Römisch-Deutsche Herrscher

Ich erlaube mir, diesen älteren Thread wiederzubeleben. Das oben genannte Interregnum von 924 bis 962 bezeichnet die Zeit, als es zwischen Kaiser Berengar (gleichzeitig König von Italien) und dem Kaiser Otto I (gleichzeitig ostfränkischer König) keinen Kaiser gab. Welches waren die Gründe, den Kaisertitel nicht neu zu vergeben?

Vereinfacht zusammengefasst:
Nach der Teilung des Karolingerreiches war der Kaistertitel mit Mittelfranken verbunden. Mittelfranken zerfiel in der Folge in das Herzogtum Lothringen, welches an Ostfranken ging, in die Königreiche Hoch- und Niederburgund und das Königreich Italien. Der Kaisertitel blieb beim Königreich Italien. Nach Berengar von Ivrea war des Königreich Italien def. am Ende. Otto I, der kein Nachkomme der Karolinger war, musste Norditalien (das spätere Reichsitalien) erst in mehreren Feldzügen erobern, um Anspruch auf den Kaisertitel erheben zu können und diesen mit dem ehemaligen Ostfranken zu verbinden. Die Machtkämpfe zwischen Berengar II von Ivrea und Hugo I / Lothar II von Italien bot Otto im Übrigen einen hervorragenden Grund (Hilfegesuch) einzugreifen.
 
Es war nicht so, dass es keine Interessenten gegeben hätte, es ergab sich bloß einfach nicht.

Nach der Ermordung von Kaiser Berengar 924 war Hugo von Arles, der König von Niederburgund, der aussichtsreichste Prätendent. Er konnte sich in Italien gegen Rudolf, König von Italien und Hochburgund, durchsetzen und gewann auch die Unterstützung von Papst Johannes X., der sich von ihm Hilfe gegen den mächtigen römischen Adel erhoffte. Hugo wurde 926 zum König von Italien gekrönt, und die Kaiserkrönung erschien wohl nur noch als Frage der Zeit. Allerdings machte die mächtige römische Adlige Marozia einen Strich durch die Rechnung, indem sie den Sturz des Papstes, der schließlich im Kerker umkam, anzettelte.
In den Folgejahren hatte Marozia in Rom das Sagen; sie hielt sich die Päpste faktisch. Zu einer unerwarteten Wende kam es 932, als Hugo und Marozia heirateten. Da Papst Johannes XI. Marozias Sohn war und sie selbst wohl gerne nicht nur Königin, sondern auch Kaiserin geworden wäre, erschien Hugos Kaiserkrönung wohl wieder einmal als ausgemachte Sache. Hugo zog in Rom ein, wo geheiratet wurde. Er machte jetzt allerdings den Fehler, die römischen Großen und insbesondere Alberich, einen anderen Sohn Marozias, allzu herablassend zu behandeln. Der selbst überaus ehrgeizige Alberich zettelte einen Aufstand an: Hugo floh aus der Stadt, Marozia landete im Kerker, der Papst wurde unter Hausarrest gestellt.
932-954 regierte Alberich mit dem Titel "Princeps atque omnium Romanorum Senator" (Fürst und Senator aller Römer) ganz offiziell und formell als Fürst in Rom. Die nächsten Päpste wurden von ihm ernannt. Daran, einen auswärtigen Fürsten zum Kaiser zu krönen, war unter diesen Umständen nicht zu denken, da Alberich natürlich kein Interesse hatte, einen Herrn über sich zu haben. Alberich selbst war aber auch nicht ganz so abgehoben, dass er sich selbst zum Kaiser krönen lassen hätte, zumal, wie Armer Konrad schon angesprochen hatte, die italienische Königswürde irgendwie als Voraussetzung galt, und mit Hugo wollte er sich nicht aktiv anlegen. Hugo akzeptierte das Scheitern seiner Hoffnungen zwar nicht, konnte Rom aber nicht erobern. Kein Rom, keine Kaiserkrönung. 936 versöhnten sich Hugo und Alberich zwar vorübergehend formal, und Alberich heiratete Hugos Tochter, aber seinen Schwiegervater ließ er trotzdem nicht nach Rom. Außerdem suchte Alberich die Unterstützung des oströmischen Kaisers, der sich nach wie vor als den einzig legitimen Kaiser betrachtete, und schon deshalb war es nicht angebracht, im Westen einen neuen Kaiser zu krönen.
954 starb Alberich, ihm folgte sein Sohn Octavian, der aber bereits 955 sein weltliches Fürstenamt gegen das Papsttum (als Johannes XII.) tauschte. Da er sich nicht gegen Berengar II., den neuen König von Italien, behaupten konnte, rief er Otto I. zu Hilfe, der 962 zum Kaiser gekrönt wurde.

Ich hoffe, meine Ausführungen, die der Komplexität der Ereignisse nur unzureichend gerecht werden, haben die Gründe für das "Interregnum" deutlich gemacht.

Formell war die Kaiserwürde übrigens nicht an die Königswürde Italiens gekoppelt. Das zeigte sich beim Westfrankenkönig Karl dem Kahlen, der zuerst Kaiser (875) und dann erst König von Italien (876) wurde.
 
Es war nicht so, dass es keine Interessenten gegeben hätte, es ergab sich bloß einfach nicht.

Nach der Ermordung von Kaiser Berengar 924 war Hugo von Arles, der König von Niederburgund, der aussichtsreichste Prätendent. Er konnte sich in Italien gegen Rudolf, König von Italien und Hochburgund, durchsetzen und gewann auch die Unterstützung von Papst Johannes X., der sich von ihm Hilfe gegen den mächtigen römischen Adel erhoffte. Hugo wurde 926 zum König von Italien gekrönt, und die Kaiserkrönung erschien wohl nur noch als Frage der Zeit. Allerdings machte die mächtige römische Adlige Marozia einen Strich durch die Rechnung, indem sie den Sturz des Papstes, der schließlich im Kerker umkam, anzettelte.
In den Folgejahren hatte Marozia in Rom das Sagen; sie hielt sich die Päpste faktisch. Zu einer unerwarteten Wende kam es 932, als Hugo und Marozia heirateten. Da Papst Johannes XI. Marozias Sohn war und sie selbst wohl gerne nicht nur Königin, sondern auch Kaiserin geworden wäre, erschien Hugos Kaiserkrönung wohl wieder einmal als ausgemachte Sache. Hugo zog in Rom ein, wo geheiratet wurde. Er machte jetzt allerdings den Fehler, die römischen Großen und insbesondere Alberich, einen anderen Sohn Marozias, allzu herablassend zu behandeln. Der selbst überaus ehrgeizige Alberich zettelte einen Aufstand an: Hugo floh aus der Stadt, Marozia landete im Kerker, der Papst wurde unter Hausarrest gestellt.
932-954 regierte Alberich mit dem Titel "Princeps atque omnium Romanorum Senator" (Fürst und Senator aller Römer) ganz offiziell und formell als Fürst in Rom. Die nächsten Päpste wurden von ihm ernannt. Daran, einen auswärtigen Fürsten zum Kaiser zu krönen, war unter diesen Umständen nicht zu denken, da Alberich natürlich kein Interesse hatte, einen Herrn über sich zu haben. Alberich selbst war aber auch nicht ganz so abgehoben, dass er sich selbst zum Kaiser krönen lassen hätte, zumal, wie Armer Konrad schon angesprochen hatte, die italienische Königswürde irgendwie als Voraussetzung galt, und mit Hugo wollte er sich nicht aktiv anlegen. Hugo akzeptierte das Scheitern seiner Hoffnungen zwar nicht, konnte Rom aber nicht erobern. Kein Rom, keine Kaiserkrönung. 936 versöhnten sich Hugo und Alberich zwar vorübergehend formal, und Alberich heiratete Hugos Tochter, aber seinen Schwiegervater ließ er trotzdem nicht nach Rom. Außerdem suchte Alberich die Unterstützung des oströmischen Kaisers, der sich nach wie vor als den einzig legitimen Kaiser betrachtete, und schon deshalb war es nicht angebracht, im Westen einen neuen Kaiser zu krönen.
954 starb Alberich, ihm folgte sein Sohn Octavian, der aber bereits 955 sein weltliches Fürstenamt gegen das Papsttum (als Johannes XII.) tauschte. Da er sich nicht gegen Berengar II., den neuen König von Italien, behaupten konnte, rief er Otto I. zu Hilfe, der 962 zum Kaiser gekrönt wurde.

Ich hoffe, meine Ausführungen, die der Komplexität der Ereignisse nur unzureichend gerecht werden, haben die Gründe für das "Interregnum" deutlich gemacht.

Formell war die Kaiserwürde übrigens nicht an die Königswürde Italiens gekoppelt. Das zeigte sich beim Westfrankenkönig Karl dem Kahlen, der zuerst Kaiser (875) und dann erst König von Italien (876) wurde.

Bezüglich der Komplexität hast Du natürlich recht - ich habe deshalb auch "vereinfacht" geschrieben. Der Kaisertitel war aber schon mit Italien verbunden (auch wenn Karl der Kahle erst ein Jahr später König von Italien wurde) und zwar insofern, als der Kaisertitel mit der ehemaligen langobardischen Königswürde über Italien verbunden war - der Kaiser und sein Anspruch auf Italien legitimierte sich u.a. mit der Herrschaft über Italien resp. das ehem. Königreich der Langobarden. Und da das Königreich Italien ein Teil von Mittelfranken (welches nicht lange existierte) war, war auch der Kaisertitel bei der Teilung von Verdun mit Mittelfranken verbunden. Otto I gelang es schliesslich, die Ansprüche auf Italien (also auf das ehem. Königreich der Langobarden) mit Ostfranken zu verbinden, weshalb er auch als Gründer des HRR gilt (auch Frankreich hatte im ganzen Mittelalter den Anspruch des deutschen Königs auf die Kaiserkrone nie angezweifelt).

Um die Komplexität noch etwas zu vertiefen :O:
Der Sohn des von Dir erwähnten Hugo von Arles, Lothar von Italien, war mit Adelheid von Burgund, Tochter des Königs Rudolf II von Burgund, verheiratet. 950 wurde Lothar von Italien vergiftet. Seine Witwe, Adelheid von Burgund, weigerte sich, Adalbert von Ivrea, den Sohn des erwähnten Berengar II von Ivrea zu heiraten, weshalb Berengars Herrschaft über Italien und damit erst recht sein Kaisertitel höchst umstritten waren. Berengar II setzte Adelheid gefangen, um die Heirat durchzusetzen - Adelheid konnte aber fliehen und rief Otto I zu Hilfe. Otto besiegte Berengar II und heiratete Adelheid.

Durch diese Ehe mit Adelheid von Burgund, der Witwe von Lothar von Italien (Sohn von Hugo von Arles), legitimierte sich Otto I für den Königstitel von Italien und damit eben auch als Kaiser, auch wenn er sich dafür noch beim Papsttum durchsetzen musste. Die Verbindung des Königreichs Italien mit dem Königreich Ostranken war Grundlage und Voraussetzung für das Kaiserreich resp. für das HRR.
 
Noch einige ergänzende Griffe ins pralle Leben

Sergius, Marozia, Johann XI.
In den Folgejahren hatte Marozia in Rom das Sagen. ... landete [später] im Kerker.
Marozia führte "das Regiment der sogenannten Pornokratie" [1]. Sie war die Mätresse von Papst Sergius III. – "eine(r) grausame(n) Erscheinung, Mörder seiner beiden Vorgänger". Aus dieser Verbindung ging ein Sohn hervor, den sie 932 zum Papst machte. Dieser Johann, etwa 20 Jahre alt, revanchierte sich, indem er im gleichen Jahr die dritte Trauung seiner Mutter vornahm, diesmal mit ihrem Schwager.

Marozias Aufenthalt im Kerker war nicht lang: Sie wurde, ebenso wie Sohn Johann, vermutlich im Jahre 935 ermordet.

Otto und Adelheid

Durch diese Ehe mit Adelheid von Burgund ... legitimierte sich Otto I für den Königstitel von Italien ...
Manche Historiker stellen es umgekehrt dar: erst Eroberung, dann Heirat. Otto übernahm ohne Wahl beziehungsweise Krönung den Titel eines Königs der Langobarden [2]. König von Italien blieb, als sein Lehnsmann, Berengar II. Als "Siegertyp" warb Otto dann um Witwe Adelheid und wurde erhört. Nachdem aber weiterhin Zweifel an der Legitimität der Eroberung laut wurden, wurde später der Wert der Heirat immer stärker als Anspruchsgrundlage herausgehoben.

Johann XII.

war der Sohn von Alberich, also der Enkel von Marozia. Er machte "die Liebe zum Mittelpunkt seines Pontifikats", will sagen: Er begattete seine eigenen Schwestern, vergewaltigte fromme Rompilgerinnen usw. Er war "eine der erbärmlichsten und niederträchtigsten Figuren, die je den Heiligen Stuhl entweiht haben. Unter seinem Regiment wurde der Lateran zum Bordell, wie die Historiker aller Richtungen zugeben". [3]

Als Kriegsherr hatte Johann freilich keine Fortune, und so kam es, dass Berengar II. 959 den Kirchenstaat plündern konnte. Sozusagen der blanken Not gehorchend, rief der Papst nun Otto um Hilfe an.

Eine "Männerfreundschaft"

Otto erkannte seine Chance, zog zum zweitenmal nach Italien, setzte Berengar (den vorerst letzten italienischen "Nationalkönig") ab und ging nach Rom. Johann, das von vielen so genannte "Monstrum" auf dem Stuhl Petri, krönte das Königspaar. Otto bedankte sich mit dem "Privilegium Ottonianum" vom 13.2.962, das dem Heiligen Stuhl große Gebiete Italiens zusicherte (darunter auch solche, die derzeit von den Byzantinern oder Sarazenen besetzt waren),

Ein Jahr darauf, während Otto in Norditalien Krieg führte, brach der Papst seinen Treueeid und ging zu Ottos Feinden über. Er konspirierte mit halb Europa, auch mit Byzanz, auch mit den Ungarn. Also wandte sich Otto abermals gen Rom und vertrieb den Papst. Darüber hinaus berief er ein Konzil ein, das ein imposantes Sündenregister gegen Johann zusammenstellte, ihn am 4.12.963 für abgesetzt erklärte und einen neuen Papst wählte, den "würdigen" Leo VIII.

Kaum hatte sich Otto wieder von Rom abgewandt, stürzte der kecke Johann seinerseits den Leo. Vom Kaiser erneut angegriffen, nahm er ein ebenso skurriles wie logisches Ende: Er starb am 14.5.964 "nach einem Ehebruch, wobei ihn vermutlich der betrogene Ehemann so zugerichtet hatte, daß er nur noch acht Tage lebte. [4]

Erkenntnis

Mit Kaiserkronen verhält es sich bisweilen wie mit Geld: Non olet. Ob ein "Monstrum" die Krönung vorgenmmen hat oder nicht, interessiert hinterher niemanden mehr. Da lob ich mir doch den guten Friedrich Wilhelm IV., der 900 Jahre später kundtat: "Jeder deutsche Edelmann ... ist hundertmal zu gut dazu, um solch ein Diadem aus Dreck und Letten der Revolution, des Treubruchs und des Hochverrats geschmiedet, anzunehmen."


[1] Hans Kühner: Lexikon der Päpste. Frankfurt 1960, S. 50
[2] Josef Fleckenstein: Grundlagen und Beginn der deutschen Geschichte. Göttingen 1974, S. 170; wohl auch Hans K. Schulze: Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Berin 1994, S. 188
[3][4] Kühner, S. 52 f., 53
 
Einige Ergänzungen:

Marozias Sterbedatum ist unbekannt, ebenso ist nicht gesichert, dass sie ermordet wurde. Selbst ihr Ende im Kerker ist nicht eindeutig belegt, sie könnte auch in einem Kloster gestorben sein. Inwieweit bei ihrer Darstellung Propaganda eine Rolle gespielt hat, lässt sich wohl nicht mehr mit Sicherheit klären, Fakt ist jedenfalls, dass das, was über sie überliefert ist, aus dem gegnerischen Lager stammt.

Bei Papst Johannes XII. scheint die Lage ähnlich zu sein.

Und es wäre sicher auch einmal interessant, die Geschichte um Otto und Adelheid aus der Sicht des "bösen" Berengar II. zu hören.;)
 
Name des Heiligen Römischen Reiches

Üblicherweise wird der Beginn des Heiligen Römischen Reiches (oder Sacrum Imperium Romanum bzw. Sacrum Romanum Imperium) mit der Kaiserkrönung Ottos I in Rom im Jahre 962 angesetzt. Allerdings wird die Bezeichnung Heiliges Römisches Reich erst später verwendet:

Der Name Sacrum Imperium ist für 1157 und der Titel Sacrum Romanum Imperium für 1254 erstmals urkundlich belegt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Heiliges_Römisches_Reich

und

Das Gebiet des Ostfrankenreichs wurde erstmals im 11. Jahrhundert in den Quellen als Regnum Teutonicum oder Regnum Teutonicorum (Königreich der Deutschen) bezeichnet; es handelte sich aber nicht um den offiziellen Reichstitel.[3]

Wie war denn der offizielle Reichstitel des Heiligen Römischen Reiches zwischen der Krönung Ottos I und dem 11. Jahrhundert? Ich vermute, dass es immer noch Regnum Francorum Orientalium oder Francia Orientalis hieß, aber konnte auf die Schnelle keinen Beleg dafür finden.

EDIT:

hier habe ich (ohne Quellenangabe) noch etwas gefunden:

https://books.google.de/books?id=V9...nepage&q=Regnum Francorum orientalium&f=false


Danach war die Bezeichnung Regnum Francorum Orientalium bis ins 10. Jhdt. in Verwendung, danach vereinzelt Regnum Teutonicum. Allerdings steht zum offiziellen Reichstitel nichts dabei.
 
Zuletzt bearbeitet:
Allerdings wird die Bezeichnung Heiliges Römisches Reich erst später verwendet:...
«Heiliges Römisches Reich deutscher Nation» – schon dieser merkwürdige Titel (der vollständig erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts auftauchte und auch nie der einzig gebräuchliche, geschweige denn ein offizieller Titel war) verweist auf die Verbindung mittelalterlicher und neuzeitlicher Elemente. [1]
Der Grund, warum es "nie ... ein offizieller Titel" war, hat sicher auch damit zu tun, dass der heutige Staatsbegriff nicht auf die damaligen Verhältnisse passt. (Worauf in Dutzenden von Threads fürsorglich hingewiesen wird.)

Wie war denn der offizielle Reichstitel des Heiligen Römischen Reiches zwischen der Krönung Ottos I und dem 11. Jahrhundert? Ich vermute, dass es immer noch Regnum Francorum Orientalium oder Francia Orientalis hieß, aber konnte auf die Schnelle keinen Beleg dafür finden.
Da ist zunächst der Begriff «Reich», Imperium, der eine übergeordnete Herrschaftsgewalt bezeichnet, eben die des Kaisers. Im Mittelalter war das Wort auch als Synonym für den Kaiser selbst gebräuchlich.
Zwischen Kaiserreich (imperium) und Königreich (regnum) sollte zweckmäßigerweise unterschieden werden.

Als "offizieller Reichstitel" kommt wohl nur das infrage, was auf autorisierte kaiserliche Münzen geprägt oder von Kaiser oder seiner Kanzlei im Schriftverkehr verwendet wurde – und das dürfte längere Zeit auch nicht einheitlich gewesen sein, sondern könnte von Kaiser zu Kaiser gewechselt haben. Wie siehst Du das?

Das gleiche Problem stellt sich noch stärker bei der Begriffsverwendung durch Dritte: Manche Päpste z.B. haben aus politischen Gründen den Begriff imperium bewusst vermieden. Für Gregor VII. war sein Gegner Heinrich IV. deshalb zeitweise nicht mehr als ein rex Teutonicorum. [2]


[1] Barbara Stollberg-Rilinger: Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation (2006), S. 10; das folgende Zitat ebd.
[2] Elisabeth Fehrenbach: Reich, in: Geschichtliche Grundbegriffe, Band 5 (1984), S. 423-508, hier S. 439
 
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