Ägyptische Schöpfungsmythen

Gayomard

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In der ägyptischen Mythologie gibt es eine Reihe von Schöpfungsmythen wie z.B die Neunheit von Heliopolis, die Achtheit von Hermiopolis und die Memphitische Theologie. Im Internet habe ich auch nach längerer Recherche nur langweilige Nacherzählungen dieser Schöpfungsmythen entdeckt und keine getreuen deutschen Übersetzungen. Kennt jemand von euch ein Buch und/oder ein elektronisches Dokument, dass solche Übersetzungen enthält?

Vielen Dank im Voraus!
 
Kennt jemand von euch ein Buch und/oder ein elektronisches Dokument, dass solche Übersetzungen enthält?

In Assmanns Studie über ägyptische Schöpfungsmythen (Link unten) wirst du fündig. Ein Beispiel aus der Memphitischen Theologie zitiere ich ganz unten (Ausschnitt des Mythos auf dem Shabaka-Stein).

Die Memphitische Theologie (vermutlich 13. Jahrhundert BCE) stellt den Gott Ptah, ursprünglich ein chtonischer Gott vom Osiris-Typ und als Stadtgott von Memphis verehrt, an die Spitze des ägyptischen Pantheons und lässt ihn alle anderen Götter und die Menschen- und Tierwelt kraft seines Geistes (d.h. seiner Zunge und seinen Herzens = Verstand) erschaffen. Der Pharao Shabaka (kurz vor 700 BCE) behauptete, den Text auf einem wurmzerfressenen Papyrus im Ptah-Tempel von Memphis gefunden zu haben. Er ließ den Text auf einen schwarzen Stein meißeln (Shabaka-Stein). Religionsgeschichtlich interessant ist an diesem Gott vor allem seine Schöpferkraft durch das "Wort", denn bis dahin herrschte in Ägypten die Vorstellung vor, die Schöpfung der Götter sei aus dem Samen des männlichen Urgottes Atum erfolgt, ohne Beteiligung einer weiblichen Gottheit. Im Bestreben, nicht nur das Weibliche, sondern auch das Sexuelle aus den Schöpfungsmodalitäten zu entfernen, erdachten die Ptah-Priester also einen durch den Verstand (Herz) und das Wort (Zunge) schaffenden Urgott, den Ptah, und damit ein Konzept, das zweifellos Pate stand für die 700 Jahre später in der jüdischen Priesterschrift geschilderte Weltschöpfung des Jahwe durch "das Wort" (wobei Erde und Wasser vermutlich als prä-existent zu interpretieren sind, also keine creatio ex nihilo vorliegt, die das Christentum in Gen 1 zu erkennen glaubt).

http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/3404/18/HD9.pdf

Ptah überwies [Leben allen Göttern] und ihren Kas
durch dieses Herz, aus dem Horus,
und durch diese Zunge, aus der Thot entstand aus Ptah.
So geschah es, dass das Herz und die Zunge Verfügungsgewalt erhielten
über alle anderen Glieder
aufgrund der Lehre, dass es (das Herz) jedem Leib und sie (die Zunge)
jedem Mund vorsteht
von allen Göttern, allen Menschen,
allen Tieren und allem Gewürm, das da lebt
indem (das Herz) alles denkt und (die Zunge) alles befiehlt, was sie wollen.
Seine Neunheit war vor ihm
als Zähne, d.i. der Same des Atum
und als Lippen, d.i. die Hände des Atum.
Es war ja die Neunheit des Atum entstanden
durch seinen Samen und durch seine Finger.
Die Neunheit aber ist in Wahrheit Zähne und Lippen
in diesem Munde dessen, der die Namen aller Dinge erdacht hat,
aus dem Schu und Tefnut hervorgegangen sind, der die Neunheit
geschaffen hat.
Dass die Augen sehen, die Ohren hören
und die Nase Luft atmet, ist, um dem Herzen Meldung zu erstatten.
Dieses ist es, das alle Erkenntnis entstehen lässt.
Die Zunge ist es, die wiederholt, was vom Herzen gedacht wird.
 
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