Ruhe vor dem Sturm

juanportaz

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Ich hätte ein Frage zu folgendem altertümlichen Ritual:
(Ich entschuldige mich schonmal für die laienhafte Beschreibung)

Vor einer Schlacht, die Armeen haben sich gegenüber positioniert, verlassen die beiden Feldherren/Herrscher/etc. ihre Heere und treffen sich zwischen den Fronten. Dort werden ein paar Nettigkeiten ausgetauscht, um eine Schlacht eventuell noch abzuwenden. Danach gehts wieder zurück zu den eigenen Leuten und man kämpft oder eben nicht.

Die Frage wären nun, wie man das nennt bzw. ob es dafür einen gängigen Fachbegriff gibt? Außerdem an welchen Schauplätzen das bekanntermaßen vorkam? Ich kenn das leider nur aus der Braveheart Verfilmung.:still:

Vielen Dank für eure Antworten.
 
Ein berühmtes Beispiel ist das Treffen von Hannibal und Scipio vor der Schlacht von Zama. Allerdings waren die Truppen noch nicht aufgestellt
Vor der Entscheidungsschlacht zwischen Caesar und Ariovist kam es ebenfalls zu einem derartigen Treffen zwischen den Feldherren. Zur Schlacht kam es allerdings erst einige Tage später.
 
Ich hätte ein Frage zu folgendem altertümlichen Ritual:
(Ich entschuldige mich schonmal für die laienhafte Beschreibung)

Vor einer Schlacht, die Armeen haben sich gegenüber positioniert, verlassen die beiden Feldherren/Herrscher/etc. ihre Heere und treffen sich zwischen den Fronten.
es gab sogar - ohne gesprächsweise Freundlichkeiten der Anführer - noch andere Rituale in diesem Zusammenhang:
- Gotenkönig Totila(s) produzierte sich vor der Schlacht bei den gallischen Gräbern (busta gallorum) mit einem Waffenritt vor der byzantinischen Aufstellung, seine Gegner ließen ihn gewähren und betrachteten das Schauspiel, welches den Beginn der Schlacht (welche die Goten verloren) verzögerte
- nicht nur in der Spätantike sollen immer wieder Einzelkämpfer herausfordernd vor die Schlachtaufstellung getreten sein, um andere solche zum Zweikampf aufzufordern
 
Ich habe gerade herausgefunden, dass derlei Treffen von Parlamentären
getätigt wurden und sie unter völkerrechtlicher Unverletzlichkeit stehen.
Gab es dann solche Treffen überhaupt unmittelbar vor der Schlacht?

Im Grunde suche ich nach einem Bild, das zwei gegenüberstehende Armeen zeigt und dazwischen die Vertreter der jeweiligen Seiten.

In diesem Zusammenhang ähnlich. Der Kampf von Hektor und Achilleus.
Also ein Duell statt einer Schlacht.
 

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Hallo juanportaz, ich weiß nicht auf welches Zeitalter sich Dein Interesse erstreckt (kenne den von Dir genannten Film leider nicht), ich kann dem von Ravenik Gesagten nur noch ein weiteres Beispiel aus der Antike hinzufügen:

Kurz vor der Zeitenwende gab es zwischen Römern und Parthern wieder einmal ernsthafte Spannungen; und die Römer hatten wohl auch die Befürchtung, dass die Parther die Ostgrenze des Röm. Reiches in kriegerischer Absicht übertreten könnten. Gaius Caesar, der Enkel und Adoptivsohn des Augustus, wurde von Rom aus in den Orient geschickt, um der Gefahr mit röm. Legionen gegenüber zutreten. Als C. Caesar ca. 1 n. Chr. in Syrien angekommen war, trug sich so ziemlich das gleiche Schauspiel zu, welches Du beschrieben hast. Der Augenzeuge Velleius Paterculus schreibt in historia Romana II 101, 1f folgendes:

"Mit dem Partherkönig, einem höchst würdevollen jungen Mann, hatte er [Gaius Caesar] eine Zusammenkunft auf einer Insel, die der Euphrat bildet. Beide kamen hierzu mit der gleichen Anzahl von Begleitern. Mir wurde das Glück zuteil, dieses herrliche, denkwürdige Schauspiel mit eigenen Augen zu sehen: Auf dem einen Ufer standen die Truppen der Römer, auf der anderen die Parther, während die beiden hervorragenden Häupter ihrer Reiche und ihrer Bevölkerung ihre Zusammenkunft hatten (cum duo inter se eminentissima imperiorum et hominum coirent capita)".

Ob es in der Antike einen Fachterminus für solche Feldherrn-Zusammenkünfte gab, weiß ich nicht, aber der Römer Velleius nennt es lediglich coire (zusammenkommen) bzw. ein Zusammenkommen der "Köpfe"/ "Häupter" (capites). Dein Name für den Gesamtzusammenhang "Ruhe vor dem Sturm" finde ich allerdings - als literarische Umschreibung - viel schöner.
 
Ich habe gerade herausgefunden, dass derlei Treffen von Parlamentären
getätigt wurden und sie unter völkerrechtlicher Unverletzlichkeit stehen.
Gab es dann solche Treffen überhaupt unmittelbar vor der Schlacht?

...
Wenn man überhaupt von Ritual sprechen will, dann könnte das noch am ehesten für die Unverletzlichkeit der Parlamentäre gelten die tatsächlich eine relativ lange Tradition und Institutionalisierung hat. Verhandlungen vor Schlachten kamen, wenn überhaupt, ad hoc und, wenn sich entsprechend verhandlungsbereite Leute gegenüberstanden, zustande. Üblich oder gar obligatorisch waren sie nicht. Deshalb gibt es auch keinen terminus technicus dafür.
Ob die og. Verhandlung Hannibals tatsächlich stattfand, ist nicht gewiss. Als Beispiele könnte man aber vielleicht auch die Verhandlungslösungen Richard Löwenherz´ und Friedrichs II. hinsichtlich Jerusalem sehen.

Die "Stellvertreter-Kämpfe" einzelner Krieger sind wohl meist eher mythischer Natur. So auch der von David gegen Goliath.
 
Die "Stellvertreter-Kämpfe" einzelner Krieger sind wohl meist eher mythischer Natur. So auch der von David gegen Goliath.
sicher oft genug eher mythisch oder legendär (und in historischen Romanen breitgetreten) - aber nicht nur und ausschließlich: Prokop erwähnt dergleichen gelegentlich im Gotenkrieg, auch bei Gregor von Tours oder Fredegar (einer von beiden) kommt das vor.
 
pardon, da habe ich dich missverstanden bzw. mich wohl unklar ausgedrückt: ich meinte keine Zweikämpfe als Ersatz für eine Schlacht (quasi im Sinne eines Gotesurteils) - es sollen sich gelegentlich in der Spätantike (da weiß ichs vom Prokop & Co. lesen) solche Kämpfe kurz vor der Schlacht, also zwischen den Fronten, abgespielt haben (inwieweit die Parteien das als Omen betrachteten, sei dahingestellt) und auch gefordert worden sein -- merkwürdig rauhe Sitten.
 
... solche Kämpfe kurz vor der Schlacht, also zwischen den Fronten, abgespielt haben (inwieweit die Parteien das als Omen betrachteten, sei dahingestellt) und auch gefordert worden sein -- merkwürdig rauhe Sitten.

Moin

Na ja, so ne Schlacht ist aber auch eine "merkwürdig rauhe Sitte"! :pfeif:
 
@juanportaz: Ich glaube die Szene wie du sie beschreibst wirst du nur in modernen verfilmungen antiker und mittelalterlicher Schlachten finden und dient wohl eher der Dramaturgie, als das sie ein Abbild eines historischen "Rituals" ist. In der Realität waren die Feldherren beider Seiten wohl zu beschäftigt damit ihre Truppen in die Schlacht zu führen um noch irgendwelche Belanglosigkeiten auszutauschen. Sowas machte man, wie bereits beschrieben, einige Tage vorher.
 
Na ja, so ne Schlacht ist aber auch eine "merkwürdig rauhe Sitte"! :pfeif:
durchaus - aber ich befürchte, wir werden die Schlachtenlenker nebst ihrer Mannschaften der Antike und selbst der Neuzeit nicht mehr für ihre wenig friedfertigen Verhaltensweisen und Maßnahmen maßregeln und moralisch belehren können :winke::D --- und dass sich einzelne Rauhbeine vor einer Schlacht vor aller Augen quasi duellieren, das ist ein doch seit längerem ausgestorbenes Brauchtum (es wäre z.B. 1813 (wir haben auch Völkerschlachtjahr) vor Leipzig undenkbar und kam da auch nicht vor)
 
Ja, ja. Immer diese idealistischen Vorstellungen. Problematisch nur, wenn man es mit Soziopathen zu tun hatte.
:S

Mithridates VI. von Pontos war kein Soziopath im Sinne der heutigen Definition. Aber alles andere als ein angenehmer Zeitgenosse. Der pontische König meinte aufgrund geschichtlicher Vorgänge, dass Kappadokien ein Vasallenstaat von Pontus wäre. Er ließ wohl den kappadokischen König Ariarathus VI. (also seinen Schwager) ermorden. Daraufhin wurde der Sohn des getöteten Königs, Ariarathus VII, dessen Nachfolger. Mutter des Kindkönigs war die Schwester von Mithridates VI.

Jedoch heiratete die Schwester des Pontiers den bythinischen König Nikomedes III. Nach Machtkämpfen mit dem König von Bythinien gewann der pontische König die eigentliche Macht in Kappadokien. 101 vuZ wollte der junge Ariarathus VII. die inoffizielle Herrschaft von Pontus abschütteln. Dies führte dazu, dass die pontische Truppen in Kappadokien einmarschierten. Die beiden Heere standen sich nun zur Schlacht gegenüber. Mithridates VI. bat seinen Neffen Ariarathus VII. zu einem Treffen zwischen den beiden Streitmächten. Der Kappadokier ließ durch einen seiner Leibwächter den Pontier durchsuchen, welcher zuvor seine Waffen demonstrativ abgelegt hatte. Mithridates VI. legte seinen Arm um seinen Neffen und bat ihn zu einem Gespräch unter vier Augen. Als die beiden sich langsam von dem Platz zwischen den beiden Heeren entfernten, zog der pontische König einen versteckten Dolch und schnitt seinen Neffen die Kehle durch. Sofort nahm er die Krone des Toten. Diese setzte er seinem achtjährigen Stiefsohn auf und rief diesen zum neuen König von Kappadokien aus. Das geschockte kappadokische Heer war nun führerlos und die Schlacht fiel aus.

https://de.wikipedia.org/wiki/Ariarathes_VII._Philometor

Berichtet wird dies von Justin.
https://de.wikipedia.org/wiki/Marcus_Iunianus_Iustinus
 
Gesprochen wurde viel, aber nicht immer macht es Sinn, solche Verhandlungen ueberhaupt zu fuehren: :D

(Situation: 1805, ein paar Wochen vor Austerlitz, stehen die Franzosen vor Wien, und es gibt eine wichtige, unzerstørte Bruecke ueber die Donau, gedeckt von østerreichischen Truppen und vorbereitet zum Abbrennen)

Die Østerreicher liessen sich an der Taborbruecke bei Wien foppen, als Generaladjudant Bertrand und 3 weitere Offiziere dem wachhabenden østerreichischen Offizier, Oberst Geringer erzæhlten, die Feindseeligkeiten seien durch einen Waffenstillstand beendet worden. Das war eine schamlose Luege. Der verdutzte Geringer eilte zurueck, um sich mit seinen Vorgesetzten zu besprechen, dicht gefolgt von einer Unmenge frz. Generale, Offiziere und Grenadiere.
Der am Nordende der Bruecke stehende Hauptmann war entsetzt, als er die starke Gruppe frz. Truppen sah. Er schrie seiner Batterie zu: "Kanoniere, Feuer! Die Franzosen kommen! Die Kanoniere eilten an ihre Geschuetze, aber Lannes, Belliard und mehrere andere eindurcksvoll aussehende Franzosen mischten sich unter sie und redeten ihnen ein, sie seien nun gute Freunde. Wæhrenddessen schlichen sich die frz. Grenadiere so unauffællig wie møglich heran und ihre Kanoniere und Sappeure begannen die Zuendschnuere abzuschneiden und das brennbare Material in den Fluss zu werfen. Mindestens einem Østerreicher fiel es wie Schuppen von den Augen, dass etwas faul war, aber Marschall Lannes und General Belliard versuchten, ihn zu beruhigen. Sie sagten, es sein solch ein kalter Tag, dass unsere Soldaten auf der Stelle traten und herumliefen, nur um sich warmzuhalten.
Als der kommandierende østerreichische Generalleutnant Auersperg nachmitttags eintraf, war alles zu spæt - Murat informierte ihn, dass die Østerreicher sich angesichts des (erlogenen) Waffenstillstands zurueckziehen duerften, er aber die Batterie behalten muesse.

(aus: Christoffer Duffy, Die Schlacht von Austerlitz)

Gruss, muheijo
 
muheijo,
das ging aber (mindestens) hart an die Grenze zur Perfidie, die nicht erst im modernen Kriegsvölkerrecht verpönt ist.

dekumatland und xander,
diese "raue Sitte" könnte man auch durchaus als Schritt weg von den rauen Sitten sehen - zumindest, wenn es wie bei David und Goliath funktioniert und der Krieg damit aus ist.
 
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