S. hält große Stücke auf Cicero und die Stoiker, nicht auf die Epikureer (I.). Sokrates ist in seinen Augen unsittlich.

Die (aktuellen) Römer werden von ihm nicht nur wegen Unzucht verurteilt, auch soll die afrikanische Gesellschaft sehr korrupt gewesen sein (III.), es sollen sogar Römer deswegen zu den Barbaren geflohen sein (V.).

Allgemein betrachtet er die Weltordnung christlich (dieseitige Leiden sind Strafen für Sünden, Gottes Reich kommt); von da aus sind Römer wegen Stolz und Hochmut (was ich für historisch nicht unwahrscheinlich halte, das die Römer stolz waren) abzulehnen.
Ob auf der anderen Seite, dem gegenüber die Vandalen demütig waren, kann nachträglich idealisiert sein, da S. die Zuschreibungen nach den Ereignissen zuteilt.
(Römer haben verloren (weil stolz, hochmütig), Vandalen gewonnen (weil demütig); Zuschreibungen aus christlicher Weltauffassung, Demut(=Gott) gewinnt, Vandalen gewinnen = Gott/ Demut gewinnt)

In dem Sinne braucht er nicht einen Sündenbock, wie wir ihn verstehen (hauptsache jemand ist für den ganzen Schaden verantwortlich), sondern mehr die komplette, welthistorisch- christliche Sünde (den ganzen Schaden).


@ELQ: "mollium/mollis" habe ich nur die Bedeutungen "sanft, weichlich, ängstlich, ruhig, sanft" u.ä. gefunden; "weibisch" könnte "effiminatus, fractus, muliebris, resolutus, semivir" sein.

man könnte "mollium" eher im Kontext von Schwäche, Wehrlosigkeit, als passiver sexueller Haltung lesen.

Oder fasse ich die Wortbestimmungen zu strikt auf?
 
Zuletzt bearbeitet:
In einem Bericht über Moorleichen habe ich gelesen, daß man an ihnen keinen Rückschluß auf die sexuelle Ausrichtung vornehmen lassen kann. D.h. Homosexuelle wurden nicht durch Todesstrafe im Moor versenkt.

Bei den Kelten sollen homosexuelle Kontakte toleriert worden sein. Aber das kann von Stamm zu Stamm auch unterschiedlich gewesen sein.
 
In einem Bericht über Moorleichen habe ich gelesen, daß man an ihnen keinen Rückschluß auf die sexuelle Ausrichtung vornehmen lassen kann. D.h. Homosexuelle wurden nicht durch Todesstrafe im Moor versenkt.
pardon, der zweite Satz ist aber nicht die logische Folge des ersten :winke:
konsequent wäre zu sagen, dass man bei einer Moorleiche nicht weiß, ob sie zu Lebzeiten homo- oder heterosexuell oder beides war
 
Es gibt durchaus Moorleichen, die in der Vergangenheit als homosexuell interpretiert wurden, etwa das Männerpaar von Hunteburg.
Es gibt aber, bis auf dass es sich um ein Paar handelt, archäologisch keinen Anhaltspunkt für Homosexualität und einige Anhaltspunkte, die wohl eher für eine rituelle Opferung sprechen. So sollen die Männer z.B. in sehr wertvolle Kleidung gehüllt gewesen sein, was bei einer Hinrichtung wohl eher auszuschließen ist.
Und so schreibt Peter Pieper in seinem <cite>Moorleichen</cite> im <cite>Reallexikon der Germanischen Altertumskunde</cite> Bd. 20 völlig zu Recht:
"Die Zahl der Körperbehinderten unter den M. ist schon auffällig und man muss sich verdeutlichen, dass etwaige geistige Behinderungen uns verborgen blieben.
Sofern Opfer von Sexualstraftaten gemeint sein sollten, so sind auch dorthingehend keine Befunde mehr zu erwarten und diesbezügliche Spekulationen bewegen sich in ähnlich luftleerem Raum wie bei der 'Ehebrecherin' von Windeby. Will man den Zusammenfund zweier männlicher M. wie etwa im Falle von Hunteburg oder Weerdinge, als Menschen verstehen, die homosexuell veranlagt waren? Das alles entzieht sich wohl für immer unserer Kenntnis."
Dagegen else Ebel die Verfasserin des Artikels Sittlichkeitsdelikte, in demselben Medium, Bd. 28:
Der älteste Beleg für Homosexualität im Germ. ist wohl Tac. Germn. c. 12 (23, S. 213). Dort heißt es: ignavos et imbelles et corpore infames caenos ac palude, iniecta insuper craze, mergunt. [...]
Offenbar verbinden sich die Begriffe feige/weibisch und homosexuell veranlagt für die Germ. miteinanander. Dies wurde demnach mit dem Tod durch Versenken in einem Sumpf bestraft (26; 34 [bezieht sich auf Tacitus' Germania]) (s. dazu Moorleichen § 5).
 
Wobei ich mich (wie schon in #10) immer noch frage, woher man eigentlich immer diese Sicherheit nimmt, dass mit den "corpore infames" dezidiert Homosexuelle gemeint gewesen sein sollen.
 
So sollen die Männer z.B. in sehr wertvolle Kleidung gehüllt gewesen sein, was bei einer Hinrichtung wohl eher auszuschließen ist.

Warum sollen die Hingerichteten bei einer rituellen Handlung nicht in wertvolle Kleidung gehüllt sein? Warum schließt Du sowas aus?

Schließlich haben Germanen auch Waffen, Rüstungen und Verzierungen von besiegten Feinden ins Moor oder in Seen geworfen, obwohl sie eigentlich noch einen Nutzen gehabt hätten.

Und bei den Kelten in Britannien wurden auch Adlige geopfert um den Zorn der Götter zu besänftigen um dann die Römer zu vertreiben. Warum sollte man dort Angehörige einer Oberschicht opfern?

Über die damalige religiöse Auffassung kann man heutzutage nur Vermutungen anstellen, aber nicht immer heutige Maßstäbe ansetzen.
 
Lässt man jemandem, den man wegen eines Verbrechens oder einer Sittenwidrigkeit hinrichtet, Ehren angedeihen lässt? Das ist doch vorbehaltlich aller Maßstäbe eher unwahrscheinlich.
Bei einem Opfer sieht es anders aus.
 
Lässt man jemandem, den man wegen eines Verbrechens oder einer Sittenwidrigkeit hinrichtet, Ehren angedeihen lässt? Das ist doch vorbehaltlich aller Maßstäbe eher unwahrscheinlich.
Bei einem Opfer sieht es anders aus.

Wer sagt denn, daß es sich bei den gefundenen Moorleichen immer um Verbrecher handeln muß?:confused: Schließlich war die angebliche "Ehebrecherin" auch keine, da die Handgeste erst nachträglich beigefügt wurde.
Und wiederum schließt Du vom heutigen Verständnis auf damalige Situationen.
 
Wer sagt denn, daß es sich bei den gefundenen Moorleichen immer um Verbrecher handeln muß?:confused:
Das kann man natürlich nicht mit Sicherheit sagen, das aber auch nicht:

Schließlich war die angebliche "Ehebrecherin" auch keine, da die Handgeste erst nachträglich beigefügt wurde.
Der erste Satzteil ist kein logischer Schluss aus dem zweiten: Eine nachträgliche Beifügung von was auch immer beweist nicht, dass sie keine Ehebrecherin war. (Natürlich gibt es auch keinen echten Beweis, dass sie eine war.) Da es naturgemäß keine Prozessakten oder sonstige Aufzeichnungen über diese Frau gibt, kann man nur spekulieren, wieso sie versenkt wurde. Beweisen lässt sich nichts - und auch nicht das Gegenteil davon. Aber antike Berichte legen nun einmal nahe, dass zumindest primär Personen versenkt wurden, die bestimmter Handlungen oder Eigenschaften beschuldigt wurden.
 
Der erste Satzteil ist kein logischer Schluss aus dem zweiten: Eine nachträgliche Beifügung von was auch immer beweist nicht, dass sie keine Ehebrecherin war. (Natürlich gibt es auch keinen echten Beweis, dass sie eine war.) Da es naturgemäß keine Prozessakten oder sonstige Aufzeichnungen über diese Frau gibt, kann man nur spekulieren, wieso sie versenkt wurde. Beweisen lässt sich nichts - und auch nicht das Gegenteil davon. Aber antike Berichte legen nun einmal nahe, dass zumindest primär Personen versenkt wurden, die bestimmter Handlungen oder Eigenschaften beschuldigt wurden.

Soviel ich gelesen habe, war Ehebruch keine Todesstrafe. Die Frau konnte verstoßen werden und ihre Haare wurden abgeschnitten. Aber zwangsläufig von Todesstrafe auszugehen ist nicht möglich. Hier war wohl eher das Moralverhalten des 19.-20.Jh. ausschlaggebend.
 
Ja, so berichtet das Tacitus.
Bei der "Ehebrecherin" von Windeby kommt natürlich noch hinzu, dass sie vermutlich gar keine Frau war.
 
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