England - Britannien

Das ist noch nicht alles.
- Schon die Behauptung, "Iktin" sei die korrekte Form, hängt völlig in der Luft. Da es sich um einen Akkusativ handelt, wäre die Form "Iktis" (mindestens) ebenso plausibel. Sollte "Iktis" korrekt sein, gäbe es überhaupt kein "tin" im Namen.
- Auch wenn "Iktin" korrekt wäre, ist nicht gesagt, ob sich dieses Wort in die Bestandteile Ik+Tin zerlegen lässt. Dass Die Lautfolge "tin" kommt ebenso in Göttingen oder Stettin vor. Ist sie deswegen schon bedeutungstragend?


Danke für die Ergänzung. Im übrigen wäre noch die Frage, ob denn "Ik" irgendeine Bedeutung im Phönizischen, Griechischen oder Keltischen hätte, die man mit Hafen übersetzen könnte.

alles Spekulatius....:yes:
 
Ohne Spekulation kein wissenschaftlicher Fortschritt.

Aber wenn man sich Vokabeln oder Bedeutungen ausdenkt, ... Es wird ja nicht zig Wörter für Zinn gegeben haben.

Vom Phönizische sind vergleichsweise wenig Zeugnisse erhalten. Diese werden meines Wissens zum großen Teil über das Hebräische interpretiert. Beides waren Dialekte des Kanaanäischen, zu dem auch das Ugaritische gehörte.

Wikipedia nennt auch 2 Wörterbücher. Da dürften die diversen Bedeutungsangaben überprüfbar sein.
 
Dafür suche ich mir wichtige literarische Persönlichkeiten von auf Halbinseln beheimateten Schrittmotoren. Das sollte Schriftkulturen heißen. :p

Mit Hebräisch hat's schon geklappt.
 
Cäsar (V, 5.): Die Legionen setzen nach Britannien von einem Hafen Itius über, eventuell das heutige Boulogne-sur-Mer, wahrscheinlicher aber nach neuesten Kenntnissen die Plätze der heutigen Häfen von Calais oder Dünkirchen. Wiki engl: "In fact the logical place to assemble 800 or so ships was in the large lagoon (where now there is farmland and a maze of drainage ditches) behind a coastal fringe of islands (where the modern ports of Calais and Dunkirk now sit) because in Caesar's day an estuary stretched all the way inland to the site of modern St Omer."
Seht Ihr zwischen den Namen (Itius-Iktis)einen Zusammenhang? Einde direkte Verbindung zum Zinnhandel sehe ich aus den Quellen nicht, da die Quellen von einer Route nach Massalia über die Seine (Mündung weiter südwestlich von Calais) sprechen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dafür suche ich mir wichtige literarische Persönlichkeiten von auf Halbinseln beheimateten Schrittmotoren. Das sollte Schriftkulturen heißen. :p
Beide Wörterbücher sind in lateinischer Umschrift gehalten. Also ist die Hürde da nicht so groß. Meines Wissens nach ist Zinn aber im Phönizischen nicht belegt. Überhaupt wird die Wörterbucharbeit da wahrscheinlich erfolglos bleiben; ist die phönizische Namensherkunft Britanniens doch nur eine belegfreie Spekulation. ;)
 
Zinn war ein so seltenes Produkt, daß man die Herkunft verschleierte und nur von irgendwelchen „Inseln wußte“:

Les îles Cassitérides, c'est-à-dire les « Îles de l'étain », (du mot grec Κασσίτερος/Kassiteros qui signifie étain), étaient, dans la géographie antique, le nom d'îles considérées comme étant situées quelque part près des côtes occidentales de l’Europe.

Die Kassiteriden (griechisch Κασσίτερος Kassiteros, lateinischCassiterides insulae) waren in der antiken Geografie eine sagenhafte Inselgruppe vor der britannischen Küste.
Eine alternative deutsche Bezeichnung ist Zinninseln, da sich dort angeblich Zinnminen befanden, die zuerst von den Phöniziern besucht worden seien. Als Haupthandelsplatz für den Zinnhandel wird eine Insel Iktis genannt, unter der man die Isle of Wight vermutet.


Cadix war wohl der nächste Umschlagplatz zu diesen ominösen „Inseln“:

Cadix est l'une des plus anciennes villes d'Europe, fondée sous le nom de Gadès en 1104 av. J.-C. par les Phéniciens, et ressemblait alors à Tyr. De 700 av. J.-C. à 600 av. J.-C. la ville était un riche marché où l'on trouvait de l'ambre et de l’étain.

Cádiz gehört zu den ältesten Städten Westeuropas. Der Legende nach wurde die Stadt durch Herakles gegründet; darauf beruft sich noch heute das Stadtwappen mit der Inschrift „Hercules Fundator Gadium Dominatorque“ (Herkules, Gründer und Herrscher von Cádiz). Geschichtlich gesehen wurde Cádiz (phöniz.: 'gdr (Gadir), d. h. „Festung“; griech.: Gadeira) von phönizischen Kauffahrern aus Tyros als Militärstützpunkt und Warenumschlagplatz gegründet.[4] Die phönizischen Kolonisten erkannten die günstige Lage der Insel (erst im 17. Jahrhundert wurde sie zu einer Halbinsel) an der Mündung des Guadalete, in der Nähe des an Silber reichen Tartessos sowie auf halbem Weg zu den „Zinninseln“ (Britannien).



Alors que la connaissance géographique de l'occident était encore lacunaire et que les secrets du commerce de l'étain étaient bien gardés, en particulier par les marins de Cadix qui en faisaient le commerce, les grecs anciens savaient seulement que l'étain leur parvenait par la mer de l'ouest lointain, et l'idée d'une île qui produisait de l'étain a naturellement surgi.
(Übersetzung): Da die geographischen Kenntnisse des Westens noch unvollständig waren und die Geheimnisse des Handels mit Zinn gehütet wurden, vor allem von den Seeleuten in Cadiz die den Zinnhandel betrieben, wussten die alten Griechen nur, dass Zinn sie von einem Meer aus dem fernen Westen erreichte, und die Vorstellung, einer Insel, die Zinn produzierte konnte so natürlich entstehen.
 
Cadix est l'une des plus anciennes villes d'Europe, fondée sous le nom de Gadès en 1104 av. J.-C. par les Phéniciens, et ressemblait alors à Tyr. De 700 av. J.-C. à 600 av. J.-C. la ville était un riche marché où l'on trouvait de l'ambre et de l’étain.

Das sich das so nach wie vor hält... Es sind römische Quellen, welche die Gründung von Gades auf achtzig Jahre nach dem trojanischen Krieg datieren. Archäologisch lässt sich das nicht halten. Mitte des 8. Jhdts. beginnen die archäologischen Fundschichten in Cádiz. Das passt auch ganz gut. so wurde das etwa auf halbem Weg zwischen Tyros und Cádiz liegende Karthago Ende des 9. Jhdts. (814) gegründet. Cádiz<Qâdîs<Gades<Gadir würde also das weitere Vordringen markieren (wobei es freilich nicht unmöglich ist, dass eine weiter entfernte Kolonie vor der näheren gegündet wurde).

Seht Ihr zwischen den Namen (Itius-Iktis)einen Zusammenhang?

Möglich. Das -k- hat durchaus eine phonetisch obstruktive Wirkung, ein Verschleifen (wie später bei lax, lactis, lactem > latte oder nox, noctis, noctem > notte)wäre nicht unwahrscheinlich. Das muss aber nichts heißen.
 
Wurde nicht auch Roms Gründung bevor die Sage ausgebaut und die Geschichte von Alba Longa eingefügt wurde, weil es zeitlich nicht passte, auf 80 Jahre nach dem Trojanischen Krieg datiert? Relativ zueinander passte es dann wieder.

Ein schönes Beispiel wie schön Sagen daneben liegen können. Und wie lange darauf zurückgegriffen wird.
 
Wenn es um Sagen geht, darfs auch auch mal etwas mehr sein. Herodot weiß von Tartessos (gleich um die Ecke) und gibt der Stadt gleich 6000 Jahre. Er weiß sogar von einem sagenhaften König Arganthonios der seinen Freunden, den von den Persern bedrohten Phokaiern, neue Mauern für ihre Heimatstadt Tartessos geschenkt hat.

Die Stadt war in der Antike für ihren sagenhaften Metallreichtum bekannt.
 
Seht Ihr zwischen den Namen (Itius-Iktis)einen Zusammenhang?
Um denselben Ort kann es sich aber nicht handeln. Diodor beschreibt Iktis als Insel knapp vor der Küste Britanniens, jedenfalls noch jenseits des Ärmelkanals. Der Hafen Itius hingegen lag Caesar zufolge eindeutig in Gallien.

Herodot weiß von Tartessos (gleich um die Ecke) und gibt der Stadt gleich 6000 Jahre.
Wo soll das stehen? Ich finde nur bei Strabon (III,1) die Angabe, die Turdetaner (die allerdings quasi die Erben von Tartessos gewesen sein sollen) hätten 6000 Jahre alte Gesetze in Versen.
 
Wo soll das stehen? Ich finde nur bei Strabon (III,1) die Angabe, die Turdetaner (die allerdings quasi die Erben von Tartessos gewesen sein sollen) hätten 6000 Jahre alte Gesetze in Versen.

Hier sah ich eine Verbindung:

https://fr.wikipedia.org/wiki/Tartessos

Les Tartessiens auraient eu une monarchie et des lois écrites sur des tables de bronze, depuis des temps immémoriaux puisqu'Hérodote parle de 6000 ans.


Kann aber sein, daß sich das Alter nur auf die Gesetze bezieht:

Tartessos bei Alles über Spanien

Anacreon erwähnt 530 v. Chr. den großen Reichtum und die komplexen politischen Strukturen des Königreichs, und Strabo schreibt: "Sie gelten als die gebildetsten der Iberer, sie verfügen über eine Schrift, sogar über historische Chroniken, Gedichte, und Gesetze in Versen von denen sie sagen daß sie sechstausend ..."
Heute wissen wir nicht, ob sich die Zahl 6000 auf das Alter des Codex oder seine Länge bezieht, ob es 6000 Verse oder Gesetze sind, weil das Original-Dokument stark beschädigt ist und das auf die Zahl folgende Wort unleserlich ist.


und hier:

https://books.google.de/books?id=nr...nepage&q=Tartessos Herodot 6000 Jahre&f=false

Strabo III. 139: die Turdetaner sind gebildet und haben Gesetze, die, wie sie selbst versichern mehr als 6000 Jahre alt sind.
 
Kleines Nebenprodukt beim Lesen, war eigentlich auf der Suche nach neueren Erkentnissen zur Besiedelung Irlands (Stilichos Frage im Kelten-Blog), da stieß ich auf folgende Theorie Wolfgang Meids zur Namensgebung Brittaniens (Meid, Die Kelten, Reclam 2007, Kap. Die Kelten auf den britischen Inseln, S.77/78) - ich zitiere ausführlich, damit ihr den Zusammenhang seht:
Diese Pikten, oder wie immer sie wirklich hießen (der Name Picti scheint von den Römern gegeben und sich auf die Sitte der Körperbemalung zu beziehen), dürften vor der Ankunft indogermanischen Einwanderer und im besonderen der in mehreren Schüben vom Kontinent kommenden Kelten das ganze oder einen großen Teil von Britannien und vielleicht auch Irland eingenommen haben, dann aber zurückgedrängt worden sein. In der Zeit, in der die altirischen Sagen spielen, gab es auch noch im Norden Irlands Pikten - so pflegt man den Volksnamen Cruithin bzw. adjektivisch Cruithnech zu übersetzen. Ob dies nun wirkliche oder oder schon keltisierte Pikten waren, ist unklar, denn der Name, wie auch der ursprungsmäßig verwandte Briten-Name, ist eine keltische Bildung, kann allenfalls im Sinne einer Übertragung die ursprünglichen Pikten bezeichnet haben (so etwa wie die Bezeichnung "fränkisch",français, die romanisierten Gallier vereinnahmte). Altirisch Cruithin hat seine Entsprechung in Prydyn, der kymrischen Bezeichnung für die Pikten im Norden, zugrunde liegt ein Wort für "Schönheit, schöne Gestalt", altirisch cruth, kymrisch pryd, und der Volksmname bedeutet daher "die Wohlgestalteten". Die lautliche variante ist die von q-keltisch und p-keltisch, die ursprünglichere, zur Zeit der Einwanderung gültige Lautform war daher noch *Kw ritenoi. Daraus entstand im britannischen Dialektbereich *Priteni bzw. die Variante *Pritani,von der dann auch der Name der Insel stammt, kymrisch ynys Prydein.
Die P-Formen erscheinen auch in früher giriechischer Überlieferung, Volksname Prettanoi und hai Prettanikai nesoi "die Britischen Inseln". Die Römer gebrauchten jedoch die nur Formen mit B-: Britanni, Britannia, und zwar vor noch vor ihrer Eroberung der Insel, die aber dann auch von den Einwohnern selbst akzetiert wurden; die spätere variante Brittones ist reflektiert in kymrisch Brython (heute nur in gelehrtem Gebrauch üblich).
Folgt man dieser selbständigen, autochthonen Namensgebung, dann kann eine Variante des Zinnnamens wie "pretan" (siehe oben bei Demandt) auch vom einheimischen Namen abgeleitet sein, vielleicht, wie der von Sepiola (post 30) zitierte Richard Coates schreibt, ist die Herkunftbezeichnung gleichzeitig ein Qualitätssiegel wie ferrum noricum :
I have only one reservation: namely that, even if *Pritan- (and more indirectly Britain) and πίθραν are related, it is impossible to be certain whether Britain bears a name meaning ‘tin [place]’ of PrSem origin, or whether the Coptic word means ‘British [metal]’ and is therefore a borrowing from some Insular language. Nonetheless it is clear that Broderick’s suggestion should not be casually dismissed.
 
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Das hört sich doch plausibel an. Selbst, wenn die Bezeichnung der Pikten problematisch wäre, wäre es wegen der Bedeutung von 'pryd' als Schönheit immer noch naheliegend.
 
Das hört sich doch plausibel an. Selbst, wenn die Bezeichnung der Pikten problematisch wäre, wäre es wegen der Bedeutung von 'pryd' als Schönheit immer noch naheliegend.

Wenn ein Volksname von der Bedeutung "Schönheit" abgeleitet wird, dann handelt es sich mit allergrößter Wahrscheinlichkeit um eine Eigenbezeichnung.
Wenn Iren und Waliser die Pikten als Cruithin oder Prydyn bezeichnet haben, dann dürften sie die Eigenbezeichnung der Pikten übernommen haben. Die Pikten selber waren dann jedenfalls auch Kelten.

Aufgrund der Untersuchung von Ortsnamen, Personennamen und Inschriften kommt Katherine Forsyth (1997) zum Ergebnis, dass in 'Pictland' nur eine Sprache gesprochen wurde, und diese zu den britannischen (p-keltischen) Sprachen zu stellen ist:
http://eprints.gla.ac.uk/2081/1/languagepictland.pdf

Pytheas von Marseille, der den Briten-Namen wohl erstmals überliefert hat, muss den Namen aus p-keltischem Mund erfahren haben.
Also wurde höchstwahrscheinlich im 4. Jh. auf den britischen Inseln p-keltisch gesprochen:

The earliest evidence for the presence of a Celtic language in either Britain or Ireland in the second half of the first millennium B.C. is the mention by Pytheas of Massilia of Britain as the πρετανική νηΣσος ‘the British island’ about 325 B.C. This name alone shows that, at that time, not only was the language of Britain Celtic but that it had already undergone the phonetic change of kw > p, an alteration which it shared with the Celtic languages of continental Europe outside of Spain and some traces in Gaul.
"What Language was Spoken in Ireland before Irish?" (2007)
Gearóid Mac Eoin meint sogar sehr konkret, dass in Irland schon vor dem 4. Jh. v. Chr. die keltische Vorgängersprache des späteren Irisch gesprochen wurde.
 
Und was widerspricht da der Aussage, dass es nachvollziehbar bliebe, wenn das Ethnonym problematisch wäre?
 
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