Rätsel Eisenzeit: Burgen und Siedlungskammern

Die englischen Hillforts zeigen, dass Eliten schon immer Burgen oder Herrensitze auf Bergen errichteten, von wo aus sie Land und Untertanen besser kontrollieren konnten.
Soweit ich das Thema verstanden habe, bezeichnen "hillforts" mehr oder weniger unterschiedslos alle vor- und frühgeschichtlichen Wallanlagen in Britannien. Noch nicht mal eine exponierte Lage auf einem Höhenrücken kann man bei einem "hillfort" voraussetzen, nicht wenige liegen tatsächlich im Flachland. Zeitlich reichen die "hillforts" von der frühen Bronze- bis in nachrömische Zeit, wobei in etlichen Anlagen offenbar mehrere Ausbau- und Nutzungsphasen nachweisbar sind.
Die Mehrzahl der eisenzeitlichen Anlagen unter den britischen "hillforts" scheint tatsächlich besiedelt gewesen zu sein. Es gibt aber offenbar auch Ausnahmen, in denen nur Teilflächen besiedelt waren oder gar keine Siedlungsspuren innerhalb der Anlage, wohl aber in der Umgebung außerhalb entdeckt wurden - ich rezitiere hier aber nur, was ich in einer TV-Dokumentation gesehen und gehört habe.
 
Dieser Logik zur Folge wäre der Schutz aber nur in feuchten Jahren gegeben. Laut Wikipedia ist Löss auch besonders standfest:

Zitat:
Die Einzelpartikel im Löss haben eine vorherrschend eckige Form. Daher rührt seine hohe Standfestigkeit, welche die Bildung von Lösswänden an Flussufern, in Hohlwegen und die Entstehung von Ackerterrassen begünstigt.

Von dieser ihrer Eigenschaft wussten die Böden in der Sowjetunion aber scheinbar nichts, als die Wehrmacht im Herbst 1941 drüberfahren wollte. Die wichtigere Information im Wiki Artikel ist denke ich die Bildung der Hohlwege, Ergebnis der über natürliche Erosion hinaußgehenden äußeren mechanischen Einwirkung auf Lössböden, hier durch das Gewicht eines Wagens.


Ob man die eisenzeitlichen Burgen bereits als "Volksburgen" bezeichnen kann weiß ich nicht. Das Problem hast du leider nicht wirklich gelöst, warum die Burgen nicht in der Fläche lagen, wo die Menschen lebten, sondern eher im Abseits, wo die Besiedlung deutlich dünner wurde.

Demnach misst du der Nähe der Volksburgen zu den prähistorischen Fernstraßen (welche meistens über Höhenzüge verliefen) keine Bedeutung zu?
 
Die These davon, dass landwirtschaftliche Siedlungen schwieriger zu erreichen gewesen werden, und dass man Mittwochs schon gesehen habe, wer Samstags zum Kaffee Überfall komme, kann wohl ad acta gelegt werden.

Und es sind auch nicht nur die Böden, es sind wie gesagt auch die vielen Bachläufe, die das Vorankommen in der Ebene erschweren.
Wenn ab und zu ein Bach durchquert wird ist dies sicher kein Problem, die Ufervegetation gibt dem Reisenden Halt, und er erreicht mehr oder weniger problemlos das andere Ufer des Baches. Bis zum nächsten Reisenden hat sich die Ufervegetation erholt, und auch er kann den Bach wieder problemlos durchqueren.
Wenn sich die Frequenz der Überquerungen aber erhöht, sei es, weil eine stark frequentierte Fernstraße über ihn führt, oder weil eine Marschkolonne ihn überquert, gibt die Uferböschung über kurz oder lang nach, und das ganze verwandelt sich in Morast. Dies ist um so mehr der Fall, wenn auch noch Fuhrwerke den Bach durchqueren.
Morastige Böden oder Bachläufe sind gemäß Tacitus Gegebenheiten, die auch noch der römischen Armee das Leben in Germanien schwer gemacht haben: "Das übrige Gelände ist morastig, man bleibt dort im schweren Lehmboden hängen, oder Bachläufe machen es nur schwer begehbar." (I/63)
 
Von dieser ihrer Eigenschaft wussten die Böden in der Sowjetunion aber scheinbar nichts, als die Wehrmacht im Herbst 1941 drüberfahren wollte.

Die SU war groß und bestand nicht allein aus der Ukraine. Nebenbei ist es ein Unterschied, ob ein Boden einen Mann (ca. 100 kg mit Bewaffnung) oder einen Reiter (ca. 600 kg mit Bewaffnung) oder einen Panzer (leichter Schützenpanzer: 5000 kg) oder LKW (allein der Kübelwagen wog schon ca 1 t) tragen muss.

Demnach misst du der Nähe der Volksburgen zu den prähistorischen Fernstraßen (welche meistens über Höhenzüge verliefen) keine Bedeutung zu?

Das ist doch genau das Problem dieses Threads, was ich als Rätsel (der) Eisenzeit bezeichnet habe: "Volksburgen" ohne Volk ergeben keinen Sinn, die Burgen lagen dort, wo die Besiedlungsdichte am dünnsten war und wo die wenigsten Lebensmittel zu holen waren.

Ein Krieger ist im Durchschnitt nicht schwerer als ein Bauer.

Und es sind auch nicht nur die Böden, es sind wie gesagt auch die vielen Bachläufe, die das Vorankommen in der Ebene erschweren.
Wenn ab und zu ein Bach durchquert wird ist dies sicher kein Problem, die Ufervegetation gibt dem Reisenden Halt, und er erreicht mehr oder weniger problemlos das andere Ufer des Baches. Bis zum nächsten Reisenden hat sich die Ufervegetation erholt, und auch er kann den Bach wieder problemlos durchqueren.

Ich dachte, du gehst wandern? Also wenn ich beim Wandern einen Bach durchquere, dann brauche ich i.d. R. keine Ufervegetation. Was sind das denn für wilde Rheorien, die du hier aufstellst?


Wenn sich die Frequenz der Überquerungen aber erhöht, sei es, weil eine stark frequentierte Fernstraße über ihn führt, oder weil eine Marschkolonne ihn überquert, gibt die Uferböschung über kurz oder lang nach, und das ganze verwandelt sich in Morast. Dies ist um so mehr der Fall, wenn auch noch Fuhrwerke den Bach durchqueren.

Komischerweise haben sich Städte später besonders an Furten entwickelt.

Morastige Böden oder Bachläufe sind gemäß Tacitus Gegebenheiten, die auch noch der römischen Armee das Leben in Germanien schwer gemacht haben: "Das übrige Gelände ist morastig, man bleibt dort im schweren Lehmboden hängen, oder Bachläufe machen es nur schwer begehbar." (I/63)

Bei solchen Behauptungen wäre ich vorsichtig. Irgendwo schreibt Tacitus, die langen germanische Speere seien besonders geeignet für den Kampf im Sumpf, um an anderer Stelle zu schreiben, die langen Speere seien besonders ungeeignet für den Kampf im Sumpf... Stellen suche ich raus, wenn ich zuhause bin, befinde mich gerade auf Dienstreise. Kann 2 Wochen dauern, eine Erinnerung dann wäre nicht schlecht.
 
Das ist doch genau das Problem dieses Threads, was ich als Rätsel (der) Eisenzeit bezeichnet habe: "Volksburgen" ohne Volk ergeben keinen Sinn, die Burgen lagen dort, wo die Besiedlungsdichte am dünnsten war und wo die wenigsten Lebensmittel zu holen waren.

Aber ich denke wir sind uns einig, dass die Bevölkerungsdichte dort nicht gleich Null war?


Ich dachte, du gehst wandern? Also wenn ich beim Wandern einen Bach durchquere, dann brauche ich i.d. R. keine Ufervegetation. Was sind das denn für wilde Rheorien, die du hier aufstellst?

Bei Wanderungen hier in Europa ist das so. Als ich aber einmal den Fehler gemacht habe, in Quebec wandern zu gehen, war ich an manchen Stellen froh über jeden Grashalm, an dem ich mich über den Bach hangeln konnte. (Und nachher in der Gaststätte hat der ein sehr seltsames Französich sprechende Quebecois so getan, als würde er kein Englisch verstehen; erst als ich zu meiner Freundin auf deutsch sagte, dass wir wieder gehen, sind ihm seine Englischkenntnisse wieder eingefallen. Die Klärung der Frage warum Quebecois französischer als Franzosen sein wollen wäre vielleicht auch noch mal einen Thread wert.)


Komischerweise haben sich Städte später besonders an Furten entwickelt.

Natürlich muss da aber auch erst einmal eine geeignete Furt vorhanden sein. Und die Eignung hängt sicher auch von der Häufigkeit der Überquerungen ab, und den Lasten die über das Gewässer gebracht werden. Während ein Einzelner ohne Gepäck in so einer Umgebung fast der idealen Luftlinie folgen kann, muss ein Tross einer viel kurvigeren Route folgen. Im Bereich der Höhenwege ist dieser Unterschied nicht so groß.
Was ich damit sagen will ist, dass zur Klärung deiner Frage die Nachrichtenausbreitungsgeschwindigkeit (= Geschwindigkeit einer einzelnen Person) und die Ausbreitungsgeschwindigkeit eine Gruppe von Personen zu beachten ist, beides abhängig von der Bodenbeschaffenheit, der Anzahl der zu überquerenden Gewässer, und der mitgeführten Lasten. Und da ist es meine These, dass der Unterschied zwischen Nachrichtenausbreitungsgeschwindigkeit und 'Gruppen von Personen Ausbreitungsgeschwindigkeit' in den Siedlungskammern in den Ebenen viel größer ist als im Bereich der Höhenwege. Und dass die Bevölkerung der Siedlungskammern daher genügend Zeit hatte, eine aktive Verteidigung zu organisieren ("Angriff ist die beste Verteidigung"), während sich die Bevölkerung im Bereich der Höhenwege mit einer passiven Verteidigung in Fluchtburgen begnügen musste.

Bei solchen Behauptungen wäre ich vorsichtig. Irgendwo schreibt Tacitus, die langen germanische Speere seien besonders geeignet für den Kampf im Sumpf, um an anderer Stelle zu schreiben, die langen Speere seien besonders ungeeignet für den Kampf im Sumpf... Stellen suche ich raus, wenn ich zuhause bin, befinde mich gerade auf Dienstreise. Kann 2 Wochen dauern, eine Erinnerung dann wäre nicht schlecht.

Okay. Viel Erfolg.
 
Aber ich denke wir sind uns einig, dass die Bevölkerungsdichte dort nicht gleich Null war?
irgendwer muss die Bürgen ja angelegt haben.




Die Klärung der Frage warum Quebecois französischer als Franzosen sein wollen wäre vielleicht auch noch mal einen Thread wert.)
Weil sie zu allem Überfluss eine Minderheit in einem englischsprachigen Land sind, die ihre kulturelle Identität verteidigen wollen.


Was ich damit sagen will ist, dass zur Klärung deiner Frage die Nachrichtenausbreitungsgeschwindigkeit (= Geschwindigkeit einer einzelnen Person) und die Ausbreitungsgeschwindigkeit eine Gruppe von Personen zu beachten ist, beides abhängig von der Bodenbeschaffenheit, der Anzahl der zu überquerenden Gewässer, und der mitgeführten Lasten. Und da ist es meine These, dass der Unterschied zwischen Nachrichtenausbreitungsgeschwindigkeit und 'Gruppen von Personen Ausbreitungsgeschwindigkeit' in den Siedlungskammern in den Ebenen viel größer ist als im Bereich der Höhenwege. Und dass die Bevölkerung der Siedlungskammern daher genügend Zeit hatte, eine aktive Verteidigung zu organisieren ("Angriff ist die beste Verteidigung"), während sich die Bevölkerung im Bereich der Höhenwege mit einer passiven Verteidigung in Fluchtburgen begnügen musste.

Jetzt lässt sich dein Gedankengang leichter für mich nachvollziehen, was allerdings nicht bedeutet, dass ich ihn für wirklich schlagend halte.
 
Danke Ogrim.

Ich habe mich seit ca. 2 Jahren mit "Altwegen" im Bereich Bayern/Franken - Thüringen - Sachsen beschäftigt. Es handelt sich um die mittelalterliche Verbindung von Regensburg/Nürnberg nach Leipzig. Ein Teil des Geländes insbesondere in Thüringen wurde bereits seit dem Neolithikum begangen, was durch Grabhügel und Depotfunde unterstützt wird. Nach meiner Auffassung kommt den Altwegen des Fernhandels deshalb Bedeutung zum Burgenbau zu, weil m.A.n. der Burgenbau nur mit Hilfe der "Einnahmen" aus dem Fernhandel seit der Bronzezeit "finanziert" werden konnte. Im vogtländischen Raum gibt es 2 Burgen, welche im Einzugsbereich der oben genannten Fernlinie aber auch im Zusammenhang mit Bergbau auf Kupfer, Zinn und Eisen standen:
1. Der Eisenberg bei Jocketa/Talsperre Pöhl nahe am Zusammenfluss von Trieb und Weißer Elster
2. Die Wallanlage bei Großdraxdorf/Wünschendorf oberhalb der Weißen Elster
Sie stammen ursprünglich aus der Urnenfelderzeit und Hallstattzeit, wurden aber noch
trotz Niederbrennen der Wälle in der Laténezeit genutzt. Insbesondere wird der Eisenberg mit den 2 km entfernten keltischen Kriegergrab von Liebau in Verbindung gebracht. Auf der Burgstatt von Großdraxdorf wurde ein sogenannter Radstecker keltischer Herkunft gefunden.
Klimaumschwünge haben z.B. im Vogtland dazu geführt, dass der Ackerboden an Hanglagen abgespült und sich in der Weißen Elster zwischen Wünschendorf und Leipzig als "Auelehm" abgesetzt hat. Damit erlosch etwa bei -400 oder -500 die Besiedlung im Vogtland bis ins Mittelalter. Ich suche nun nach der Klimadatierung für diesen Vorgang. Dieser dürfte sich in ganz Mitteleuropa niedergeschlagen haben. Ich gehe davon aus, dass sich der laténezeitliche Burgenbau bzw. sein "Nichtstattfinden" mit diesem Datum in Verbindung bringen lässt.
 
Interessanter Gedanke, sofern ich ihn richtig verstanden habe: In der späten Bronze-/ frühen Eisenzeit nahm der Fernhandel massiv zu, so daß überall entlang der Fernhandelsrouten befestigte Plätze entstanden als zentrale Orte, an denen Handel getrieben wurde? Als sich dann das Klima verschlechterte, verlagerten sich teils die Siedlungskammern, teils war auch schlicht keine Überflußproduktion mehr da, mit der man Handel treiben konnte, so daß der Fernhandel insgesamt stark abnahm und die befestigten Plätze aufgegeben wurden?
 
Ernteausfälle waren existentiell. Der Übergang von Hallstatt- zu Laténezeit könnte den Klimaeinschnitt markieren, in dessen Folge die Höhenburgen verlassen wurden.
Bei einer geführten Exkursion 01/13 vom Römer/Keltenmuseum Manching erzählte der Archäologe vom Oppidum Manching, dass die Blütezeit dieses Oppidum bereits im Niedergang sich befand, bevor die anderen Oppida überhaupt entstanden. Wenn ich das richtig behalten haben sollte, markiert das diesen Einschnitt oder wir haben in Manching einen Datierungsfehler.
 
@brahmenauer Grundsätzlich zeigt die Entwicklung in den bisher untersuchten Oppida Süddeut-schlands einen "Vorsprung" von einigen Jahrzehnten - verglichen mit den (wenigen!) nördlich der Mainlinie gelegenen Anlagen.

Dieser wird oft zu schnell historisch erklärt. Aber er ist im archäologischen Material deutlich vorhanden.

In Hessen läuft die Entwicklung nach einigen Hinweisen (Fibelspektrum, Münztypen) auch in der Folge von Süd nach Nord in leichtem zeitlichem Versatz (so übernimmt der Dünsberg nach dem Niedergang des Heidetränk-Oppidums, etc.).
 
Ich tu' mir immer schwer, solche Kurven mit Abweichungen vom Normalwert zu interpretieren. Ich finde in diesen Grafiken ja nicht mal das berühmte "Römische Optimum"... Für Laien wie mich sind mundgerecht servierte Tabellen mit solchen Schlagworten wie Optimum und Pessimum leichter verdaulich, z.B. in der Auflistung holozäner Klimaschwankungen der TU Berlin. Danach gab es ein kurzes Optimum ganz zum Ende des zweiten vorchristlichen Jahrtausends, dann ein recht langes Pessimum, das "Homerische Minimum", ehe das besagte "Romische Optimum" wieder für freundlichere Bedingungen sorgte. Zum Beginn des "Homerischen Minimum" finden sich in diversen Quellen unterschiedliche Angaben zwischen 850 und 1000 BC.
 
"Ich finde in diesen Grafiken ja nicht mal das berühmte "römische Optimum"."
Das könnte jetzt aber zwei Gründe haben: Es könnte nämlich auch einfach - nicht da sein.

Für die interdisziplinäre Arbeit mit den Naturwissenschaften habe ich die Erfahrung gemacht, dass bisweilen jemand, der den Naturwissenschaftlern nur zuhört, um seine eigenen Annahmen bestätigt zu sehen, enttäuscht wird.
 
Für die interdisziplinäre Arbeit mit den Naturwissenschaften habe ich die Erfahrung gemacht, dass bisweilen jemand, der den Naturwissenschaftlern nur zuhört, um seine eigenen Annahmen bestätigt zu sehen, enttäuscht wird.
Kein Widerspruch im Grundsatz. Im konkreten Fall höre ich aber keineswegs nur zu, um eigene Annahmen bestätigt zu sehen. Vielmehr gibt es bei mir gar keine eigenen Annahmen, vielmehr höre ich schlicht an zwei verschiedenen Stellen zu und erfahre dabei Widersprüchliches, was mich erstmal ratlos zurückläßt :grübel:
 
Endlich mal etwas wirklich Neues. Und etwas, was bis vor kurzer Zeit kategorisch abgelehnt wurde.

Oder Usipeter und Tenkterer, die die Idee von oppida in das Gebiet der Sugambrer mitbrachten? Nach dem Krieg gegen Cäsar dürften sie ja ein gewisses Schutzbedürfnis empfunden haben.

Oder Nachahmen der Römer?
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die Aufgabe der befestigten Siedlung und die Gründung des Lagers Oberaden scheinen in Zusammenhang zu stehen.
 
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