Wie würde die heutige Welt aussehen...?

Hi(gh)!

Auswirkungen hätte die Unterwerfung Griechenlands durch Persien aber vielleicht auf das Christentum gehabt: Wäre zur Zeit seiner Entstehung Iudaea noch persisch gewesen, hätte es es wohl wesentlich schwerer gehabt, sich auch im Römischen Reich auszubreiten.

Es wäre vielleicht auch ein "jüdischeres" Christentum geworden, da es spätestens seit der Eroberung Babylons durch Kyros den Großen 539 v. Chr. (vielleicht auch schon seit der assyrischen Eroberung des Königreiches Israel 722 v. Chr.) im mesopotamischen und iranischen Raum eine weitverzweigte jüdische Diaspora gab, die sicherlich das bevorzugte Missionsziel der Apostel gewesen wäre. Da es in einem solchen Perserreich (kein Alexanderzug!) nur wenig griechischen Kultureinfluß gegeben hätte, hätte es ein Paulus mit seiner theologischen Synthese schwer gehabt.

Interessant wäre sicherlich die Frage, ob es das Christentum im Perserreich zur Staatsreligion geschafft hätte - die realen Achämeniden und Parther waren ja religionspolitisch eher tolerant oder zumindest indifferent gewesen, jedenfalls machten sie nie den Versuch, den unterworfenen nichtiranischen Völkern ihre zoroastrische Religion aufzuzwingen. Bei den realen Sassaniden sah das zumindest teilweise anders aus.

Jedenfalls hätte sich das Christentum zumindest in den ersten Jahrhunderten viel stärker nach Osten als nach Westen ausgebreitet, der christliche Einfluss in Indien und Zentralasien wäre stärker gewesen als im realen ersten nachchristlichen Jahrtausend, wo ja eigentlich nur die Nestorianer in Asien missionierten. Und anders als die realen Nestorianer hätte es sich bei den Trägern dieser Mission um den Hauptstrom des Christentums gehandelt, nicht um eine als häretisch beargwöhnte Randströmung.

Darüber, ob unter solchen Bedingungen das iranische Hochland und Zentralasien nicht oder erst deutlich später islamisiert worden wären, möchte ich kein Urteil abgeben - nicht etwa wegen möglicher Reaktionen muslimischer Forenteilnehmer, sondern weil mir einfach das Hintergrundwissen fehlt.

Bis bald im Khyberspace!

Yadgar
 
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Nein, der Meinung bin ich nicht, da das Europa um 500 v. Chr. nicht sonderlich zu Eroberungen verlockte.

Die Perser hätten bei einem Sieg über die Griechen die Poleis zu Vasallenstaaten degradiert, wie sie das auch bei Makedonien taten. Weitere Vorstöße nach Westen erscheinen mir unwahrscheinlich, denn dort gab es 500 v. Chr. noch keine reichen Länder, deren Eroberung ein logistisch und machtpolitisch aufwendiges Unternehmen gerechtfertigt hätte.


Wobei ich mich immer gefragt habe, wie viel die Perser von der Welt im Westen eigentlich wussten. Kann man sie überhaupt als Seemacht bezeichnen?

Analog überlege ich mir, dass auch die Mongolen vom Westen (also Europa, nicht Westasien) keine grossen Kenntnisse besassen, aber dennoch sehr weit vorstiessen.
 
Wobei ich mich immer gefragt habe, wie viel die Perser von der Welt im Westen eigentlich wussten. Kann man sie überhaupt als Seemacht bezeichnen?
Laut Herodot mussten die halbautonomen unterworfenen phönizischen Städte an der Levante die Schiffe immer dann stellen, wenn es gegen Thrakien, Griechenland oder Zypern ging.
 
Wobei ich mich immer gefragt habe, wie viel die Perser von der Welt im Westen eigentlich wussten. Kann man sie überhaupt als Seemacht bezeichnen?

Vom frühgeschichtlichen Europa wussten asiatische Staaten vermutlich nur sehr wenig und sagenhaftes:

Analog überlege ich mir, dass auch die Mongolen vom Westen (also Europa, nicht Westasien) keine grossen Kenntnisse besassen, aber dennoch sehr weit vorstiessen.

Als die Mongolen im 13. Jh. Europa erreichten, hatten sie sicher schon konkretere Informationen als asiatische Völker 800 Jahre zuvor. Immerhin bewohnten turkstämmige Völker den Raum zwischen Osteuropa und der Mongolei, sodass Informationen über Völker und Staaten ausgetauscht werden konnten. Bestimmt wussten die Mongolen, dass es einen mächtigen Großchan - den Kaiser - gab und zudem reiche Städte, Kaufleute und Landstriche.
 
Warum sollten die Perser nicht weiter nach Westen?
Es gab doch Karthago (incl. Spanien) welches Reich und mächtig war,
also ein lohnendes Ziel.
Und Rom wär stark bedrängt und hätte nur nach Gallien und Germanien gekommen.
Was aber erst Ceaser geschafft hat.
 
Wenn die Perser Karthago erobern wollen hätten, hätten sie das auch trotz ihres Misserfolgs in Griechenland versuchen können. Sie hätten von Ägypten aus die Küste Nordafrikas nach Westen entlangmarschieren oder -segeln können. Offenbar hatten sie aber kein Interesse an einer Eroberung Karthagos oder hielten sie für sinnlos. Wozu auch? Die Beziehungen zwischen den Persern und Karthago waren gut, und reiche Gebiete hatten die Perser selbst genug. Sie haben auch nicht versucht, andere reiche Gegenden wie Indien oder Südarabien zu erobern. Und um das pure Erobern des Eroberns willen ging es ihnen normalerweise auch nicht. Kyrene z. B. eroberten sie auch nicht, sondern begnügten sich mit einer losen Oberhoheit. Im Wesentlichen begnügten sie sich meistens damit, echte oder potentielle Bedrohungen auszuschalten. Ansonsten setzten sie lieber auf Drohungen, Diplomatie und Bestechungen, um ihren Einfluss auf andere Gegenden auszuweiten.
 
Gehen wir mal davon aus, dass es nie Alexander den Großen gegeben hätte
und die Perser von Roms Machtzuwachs gehört hätten.
Was wäre dann passiert. Rom ca. 300 v.Chr gegen Persien.
Wer hätte gewonnen?
Hätte die Römische Taktik allein gereicht oder wäre wirklich ein Genie wie Alexander
nötig gewesen?
 
300 v. Chr. wäre es noch zu keinem Konflikt zwischen Rom und Persien gekommen, da war Rom noch mit der Unterwerfung Italiens beschäftigt. Aneinandergeraten wären die beiden Mächte frühestens im 2. Jhdt. v. Chr., als sich Rom in Griechenland festsetzte.

Wie sich ein Konflikt entwickelt hätte, lässt sich natürlich nicht wirklich vorhersagen, zumal wir auch nicht wissen, wie sich das Perserreich weiterentwickelt hätte, wenn es nicht von Alexander erobert worden wäre. Gewisse Anhaltspunkte vermag aber der Konflikt Roms mit den Parthern und den Sassaniden zu bieten. Bekanntlich befanden sich diese Mächte in einer Art Machtgleichgewicht: Den Parthern und Sassaniden gelang es nicht, dauerhaft die einst achaimenidische Ostküste des Mittelmeers zu erobern, andererseits gelang es den Römern nicht einmal, den Parthern und Sassaniden dauerhaft Mesopotamien zu entreißen, geschweige denn das persische Hochland zu erobern. Dafür gab es viele Gründe, aber militärisch hatten die Römer u. a. das Problem, keine starke Kavallerie zu haben, und gerade Alexanders Kavallerie hatte eine wichtige Rolle bei seinen Siegen über die Perser gespielt.
 
Was wäre wenn ...

Die realhistorische Faktenlage ist nun einmal die, dass die Römer die Parther und die Sassaniden niemals völlig unterwarfen und selbst Mesopotamien und Armenien nur zeitweise unter ihre Kontrolle bringen konnten. Sie erlitten auch einige schwere Niederlagen, denke z. B. an die des Crassus bei Carrhae. Aber auch die Feldzüge von erfahreneren Feldherrn wie Marcus Antonius oder Kaiser Iulianus schlugen fehl. Umgekehrt gelang es den Parthern und insbesondere den Sassaniden zwar manchmal, insbesondere Syrien zu erobern, sie wurden aber letztlich immer zurückgeschlagen. Kavallerie von Verbündeten setzten die Römer natürlich auch in der Realität ein.

"Was wäre wenn"-Szenarien sind immer problematisch und können nie zu sicheren Antworten führen. Insbesondere lässt sich nun einmal nicht sagen, wie sich das Achaimenidenreich weiterentwickelt hätte, ob es insbesondere auch verstärkt auf berittene Bogenschützen gesetzt hätte. Aber ich sehe keinen Grund, wieso man annehmen sollte, dass die Römer, wenn sie auf ein weiterbestehendes (und sich weiterentwickelndes) Achaimenidenreich getroffen wären, dann plötzlich bis zum Indus vorgestoßen wären.
 
Das hier ist aber keine Forum über Romane, Computerspiele oder Filme. Ich beschäftige mich auch recht gerne mit solchen Szenarien, aber man sollte sie aus diesem Forum heraushalten, da sie mit Geschichtswissenschaft nur wenig bis gar nichts zu tun haben.
 
Ich glieder das mal ein wenig :D

I. Verhaltsweise

Es hätte sich gar nicht viel geändert, die Perser hätten bestimmt die Stadtstaaten geschluckt und sie tributpflichtig gemacht, damit haben sich die Perser für gewöhnlich dann auch zufrieden gegeben. Die Perser haben sich auch so de facto als Herrscher der Welt angesehen, wie schon oben beschrieben, wird Kyrene immer als Teil des Perserreiches bezeichnet, doch die Perser waren nach meinem Wissen mit Truppen niemals in der Cyrenaika gewesen, sie verschwanden ja bereits im westlichen Ägypten bei Siwa. Sie schickten für gewöhnlich Briefe bzw. Botschaften, wo sie einfach behaupteten sie sind nun die Herrscher von Kyrene, dass reichte meistens, selbiges mit Karthago, die Perser hatten keinen Grund nach Karthago zu gehen, denn de facto war Karthago Teil des Perserreiches aus Sicht der Perser, sie folgten der Argumenationslinie, dass Tyros - Mutterstadt Karthagos - Teil des Perserreiches ist, also ist Karthago auch ein Teil des Perserreiches, da ihre Opfergaben für Baal-Hermon direkt ins Perserreich kamen.

II. Mystifizierung Europa vs Asien

Wichtiger als die Schlacht von Hastings für die Engländer? Nein nein, frei nach Harald Schmidt, wenn die Perser bei Marathon gewonnen hätten, würden wir heute alle persisch anstatt türkisch sprechen, viel mehr hat das aber auch nicht mit der Realität zu tun. :D
Ich bin jetzt nicht bestens informiert, aber ich vernahm schon vor kurzem, dass die Schlacht von Marathon anscheinend gar nicht so stattfand, bzw. keineswegs diese große Bedeutung besaß wie man ihr es heute nachsagt, aber des wäre ein zu weites Feld :)
Ich denke kurz und knapp, das Perserreich wäre sowieso zusammengebrochen, auch wenn sie die Griechen geschlagen hätte, denn das Reich war zu groß, auch wenn der König von Anshan auf ein Geheimdienst züruckgriff - der sogar ziemlich effizient war, dessen Netz sich durch das ganze Reich ausgebreitet hatte - war es doch sehr schwer solch ein Reich auf Dauer ohne große Rebellion wie in Ägypten oder Babylon zu halten, falls es doch geklappt hätte, würden die Römer - um das 4.Jh. v.chr. - sich auf ein Konflikt mit einem so großen Reich bestimmt nicht einlassen, auch wenn sie das in der Realität taten indem sie das Seleukidenreich angegriffen hatten, war doch das Reich der Nachfolger von Seleukos schwächer anzusiedeln als das Perserreich zu seiner Blütezeit (hier könnte man aber auch lang und breit diskutieren :D).
Viel wichtiger jedoch ist die Eroberung des Perserreiches durch Alexander als andersherum, denn die Eroberung durch die Griechen hat den Iran und den Islam doch bis heute nachhaltig geprägt. Die europäische Renaissance wäre wohl ziemlich schwer gewesen, wenn man die klassische griechische Philosophie nicht aus dem persischen und arabischen Übersetzt hätte, dass ist doch größtenteils verloren gegangen im Mittelalter oder war durch den Papst verboten. Was viele vergessen ist, dass der Iran sehr stark durch die Griechen beeinflusst ist, dass sieht man in der Philosophie eines Ibn Sinas oder eines Al-Shahrastani, die sich nach Vorbild der Griechen gestritten haben, Al-Shahrastani zb. kritisierte Ibn Sinas Kritik an Aristoteles uvm.
Die schiitische Rhetorik baut heute immer noch auf die altgriechische Rhetorik auf 1:1, die Geschichte des Islams ist auch sehr beeinflusst worden von Kindi bis al-Amiri gab es Dispute um die Werke von Platon und Empedokles denken, Aristotles wurde im Iran so sehr verehrt, dass man ihn sogar zum Imam Aristotles ernannte, also die Prägung der Griechen war sowieso wesentlich größer für den Iran als andersherum, denn die Perser haben im Normalfall sowieso nicht ihre Religionen und Traditionen anderen aufgezwungen - zumindest nicht so wie die Römer.

@Yadgar : Meiner Meinung nach hätte das Christentum im Iran voll durchgeschlagen, wäre es nicht zur Eroberung durch die Araber gekommen, das Christentum war sehr verbreitet und das Konzil von Ktesiphon war einflussreich unter den Christen, der Zoroatismus war stark bedrängt im Iran im 7. Jhd. im Osten hatte sich der Buddhismus ausgebreitet im ganzen Land liefen Manichäisten und Mazdak-Anhänger rum und in den großen Städten gab es zunehmend größere christliche Gemeinden, aber ob es zu all dem gekommen wäre, wenn es keinen Alexander gäbe?
 
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Ich bin jetzt nicht bestens informiert, aber ich vernahm schon vor kurzem, dass die Schlacht von Marathon anscheinend gar nicht so stattfand, bzw. keineswegs diese große Bedeutung besaß wie man ihr es heute nachsagt, aber des wäre ein zu weites Feld
Natürlich sollte man ihre Bedeutung nicht überbewerten. Man darf nicht vergessen, dass es den Persern 490 noch keineswegs um eine Unterwerfung Griechenlands ging, sondern nur um eine Bestrafung Eretrias und Athens für ihre Einmischung in den Ionischen Aufstand. Hätten die Perser bei Marathon gewonnen und anschließend Athen niedergebrannt, wären sie vermutlich wieder heimgefahren und hätten den Rest Griechenlands in Ruhe gelassen. Den großen Feldzug des Xerxes von 480 hätte es dann vermutlich gar nicht gegeben. Die Bedeutung der Schlacht von Marathon lag also darin, dass die persische Niederlage den Unterwerfungsversuch zehn Jahre später erst provozierte. Keineswegs darf man die Schlacht bei Marathon zu einer Art Abwehrschlacht des freien Griechenland gegen die Perser hochstilisieren.
Darüber, welche Auswirkungen die Zerstörung Athens gehabt hätte, kann man natürlich nur spekulieren. Wahrscheinlich wäre die Stadt wie auch Eretria einfach wiederaufgebaut worden, dann hätten sich die Auswirkungen wahrscheinlich in Grenzen gehalten bzw. hätten sich darauf beschränkt, dass vielleicht bei Marathon einige wichtige Athener wie z. B. Aischylos gefallen wären, die dann somit nie ihr Wirken entfalten können hätten.

Viel wichtiger jedoch ist die Eroberung des Perserreiches durch Alexander als andersherum, denn die Eroberung durch die Griechen hat den Iran und den Islam doch bis heute nachhaltig geprägt. Die europäische Renaissance wäre wohl ziemlich schwer gewesen, wenn man die klassische griechische Philosophie nicht aus dem persischen und arabischen Übersetzt hätte
Auch wenn sich die Parther in ihren ersten Jahrhunderten sehr für die hellenistische Kultur interessierten, ehe sie sich später vermehrt iranischen Traditionen zuwandten, kam es zur intensiven Beschäftigung persischer (und arabischer) Gelehrter mit der griechischen Philosophie aber erst nach der Eroberung des hellenistisch-römischen Nahen Ostens durch die Araber im 7. Jhdt. Die Eroberung Persiens durch Alexander hatte mit der späteren Tätigkeit persischer Gelehrter also nicht direkt etwas zu tun.
 
Auch wenn sich die Parther in ihren ersten Jahrhunderten sehr für die hellenistische Kultur interessierten, ehe sie sich später vermehrt iranischen Traditionen zuwandten, kam es zur intensiven Beschäftigung persischer (und arabischer) Gelehrter mit der griechischen Philosophie aber erst nach der Eroberung des hellenistisch-römischen Nahen Ostens durch die Araber im 7. Jhdt. Die Eroberung Persiens durch Alexander hatte mit der späteren Tätigkeit persischer Gelehrter also nicht direkt etwas zu tun.


Da hast du natürlich recht, ich habe es schlecht formuliert, ich meinte eigentlich, dass durch die Eroberung Alexanders der Hellinismus zumindest den Iranern nicht fremd war und unter den Parthern zum Teil gefördert wurde, auch wenn dessen Wirkung durch antihellenistische Säuberungen unter den Sassaniden verschwanden und dennoch habe ich in Erinnerung, dass in Gundishapur zumindest Aristoteles gelehrt wurde, ich muss dass nur nachschlagen, vielleicht täusch ich mich da aber.
 
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