thanepower
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Die Frage ist doch, was wollte Österreich-Ungarn? Die Herren wollten unbedingt Krieg und deshalb wurde zu nächst ein Ultimatum mit der Absicht forumuliert, das es für Serbien unannehmbar sei. Am Ballhausplatz war man woll auch überrascht, wie weit das Entgegenkommen der serbischen Regierung reichte. Wilhelm II. war jedenfalls positiv überrascht und vertrat nunmehr die Auffassung, das kein Grund mehr für ein Krieg vorläge. In Wien und im deutschen AA sah man die Dinge allerdings anders und hielt an dem Willen zum Krieg fest. Aus diesem Grunde war es auch ohne Belang, das die serbische Regierung das Ultimatum fast vollständig erfüllt hat.
In Erweiterung der Argumentation von Turgot und Silesia noch folgende Anmerkungen.
Die Antwort von Serbien auf das Ultimatum von Ö-U war völlig egal für das weitere Vorgehen in der bis dahin abgestimmten Planung zwischen Ö-U und dem DR im Rahmen der Hoyos –Mission.
In der Folge des Attentats veränderte sich die Zielsetzung der Außenpolitik von Ö-U weg von einer diplomatischen Offensive zum Aufbau einer Ö-U-freundlichen Balkan-Allianz hin zu einer militärischen Lösung. Grundlage für die ursprünglich als diplomatische Offensive geplante Aktion war das Matscheko-Memorandum vom 24. 06. 1914, das einen Tag vor dem Attentat Berchtold vorgelegt wurde von Matscheko, einem engen Mitarbeiter des Außenministers, wie bei Otte [3, S. 56/57 & 74/75, bei Tunstall [4], bei Clark [5, S. 113ff & 400ff]oder bei Strachan [6, S. 70]dargestellt.
In der Folge des Attentats gab es in Wien sehr divergierende Positionen bei der Bewertung des Attentats. So macht Tisza am 01.07. 1914 gegenüber Franz Joseph zwei Punkte deutlich. „First of all we have no sufficent grounds for holding Serbia respeonsible and for provoking war with her.“ Und warnt: „ In the present Balkan situation my least concern would be finding a suitable casus belli.“ [1, S. 174].
Und diese eher vorsichtige Sicht gegenüber möglichen Kriegsoptionen vertritt Franz Joseph gegenüber Conrad noch am 1.7.1914, indem er zu diesem Zeit die Unterstützung durch das DR als nicht gegeben annimmt [1. Dok. 118, S. 189]
In dieser Periode bis zum 3.7. 1914 ist es aber auch vor allem der deutsche Botschafter Tschirksky in Wien, der eher mäßigend die bisherige mäßigende Position von Berlin respektive KW II widergibt. Allerdings dafür von KW II kritisiert wird und auf eine konfrontationsorientierte Sicht in der Folge einschwenkt und wiederum ab dem 29.07. den Stimmungswechsel in Berlin bei KW II und Bethmann nicht richtig einschätzen kann.
Mit der Hoyos-Mission, bei der neben dem handschriftlichen Brief von Franz Joseph an KW II eine deutlich bellizistischere Variante des Matscheko Memorandum übergeben wurde [1, Dokument 117, S. 185] wird die „Einkreisungsproblematik aus der Sicht von Ö-U beleuchtet und der günstige Zeitpunkt für ein entschiedenes Handeln der beiden Mächte betont, die gegenüber Frankreich und Russland als militärisch überlegen dargestellt werden.
In ähnlicher kriegerischer Sicht gegenüber Serbien formuliert das Berthold Molden Memorandum.
In der Sitzung vom 7.7.1914 des Ministerrats werden die entscheidenden Eckpunkte formuliert [1, Dok. 134, S. 210]. Und bei nicht vollständiger Erfüllung des Ultimatums kriegerische Aktionen beschlossen, die auf eine teilweise Annektion von Serbien abzielen. Dabei will man mit Rücksicht auf die Interessen von Russland auf eine komplette Zerschlagung von Serbien verzichten.
Vor diesem Hintergrund wurden die Forderungen des Ultimatums an Serbien vom 23. 07. 1914 so formuliert, dass sie für Serbien nicht erfüllbar waren [2, S. 15].
Obwohl die Forderungen des Ultimatums für sich bereits unerfüllbar waren, war es faktisch egal, was Serbien geantwortet hätte.
Als der österreichische Botschafter Giesl nach Belgrad nach dem 7.7.1914 auf seinen Posten zurückkehren wollte, wurde er von Berchtold folgendermaßen instruiert: „Wie immer die Serben auf das Ultimatum reagieren, Sie haben die diplomatischen Kontakte zu beenden und es muss zum Krieg kommen“. [2, S. 15]
1. A. Mombauer: The Origins oft he First World War. Diplomatic and Military Documents. 2013
2. F. Fellner: Austria-Hungary, in: K. Wilson: Decisions for War. 1995, S. 9-26
3. T. Otte: July Crisis. 2014
4. G. Tunstall: Austria-Hungary. In: R. Hamilton: TheOrigins of World War I
5. C. Clark: The Sleepwalkers.2013
6. H. Strachan: The First World War. Vol. I. To Arms. 2001
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