jchatt
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das ist die Höhe !
Um die Diskussion mal mit ein paar neuen Fakten zu bereichern habe ich mal versucht Näheres über Organisation und Verhalten antiker Heere auf dem Marsch in der zeitnahen Literatur in Erfahrung zu bringen.
Wieder einmal sind es aber nur die griechischen Schriftsteller die dazu detaillierte Angaben machen. Einer der genauesten Beschreibungen zum Thema ist die Anabasis oder auch "der Zug der Zehntausend" von Xenophon.
Obwohl die Topographie Kleinasiens nicht unbedingt vergleichbar mit der Situation in Kalkriese ist, ergeben sich aber meiner Meinung nach doch einige Parallelen.
zum Beispiel wird bei dieser Lektüre klar, dass eine Engstelle auf oder ein Hügel neben dem Marschweg eine potentielle Gefahr darstellten. Die Textstellen die solche Gefahrenpunkte und die Reaktion der Heeresorganisation darauf beschreiben sind einigermassen zahlreich:
Buch III,4,37 Perser besetzen eine Hügel
Buch IV,1,4 Höhen sollen eher besetzt werden
Buch IV,1,25 Eine Höhe wird vorher von den leichten Einheiten besetzt
Buch IV,2,11 Ein von Feinden besetzter Hügel wird gestürmt
Buch IV,2,25 Eine Höhe wird vor dem Feind besetzt
Buch IV,3,23 Eine Höhe wird vor dem Feind besetzt
Buch IV,5,1 Ein Engpass wird besetzt
Dass die Passage auch Verluste mit einschloss ist klar. In der Regel wurde nach erfolgreichem Durchbruch mit dem Feind über die Rückführung der Toten verhandelt (IV,2,23), es gab aber auch Fälle in denen Gefallene zurückgelassen werden mussten (IV,1,19)
Wenn eine Höhe nicht vor dem Feind besetzt werden konnte, dann musste dieser Hügel mit Gewalt genommen werden. Dazu beschreibt Xenophon (IV,2,11):
"Auf dem Marsche kamen sie zu einem Hügel oberhalb des Weges, der von Feinden besetzt war. Diese mußten sie herabtreiben, da sie sonst von den übrigen Griechen abgeschnitten worden wären. Sie selber hätten auf dem gleichen Weg wie die anderen ziehen können, die Lasttiere aber konnten nur hier weiterkommen. Da feuerten sie sich gegenseitig an und gingen in Steilkolonnen gegen den Hügel vor, nicht kreisförmig von allen Seiten, sondern in Abständen, damit die Feinde abziehen könnten, falls sie fliehen wollten."
Dass das übliche Vorgehen aber das nahezu kreisförmige Einschliessen des Hügels mittels der Phalanx war sehe ich an dieser Textstelle (IV,8,9)
"Dort erhob sich ein hoher Berg, den man aber besteigen konnte. Auf ihm hatten sich die Kolcher zum Kampfe geordnet. Zunächst stellten sich auch die Griechen ihnen gegenüber in Schlachtordnung auf, um so gegen den Berg anzurücken..."
Interessant ist auch die Textstelle III,4,29
Dort wird in zwei Marschsäulen parallel zueinander marschiert. Eine auf der Bergkette und eine (Tross) am Fuss der Bergkette. Auch diese Konfiguration wäre denkbar für Kalkriese. Eine Kampfeinheit säubert die Hinterhalte auf den Höhen aus dem Weg, der schwerfällige Tross bleibt leicht dahinter aber auf dem Weg.
Aus diesen Beschreibungen wird klar, dass Engstellen auf dem Marschweg zweifellos eine erhebliche Gefahr für einen antiken Kriegszug darstellten. Die Tatsache, dass beide römischen Schlachtfelder in Deutschland an so einem neuralgischen Punkt lagen unterstreicht das noch einmal. Aber schon zur Zeit Xenophons wusste man flexibel und erfolgreich solchen Bedrohungen zu begegnen. Aber vor allem war man sich der Gefahr bewusst und versuchte solche Gefahrenstellen vorher auszukundschaften oder geeignete Stellen vor dem Feind zu besetzen. Ich möchte ebenso meinen, dass auch zu Varus Zeiten dieses Wissen noch präsent war. Oder spitzer formuliert, "wenn die Römer in Kalkriese überrascht worden sein sollten, dann waren sie nicht so diszipliniert und gedrillt wie immer behauptet wird".
Dass die Funde in Kalkriese meiner Meinung nach genau so eine gewaltsame Passagenerzwingung repräsentieren könnten (Wie hier beschrieben http://www.geschichtsforum.de/605431-post2696.html), glaube ich deshalb noch immer.
Gruß
jchatt
Um die Diskussion mal mit ein paar neuen Fakten zu bereichern habe ich mal versucht Näheres über Organisation und Verhalten antiker Heere auf dem Marsch in der zeitnahen Literatur in Erfahrung zu bringen.
Wieder einmal sind es aber nur die griechischen Schriftsteller die dazu detaillierte Angaben machen. Einer der genauesten Beschreibungen zum Thema ist die Anabasis oder auch "der Zug der Zehntausend" von Xenophon.
Obwohl die Topographie Kleinasiens nicht unbedingt vergleichbar mit der Situation in Kalkriese ist, ergeben sich aber meiner Meinung nach doch einige Parallelen.
zum Beispiel wird bei dieser Lektüre klar, dass eine Engstelle auf oder ein Hügel neben dem Marschweg eine potentielle Gefahr darstellten. Die Textstellen die solche Gefahrenpunkte und die Reaktion der Heeresorganisation darauf beschreiben sind einigermassen zahlreich:
Buch III,4,37 Perser besetzen eine Hügel
Buch IV,1,4 Höhen sollen eher besetzt werden
Buch IV,1,25 Eine Höhe wird vorher von den leichten Einheiten besetzt
Buch IV,2,11 Ein von Feinden besetzter Hügel wird gestürmt
Buch IV,2,25 Eine Höhe wird vor dem Feind besetzt
Buch IV,3,23 Eine Höhe wird vor dem Feind besetzt
Buch IV,5,1 Ein Engpass wird besetzt
Dass die Passage auch Verluste mit einschloss ist klar. In der Regel wurde nach erfolgreichem Durchbruch mit dem Feind über die Rückführung der Toten verhandelt (IV,2,23), es gab aber auch Fälle in denen Gefallene zurückgelassen werden mussten (IV,1,19)
Wenn eine Höhe nicht vor dem Feind besetzt werden konnte, dann musste dieser Hügel mit Gewalt genommen werden. Dazu beschreibt Xenophon (IV,2,11):
"Auf dem Marsche kamen sie zu einem Hügel oberhalb des Weges, der von Feinden besetzt war. Diese mußten sie herabtreiben, da sie sonst von den übrigen Griechen abgeschnitten worden wären. Sie selber hätten auf dem gleichen Weg wie die anderen ziehen können, die Lasttiere aber konnten nur hier weiterkommen. Da feuerten sie sich gegenseitig an und gingen in Steilkolonnen gegen den Hügel vor, nicht kreisförmig von allen Seiten, sondern in Abständen, damit die Feinde abziehen könnten, falls sie fliehen wollten."
Dass das übliche Vorgehen aber das nahezu kreisförmige Einschliessen des Hügels mittels der Phalanx war sehe ich an dieser Textstelle (IV,8,9)
"Dort erhob sich ein hoher Berg, den man aber besteigen konnte. Auf ihm hatten sich die Kolcher zum Kampfe geordnet. Zunächst stellten sich auch die Griechen ihnen gegenüber in Schlachtordnung auf, um so gegen den Berg anzurücken..."
Interessant ist auch die Textstelle III,4,29
Dort wird in zwei Marschsäulen parallel zueinander marschiert. Eine auf der Bergkette und eine (Tross) am Fuss der Bergkette. Auch diese Konfiguration wäre denkbar für Kalkriese. Eine Kampfeinheit säubert die Hinterhalte auf den Höhen aus dem Weg, der schwerfällige Tross bleibt leicht dahinter aber auf dem Weg.
Aus diesen Beschreibungen wird klar, dass Engstellen auf dem Marschweg zweifellos eine erhebliche Gefahr für einen antiken Kriegszug darstellten. Die Tatsache, dass beide römischen Schlachtfelder in Deutschland an so einem neuralgischen Punkt lagen unterstreicht das noch einmal. Aber schon zur Zeit Xenophons wusste man flexibel und erfolgreich solchen Bedrohungen zu begegnen. Aber vor allem war man sich der Gefahr bewusst und versuchte solche Gefahrenstellen vorher auszukundschaften oder geeignete Stellen vor dem Feind zu besetzen. Ich möchte ebenso meinen, dass auch zu Varus Zeiten dieses Wissen noch präsent war. Oder spitzer formuliert, "wenn die Römer in Kalkriese überrascht worden sein sollten, dann waren sie nicht so diszipliniert und gedrillt wie immer behauptet wird".
Dass die Funde in Kalkriese meiner Meinung nach genau so eine gewaltsame Passagenerzwingung repräsentieren könnten (Wie hier beschrieben http://www.geschichtsforum.de/605431-post2696.html), glaube ich deshalb noch immer.
Gruß
jchatt