Das ist eine spannende Frage. Man muß sich zunächst von eigenen Gewohnheiten und Vorstellungen trennen. Man geht bei uns regelmäßig kaum barfuß, daher sind die Füße sehr empfindlich. Bei ständigem Barfußgehen sind die nackten Sohlen dagegen extrem belastbar, der Oberfuß allerdings nicht unbedingt.
Die Frage der Barfüßigkeit verlangt eine genaue Sichtung der Darstellungen und der schriftlichen Quellen. Xenophon schreibt in der Kyrou Anabasis z.B. von den schlechten Schuhen aus Rohleder, die die abgenutzten normalen Sandalen der Soldaten ersetzten. Man kann daraus wohl schließen, daß man nicht unbedingt nur barfuß marschiert ist. Für Hannibals Armee schreibt Polybios, daß sie vor dem Alpenübergang mit dafür geeignetem Schuhwerk und Kleidung ausgerüstet wurde. Man ist also wohl nicht mit nackten Füßen oder dünnen Sandälchen über Schneefelder gewandert (es schneite allerdings erst, als die Paßhöhe erreicht war).
War Barfüßigkeit in der Darstellung also nur Konvention, analog zur "heroischen Nacktheit"? Das halte ich für unwahrscheinlich, weil es durchaus Darstellungen gibt, wo Soldaten barfüßig und andere, gleichwertige, mit Sandalen oder Stiefeln dargestellt werden. Anders als bei den Römern ist bei den Griechen barfüßigkeit nicht mit Vergöttlichung gleichgesetzt. In der Literatur, z.B. bei Platon, wird Barfüßigkeit an einigen Stellen mit einfachen Leuten, unteren Schichten und einer gewissen Unvornehmheit in Verbindung gebracht. Das klingt nicht so, als würde man es für etwas besonders Erstrebenswertes betrachten. Einer der adligen Zuhörer des Sokrates wird übrigens als der "barfüßige ..." bezeichnet, was zeigt, daß so etwas bei einem vornehmen Jugendlichen durchaus bemerkenswert, also wohl nicht die Norm war. In einem irischen Sittenbuch aus dem 9 Jhd. n. Chr. wird dagegen vornehmen Leuten (Adligen) sozusagen verboten, barfuß zu gehen, was wohl kaum nötig gewesen wäre aufzuschreiben, wenn nicht in der Realität ein Großteil der Bevölkerung und auch viele Adlige barfuß unterwegs gewesen wären.
Barfüßigkeit in der Darstellung taucht vor allem stark bei Hopliten in der Archaik und Klassik auf. Ein guter Teil der Hopliten wurde aus der bäuerlichen Bevölkerung (worunter es durchaus auch Wohlhabende gab) rekrutiert und ein großer Teil dieser Leute dürfte das tägliche Leben barfuß verbracht haben. Typischen Hoplitenschlachten fanden auf ebenem Gelände statt, Kriege waren kurz und mit wenig weiten Märschen verbunden. Barfuß hat man einen besseren Stand als mit Schuhen, ist beweglicher und kann die Muskulatur zur Unterstützung z.B. im Geschiebe mit Schilden besser einsetzen. Ist es feucht, ist ein ungenagelter Lederschuh ein echtes Graus und ein erhebliches Sicherheitsrisiko für den Träger. Es spricht also viel dafür, barfuß zu kämpfen. Ich glaube daher, daß Hopliten oft barfuß unterwegs waren. Sicher kämpften auch viele leichtere Truppen barfuß.
In hellenistischer Zeit wird Barfüßigkeit eher seltener dargestellt. Der Alexanderaltar mag das so tun, aber z.B. auf den vielen farbigen makedonischen Grabfresken sieht man erheblich mehr Leute mit Schuhen und Stiefeln, barfuß sind nur wenige. Wahrscheinlich hatte sich der Brauch geändert, wegen vermehrtem Einsatz professioneller Söldner, weiter Märsche, kämpfte man auch weniger barfuß. Einige taten es sicher noch.
Ach so, mit geübten nackten Füßen muß man, glaube ich, weniger spitze oder scharfe Steine fürchten, als weite Strecken und die damit verbundene Abnutzung der Hornhaut. Aus einer modernen Quelle von einem Söldner aus Afrika lese ich, daß die schwarzen Mitkämpfer in der Truppe durchaus überall barfuß gut unterwegs waren, allerdings bei sehr langen Märschen über sehr viele Tage hintereinander ab einer gewissen Zeit schwächelten. Dagegen habe ich mal in einem Bericht eines deutschen Forschers aus dem Afrika des 19. Jhd. (leider weiß ich nicht mehr, wer es war, evtl. Nachtigal) die Schilderung eines örtlichen Stammes in einer sehr schroffen Berggegend gefunden, daß diese Einheimischen unbeeindruckt barfuß über die Steine turnten, die den Europäern die Lederstiefel zerschnitten.