Ich finde, wir haben uns ein wenig von der Eingangsfrage entfernt:
[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif][FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Veröffentlicht wird doch auf Siegerseite immer nur, was opportun ist, damit deren Gutmenschen-Mythos weiterlebt.[/FONT][/FONT]
Ja, leider wird Geschichte idR von Siegern geschrieben. Ich finde, das könnte man allmählich mal ändern, da wir ja alle die Möglichkeit haben, Informationen zu sammeln, zu bewerten und aufzuschreiben. Ungewöhnlich im vorliegenden Fall ist, dass die Besiegten danach die Propaganda der Sieger brav übernommen haben. Das macht es noch schwieriger, zwischen gefärbten und neutralen Informationen zu unterscheiden. Allerdings könnte man schon meinen, die Amerikaner und Engländer haben ein wenig die Quittung dafür bekommen, als sich die Umerziehung der Deutschen in der Ablehnung von Kriegen gegen den Irak auswirkte. Da dürften nämlich die Deutschen ein Stück Zivilisation von ihren Bezwingern gelernt haben, ein Stück Zivilisation, das diese sich zwar für die Deutschen aber durchaus nicht für sich selbst so vorgestellt hatten. Was man den Deutschen als allgemeingültige Regel der Humanität verkauft hat, stand nun plötzlich den Interessen dieser Staaten entgegen. Es ist schon beachtlich, dass in Deutschland eine Wahl mit einem Nein zu einem Krieg gewonnen wurde.
Insofern möchte ich hier auch mal eins sagen, um Missverständnissen zu meiner Denke vorzubeugen, wenn moralische Aspekte in die historischen Betrachtungen zu den Kriegen des 20 Jh. hineinkommen: Mir geht es darum, die Latte für alle höher zu legen, also mehr Humanität, mehr Respekt vor den Menschen und ihrem Leben, ihrer Unversehrtheit, ihrem Glück. Weniger Unterordnung des Glücks der Einzelnen unter ein abstraktes Staatsinteresse.
Im obigen Zitat taucht das Wort "Gutmenschen" erstmals im Thread auf, allerdings nicht im Sinne einer Herabsetzung von Menschen, die ihr Handeln moralischen Grenzen unterwerfen sondern im Sinne von Heuchlern, die zwar so tun, als ob sie sich moralischen Grenzen unterwürfen, das aber eben immer nur von den anderen verlangen und damit für inhumane Zwecke instrumentalisieren: "deren Gutmenschen-Mythos". Das ist so ziemlich das Gegenteil.
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[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Über den 1. WK habe ich in der sehr guten Autobiographie des Chirurgen Sauerbruch ("Mein Leben") beispielsweise folgendes gelesen: [/FONT][FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]England und Frankreich zwangen unter Kriegsandrohung neutrale Länder wie die Schweiz zu einem totalen Handelsverbot mit dem Deutschen Reich. (Hervorhebung von mir)[/FONT]
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Das hatte ich bisher etwas falsch gelesen, und vielleicht andere Diskutanten auch: Es geht hier eigentlich gar nicht um die Schweiz. Sie ist nur ob ihrer plakativ bekannten Neutralität als Beispiel benannt worden. Es geht hier um neutrale Länder im Allgemeinen und darum, ob sie unter Kriegsandrohung zum Embargo genötigt wurden.
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Grausamkeiten mit dem Ziel, die Deutschen auszuhungern, erfährst du sonst nirgends. Grausamkeiten, denen die Deutschen nichts entgegensetzen konnten.
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Für mich leiten sich hier drei Fragen ab:
1. Haben GB und F neutrale Staaten zum Embargo gegen Deutschland genötigt - wenn ja, Welche Staaten? Wie wurden sie genötigt?
2. Falls ja: Wie erheblich waren die Folgen für die deutsche Zivilbevölkerung*?
3. War das in der Epoche allgemein üblich (Trat das bei fast allen Kriegen auf, oder war es eher selten)?
Es ist ja nun nicht das Gleiche, ob man
a) Schiffe neutraler Staaten davon abhält ein Embargo zu brechen,
b) solche Schiffe kapert und in Besitzt nimmt,
c) dem entsprechenden Staat mit Krieg zu überziehen droht.
* Ich würde vermuten, dass die Versorgung des Militärs Vorrang hatte und deshalb immer zuerst die Zivilbevölkerung Mangel leidet. Die genannten 800.000 Toten sind ja schon eine sehr große Zahl. Dass es zuerst Kranke, Schwangere und kleine Kinder trifft, erscheint mir unzweifelhaft. Wenn diese Größenordnung stimmt, hatten die Deuschen dem offenbar nichts entgegenzusetzen, solange man den Primat der Versorgung des Militärs unterstellt. Ob die Embaros, insbesondere erzwungene Embargos dritter Staaten, so wirkungsvoll waren, ist Teil der Eingangsfrage des Threads.