Barfüßige Krieger??

Eichelhäher

Aktives Mitglied
Ich stolpere in meinem Osprey-Studium immer wieder über barfüßig dargestellte Krieger. Insbesondere in dem Buch über die Armee Alexanders des Großen von Nicholas Secunda. Nun weiß ich, dass die barfüßige Darstellung von römischen Herrschern auf Reliefs und Standbildern etwas mit Vergöttlichung zu tun hat (oder mit der Tatsache, dass sie gestorben waren?), das ist also eine darstellerische Konvention. Ich traue den Osprey-Autoren definitiv zu, dass sie auf solche Konventionen nicht hereinfallen. Ist es möglich, dass die Makedonier tatsächlich barfuß gekämpft haben? Ich kann mir das gar nicht vorstellen - da liegen mindestens Steine und sonstige Gegenstände auf dem Boden, bei einer Schlacht dann irgendwann Lanzenspitzen... Wie geht das? Was hatten die Jungs für Hornhaut? Wäre das so schwer, für eine Armee Sandalen bereitzustellen? Oder war das so ne Art Männlichkeitsritual? :D

Weiß jemand Genaueres?
 
naja, Homosapiens und andere Hominiden und Primaten haben denn mal so eben gut 100 000 Jahre und mehr ohne Schuhbekleidung ausgehalten, und Ötzis Schuhe waren jetzt auch nicht gerade Bergsteigerstiefel ...
 
Wir reden hier aber schon von einer Zeit weit nach Ötzi und Homo Habilis, in dem Schuhwerk doch die Regel war. Zweifellos sind auch die Darstellungen von beschuhten Kriegern in der Zeit des Hellenismus und der römischen Republik weitaus zahlreicher als die der barfüßigen. Meine Frage war nicht, ob Menschen barfuß laufen können, sondern ob es einen zweckmäßigen oder einen ideologischen Sinn macht, das als Krieger in einer Zeit zu tun, in der man durchaus mehr Möglichkeiten (und auch Annehmlichkeiten) kannte und gewohnt war als Ötzi oder Lucy.
 
Steine sind kein Argument. ;) Die äthiopische Armee war noch im frühen 20. Jh. fast komplett barfuß. Im 19. Jh. waren da sogar die Heerführer ohne Schuhe unterwegs. Bewaffnet waren sie aber schon gut und haben sich immerhin gegen die italienische Armee 1896 grandios durchgesetzt.
 
Die barfüßige Darstellung kann auch einfach nur als ästhetisch in der Kunst gegolten haben. Man sieht ja auch häufig vollkommen nackte Krieger, mit Helm auf giechischen Vasen etc. abgebildet. Ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, dass die tatsächlich, ausschließlich ihren Kopf schützten und den gesamten Körper den Pfeilen , Speeren und Schwertern, nur mit dem Schild abwehrend aussetzten, obwohl es Brustpanzer längst gab.
Die Füße scheinen in der Antike ,die Schönheit betreffend sehr wichtig gewesen sein. So hielt Sueton es für erwähnenswert dass Domitian, der recht ansehnlich gebaut war, leider zu kurze Zehen hatte. Wen würden heute die Zehen einer wichtigen Persönlichkeit interessieren ?
 
Galeotto - das leuchtet mir ein, dass die Schönheit des Fußes bei der Darstellung eine Rolle spielt. Passt auch zu der Tatsache, dass iberische, weniger künstlerisch hochwertige Darstellungen sich um schöne Füße nicht scheren und meistens mit Fußbekleidung dargestellt werden...
 
Ist es möglich, dass die Makedonier tatsächlich barfuß gekämpft haben?

Also ich kann mir das auch nicht so vorstellen. Sie hatten neben Stock und Stein auch durch wiedrigste Witterungsbedingungen zu marschieren. Ich denke beim Überqueren des Hindukusch wären bei vielen unbeschuhten Kriegern die Füsse abgefrohren.

Aber es ist schon auffällig. Selbst auf dem Alexandersarkophag werden die gerüsteten Makedonen ebenfalls barfüssig dargestellt, während ihre persischen Gegner beschuht erscheinen. Ich denke die Hellenen orientierten sich in ihrer Darstellung nach ihren Heroen, die ja in der Regel gänzlich nackt den Kampf bestritten, was die Menschen z.B. bei den Olympiaden nachahmten. Auch auf dem Alexandersarkophag ist einer der Makedonen ganz nackt zu sehen. Gerade in der postalexandrinischen Zeit war es besonders unter den hellenistischen Herrschern groß in Mode, sich in heroischer oder göttlicher Pose darzustellen.
 
So etwas in der Richtung hatte ich mir gedacht. Die Darstellungen im Osprey basieren wohl stark auf den Darstellungen des Alexandersarkophages. Das passt.
 
Moderne Schuhe standen jedenfalls noch nicht zur Verfügung.:pfeif:
Eine einfache Schuhsohle aus Rindsleder hat kein Profil. Sie bietet keinerlei Halt auf naßen Gras oder im Schlamm. In dem Fall ist es barfuß sicherer, da die nackten Füße ja dieses natürliche Rillenmuster habe.
Eine Sohle aus nur einer Lage Leder bietet auch ganz gewiss keinen Schutz vor herumliegenden Speerspitzen. Ich merke auch immer jeden einzelnen Stein, auf den ich trete. (Ich glaube bei den Schuhen geht generell es auch eher um den Schutz der Füße vor der Näße, Kälte oder auch der Hitze des Bodens. Ötzis Bärenfelltreter sind da das beste Beispiel. Überall herumliegende Glasscherben, grober Schotter usw. waren in der Antike auch nicht so das Thema.)

Hinzu kommt, dass Schuhsohle sehr schnell durchgelatscht sein dürften, vor allem, wenn man mal eben von Griechenland zum Hindukush marschiert. Das dafür geeignete Leder dürfte auch einen nicht geringen Wert haben. (Im Kriegsfilm ist es ja auch ein häufiger Topos, dass gefallenen Soldaten die Stiefel geklaut werden.)

Anders sieht es sicher bei mit Eisennägeln beschlagenen Schuhen aus wie den caligae der römischen Legionen. Die Spikes bieten einen gewissen Halt und verhindern wahrscheinlich den all zu schnellen Verschleiß des Schuhwerks.
Ob den Makedonen schon derartige Sandalen zur Verfügung standen, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis
 
Ist es denn eine rein griechische-italische Erscheinung, denn in Darstellungen von Skythen, Persern, Assyrern sieht man eigentlich die Soldaten immer mit Schuhen dargestellt?
 
Wenn ich mich jetzt nicht völlig täusche, sind auch alle griechischen Gesandten auf den Reliefs von Persepolis zumindest mit Sandalen dargestellt.
 
Ich hab hier mal eines dieser Reliefs mit der ionischen Gesandschaft: KLICK. Da kann man ganz gut sehen, dass sie so sockenähnliche knöchelhoche Schuhe tragen.
 
Oh ja, spannend - Alexander-Soldaten in nichtgriechischer Fremddarstellung wären da natürlich extrem aufschlussreich! Ich kenne mich in der Epoche leider nur unzureichend aus.
 
Mit Ausnahme des Alexandersarkophags sind mit keine anderen plastischen Darstellungen der Makedonenkrieger Alexanders bekannt. Aus hellenistischer Zeit sind zumeist ja nur Büsten Alexanders und seiner Diadochen hinterblieben. Es gibt ein Kieselmosaik aus Pella, das Alexander und Krateros im Kampf mit einem Löwen zeigt. Beide sind hier nach Art der Heroen auch nackt. Das Mosaik ist wahrscheinlich eine bildliche Darstellung einer Statuengruppe, die Krateros in Delphi hat aufstellen lassen.

Natürlich gibt es da noch das Alexandermosaik, dass allerdings eine römische Anfertigung ist. Ausgerechnet hier ist der Teil, der die Krieger Alexanders zeigt, nicht mehr erhalten.
 
Die Spartaner ließen ihre Jünglinge angeblich nicht nur halbnackt, sondern auch barfuß herumlaufen, um sie abzuhärten. Dabei fällt mir ein, dass aus dem gleichen Grund 2.5oo Jahre später der Zuluherrscher Shaka seinen Soldaten das Tragen von Sandalen verboten haben soll...
 
Dabei fällt mir ein, dass aus dem gleichen Grund 2.5oo Jahre später der Zuluherrscher Shaka seinen Soldaten das Tragen von Sandalen verboten haben soll...
Vielleicht waren sie auch gar nicht daran gewöhnt Schuhe zu tragen und konnten barfuß besser laufen. Auf Sri Lanka laufen die Leute auch meist barfuß und man sieht dem Watschelgang von Kellnern und Reiseleitern an, dass sie am liebsten ihre Schuhe wegwerfen würden.
 
Die entscheidende Frage scheint zu sein: Ist das Schuhetragen in einer Kultur verbreitet oder nicht? Nur danach kann man beurteilen, ob die Mehrheit der Bevölkerung daran gewöhnt ist, ohne Schuhe zu laufen.
 
Die entscheidende Frage scheint zu sein: Ist das Schuhetragen in einer Kultur verbreitet oder nicht? Nur danach kann man beurteilen, ob die Mehrheit der Bevölkerung daran gewöhnt ist, ohne Schuhe zu laufen.
Das ist zweifellos richtig. Das dürfte auch von den Untergründen abhängig sein, auf dem ein Volk lebt. Der Mensch ist als Sohlengänger für weiche Untergründe wie Wiesen, Wälder etc. geschaffen. Auf harten und steinigen Böden und im Gebirge ist das mit dem Berfußlaufen schon viel beschwerlicher.
 
Guter Punkt - in Wales werden sogar im Mittelalter die Leute noch barfuß dargestellt, oder ziehen sich einen Schuh aus für besseren Halt. Das hatte ich noch gar nicht bedacht.

Ich laufe ja schon im Sommer viel barfuß, aber da wird schon der Gang zur Mülltonne problematisch bei unserer Buckelpiste von Hinterhof! :rofl:
 
Das ist eine spannende Frage. Man muß sich zunächst von eigenen Gewohnheiten und Vorstellungen trennen. Man geht bei uns regelmäßig kaum barfuß, daher sind die Füße sehr empfindlich. Bei ständigem Barfußgehen sind die nackten Sohlen dagegen extrem belastbar, der Oberfuß allerdings nicht unbedingt.

Die Frage der Barfüßigkeit verlangt eine genaue Sichtung der Darstellungen und der schriftlichen Quellen. Xenophon schreibt in der Kyrou Anabasis z.B. von den schlechten Schuhen aus Rohleder, die die abgenutzten normalen Sandalen der Soldaten ersetzten. Man kann daraus wohl schließen, daß man nicht unbedingt nur barfuß marschiert ist. Für Hannibals Armee schreibt Polybios, daß sie vor dem Alpenübergang mit dafür geeignetem Schuhwerk und Kleidung ausgerüstet wurde. Man ist also wohl nicht mit nackten Füßen oder dünnen Sandälchen über Schneefelder gewandert (es schneite allerdings erst, als die Paßhöhe erreicht war).

War Barfüßigkeit in der Darstellung also nur Konvention, analog zur "heroischen Nacktheit"? Das halte ich für unwahrscheinlich, weil es durchaus Darstellungen gibt, wo Soldaten barfüßig und andere, gleichwertige, mit Sandalen oder Stiefeln dargestellt werden. Anders als bei den Römern ist bei den Griechen barfüßigkeit nicht mit Vergöttlichung gleichgesetzt. In der Literatur, z.B. bei Platon, wird Barfüßigkeit an einigen Stellen mit einfachen Leuten, unteren Schichten und einer gewissen Unvornehmheit in Verbindung gebracht. Das klingt nicht so, als würde man es für etwas besonders Erstrebenswertes betrachten. Einer der adligen Zuhörer des Sokrates wird übrigens als der "barfüßige ..." bezeichnet, was zeigt, daß so etwas bei einem vornehmen Jugendlichen durchaus bemerkenswert, also wohl nicht die Norm war. In einem irischen Sittenbuch aus dem 9 Jhd. n. Chr. wird dagegen vornehmen Leuten (Adligen) sozusagen verboten, barfuß zu gehen, was wohl kaum nötig gewesen wäre aufzuschreiben, wenn nicht in der Realität ein Großteil der Bevölkerung und auch viele Adlige barfuß unterwegs gewesen wären.

Barfüßigkeit in der Darstellung taucht vor allem stark bei Hopliten in der Archaik und Klassik auf. Ein guter Teil der Hopliten wurde aus der bäuerlichen Bevölkerung (worunter es durchaus auch Wohlhabende gab) rekrutiert und ein großer Teil dieser Leute dürfte das tägliche Leben barfuß verbracht haben. Typischen Hoplitenschlachten fanden auf ebenem Gelände statt, Kriege waren kurz und mit wenig weiten Märschen verbunden. Barfuß hat man einen besseren Stand als mit Schuhen, ist beweglicher und kann die Muskulatur zur Unterstützung z.B. im Geschiebe mit Schilden besser einsetzen. Ist es feucht, ist ein ungenagelter Lederschuh ein echtes Graus und ein erhebliches Sicherheitsrisiko für den Träger. Es spricht also viel dafür, barfuß zu kämpfen. Ich glaube daher, daß Hopliten oft barfuß unterwegs waren. Sicher kämpften auch viele leichtere Truppen barfuß.

In hellenistischer Zeit wird Barfüßigkeit eher seltener dargestellt. Der Alexanderaltar mag das so tun, aber z.B. auf den vielen farbigen makedonischen Grabfresken sieht man erheblich mehr Leute mit Schuhen und Stiefeln, barfuß sind nur wenige. Wahrscheinlich hatte sich der Brauch geändert, wegen vermehrtem Einsatz professioneller Söldner, weiter Märsche, kämpfte man auch weniger barfuß. Einige taten es sicher noch.

Ach so, mit geübten nackten Füßen muß man, glaube ich, weniger spitze oder scharfe Steine fürchten, als weite Strecken und die damit verbundene Abnutzung der Hornhaut. Aus einer modernen Quelle von einem Söldner aus Afrika lese ich, daß die schwarzen Mitkämpfer in der Truppe durchaus überall barfuß gut unterwegs waren, allerdings bei sehr langen Märschen über sehr viele Tage hintereinander ab einer gewissen Zeit schwächelten. Dagegen habe ich mal in einem Bericht eines deutschen Forschers aus dem Afrika des 19. Jhd. (leider weiß ich nicht mehr, wer es war, evtl. Nachtigal) die Schilderung eines örtlichen Stammes in einer sehr schroffen Berggegend gefunden, daß diese Einheimischen unbeeindruckt barfuß über die Steine turnten, die den Europäern die Lederstiefel zerschnitten.
 
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