Zitat über Weimarer Republik

Gregor24

Neues Mitglied
Hallo,
ich möchte gerne in einer Präsentation dieses Zitat zitieren, was ja sehr oft in verschiedenen Quellen benutzt wird um die politische Situation in der WR zu beschreiben.
Kann man es speziell einer Person zuordnen?
"Eine Demokratie ohne Demokraten"

Vielen Dank schon einmal!
 
ich möchte gerne in einer Präsentation dieses Zitat zitieren, was ja sehr oft in verschiedenen Quellen benutzt wird um die politische Situation in der WR zu beschreiben.

Entsprechend Deinen bisherigen “Sichten“ auf die WR, scheinen sie einseitig zu sein.

Es gab durchaus in beachtlichem Umfang Demokraten, aber es gab natürlich auch Monarchisten und radikale Deutschnationale mit undemokratischer Einstellung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist allerdings schon das Bild, was man Schulbüchern zum Thema WR entnehmen kann, da diese die WR sehr stark auf ihr Scheitern hin fokussieren. Häufig illustriert mit der bekannten Karikatur von Th. Th. Heine Sie tragen die Buchstaben der Firma, aber wer trägt den Geist?
 
Hindenburg wäre eine gute Person für das Zitat. Er war definitiv kein Demokrat, aber dennoch lange Zeit für die WR.

Es gab allerdings in der WR auch viele, die demokratisch gesinnt waren. Das "Problem" war nur, dass sie gleichzeitig traditionell monarchistisch waren und mit der republikanischen Verfassung wenig anfangen konnten.
 
Kann man es speziell einer Person zuordnen?
Zuordnen im Sinne von Quelle? Dann wäre das Ernst Troeltsch, denke ich, allerdings von ihm im gegenteiligen Sinne gemeint als später meist verwendet und im optimistischen Ausblick auf die gerade entstehende, nicht im Rückblick auf die untergegangene Weimarer Republik. Der schrieb nämlich schon 1919:
Auch die Rede kann nichts bedeuten, die man so oft hören kann: wir seien nun mal ein autoritativ gewöhntes, zur Selbstregierung nicht befähigtes oder nicht gewilltes Volk, eine Demokratie ohne Demokraten, eine Republik ohne Republikaner, und die psychologischen Voraussetzungen wahrer und erfolgreicher Demokratie fehlten uns vollständig.
 
Ich glaube, der genaue Wortlaut (nicht der Sinngehalt) ist neueren Datums und stammt vom Historiker Hendrik Thoss - und der hat ihn ursprünglich als Frage für den Titel einer Abhandlung formuliert. Gewissermassen als Weiterführung von "Republik ohne Republikaner".

https://de.wikipedia.org/wiki/Hendrik_Tho%C3%9F

Ist aber eher eine Vermutung von mir (ich wage mich da wieder aus dem Mittelalter hinaus).
 
Zuletzt bearbeitet:
"Eine Demokratie ohne Demokraten"

Da aus einem anderen Thread auf dieses Thema verwiesen wurde, noch einmal ein paar kritische Anmerkungen zur obigen These.

1. Bei Alfirin findet sich der Versuch, dieses Zitat zu kontextualisieren. Es wäre zu fragen, wer diesen "Allsatz" als Hypothese formuliert hat. Und es wäre nach dem subjektiven Interesse der Quelle zu fragen, um den Grad der Verzerrung der Aussage in Bezug auf die realen Verhältnisse zu bestimmen.

2. Dass dieser obige "Allsatz" - im Sinne einer kritisch rationalistischen Erkenntnistheorie - schnell zu "falsifizieren" wäre durch ein einziges Gegenbeispiel, sei zusätzlich erwähnt.

Und somit kann er erkenntnistheoretisch und auch inhaltlich als nicht brauchbarer Versuch einer differenzierten Beschreibung ad Acta gelegt wer

3. Es ist für obige These, also das "Explanandum" bisher auch kein halbwegs brauchbares "Explanans" angeführt worden, um sie als zutreffende Beschreibung akzeptabel zu machen.

Zudem: Obige These soll ja - dann als Explanandum - auch in einem deterministischen Geschichtsverständis eine kausale Erklärung für das Scheitern der Weimarer Republik anbieten und übersieht, dass es die radikalen politischen Parteien von Rechts waren, die die links-liberalen Demokraten erst einmal politisch bekämpfen und neutralisieren mußten, bevor sie erfolgreich waren.

Erst wurden diese Demokraten bekämpft und dann als erstes in die KZ eingewiesen, obwohl es sie laut obiger These eigentlich gar nicht gegeben hatte.

4. Vor diesem Hintergrund gehört obige These in den Bereich der Mythen- und Legendenbildung und kann in dieser undifferenzierten Form kaum als eine - wenn auch verkürzte Formel - zur Beschreibung der Situation der politischen Kultur in der WR herangezogen werden.

Die isolierte Publikation derartiger Zitate, die aus dem Kontext gerissen worden sind, fördert die verzerrte Darstellung einer extrem komplexen historischen Situation, die für die Weimarer Republik kennzeichnend ist.

Und es wirkt für mich persönlich befremdend, wenn angesichts einer neu entflammten politisch motivierten Diskussion über "gute" und "schlechte" deutsche Traditionsbestände eine einseitige und negative Beurteilung - als Narrativ - der Weimarer Republik vorgenommen wird, wie bei Jarausch und Geyer problematisiert.

Die politische Kultur in der Weimarer Republik wies Defizite auf, die als Erbe aus dem Kaiserreich die Zivilgesellschaft der Weimarer Republik noch stark beeinträchtigt haben, aber es gab auch eine demokratische bzw. radikaldemokratische Tradition aus der Revolution von 1848, die ebenfalls im linksliberalen und im sozialdemokratischen Milieu in der Weimarer Republik vital war, so auch der Verweis bei Almond und Verba (S. 36-37)

Und die Ausführungen von Almond und Verba zu unterschiedlichen Formen von demokratischen bzw. undemokratischen Zivilgesellschaften sind dann auch der analytische Ausgangspunkt für eine methodisch angemessene Beurteilung obiger "steiler" These.

Almond, Gabriel A.; Verba, Sidney (1965): The Civic Culture. Political Attitudes and Democracy in Five Nations. An Analytic Study. Boston: Little, Brown.
Jarausch, Konrad Hugo; Geyer, Michael (2003): Shattered past. Reconstructing German histories. Princeton, N.J.: Princeton University Press.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben