Böse Zungen hätten auch behaupten können, dass er es schaffte, den Stand der russischen Armee um 30 Jahre zurückzuwerfen. Paul beseitigte die Armeeverordnungen von Potjomkin und ließ seinem Intimfreund Alexej Araktschejew völlig freie Hand, der sehr großen Wert auf Drill legte und ein drakonischer Exerziermeister war. Auf militärische Haltung wurde größter Wert gelegt. Die Soldaten mussten mit herausgestreckter Brust und eingezogenem Bauch marschieren mit regungslos herabhängendem rechten Arm und völlig ausgestrecktem linken Arm, um die Miuskete gerade zu halten. Die knie durften nicht gebeugt werden und der Fuß sollte mit den zehen zuerst auf den Boden knallen. das taktische Marschtempo wurde mit 75 Schritt pro Minute festgelegt. 1803 wurde ein Exerzierschrit mit 120 Schritt in der Minute fetsgelegt. (zit. Patrick Duffy, die Schlacht von Austerlitz S. 45.)
Nicht nur böse Zungen, auch Zeitgenossen. So ist von Marschall Suworow der Satz überliefert: "Der Zopf ist kein Bajonett, der Puder ist kein Pulver, und wir sind keine Preußen, sondern Russen!" [1] Bei Hoffmann wird noch ergänzt: " die Locke ist keine Kanone" [2]
Das von Paul eingeführte Exerzierreglement nannte Suworow ein "im Winkel einer alten Ruine gefundenes von Ratten angefressenes Pergament". [3]
Klar, dass der Marschall auf seine Güter verbannt wurde. Es sei noch erwähnt, dass er schon bald reaktiviert wurde, um gegen die Franzosen zu ziehen.
Ingesamt wurden 7 Feldmarschälle, über 300 Generale und über 2000 Stabsoffiziere aus dem Dienst entfernt, viele von ihnen in die Verbannung nach Sibirien, manche sogar zur Arbeit in Bergwerke geschickt.
Das ist schon erstaunlich. War das schon Wahnsinn oder nur Furcht vor einer Verschwörung.
Jedenfalls resümiert Fedor Golowkin: "Paul verbannte nicht die Schuldigsten - denn niemand wollte ja schuldig werden - sondern die Kühlsten, die am wenigsten Untertänigen ...
Nach drei Jahren fand sich in Petersburg nicht ein Mann, nicht ein eine Familie auf dem Platz, wo sie bei Katharinas II. Tod gestanden hatten." [4]
Aber, wir driften schon wieder ab. Das Thema des Thread ist ein anderer.
Dass die DDR natürlich auch nach Traditionen aus der Geschichte suchte, konnte und kann ich nachvollziehen. Dass sich die preußischen Reformer um Scharnhorst anboten, liegt auf der Hand.
Erstaunt war ich hingegen, dass Friedrich II. "entdeckt" wurde. Immerhin war ja Preußen durch die Alliierten nach dem WW 2 gesondert zu Grabe getragen worden.
Grüße
excideuil
[1]
Vallotton, Henry: „Alexander der Erste – Ein Zar gegen Napoleon“, Christian Wegner Verlag, Hamburg, 1967, Seite 40
[2] Hoffmann, Peter: „Alexander Suworow - Der unbesiegte Feldherr“, Militärverlag der DDR, 1986, Seite 143
[3] Hoffmann, a.a.O. Seite 145
[4] Vallotton, a.a.O. Seite 41