Haben Moses und Ramses II. zeitgleich gelebt?

In einer wenige Jahre alten Bild der Wissenschaft wurde das AT ein wenig auf Fakten abgeklopft; und nach diesem Artikel ist es so, dass bis heute wohl nichtmal jüdische Religion oder Kultur im alten Ägypten nachgewiesen werden konnte, geschweige denn ein Exodus.
Bezieht man weiter mit ein, dass weite Teile aus anderen Werken zusammengeklaubt wurden (Stichwort Gilgamesch) und ansonsten soweit eine Art "Siegerpropaganda" darstellen (typisch hierfür: die Vernichtung anderer Städte und Länder wird mit Gottes Hilfe beschrieben) muss man die gesamte Story rund um Moses nicht nur in Frage stellen, sondern sollte es geschichtswissenschaftlich einfach ignorieren bis durch dritte Quellen, Arbeiten oder Funde überhaupt erstmal eine Motivation gegeben ist, dem doch mal nachzugehen.

Gruß Alex
 
Du argumentierst wie folgt: Zur Zeit Cäsars gab es keine Christen in Rom. Die Entstehung des Christentums in der Antike ist daher mehr als fraglich.

Die jüdische Religion entstand erst nach dem Exodus. Die Aufnahme von Nomaden in Ägypten ist eine altbekannte Tatsache. Mitunter wurden sie wieder vertrieben. Solche Vorgänge werden in der Sage gern in einen Sieg umgedeutet. Es gibt sogar eine Quelle, die erwähnt, dass ein Teil der Nomaden einen Gott Jahu verehrte. Natürlich ist heftigst umstritten, ob es sich dabei um Jahwe handelt. Teils wird bei der Zuordnung von Laut und Zeichen direkt gelogen. Alternativ wäre die Lesung beliebig. Ich fürchte ich werde nie genügend Zeit haben, herauszufinden, was stimmt.

Woher weißt Du, das Gilgamesch nicht zu den Vorläufern der israelitische Religion gehört?
 
Weil das Gilgamesch-Epos min. 600 Jahre vor den Anfängen des Judentums liegt.

Klar, die Frage ist "Was ist Judentum" hinsichtlich der Veränderungen in Religion und Kultur die alle Völker durchmachten und durchmachen.
Der Punkt ist dass eben auch deses Argument sagt: ja, jüdische Kultur die man als solche bezeichnen kann ist im alten Ägypten nicht nachweisbar.
Es gibt daher zwei Möglichkeiten:
Entweder hat sich diese Geschichte im Sagengut einer Nomadengruppe gehalten und wurde dann im Judentum importiert, hätte also zumindest einen wahren Kern. Es würde erklären wieso die Ägypter nie so etwas erwähnten - für die waren die paar Nomaden unwichtig, für die Nomaden stellte es aber ihre ureigenste Herkunftsgeschichte dar.
Oder die Geschichte wurde, angelehnt aus Geschichten anderer Kulturen, weitgehend erfunden. Vergleichbar mit Verschwörungstheorien heutiger Gruppen, was stets den Zweck hat, den Feind groß und viel stärker darzustellen als man selbst war/ist, während man sich selbst über ihn erhaben fühlt.
Beides wurde soweit ich mich erinnern kann in dem Artikel auch angesprochen; ich fand ihn nicht schlecht weil er recht detailliert zeigte wieso die Bibel nicht als Quelle für tatsächliche, historische Ereignisse taugt; grob zusammengefasst: es gibt zu wenige Gemeinsamkeiten mit Werken aus Nachbarkulturen und zu viele Diskrepanzen mit der tatsächlichen Fundsituation.
Muss mal schauen ob ich den Artikel noch irgendwo habe.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bezieht man weiter mit ein, dass weite Teile aus anderen Werken zusammengeklaubt wurden (Stichwort Gilgamesch) und ansonsten soweit eine Art "Siegerpropaganda" darstellen (typisch hierfür: die Vernichtung anderer Städte und Länder wird mit Gottes Hilfe beschrieben) muss man die gesamte Story rund um Moses nicht nur in Frage stellen, sondern sollte es geschichtswissenschaftlich einfach ignorieren bis durch dritte Quellen, Arbeiten oder Funde überhaupt erstmal eine Motivation gegeben ist, dem doch mal nachzugehen.

Dass für Siege die Hilfe der Götter und für Niederlagen der Zorn der Götter verantwortlich gemacht werden, ist doch in der Zeit völlig normal. Auch Siegerpropaganda in antiken Quellen ist völlig normal. Nach diesem Kriterium müssten wir auch ägyptische oder hethitische Quellen ignorieren.

So wird der Ausgang der Schlacht in den ägyptischen Quellen als Sieg dargestellt: Der König, der von seinen Truppen verlassen worden war, konnte mit Hilfe des Gottes Amun den Sieg erringen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Qadeš


Bezieht man weiter mit ein, dass weite Teile aus anderen Werken zusammengeklaubt wurden (Stichwort Gilgamesch)
Welches sind eigentlich die "weiten Teile"? (mal abzüglich der Sintflut, die auf ca. zwei Seiten beschrieben wird)

Und wie soll ich diese beiden Kriterien verstehen?

1. Wenn ein biblisches Ereignis (Beispiel Sintflut) in anderen Quellen beschrieben wird, dann scheidet die biblische Darstellung als Quelle aus - weil: ist ja nur aus anderen Werken zusammengeklaubt.

2. Wenn ein biblisches Ereignis (Beispiel Exodus) nicht in anderen Quellen beschrieben wird, dann scheidet die biblische Darstellung als Quelle aus - weil: ist ja nicht in anderen Werken zu finden.
 
Sepiola, ich glaube die Argumentation ist völlig klar. Einzelne Aussagen in einem Werk das schonmal so keinen Anspruch auf historische Korrektheit erhebt, und die weder durch Funde noch durch passende Darstellungen in anderen Werken gestützt werden können, müssen in Zweifel gezogen werden.

Und wie weit auseinander dürfen bei Dir denn Ereignisse liegen um sicher nichts mehr miteinander zu tun zu haben?
 
Sepiola, ich glaube die Argumentation ist völlig klar. Einzelne Aussagen in einem Werk das schonmal so keinen Anspruch auf historische Korrektheit erhebt, und die weder durch Funde noch durch passende Darstellungen in anderen Werken gestützt werden können, müssen in Zweifel gezogen werden.

Und wie weit auseinander dürfen bei Dir denn Ereignisse liegen um sicher nichts mehr miteinander zu tun zu haben?

Ereignisse, die sicher nichts miteinander zu tun haben, gibt es um so weniger, je weiter sie zeitlich auseinanderliegen.

Und die Bibel ist nicht 1 Werk. Auch bei der Sintfluterzählung sind 2 Texte miteinander verwoben worden. Will man die Bibel beurteilen, muss man das berücksichtigen.

Egal wann man die Entstehung der Texte ansetzt, es war Jahrhunderte nach einem angenommenen Exodus. Damit ist eine Sage auf uns gekommen. Wir können also nur darüber diskutieren, was ein wahrer Kern sein kann.

Allerdings ist Sage keine einheitliche Erscheinung. Sagas berichten zuverlässiger als Heldenlieder. In der Ilias sollen 1000 Jahre alte Formulierungen verschriftlicht worden sein.

Die Flucht nach Ägypten war lange Jahrhunderte eine Realität für die Nomaden. Und auch die damit verbundenen Probleme. Dann kamen auch die Hyksos aus oder über Kanaan und beherrschten das Nildelta. Ein Herrscher der Zeit nannte sich Jakobher. Irgendwann entstand aus dem Kuddelmuddel der Erinnerung die Geschichte vom Aufenthalt in Ägypten samt Exodus. Offensichtlicher geht es doch nicht mehr. Und, dass da keine Juden mit eigener Kultur auszogen, sollte auch jedem klar sein. Stichwort Ethnogenese.

Die Frage ist, welche Aspekte in die Bereiche von Sage, Mythologie und Religion gehören, und, welche Aspekte auf historische Realität zurückgehen können. Die Frage ist recht alt und wurde auch schon zu Propagandazwecken missbraucht. Obwohl sie also eine eigene Geschichte hat, bleibt sie für jede Sage relevant.

Wir haben das hier im Forum schon mehrfach thematisiert und die Diskussionen sind vor dem Hintergrund dieses Bewußtseins zu sehen, auch wenn die Formulierungen der Einfachheit halber mitunter etwas anderes zu sagen scheinen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sepiola, ich glaube die Argumentation ist völlig klar.
Mir nicht.

Einzelne Aussagen in einem Werk das schonmal so keinen Anspruch auf historische Korrektheit erhebt
Welche antike Quelle erhebt denn einen Anspruch auf historische Korrektheit? Ich hatte das Beispiel der pharaonischen Siegespropaganda angeführt. Nach Deiner Argumentation müssten wir solche Quellen ignorieren.
Worauf würdest Du eine Geschichte der Perserkriege stützen? Auf Herodot? Auf archäologische Funde?

müssen in Zweifel gezogen werden.
Müssen in Zweifel gezogen werden - d'accord. Das heißt aber nicht: Quellen müssen ignoriert werden.

Und wie weit auseinander dürfen bei Dir denn Ereignisse liegen um sicher nichts mehr miteinander zu tun zu haben?
Das hängt ganz von den Ereignissen ab.
Die Entstehung einer Religion kann schon viele Jahrhunderte beanspruchen...
 
Ok, offenbar ist offene Zugang schon wieder dicht.

Vorhin ging es noch über:
https://www.cam.ac.uk/research/news/oldest-recorded-solar-eclipse-helps-date-the-egyptian-pharaohs
Dort herunter scrollen, auf den Artikel gehen, und direkt pdf laden.

Hat eben noch funktioniert.
Falls es nicht klappt, gib per PN Bescheid.../Datei Upload

danke für die Info.

Falls ich das richtig verstanden habe, wird eine Bibelstelle im Buch Josua 10, 13 (Josua 10,13 - Einheitsübersetzung 2016 :: BibleServer ) als Beschreibung einer ringförmigen Sonnenfinsternis gedeutet. Die einzige solche in Kanaan sichtbare war am 30. Oktober 1207 v. Chr. Im Bibeltext geht es um die gewaltsame Landnahme in Kanaan.

Dann gibt es die Merenptah-Stele – Wikipedia , auf der eine kriegerische Auseinandersetzung mit Israel erwähnt wird. Eine Sonnenfinsternis wird dort aber nicht erwähnt. Und im Buch Josua werden auch keine Auseinandersetzungen mit Ägypten erwähnt. Irgendwie fehlt mir hier der "Link" zwischen Josua 10, 13 und der Merenptah-Stele.
 
Es geht eigentlich nur um zwei Sachen: zum einen eine Bestätigung bzw. Eingrenzung der Pharaonenzeit von Merenptah, und dann um die Frage, ob die Josua-Passage tatsächlich eine Sonnenfinsternis ansprechen könnte. Dafür müsste es - vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, Glaubensfragen außen vor - den astronomisch-rechnerischen Nachweis eines solchen Naturschauspieles in Kanaan - sagen wir mal, beliebig im Zeitraum 1500-1000 - gegeben haben, der überliefert sein könnte.

Feststellung 1: den Vorgang gab es tatsächlich in der Zeitspanne, nämlich genau einmal 1207, soweit in Kanaan sichtbar.

Sodann ist die Frage, wer sich zu diesem Zeitpunkt in Kanaan aufgehalten haben könnte?
Feststellung 2: lt. Säule gab es so etwas wie eine Strafexpedition nach Kanaan hinein, die angeblich irgendwelche Israeliten getroffen haben soll.

Schließlich die Frage: passt die Säule (inkl. erwähnter Strafexpedition) mit dem entsprechenden Pharao und dem Datum der Sonnenfinsternis zusammen.
Feststellung 3: passt, wenn Ramses so pimalDaumen 1210 + datiert würde, und Merenptah als Nachfolger ab ca 1209, könnte er eine solche Strafexpedition nach Kanaan angeordnet haben, und passend zur Säule hätte es da tatsächlich Vorfahren gegeben, die in Kanaan eine Sonnenfinsternis hätten beobachten können. Ob diese Geschichten für die Überlieferung alle gemixt sind (wovon man außerhalb theologischer Argumentationen wohl ausgehen muss), wäre letztlich für die Frage, ob die Passage auf einem naturwissenschaftlich nachvollziehbaren Ereignis beruht, nicht entscheidend.

Siehe auch hier, aus der LiveScience:

Bible May Record Oldest Known Solar Eclipse


Daher „may record“
 
It records that after Joshua led the people of Israel into Canaan – a region of the ancient Near East that covered modern-day Israel and Palestine – he prayed: “Sun, stand still at Gibeon, and Moon, in the Valley of Aijalon. And the Sun stood still, and the Moon stopped, until the nation took vengeance on their enemies.”

“If these words are describing a real observation, then a major astronomical event was taking place - the question for us to figure out is what the text actually means,” said paper co-author Professor Sir Colin Humphreys from the University of Cambridge’s Department of Materials Science & Metallurgy, who is also interested in relating scientific knowledge to the Bible.

“Modern English translations, which follow the King James translation of 1611, usually interpret this text to mean that the sun and moon stopped moving,” said Humphreys, who is also a Fellow of Selwyn College. “But going back to the original Hebrew text, we determined that an alternative meaning could be that the sun and moon just stopped doing what they normally do: they stopped shining. In this context, the Hebrew words could be referring to a solar eclipse, when the moon passes between the earth and the sun, and the sun appears to stop shining.

Der fragliche biblische Ausschnitt ist dieser hier:
ויעמד השמש בחצי השמים ולא־אץ לבוא כיום תמים​
ויעמד - Verb עמד mit Präformativ (3. P. Sg. mask. Perfekt) und und - und es blieb stehen/hörte auf
השמש - Substantiv mit Artikel - die Sonne
בחצי - Status constructus + Präpositin in - in der Mitte
השמים - Status absolutus mit Artikel - der Himmel
Status constructus und absolutus zusammen bilden eine Genitivverbindung: in der Mitte des Himmels
ולא־אץ - und nicht
לבוא - Infinitivus constructus von בוא kommen, gehen...
כיום - als כ ein Tag יום
תמים - vollständig/ganz

und die Sonne blieb in der Mitte des Himmels stehen und ging einen ganzen Tag lang nicht
und die Sonne hörte in der Mitte des Himmels auf [zu scheinen] und kam einen ganzen Tag lang nicht.
 
Ich versteh's trotzdem nicht. In der Geschichte im Buch Josua geht es doch überhaupt nicht um einen ägyptischen Feldzug gegen Israel, sondern um einen Krieg der Israeliten gegen kanaanitische Lokalkönige, den die Israeliten (ihrer Überlieferung zufolge) gewannen. Auf der Merenptah-Stele wiederum werden anscheinend weder eine Sonnenfinsternis noch eine regionale innere Auseinandersetzung in Palästina erwähnt, sondern lediglich, dass Israel, Kanaan, Aschkelon etc. besiegt wurden. Wieso also sollte man annehmen, dass die Josua-Geschichte und die Merenptah-Stele dasselbe Ereignis meinen? Denn das wäre doch die Voraussetzung, um die Sonnenfinsternis zur Datierung von Merenptahs Herrschaft heranziehen zu können.

Die Datierung verstehe ich auch nicht: Wenn der Merenptah-Feldzug in seinem 5. Regierungsjahr stattfand und die Sonnenfinsternis 1207, wie kommt man dann auf 1210 oder 1209 als Jahr des Regierungsantritts?
 
Da sind einfach verschiedene Fragen miteinander gemixt.
1. Wenn es eine Finsternis gab und wir Josua als Quelle für Ereignis A nehmen, können wir das dann mit der Finsternis datieren?
2. Gab es zu der Zeit überhaupt Israeliten in der Gegend? Da bekanntlich die einschlägige Quelle die Merenptah-Stele ist, ist die Frage, ob sie dafür in Anspruch genommen werden kann. Wenn Ramses so bis 1210 regierte und Merenptah 5 Jahre später loszog, hat das nichts mit der Finsternis zu tun, sondern zeigt, dass Israeliten (was immer das damals bedeutete) dort 1207 nicht unrealistisch sind. Natürlich vorausgesetzt, dass die Merenptah-Stele ein Zeugnis dafür ist. Je später Ramses angesetzt wird, desto weniger Gewicht hat die Stele für 1207.

Jedenfalls wenn ich silesias Ausführungen richtig verstanden habe.

Das setzt alles voraus, dass Josua in diesem Fall Geschichtsschreibung ist und der Sonnenstillstand kein Bild / keine Allegorie.
 
wenn es damals keine Israeliten gegeben hätte wären sie ja nicht auf der Stele erwähnt, was das mit dem Josua zu tun hat seh ich nicht.
 
Die kontroversen Punkte sind ja angesprochen.

@Ravenik: es gibt keine genaue Datierung, außer der astronomischen (rechnerischen) der Sonnenfinsternis.
Wenn die 1207 war und die Angabe der Säule passt (was nach dem Stand der Quelle nicht prüfbar ist), dann liegen wir bei M. 1211/1212. Das wiederum liegt offensichtlich im vdhM diskutierten „möglichen Intervall“.

Von einem Zusammenhang der Feldzüge hat niemand geschrieben.
 
Ja eben!
Wie kann man eine (vermeintliche) Sonnenfinsternis im Buch Josua, die man (sofern überhaupt eine Sonnenfinsternis gemeint war) jetzt exakt datieren kann, zur Datierung der Herrschaft Merenptahs heranziehen, wenn es keinen Zusammenhang zwischen der Josua-Geschichte und den Taten Merenptahs gibt? Dass auf der Merenptah-Stele Israel erwähnt wird, bedeutet doch noch längst nicht, dass Merenptahs Krieg zeitlich in die Zeit der Sonnenfinsternis fällt.
 
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