) )

Beim Betrachten der Innenarchitektur sind mir Säulen der korinthischen Art an den Wänden aufgefallen.
Ich dachte immer, dass diese erst wieder in stark ausgeschmückter Form im Barock genutzt wurden.

Als ich später beim Besuch des Louvres bei der Abteilung für mittelalterliche Skulpturen eine Korinthische Säule fand, war ich dann überzeugt.

Meine Frage wär ob mir noch jemand etwas über die zeitliche Wiedereinführung der Säulenform erzählen könnte und die mittelalterliche Korinthische Säule etwas erläutern könnte.
 
Hallo zusammen und eine weitere Parisfrage

War im Zuge eines Parisurlaubes kürzlich in der gotischen Kathedrale Notre Dame. (Die in Paris, versteht sich ;) )

Beim Betrachten der Innenarchitektur sind mir Säulen der korinthischen Art an den Wänden aufgefallen.
Ich dachte immer, dass diese erst wieder in stark ausgeschmückter Form im Barock genutzt wurden.

Als ich später beim Besuch des Louvres bei der Abteilung für mittelalterliche Skulpturen eine Korinthische Säule fand, war ich dann überzeugt.

Meine Frage wär ob mir noch jemand etwas über die zeitliche Wiedereinführung der Säulenform erzählen könnte und die mittelalterliche Korinthische Säule etwas erläutern könnte.

Bist Du dir sicher dass es Korinthische Säulen waren?
In einem mittelalterlichen Gebäude können sie eigentlich nur als Spolie (wiederverwendetes Element aus einem abgebrochenen Gebäude) oder als nachträglicher Einbau aus einer späteren Phase vorkommen.

In der Moschee von Cordoba findet man z.B. viele antike Kapitelle, die aus römischen Gebäuden stammen und dort wiederverwendet wurden. In zahlreichen Gothischen Kirchen findet man auch nachträglich eingebaute Kapellen aus der Renaissance oder dem Barock die in klassischen Formen gebaut wurden. Zwischen dem Ende der Antike und der Renaissance wurden aber keine Korinthischen Säulen hergestellt.
 

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Gemeint sind sicher die hier sichtbaren Säulen.
Offenbar sind das Dienste.
Dienst (Architektur) ? Wikipedia
Ein "Dienst" ist eine angebaute Säule oder Pfeiler die nur zum Teil sichtbar ist. Das auf dem Foto sind richtige Säulen.

Die auf diesem Bild auch sichtbaren Kapitelle sind mit der Laubdekoration offensichtlich in Anlehnung an klassische Vorbilder gestaltet worden, das macht sie aber noch längst nicht zu Korintischen Säulen.

Dazu gehört neben den angedeuteten Akanthusblättern (im Klassischen Vorbild 8 Stück um es genau zu nehmen) auch der kanellierte Schaft. Die Proportionen stimmen auch nicht annähernd.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier muß ich dringend widersprechen. Weder gehört zu korinthischen Säulen ein kannelierter Schaft, noch sind sie zwischen dem Ende der Antike (wobei wieder zu fragen wäre, wann das war) und der Renaissance nicht verwendet worden. Sie sind vielmehr kontinuierlich weiterentwickelt worden, im byzantinischen Raum wie auch im Westen Europas. Es gab zum Beispiel in Nordspanien gute Steinmetzschulen, die noch im 9. Jh. korinthische Kapitelle von höchster Quakität gefertigt haben. Auch in der arabischen Welt wurde oftmals römisches Formengut weiterentwickelt.
Diese korinthischen Kapitelle sehen nicht mehr unbedingt aus wie römische, aber römische sehen auch nicht aus wie griechische klassische oder hellenistische Kapitelle, und augusteische Kapitelle sehen auch nicht aus wie socleh aus dem 4 Jh. n. Chr. Korinthische Kapitelle bleiben es aber trotzdem.

Dazu kommt noch der vielfache Gebrauch von Spolien, die die Wertschätzung der korinthischen Form weiterhin zeigt.

Wenn man jetzt ganz penibel sein will, kann man die Kapitelle in Notre-Dame als korinthisierend bezeichnen.
 
Hier ist die genaue Beschreibung: Andrea Palladio: Werk und Wirkung des Renaissance-Architekten (Buch 1, Kapitel 17).

Zugegeben: Palladio schreibt auch, dass, wenn sie kanelliert sein sollen, die kanelluren so und so sein sollen, also keine zwingende Notwendigkeit. Aber definitiv sind die Proportionen wichtig. Nicht jede Säule mit Grünzeug im Kapitell, ist Korinthisch.

Wo sind in Nordspanien im frühen Mittelalter korinthische Säulen hergestellt worden?
 
Die Proportionen wandeln sich im Laufe der Zeit. Du hast recht, nicht jedes Blattkapitell ist korinthisch, es gibt ja auch Palmblattkapitelle, aber wenn Akanthus im Spiel ist, dann handelt es sich um eine Art korinthisches Kapitell. Seit Wolf-Dieter Heilmeyer spricht man vom korinthischen Normalkapitell, wenn es um die Standardproportionen geht, wie sie von den Kapitellen des Mars-Ultor-Tempels vorgegeben wurden. Schon die Kapitelle vom Apollo-Sosianus-Tempel weichen da stark ab.
Kanneliert sind Säulen in der Regel, wenn es sich um Marmor- oder Kalksteinschäfte handelt, obwohl es da auch Beispiele gibt, daß dies unterblieb, ich weise nur mal auf das Colosseum hin. Wenn aber Kapitelle auf Granit- oder Basalt- oder Porphyrschäfte gesetzt werden, sind die in der Regel unkanneliert.

Bei den nordspanischen Werkstätten muß ich um Geduld bitten, das kriege ich erst morgen auf Arbeit raus, da muß ich erst den Kollegen befragen, der damals bei dem Vortrag nicht eingeschlafen ist :pfeif:
 
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Ich dachte immer, dass alle Säulen mit hochbauenden und leicht überlappenden Zierwerk dem korinthischen zuzuschreiben sind und war mir daher rellativ sicher.

Aber es kann sehr gut sein, dass ich mich hier in der Zuordnung geirrt habe, da ich architektonisch nicht wirklich bewandert bin.

Bleibt noch die Frage welchem Stil die sichtbaren Säulen (die denen entsprechen, die ich in Paris in Notre Dame und im Louvre gesehn habe) zugeordnet werden.

Verfolge die Diskussion jedenfalls gespannt und noch ein kurzes Sorry aufgrund meiner verspäteten Stellungsnahme.
 
Hier muß ich dringend widersprechen. Weder gehört zu korinthischen Säulen ein kannelierter Schaft, noch sind sie zwischen dem Ende der Antike (wobei wieder zu fragen wäre, wann das war) und der Renaissance nicht verwendet worden. Sie sind vielmehr kontinuierlich weiterentwickelt worden, im byzantinischen Raum wie auch im Westen Europas. .

sind dann einige oder vielleicht viele säulen in frühmittelalterlichen gebäuden, die als wiederverwendete antike originale gedeutet worden sind, möglicherweise zeitgenössisch?
oder ist der gedanke zu weit hergeholt?
 
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Da muß man im Einzelfall schauen, normalerweise erkennt man Spolien schnell, da sie oft Einzelstücke sind und deshalb unterschiedliche Formen haben. Auch bei den Säulenschäften fällt es schnell auf, wenn mehrere in einer Reihe unterschiedliche Durchmesser haben.
Tendenziell allerdings gilt, daß man dem MIttelalter die eigenen Bauleistungen und auch formalen Gestaltungen nicht absprechen sollte. Es gibt wunderschöne mittelalterliche Kapitelle.
 
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