Die ersten Amerikaner

... und schon wieder überholt sein könnte.

Seit einigen Tagen gibt es Aufregung über einen neuen Artikel in der PLOS One, der sich mit Funden in den Bluefish Caves, Kanada, beschäftigt, und die Datierung der ersten Einwanderungen 10.000 Jahre vor Beringia verlegen möchte:

Earliest Human Presence in North America Dated to the Last Glacial Maximum: New Radiocarbon Dates from Bluefish Caves, Canada

http://journals.plos.org/plosone/article/file?id=10.1371/journal.pone.0169486&type=printable

Dazu die Presse, zB
Humans arrived in North America 10,000 years earlier | Daily Mail Online
 
Neuere Untersuchungen auf den Channel Islands (die dortigen archäologischen Nachweise größerer Brände sind schon länger gegenstand von Diskussionen - auch anthropogener Ursacgen) stehen offenbar in Widerspruch zu der Clovis-Komet-Hypothese in der Jüngeren Dryas-Zeit.

Clovis Culture, Ice Age Fauna Weren?t Wiped Out by Cosmic Impact, Study Finds – Western Digs
https://en.m.wikipedia.org/wiki/Younger_Dryas_impact_hypothesis

Basis ist ua ein Aufsatz hier:
Interpreting palaeofire evidence from fluvial sediments: a case study from Santa Rosa Island, California, with implications for the Younger Dryas Impact Hypothesis - Scott - 2016 - Journal of Quaternary Science - Wiley Online Library
Interpreting palaeofire evidence from fluvial sediments: a case study from Santa Rosa Island, California, with implications for the Younger Dryas Impact Hypothesis
 
Wobei diese zuletzt verlinkte Studie zur "younger-Dryas-Impact"-Hypothese, nun 4 Woche später durch ganz andere Untersuchungen zum Verschwinden der Clovis-Kultur (und Teilen der Megafauna) und Platin-Funden ergänzt wird:

Widespread platinum anomaly documented at theYounger Dryas onset in North American sedimentary sequences

http://www.nature.com/articles/srep44031.pdf
Abstract:
Previously, a large platinum (Pt) anomaly was reported in the Greenland ice sheet at the Younger Dryas boundary (YDB) (12,800 Cal B.P.). In order to evaluate its geographic extent, re-assay and inductively coupled plasma mass spectrometry (FA and ICP-MS) elemental analyses were performed on 11
widely separated archaeological bulk sedimentary sequences. We document discovery of a distinct Pt anomaly spread widely across North America and dating to the Younger Dryas (YD) onset. The apparent synchroneity of this widespread YDB Pt anomaly is consistent with Greenland Ice Sheet Project 2 (GISP2) data that indicated atmospheric input of platinum-rich dust. We expect the Pt anomaly to serve as a widely-distributed time marker horizon (datum) for identi cation and correlation of the onset of the YD climatic episode at 12,800 Cal B.P. This Pt datum will facilitate the dating and correlating of archaeological, paleontological, and paleoenvironmental data between sequences, especially those with limited age control.


https://en.m.wikipedia.org/wiki/Younger_Dryas_impact_hypothesis
 
Hier nun eine Spezies, die nicht im Verdacht steht, Kanus benutzt zu haben:

Froese et. al., Fossil and genomic evidence constrains the timing of bison arrival in North America, PNAS März 2017, 113/13
Fossil and genomic evidence constrains the timing of bison arrival in North America

Mindestens bei den zwei "Wellen" kann man eine Landbrücke und den Weg über Beringia voraussetzen.

Die erste Welle wird grob 195 - 135 ky BP angesetzt.

Interessant ist nun, dass im Zeitfenster der zweiten Welle 45 - 21.000 BP einige Jäger ihren Hufen gefolgt sein könnten. Oder umgekehrt: wenn das Zeitfenster für den Bison zum Eintritt nach Nordamerika offen war, dann sicher auch für den in Ostasien angekommenen Menschen (über Beringia).
 
Seid Tagen wird nun ein Journalbeitrag durch die internationale Presse gewälzt, der sich mit der Frage des "flutings" bei den Speer- und Pfeilspitzen der Clovis-Kultur beschäftigt.

"Fluting" betrifft das "Riffeln" bzw. die Rillen der Spitzen, wohl "kannelieren" genannt. Es geht dabei u. a. um Vorteile der Herstellung und Standkraft zB bei Auftreffen der Spitzen auf Knochen.

https://www.sciencedaily.com/releases/2017/04/170404160022.htm

Sogar Wirtschaftsblätter (IBT) haben sich schon geäußert: die erste amerikanische "Innovation" der Weltgeschichte :devil:
The first American invention: How Clovis people made fluted arrow tips
 
Jetzt gibt es vermutlich eine Explosion in der Diskussion, und das wird durch die Internationale Presse wirbeln:

In der Nature wird berichtet, dass aufgrund von archäologischen Funden die Erstbesiedlung Nordamerikas auf 130.000 BP datiert wird, das wären rd. 100.000 früher als die bislang früheste angenommene Besiedlung.

Außderdem wäre man bei möglichen Neandertalern angelangt.

Controversial study claims humans reached Americas 100,000 years earlier than thought : Nature News & Comment
https://www.newscientist.com/articl...SS&utm_content=news&campaign_id=RSS|NSNS-news

https://www.nature.com/nature/journal/v544/n7651/full/544420a.html
 
Sorry, die Amerika-Beiträge waren irrtümlich ins Australien-Thema gerutscht.
Sind nun richtig zugeordnet.
 
Wenn ich das Recht verstanden habe ist der größte Kritikpunkt, dass zwischen dem Fund und den anderen Funden im Kontinent 130.000 Jahre liegen. Kann man sich das eigentlich erklären außer vielleicht, dass eine kleine Gruppe Homo Amerika erreichte und relativ schnell wieder ausgestorben ist.

Das wäre für mich einzige Erklärung, neben der Variante das ein Fehler in der Interpretation aufgetaucht ist.
 
Wenn ich das Recht verstanden habe ist der größte Kritikpunkt, dass zwischen dem Fund und den anderen Funden im Kontinent 130.000 Jahre liegen. Kann man sich das eigentlich erklären außer vielleicht, dass eine kleine Gruppe Homo Amerika erreichte und relativ schnell wieder ausgestorben ist.

Das wäre für mich einzige Erklärung, neben der Variante das ein Fehler in der Interpretation aufgetaucht ist.

Das Aussterben einer frühen Population (130.000 BP) ist eine Möglichkeit, eine andere ist, dass man noch nichts gefunden hat. Es kann auch sein, dass die jetzt gemachten Funde falsch datiert worden sind. Dazu steht einiges im von mir verlinkten Artikel im Spektrum der Wissenschaften.
 
Die wahrscheinlichste Erklärung ist mE eine Mißinterpretation der Funde (wie ja auch im Artikel steht): Es wurden keine menschlichen Fossilien gefunden, sondern Überleibsel, die man auch als menschliche Schlachtabfälle sehen kann. Andere Deutungen scheinen aber ebenfalls möglich zu sein. Aus Carolus Link:
Denn es ist den Forschern zwar gelungen, die Spuren an den Überresten experimentell zu reproduzieren, als sie frische Knochen mit Steinwerkzeugen bearbeiteten – irgendeine alternative Ursache aber hat das Team gar nicht erst angesprochen, monieren die Kritiker. "Es ist eine Sache, wie Holen und seine Kollegen zu zeigen, dass gebrochene Knochen und Schlagsteine von menschlicher Hand entstehen können. Etwas ganz anderes ist aber der Nachweis, dass Menschen – und nur Menschen! – dafür verantwortlich sind. Diesen Nachweis haben Holen [und Co] sicher nicht geführt – und so ist ihre Behauptung eben auch problemlos zurückweisbar", der Archäologe Donald Grayson von der University of Washington.
 
was angesichts der amerikanischen Geographie gar nicht so unwahrscheinlich ist
Es gibt nämlich wenige größere geographische Hindernisse,die den Wanderweg blockieren konnten,Schließlich fehlen größere in Ost-West-Richtung verlaufende Gebirge und die größeren Fluss-Systeme in Nordamerika laufen in Nord-Süd-Richtung
Amerika erstreckt sich in seiner Nord-Süd-Achse auf ca,15.000 Kilometer vom 84. Breitengrad Nord bis zum 56. Breitengrad Süd .Bei einer durchschnittlichen täglich zurückgelegten Entfernung von 10km und 200 Wandertagen im Jahr (Wochenenden und Feiertage sind frei ) ist man da lässig in 8 Jahren durch,;) :D
 
Zuletzt bearbeitet:
Amerika erstreckt sich in seiner Nord-Süd-Achse auf ca,15.000 Kilometer vom 84. Breitengrad Nord bis zum 56. Breitengrad Süd .Bei einer durchschnittlichen täglich zurückgelegten Entfernung von 10km und 200 Wandertagen im Jahr (Wochenenden und Feiertage sind frei ) ist man da lässig in 8 Jahren durch,;) :D

Demzufolge wären zum Tourfinale am Lagerfeuer in Feuerland beim Genuss von Pinguin-Wings die kulinarischen Highlights unter den diversen Sonn- und Feiertagsbraten weitgehend unverklärt resümierbar gewesen. Was die Geschmackssinne wohl am meisten beeindruckt haben mag? :grübel:
Truthuhn-Brustfilet, Faultier-Lendchen, Anaconda-Roulade, Tapir-Frikadellen wohl eher nicht, die wurden ja nicht ausgerottet...
 
Die Routen sind nach einigen Meinungen insbesondere die (Pazifik)Küsten entlang vorgetrieben worden.

Wie die Veröffentlichung zu Südamerika zeigt, dürfte ein Teil der küstennahen Südbewegung auch dadurch im Nachweis problematisch geworden sein, dass der Meeresspiegel postglacial erheblich (100 Meter) angestiegen ist. Landrouten oder Siedlungen entlang der Küsten sind dadurch heute vom Meer überspült.

Es gab irgendwo im Forum mal Angaben zu "Ausbreitungsgeschwindigkeiten" im Zuge der neolithischen Revolution, im Mittelmeerraum und nach Westeuropa. Da kam man nmE für lange Zeiträume so auf 1-3 km/a. Das wäre hier auch plausibel. Hinter'm Horizont geht's (immer :devil: ) weiter.
 
Zurück
Oben