Keine germanischen Funde in Kalkriese und am Harzhorn

Danke schon mal für die Antworten :), so wird das ganze doch recht plausibel.
Wie ist denn die Fundlage bei germanischen Artefakten generell, also z.B. bei Siedlungen, aus dem 01. bis 03. Jhdt ? Gibt es da auch eher wenig bis nichts ?

Ist keine Seltenheit, dass sogar bei germanischen Siedlungen die Metallartefakte römischer Herkunft überwiegen. Selbst wenn man Münzen aus der Statistik herausnimmt.
 
Aus einem anderen Thread:
...
Was genau bedeutet es, wenn man am Harzhorn auch nur eine einzige germanische Speerspitze gefunden hat?

Die war wohl auch recht edel gestaltet, wenn ich mich recht entsinne. Könnte also durchaus sogar Eigentum eines Römers gewesen sein (Beute, Souvenir).
Was auch immer man daraus schließen mag ... :fs:
 
Ich bin schon einmal woanders darauf eingegangen. Aber was könnte denn so ein germanischer Krieger der Arminius-Koalition an Metall verloren haben?

(Vorbemerkung: Die Funde lassen eine systematische Plünderung des Schlachtfelds vermuten. Daher gehe ich von einer systematischen Suche aus. Ausschließen wird man eine solche sicher nicht können.)

An Kleidung trug man Hose, Schuhe, evt. auch an einem Stück. Darüber ein ärmelloser 'Kittel' oder einer mit Ärmeln. Oder beides. Dazu noch ein Mantel, nach den aufwendigen und bunt gefärbten Exemplaren aus Mooren vielleicht Statusobjekte. Der Kittel wurde von einem Gürtel, an dem auch die persönliche Ausstattung hing, gegürtet, während die Hose wohl eher von einer Schnur oder einem Lederriemen gehalten wurde.

Nach antiken Abbildungen und Schriftzeugnissen wird oft angenommen, dass man mit freiem Oberkörper in die Schlacht zog. Betrachten wir zunächst diesen einfachen Fall.

Was hatte der Krieger aus der Germania Magna dann an Metall bei sich?

In ca. 25% der Gräber wurden Schwerter gefunden. Keine römischen, sondern zwei barbarische Formen. Zunächst sogenannte Latène-Schwerter, die, so es beurteilt werden kann, aus Reitergräbern stammen. Diese waren den Kelten abgeschaut, zweischneidig und hatten zumeist eine Metallscheide. Ob diese an einem Schultergurt oder einem Gürtel hing ist unbekannt. Die Scheide der sogenannten Einschneidigen Schwerter war gewöhnlich aus Holz, wurden durch Metallklammern zusammengehalten und verfügten auch über ein Ortband aus Metall. Hier zeigt das zweite und dritte Bild solche Schwerter.

Nun sind Schwerter keine schlecht wiederzufindenden Kleinteile. Schon eine grobe Suche reicht um sie zu finden. Sollte eines tatsächlich in den Schlamm getreten sein, hat man ja immer noch den Hinweis, dass da ein Schwert in einer Scheide fehlt. Da lohnte sich sicher ein Stochern im Untergrund.

Weniger wahrscheinlich war es, dass ein Speer oder eine Lanze ganz in den Untergrund getreten wurde. Einfach schon, weil solche Waffen größer, insbesondere länger waren. Es war wohl keine mikroskopische Suche notwendig.

Schildbuckel konnten sicher samt Schild gut geborgen werden.

Helm und Rüstung wohl ebenso, so sie vorhanden waren, zumal gerade diese aus Römischer Produktion stammen, oder ihr nachgeahmt sein konnten.

Äxte sollen sehr selten gewesen sein. Damit ist es nicht verwunderlich, wenn sie nicht im Befund auftauchen. Bögen sollen bei den Germanen keine üblichen Kriegswaffen gewesen sein. So sie bei Kalkriese gebraucht wurden, wie ja vorgeschlagen wurde, sind römische Pfeilspitzenformen zu erwarten.

Ob die Messer, die in unterschiedlichen Größen gefunden wurden, auch im Kampf eingesetzt wurden, ist umstritten. Davon ausgehend, dass sie am Gürtel hingen, gehe ich hier davon aus, dass sie nicht mit in den Kampf genommen wurden.

Ob Sporen getragen wurden, wo man zu Fuß kämpfen wollte, kann ich nicht entscheiden. Römische und Germanische Sporen sollen sich jedenfalls unterschieden haben.

Kommen wir zu dem Fall, dass die Germanen mit voller Ausstattung in den Krieg zogen.

Pinzette, Pfriem, Feuerzeug, Wetzstein, Messer hingen am Gürtel.

Dieser war durchaus schon mit Riemenzungen, und Schnallen versehen.

Hinzu kommen Fibeln, falls die Mäntel nicht abgelegt wurden. Zu einem großen Teil waren es römische Fibeln, aber es gab auch abgeleitete germanische Formen.

Da ich nicht von einem magischen Verschwinden ausgehe, sehe ich das Fehlen dieser leicht zu verlierenden Kleinteile als Beleg für den Kampf mit freiem Oberkörper an.

Diese Überlegungen finde ich durch die Angabe bestätigt, dass es beim Harzhorn wohl nur einige Speerspitzen gibt, die als germanisch identifiziert wurden. Und dort haben die Germanen das Feld räumen müssen, während sie es bei Kalkriese behaupteten.

Als Zusammenfassung, in der auch weiterführende Literatur genannt ist, sei noch einmal Strassmeier, Gagelmann, Das Heer des Arminius - Germanische Krieger zu Beginn des 1. nachchristlichen Jahrhunderts, Berlin 2009 erwähnt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin schon einmal woanders darauf eingegangen. Aber was könnte denn so ein germanischer Krieger der Arminius-Koalition an Metall verloren haben?
(Vorbemerkung: Die Funde lassen eine systematische Plünderung des Schlachtfelds vermuten. Daher gehe ich von einer systematischen Suche aus. Ausschließen wird man eine solche sicher nicht können.)
An Kleidung trug man Hose, Schuhe, evt. auch an einem Stück. Darüber ein ärmelloser 'Kittel' oder einer mit Ärmeln. Oder beides. Dazu noch ein Mantel, nach den aufwendigen und bunt gefärbten Exemplaren aus Mooren vielleicht Statusobjekte. Der Kittel wurde von einem Gürtel, an dem auch die persönliche Ausstattung hing, gegürtet, während die Hose wohl eher von einer Schnur oder einem Lederriemen gehalten wurde.
Nach antiken Abbildungen und Schriftzeugnissen wird oft angenommen, dass man mit freiem Oberkörper in die Schlacht zog. Betrachten wir zunächst diesen einfachen Fall.
Was hatte der Krieger aus der Germania Magna dann an Metall bei sich?
In ca. 25% der Gräber wurden Schwerter gefunden. Keine römischen, sondern zwei barbarische Formen. Zunächst sogenannte Latène-Schwerter, die, so es beurteilt werden kann, aus Reitergräbern stammen. Diese waren den Kelten abgeschaut, zweischneidig und hatten zumeist eine Metallscheide. Ob diese an einem Schultergurt oder einem Gürtel hing ist unbekannt. Die Scheide der sogenannten Einschneidigen Schwerter war gewöhnlich aus Holz, wurden durch Metallklammern zusammengehalten und verfügten auch über ein Ortband aus Metall. Hier zeigt das zweite und dritte Bild solche Schwerter.
Nun sind Schwerter keine schlecht wiederzufindenden Kleinteile. Schon eine grobe Suche reicht um sie zu finden. Sollte eines tatsächlich in den Schlamm getreten sein, hat man ja immer noch den Hinweis, dass da ein Schwert in einer Scheide fehlt. Da lohnte sich sicher ein Stochern im Untergrund.
Weniger wahrscheinlich war es, dass ein Speer oder eine Lanze ganz in den Untergrund getreten wurde. Einfach schon, weil solche Waffen größer, insbesondere länger waren. Es war wohl keine mikroskopische Suche notwendig.
Schildbuckel konnten sicher samt Schild gut geborgen werden.
Helm und Rüstung wohl ebenso, so sie vorhanden waren, zumal gerade diese aus Römischer Produktion stammen, oder ihr nachgeahmt sein konnten.
Äxte sollen sehr selten gewesen sein. Damit ist es nicht verwunderlich, wenn sie nicht im Befund auftauchen. Bögen sollen bei den Germanen keine üblichen Kriegswaffen gewesen sein. So sie bei Kalkriese gebraucht wurden, wie ja vorgeschlagen wurde, sind römische Pfeilspitzenformen zu erwarten.
Ob die Messer, die in unterschiedlichen Größen gefunden wurden, auch im Kampf eingesetzt wurden, ist umstritten. Davon ausgehend, dass sie am Gürtel hingen, gehe ich hier davon aus, dass sie nicht mit in den Kampf genommen wurden.
Ob Sporen getragen wurden, wo man zu Fuß kämpfen wollte, kann ich nicht entscheiden. Römische und Germanische Sporen sollen sich jedenfalls unterschieden haben.
Kommen wir zu dem Fall, dass die Germanen mit voller Ausstattung in den Krieg zogen.
Pinzette, Pfriem, Feuerzeug, Wetzstein, Messer hingen am Gürtel.
Dieser war durchaus schon mit Riemenzungen, und Schnallen versehen
Hinzu kommen Fibeln, falls die Mäntel nicht abgelegt wurden. Zu einem großen Teil waren es römische Fibeln, aber es gab auch abgeleitete germanische Formen.
Da ich nicht von einem magischen Verschwinden ausgehe, sehe ich das Fehlen dieser leicht zu verlierenden Kleinteile als Beleg für den Kampf mit freiem Oberkörper an.
Diese Überlegungen finde ich durch die Angabe bestätigt, dass es beim Harzhorn wohl nur einige Speerspitzen gibt, die als germanisch identifiziert wurden. Und dort haben die Germanen das Feld räumen müssen, während sie es bei Kalkriese behaupteten.
Als Zusammenfassung, in der auch weiterführende Literatur genannt ist, sei noch einmal Strassmeier, Gagelmann, Das Heer des Arminius - Germanische Krieger zu Beginn des 1. nachchristlichen Jahrhunderts, Berlin 2009 erwähnt.

Nicht schlecht, aber nicht ganz durchgedacht. Komplette Ausrüstungsgegenstände, wie Schwerter, sind sicherlich nur noch im Sumpf oder Gewässer auffindbar. Aber in einer heftigen Schlacht werden Speerspitzen abgebrochen, Schilde zertrümmert, Schwerter zerbrochen oder aus ihnen Stücke herausgehackt, da der germanische Stahl nicht viel taugte. Diese Kleinteile verschwinden schnell im Matsch, und es wird auch nicht nach ihnen gesucht. Heute sind sie aber mit der Sonde sehr leicht zu finden und ebenso leicht als germanisch zu identifizieren, selbst als kleinstes Metallstück.
Übrigens mussten am Harzhorn die Germanen nur kurzzeitig das Feld räumen. Sie hatten später genug Zeit, um wiederzukommen.
 
Nur gibt es da die Macht des Faktischen, die für die Schlachtfelder ein anderes Bild zeichnet. Sprich: Es ist so, daher muss es erklärbar sein.

Also Möglichkeit A: Die germanische Ausrüstung war nicht so gut zu verlieren, weshalb es kaum Funde gibt. (Bei Kalkriese ist die Fläche immerhin so groß, dass immer noch etwas gefunden werden kann.)

Und Möglichkeit B: Die Germanen agierten mit Römischer Ausrüstung. (Ein Messer als Grabbeigabe reicht da nicht.)

Man kann nun beide Möglichkeit betrachten. Möglichkeit A habe ich in Post 23 ausgeführt, und festgestellt, dass es durchaus sein kann, dass nur die Waffen in Betracht kommen und der offensichtliche Fundmangel damit durchaus erklärt werden kann.

Möglichkeit B ist so eine Sache. Wie groß waren das Arminius-Aufgebot im Illyricum? Dies wollte ich als nächstes betrachten. Bekanntlich vermieden es die Römer, dass wesentlich mehr fremde als eigene Truppen eingesetzt wurden. Nehmen wir einstweilen an, dass es mehr als ein 'germanisches' Kontingent gab und setzen wir die Zahl irgendwo zwischen 5.000 und 10.000 Mann fest, was schon ein sehr großes Kontingent wäre.

Das brächte Möglichkeit C ins Spiel: Ein Teil war mit Waffen aus Römischer Provenienz ausgerüstet, ein anderer mit germanischen.

Nun gut, betrachten wir noch eine andere relevante Größe. Woher wissen wir von der 'germanischen' Ausrüstung? Hier stehen die Gräber an erster Stelle. Hinzu kommen einige Hinweise aus Schriftquellen, z.B. dass bei Idistaviso -mit heutigen Begriffen ausgedrückt- Framen, längere Stoßlanzen und Wurfspeere, die letzteren massenhaft und nur aus Holz angefertigt, benutzt wurden, wie Tacitus schreibt.

(Das Thema hölzerne Waffen lasse ich außen vor, da es mehrere Erklärungen zu diesen gibt und sie hier nicht relevant sind, da es ja um die durchaus aufgefundenen und beschriebenen Metallwaffen geht. Sprich: Wenn jemand behauptet, es sei nur oder überwiegend mit Holzwaffen gefochten worden, glaube ich das nicht.)

Nun können wir feststellen, dass römische Waffen in den Gräbern weitgehend fehlen. Wieso? Das welche erbeutet oder in römischen Diensten übergeben wurden, dürfte als sicher gelten. Hier haben wir mehrere Umgangsformen damit zu betrachten:

1. Für die germanischen Kampfesweise mögen römische Waffen ungeeignet gewesen sein und dementsprechend in germanische Waffen umgeschmiedet worden sein.

2. Tacitus berichtet von einer Schlacht zwischen Arminius und Marbod nach römischer Art. Eine gewisse Angleichung mag es schon während der Germanienfeldzüge gegeben haben. Jedenfalls wird man für römische Kampfesweise römische Waffen eher annehmen. Nach Tod des Arminius mögen dann diese Waffen wie bei Möglichkeit 1 umgeschmiedet worden sein. Gleichzeitig wird man annehmen wollen, dass nur ein Teil, ein Kern so ausgerüstet war. Statt Pila mag man auch Framen annehmen.

3. Römische Waffen gelangten nicht in großer Zahl auf die Friedhöfe, da es rituell nicht die richtigen Waffen waren. Aber man wird auch nicht erwarten, dass die heimischen Waffen nicht benutzt wurden.

Das alles führt mich eher zu dem Verdacht, dass Waffen sowohl römischer als auch germanischer Herkunft benutzt wurden. (Am Harzhorn gilt es natürlich um so eher.)

Wir haben somit Waffen, die zum Teil nicht von römischen zu unterscheiden, zum andere Teil nicht sehr verlustanfällig sind. Speerspitzen mögen abbrechen, doch sind sie dann entsprechend schwer zu identifizieren. (Man denke nur daran, wie schwer sich mitunter Archäologen tun, bei einer Grabung unerwartete Funde zwischen anderen zu erkennen.) Schwerter brechen wiederum nicht so leicht, insbesondere wenn die Speere die Hauptwaffe sind.

(Und Schildbuckel sind nun nicht gerade so klein, dass sie in den Matsch getreten werden, selbst wenn das Holz zertrümmert wurde.)

Um es noch einmal zu sagen: Wir wissen, dass Germanen eigene Waffenformen hatten. Wir wissen, dass sehr wenige bis keine auf Schlachtfeldern zu finden sind. Schon dies beweist, dass sie nur schwer verloren gingen. (Besonders wenn sich der Nebenmann erinnerte, wo die wertvolle Schwertklinge des gefallenen Siegmar liegen muss und sie wegen des Sieges zeitnah bergen kann.)

Wir wissen ja auch, dass es keineswegs einen unaufhaltsamen Strom römischer Waffen in das Barbaricum gab. Wenn, ausdrücklich wenn, ein Teil römische Waffen nutzte, desweiteren, wenn ein Teil der Waffen aus Holz bestand, negiert dies ja nicht die Benutzung germanischer Metallwaffen, sondern erhöht lediglich die Wahrscheinlichkeit, dass diese nicht zu finden sind.
 
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2. Tacitus berichtet von einer Schlacht zwischen Arminius und Marbod nach römischer Art. Eine gewisse Angleichung mag es schon während der Germanienfeldzüge gegeben haben. Jedenfalls wird man für römische Kampfesweise römische Waffen eher annehmen. Nach Tod des Arminius mögen dann diese Waffen wie bei Möglichkeit 1 umgeschmiedet worden sein. Gleichzeitig wird man annehmen wollen, dass nur ein Teil, ein Kern so ausgerüstet war. Statt Pila mag man auch Framen annehmen.
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Kann man annehmen, dass römische Waffen und Taktiken als das Nonplusultra galten ? Dass jeder, der es sich leisten konnte, sein Heer auf römischen Stand bringen wollte, wusste man doch um die Unbesiegbarkeit der Legionen in offener Feldschlacht ? Selbst germanische Schmiede könnten versucht haben, ihre Waffen wie römische aussehen zu lassen. Nur aus Lokalpatriotismus kauft man keine Waffen wie Verlierer sie benutzen.

Es werden Waffen gehandelt worden sein, die Legionsschmiede werden ihre Hilfstruppen vielleicht auch über den tatsächlichen Bedarf hinaus versorgt haben, gegen entsprechende Bezahlung. Es waren ja Verbündete, und wenn die wiederum ihre Kumpels mit versorgten konnte das die römische Position in Germanien nur stärken.
Alles in allem sehe ich wenige Gründe, warum die Germanen germanische Waffen hätten bevorzugen sollen.

Was die Holzwaffen angeht, besteht auch die Möglichkeit dass auf germanischer Seite eine breite Mobilisierung erfolgte welche auch Krieger einschloss, die vielleicht nur eine Keule und ein Messer zu hause hatten ?
Da wäre selbst eine hölzerne Lanze noch eine Kampfwertsteigerung gewesen, um gegen gerüstete Legionäre zu ziehen.
 
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Das ist anachronistisch gedacht. Zudem hätte sich sonst sicher auch der Grabbrauch geändert.

Würde diese Erklärung zutreffen, hätte man weiterhin 'römisch' gekämpft. Das war nur in der Folge nicht der Fall.

Ein Gladius ist ideal für den Kampf in der Phalanx. Dieser stellte aber die Ausnahme dar. Und zwar eine solche Ausnahme, dass Tacitus es erwähnenswert findet. Die entwickelten germanischen Formen sind wahrscheinlich für die germanische Kampfesweise besser geeignet gewesen.

Zum Schluss muss man bedenken, dass römische Bewaffnung im Gegensatz zu germanischer für Germanen nicht nachgewiesen ist. Wir vermuten es nur, weil es uns als praktisch erscheint. Aber auch das könnte schon eine zu weitgehende Vermutung sein, die zu sehr in unserer eigenen Zeit verankert ist.

Die Kelten lieferten bis zur Eroberung Galliens durch Caesar Barren in Schwertform, aus denen dann Waffen und Geräte hergestellt wurden. Dies mag auch einen religiösen Hintergrund haben. Ein Schwert wird geopfert, um ein besseres herzustellen. Neben Schwertern aus Meteoreisen werden in den -weit späteren- germanischen Sagen auch Schwerter erwähnt, die aus anderen Schwertern geschmiedet wurden. Dies muss nicht zusammenhängen, da es bekanntlich ein häufig vorkommendes Verhalten war, zu opfernde Gegenstände zu zerstören. Es soll hier nur zeigen, dass sich die Vorstellungen vergangener Zeiten oft von den heutigen sehr unterscheiden. Betrachtete man die Herstellung richtiger Schwerter als eine Art Magie oder religiöser Handlung, sieht es mit den bevorzugten Schwertern ganz anders aus. Und da, wie gesagt, im Totenbrauch germanische Waffen bevorzugt wurden, wir aber vom Vorhandensein römischer ausgehen, muss den heimischen Produkten, trotz der Eigenschaften, die sie in Deinen Augen deklassieren, ein besonderer Status zugekommen sein.

(Die Benutzung römischer Waffen und Taktik scheint mir auch eher ein durch bestimmte Anführer durchgesetzter Sonderfall zu sein. Arminius und Marbod werden ausdrücklich genannt und sind doch wohl hier die Hauptverdächtigen.)

EDIT: Für Holzwaffen sollten wir vielleicht einen eigenen Thread aufmachen. Sonst erhalten wir nur einen unübersichtlichen Megathread.

EDIT 2: Es entsprach ja gerade der Vorgehensweise der Römer, dass Hilfstruppen in nationaler Bewaffnung kämpften.

EDIT 3: Es ist auch kein Widerspruch, wenn ich die Tacitus-Erwähnung einer Germanen-Phalanx als Ausnahme darstelle und gleichzeitig einen gewissen Kern römisch ausgerüsteter Germanen annehme. Tacitus kann Nachrichten darüber absichtlich verschweigen. Überbewerten würde ich einen solchen 'Kern' aber nicht: Anlässlich der Schlacht bei Idistaviso berichtet Tacitus ja, wie sich die Germanen der jeweiligen Situation anpassten. Hier würde ich auch einen solchen 'Kern schwerer Infanterie' einordnen. Es darf aber, wie gesagt, nicht vergessen werden, dass ein solcher aus unserer Einbildungskraft hervorgeht, und somit nicht belegt, sondern nur vermutet ist. Aus einer solchen Vermutung dann weiterhin zu schließen, dass ganz zu römischer Bewaffnung übergegangen wurde, besteht nicht nur kein Grund, es ist sogar unzulässig. Bevor noch in die Richtung argumentiert wird.
 
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Es gibt übrigens auch germanische Schwerter, die sich in der Klingenform dem Gladius angenähert haben. (Latène-Schwerter Typ SIIb und eigentlich schon nach der betrachteten Zeit SIIc1) Dies zeigt deutlich die Art der Übernahme. Dabei blieb aber die ursprüngliche Variante SIIa die Leitform. Man war also auch nachweislich konservativ bezüglich der Schwerter.

Wie schon gesagt, die Nutzung römischer Waffen mag für uns nahe liegen und einfach erscheinen, sollte aber auch nicht überbewertet werden. Und sie ist bisher nicht belegt. Ich tendiere eher zu 'vielleicht' als zu 'wahrscheinlich'. Doch solche Einschätzungen sind ja bekanntlich sehr individuell.

(Ich habe hier die Schwerter hervorgehoben. Natürlich waren Schild und Speer weiter verbreitet und der Jüngling bekam diese als Zeichen der Mannbarkeit verliehen. Doch gehörten Schild, Speer und Schwert zur Morgengabe und alle 3 fungieren als Grabbeigabe. Die Verteilung mag sozial oder religiös begründet sein, das Schwert immer für einige dazugehören. Doch wollte ich hiermit nur auf die Auslassung hinweisen.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Dass die Germanen die römischen Schilde nach dem Kalkrieser Ereignis (unabhängig von dessen Zuordnung) nicht als Schilde weiterbenutzten, kann man anhand der Plünderungsspuren sehen. Man hat auf dem gesamten Grabungsareal bisher nur am Wall Spuren von den Schildrandbeschlägen gefunden (mit einer Ausnahme zu der ich auch gleich komme). Etwa 600 Fragmente des Schildrandblechs.
Nun ist die Frage, warum es zu dieser Fundverteilung kommt und man stellst fest, dass es einige Dinge auf dem Schlachtfeld gibt, die sich in bestimmten Bereichen häufiger finden als anderswo. Das spricht dafür, dass man das Beutegut gesammelt und nach Fundgruppen sortiert hat, wahrscheinlich, um es hinterher gerechter aufzuteilen. Jedenfalls hat man am Wall die Schildrandbleche als wertvollen Rohstoff abgezogen und zusammengefaltet und jeder von uns, der schon mal ein Blech gefaltet hat, weiß, dass es da mitunter zu Ermüdungserscheinungen kommt und das Blech bricht.

Man hat auch ein ganzes Schildrandblech gefunden, nicht am Wall, zusammengefaltet, das offenbar beim Abtransport unbemerkt verloren gegangen ist oder niemand hat die Notwendigkeit gesehen, sich deswegen noch mal zu bücken und es aufzuheben.
 
(in Klammern, weil off-topic und amüsant)
(Ich habe hier die Schwerter hervorgehoben. Natürlich waren Schild und Speer weiter verbreitet und der Jüngling bekam diese als Zeichen der Mannbarkeit verliehen. Doch gehörten Schild, Speer und Schwert zur Morgengabe und alle 3 fungieren als Grabbeigabe. Die Verteilung mag sozial oder religiös begründet sein, das Schwert immer für einige dazugehören. Doch wollte ich hiermit nur auf die Auslassung hinweisen.)
(eigentlich weiß man aus erster Hand nichts über die Initiationsrituale germanischer Jünglinge im sehr frühen 1. Jh.- wenn ich mich richtig erinnere, erwähnen lediglich eine kleine Handvoll römischer Autoren Sitten und Bräuche germanischer Gruppen, wobei schwer zu entscheiden ist, wo literarische topoi aufhören und wo Tacitus & Co. Vorarbeit für die heutige "empirische Kuturwissenschaft" (ehemals Volkskunde genannt) leisteten. Aber dass germanische Jünglinge partout eine Morgengabe erhielten, kommt mir doch sehr eigenartig vor ;) angesichts der überlieferten Bedeutung dieses Brauchs:
Die Morgengabe, plur. die -n, dasjenige Geschenk, welches der Ehemann den nächsten Morgen oder Tag nach der Vermählung seiner neuen Gattinn zu machen pflegt, und welches jetzt nur noch unter dem hohen Adel gebräuchlich ist, ehedem aber auch unter den Deutschen niedern Standes üblich war, und als eine Vergeltung für die dem Gatten zugebrachte Jungfrauschaft angesehen wird; obgleich auch Witwen solche bey ihrer zweyten Vermählung zu bekommen pflegen. Daher das Zeitwort bemorgengaben, mit der Morgengabe versehen. Das Wort ist so alt, als der Gebrauch selbst, der sich in den ältesten Zeiten Deutschlandes verlieret. Es lautet schon in dem Theilungsvertrage zwischen Guntram, Childebert und Brünnhild von 587 Morganegiba, in den alten Longobardischen Gesetzen Morgengap, Morgincap, im Angels. Morgengifa, im Schwed. Morgongåfva, im mittlern Lat. Morganegiba, Morgengaba, Morgangifa, Morganaticum, Murganate, Murgitatio u. s. f. Bey den Cataloniern heißt dieses Geschenk, dem Du Fresne zu Folge, Screix, im Valentia Griax, in Aragonien Haereditamentum maritorum, oder Firma dotis,in Castilien Arrha, bey den ältern Schweden Hindradagsgäf und Mundur. Die Morgengabe muß mit der Mitgabe oder dem Brautschatze, dem Witthum, der Widerlage u. a. m. nicht verwechselt werden.
zit. aus Wrterbuchnetz - Grammatisch-Kritisches Wrterbuch der Hochdeutschen Mundart mit anderen Worten, dass eventuell am Kalkrieser Schlachtfeld beteiligte germanische Krieger, sofern sienoch keine altgedienten Hasen waren, relativ kurz vor diesem Ereignis (siehe Unterstreichung im Zitat) noch im Brautkleid einhertrippelten.... da sind manche Kuriosa Caesars (wie man Elche fängt) sogar eher wahrscheinlich, als der oberwähnte Jüngling)
@Riothamus hat genug Humor, um mir diese Glosse zu verzeihen - die Vorlage war gar zu schön
 
In Sumpf erhält sich kein Eisen.
Zumindest die Rostspur wird aber bei einer Ausgrabung deutlich sichtbar. Aber dafür erhält es sich in Flüssen und Bächen oder Wasserlöchern um so besser.
Siehe Niederlande: "Nach der Schlacht wur*den die Lei*chen der Ge*tö*te*ten of*fen*bar im al*ten Fluss*bett der Meu*se zu*sam*men*ge*tra*gen. "In*ter*es*san*ter*wei*se wur*den da*bei ei*ni*ge Schwer*ter ab*sicht*lich ge*knickt", sagt Roy*mans. "Das könn*te dar*auf hin*deu*ten, dass die*se Um*la*ge*rung der Op*fer von be*stimm*ten Ri*tua*len be*glei*tet war."
Hier dürfte es sich um germanische Schwerter gehandelt haben, die rituell getötet wurden. Auch bei Speerspitzen war das manchmal üblich, angeblich, um sie in eine Urne stecken zu können. Aber oft unterblieb es. Der Grund ist nach wie vor unklar.
 
...:grübel:... (wie geht denn das??) ...:grübel:;)...
Du meinst vermutlich Funde von Waffenbeuteopfern: ein- bis mehrfach verbogene Klingen, die gleich bündelweise im oder am Moor versenkt wurden, was wohl ein Opferritual war. https://books.google.de/books?id=I1...X&redir_esc=y#v=onepage&q=waffenopfer&f=false
Nein, ich meine grundsätzlich die einer Bestattung beigegebenen Waffen, insbesondere Schwerter und Speerspitzen. Bei Urnengräbern oder Gräbern mit Ersatz-Urnen in Form von römischen Bronzekesseln sehe ich ja die rein technische Notwendigkeit des "Kleinmachens" ein. Aber das Zerknicken findet man auch in Körpergräbern. Wenn man damit nicht eine Wiederverwendung verhindern wollte, bleibt eigentlich nur die rituelle Zerstörung der Macht der Waffe.
Vielleicht sind diese unbekannten Glaubens- und Handlungsaspekte der Grund für das Verschwinden der römischen Schwerter. Aus solchen Schwertern ließen sich z.B. mit wenigen Hammerschlägen sehr gute Speerspitzen schmieden.
Dass, wie ElQ schreibt, die Germanen in Kalkriese von den römischen Schilden nur die Beschläge mitnahmen, hat sicher eine andere Ursache. Römische Schilde nach der Varusschlacht im freien Germanien zu benutzen, wäre ein Unding gewesen. Entfernt vergleichbar mit alliierten Soldaten, die mit deutschen Beute-Stahlhelmen herum laufen würden.
 
Aber das Zerknicken findet man auch in Körpergräbern. Wenn man damit nicht eine Wiederverwendung verhindern wollte, bleibt eigentlich nur die rituelle Zerstörung der Macht der Waffe.
Vielleicht sind diese unbekannten Glaubens- und Handlungsaspekte der Grund für das Verschwinden der römischen Schwerter.
Unbrauchbar gemachte Schwerter etc. als Grabbeigabe kannte ich noch nicht (nur als Waffenbeuteopfer waren mir zerknickte/gefaltete Waffen bekannt) - gibt es irgendwo was darüber zu lesen?
 
Wikipedia Harzhorn
Die Funddatenbank umfasst bisher rund 3100 Artefakte (Stand Sommer 2013), von denen vorbehaltlich weiterer Untersuchungen etwa 1700 relativ sicher aus dem fraglichen Zeitraum des 3. Jahrhunderts stammen und römischer Herkunft sind.
...
Die größte Fundgruppe besteht aus ca. 1400 römischen Schuhnägeln. Die zweitgrößte Fundgruppe mit 214 Fundstücken umfasst Reste bzw. Geschosse von Fernwaffen, wie Katapultbolzen, Pfeil-, Speer,- Lanzen- und Pilaspitzen.

Die Statistik spricht eine klare Sprache. Die häufigsten Fundstücke am Harzhorn sind Schuhnägel und Geschossspitzen. Schunägel gehen üblicherweise beim Gebrauch der Schuhe verloren, sind eher klein und kaum auffindbar. Abgeschossene Pfeile oder Bolzen sind auch nicht mehr auffindbar, wenn sie z.B. tief im Unterholz landen oder gleich den Boden penetrieren.

Germanen hatten üblicherweise keine mit genagelten Schuhe, keine Wurfmaschinen und nutzten im Krieg wahrscheinlich nicht mal Pfeil und Bogen (zumindest scheint das für die Römische Kaiserzeit zu gelten). Gerade die häufigsten Metallartefakte kommen für Germanen gar nicht infrage.
 
Hallo zusammen,

Ich möchte meinen Senf auch mal dazu geben.
Dass das Schlachtfeld in Kalkriese systematisch geplündert wurde, dürfte hier wohl kaum jemand infrage stellen.

Metalle jeglicher Art, aber insbesondere Eisen, waren gerade für die Bevölkerungsgruppe nördlich der Mittelgebirge eher seltene und daher sehr wertvolle Rohstoffe. Schon daher wird man alles an Metall, das zu finden war, zur Weiterverwertung eingesammelt haben ... also sowohl Metallgegenstände römischer als auch einheimischer Produktion. Unabhängig davon, wie die germanische Bewaffnung dort tatsächlich ausgesehen haben mag, wird daher kaum ein größerer Metallgegenstand liegengeblieben sein.

Was die „germanische“ Bewaffnung angeht, so gibt es hier einen guten Versuch einer Zusammenstellung fürs 1. Jh. n. Chr. Chasuari Rekonstruktion Waffen
(In der Darstellergruppe wirken auch studierte Archäologen u. Historiker mit, so dass hier eine relativ gute Recherche stattgefunden hat. (Einen der dortigen Archäologen habe ich übrigens mal persönlich kennengelernt und kann seine gute „Belegorientierung“ bestätigen.))
Was damit aber trotzdem völlig unklar bleibt ist, wie groß der Anteil der Germanen war, die tatsächlich nach diesem „Idealbild“ ausgerüstet waren. Besaß „Otto-Normal-Germane“ tatsächlich metallene Ausrüstungsgegenstände und Waffen oder erfassen wir mit den überlieferten Gräbern/Abbildungen dieser Ausstattung nur eine „Elite“ bzw. vielleicht noch ansatzweise eine „Mittelschicht“. (Natürlich werden heute „gute“ Ausstattungen eher rekonstruiert als ärmliche, einfache.)
Ich halte zumindest Schwerter für eine „Elitenausstattung“ und habe was eiserne Schildbuckel angeht, starke Zweifel, dass sie zum „normalen Standard“ gehörten. Die Schilde waren aus Holz, evt. mit Lederbespannung und anstatt eines eisernen Schildbuckel konnte auch eine hölzerne „Spindel“ als Schutz dienen. Inwieweit eiserne Speer-/Lanzenspitzen Standard war, kann ich nicht sicher beurteilen. Ich halte es aber für sehr gut denkbar, dass zur entsprechenden Zeit das Gros der wirklich „einfachen“ Männer nur selten an eiserne Waffen kam.

Rhiothamus hat schon dargelegt, mit wie wenig Metall man rechnen sollte, falls „die Germanen“ „nackt“ oder eben ohne volle Kleidung gekämpft haben.
Ich gebe da noch einen drauf.
Die durch Moorfunde und Abbildungen bekannten Mäntel wären im Kampf vor allem hinderlich gewesen. Wenn sie nicht auf dem Schlachtfeld getragen wurden, fehlen dort naturgemäß auch die Fibeln mit denen die Mäntel geschlossen wurden – soweit diese Funktion nicht auch durch Nadeln aus organischem Material (Holz oder Knochen) übernommen wurde.
Schuhe waren rein organisch.
Gürtel(sowohl für Beinkleider/Hosen als auch für Kittel) kommen problemlos auch ohne Metall aus. Gerade aus der Eisenzeit sind Moorfunde von brettchengewebten Gürteln aus Norddeutschland und Skandinavien bekannt. Brettchengewebe ist widerstandsfähig und kann, je nach Farb- und Mustergestaltung sehr „schmuckvoll“ wirken. Gegenstände der persönlichen Körperpflege, die mutmaßlich am Gürtel getragen werden konnten, konnten ebenfalls aus organischem Material sein (bei Kämmen ist das ziemlich regelmäßig so). Der einzige persönliche Gegenstand aus Metall, für den ich eine weitere Verbreitung für nicht ausgeschlossen halte, wäre ein Messer.

So, nun aber noch zu einem weiteren Einwand.
Woher glaubt man, die „germanische“ Bewaffnung zu kennen, wenn man mal von den wenigen schriftlichen Quellen und Abbildungen mit römischem Hintergrund absieht?
- Aus Gräbern! (die Mooropferfunde sind für uns zu spät)

Nun lernt aber schon jede_r Studierende der Archäologie im 1. Semester, dass Grabfunde quellenkritisch zu beurteilen sind, da eine ganze Reihe von (teilweise unbekannten) Filtern darüber entscheiden, was heute in Gräber gefunden wird und ob das gefundene tatsächlich richtig erkannt wird. Die Interpretation des Ganzen wird dann nochmal von bewussten und unbewussten Konzepten beeinflusst, so dass man sich einer ganzen Reihe von Unsicherheiten bewusst sein muss.
Z. B.
- Was kommt tatsächlich in die Gräber und in welchem Zustand?
Es ist immer eine bewusste Auswahl von Gegenständen, wobei unsicher ist, unter welchen Gesichtspunkten die Auswahl stattfand, ob sie einer Regel oder lediglich persönlichen Vorlieben unterlagen und ob sie tatsächlich zur Alltags- oder nur zur Grabkultur gehörten.
Z. B. War jeder „Waffenträger“ im realen Leben „Krieger“ oder wurde er nur im Grab als solcher gekennzeichnet? Bekam jeder „Krieger“ tatsächlich seine Waffen mit ins Grab oder war das aus irgendeinem Grund „unnötig“. (Gab es z. B. eine „Pars-pro-toto-Sitte“?)
Landeten die Beigaben mit auf einem Scheiterhaufen oder wurden sie unverbrannt beigegeben. (Verbrannte Beigaben können recht unansehlich und für jemand, der die unverbrannten Gegenstände nicht kennt, kaum zu erkennen sein.)

- Wie sind die Bodenverhältnisse?
- Wie war die spätere (landwirtschaftliche) Nutzung?
- Wie gut war die Ausgrabung?
- Usw.

Dazu kommt dann die Frage der Repräsentativität.
- Sind es Einzelfunde?
- Wurde ein Gräberfeld einer Siedlungsgemeinschaft ausgegraben? Wenn ja, wurden tatsächlich die gesamte Gemeinschaft erfasst? Wie sieht es mit „beigabenlosen“ bzw. „beigabenarmen“ Gräbern aus? Wurde eine anthropologische Untersuchung des gesamten Gräberfeldes durchgeführt?
- Gibt es weitere Gräberfelder der gleichen Zeit/Region?
Usw.

Erst wenn das alles beachtet wird, kann man überhaupt eine Einschätzung darüber gewinnen, wie man sich die „durchschnittliche“ Bewaffnung der germanischen Truppen, mit denen es Varus, Germanicus & Co. Anfang des 1. Jh. n. Chr. zu tun hatten, vorstellen kann.

Ich bin übrigens nicht überrascht, dass man in Kalkriese bisher keine eindeutigen „germanischen“ Waffen gefunden hat.

VG
Nemetona
 
(in Klammern, weil off-topic und amüsant)

(eigentlich weiß man aus erster Hand nichts über die Initiationsrituale germanischer Jünglinge im sehr frühen 1. Jh.- wenn ich mich richtig erinnere, erwähnen lediglich eine kleine Handvoll römischer Autoren Sitten und Bräuche germanischer Gruppen, wobei schwer zu entscheiden ist, wo literarische topoi aufhören und wo Tacitus & Co. Vorarbeit für die heutige "empirische Kuturwissenschaft" (ehemals Volkskunde genannt) leisteten. Aber dass germanische Jünglinge partout eine Morgengabe erhielten, kommt mir doch sehr eigenartig vor ;) angesichts der überlieferten Bedeutung dieses Brauchs:
zit. aus Wrterbuchnetz - Grammatisch-Kritisches Wrterbuch der Hochdeutschen Mundart mit anderen Worten, dass eventuell am Kalkrieser Schlachtfeld beteiligte germanische Krieger, sofern sienoch keine altgedienten Hasen waren, relativ kurz vor diesem Ereignis (siehe Unterstreichung im Zitat) noch im Brautkleid einhertrippelten.... da sind manche Kuriosa Caesars (wie man Elche fängt) sogar eher wahrscheinlich, als der oberwähnte Jüngling)
@Riothamus hat genug Humor, um mir diese Glosse zu verzeihen - die Vorlage war gar zu schön

[ :D an] Die Germanen waren erstaunlich modern. Hast du nie von der Schwulen Brigade der Sueben gehört? Es war eine Ehre zur Tenkterer-Tunten-Truppe zu gehören, während das Wort 'Tunte' heute eher abfällig gebraucht wird. [ :D aus]

Aber ich führte 3 unterschiedliche Bräuche auf.

Tacitus, Germania 18: "es sind das vielmehr Rinder, ein gezäumtes Pferd und ein Schild mit Frame und Schwert. Auf diese Geschenke hin willigt die Frau in die Ehe ein und schenkt nun ihrerseits dem Gatten ein Waffenstück." Tacitus nutzt das Wort dos, dotis, zu dt. Mitgift, Heiratsgut, Gabe. Doch ist die Fehlübersetzung mit Morgengabe recht bekannt und gerade im Bereich der Ausrüstung durchaus zitiert.

Germania 13 vergleicht er das Anlegen von Schild und Frame durch Fürst/princeps oder Vater auf dem Thing mit dem Anlegen der Mänertoga.

Und was schreibt der gute Tacitus zu Schlachtfeldern? Kapitel 6: "Die Leichen ihrer Gefährten bringen sie auch in Gefechten mit zweifelhaftem Ausgang zurück. Den Schild preisgegeben zu haben ist eine Schande ohnegleichen; wer so seinen guten Ruf verlor darf weder an Opferhandlungen teilnehmen noch das Thing besuchen, ..."
 
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Aber ich führte 3 unterschiedliche Bräuche auf.
Tacitus, Germania 18:
bzgl. [...] :D :D
aber auch die Textstelle Tac. Germ. 18 beschreibt nicht, dass der mannbar gewordene Jüngling eine "Morgengabe" erhält, sondern Rinder, Pferd, Schild/Frame/Schwert erhält - - richtig, die Braut.
(wobei zu fragen ist, ob alle Taciteischen Germanen wohlhabend genug für so ein kostspieliges Brauchtum waren...)
 
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