Witiko
Mitglied
Das stimmt so nicht. Die Teilnehmer aus niederadligen Geschlechtern waren meistens überzählige Söhne, die keine Aussicht auf ein Erbe hatten. Und gerade diese - wie auch die "einfachen Söldner" - waren durchaus auf Beute und Besitz aus. Wenn dazu dann noch der kirchliche Ablass gewährt wurde ... Nicht von ungefähr stammten viele Herrscher und Lehensträger der "Kreuzfahrerstaaten" aus dem französischen Niederadel (von den Herren von Ibelin, welche in Kleinarmenien einheiraten konnte, ist beispielweise nicht einmal die Herkunft geklärt). Die niederadligen Kreuzfahrer sahen das Ganze durchaus als Chance zum Aufstieg - mit dem Segen der Kirche.
Du hast recht. Es ging um die Aussage von Papa_Leo, ausser den Fürsten werde [man] meist nicht gefragt, ob man mitwolle oder nicht.
Ich stimme dir voll und ganz zu (siehe #26), wenn du sagst :
Machtpolitik und Religiosität waren lediglich für einige wenige klerikale Kreise ein Widerspruch
Dass nun einige die Chance zum Aufstieg nutzten, wie Ibelin, bedeutet nicht dass die Mehrheit der kleinen Ritterschaft, die auf dem Kreuzzug mit dabei war, die gleichen Ziele verfolgte. Zumal ja auch nicht soviel Besitz zur Verfügung stand, v.a. nach dem Ersten Kreuzzug war ja das allermeiste schon in fester Hand. Und für Beutezüge sucht man sich in der Regel leichte Ziele aus (siehe Wikinger und Klöster): auf der Reise und in Palästina selbst lauerten für den geldgierigen Landräuber erheblich mehr Gefahren, als bspw. für den nordfranzösischen Ritter, der gegen die Katharer zog (denn in dem Fall war klar, wer siegen würde) oder den deutschen Adeligen, die im Baltikum wüteten (auch hier war die Stärke der Gegenwehr im Vergleich zu Palästina nicht sehr abschreckend)
Ich sehe es so wie du: man sollte an diese Epoche nicht mit unserem heutigen Verständnis von Ethik/ Politik herangehen.
Holzschnittartig lässt sich also über die Motivationen sagen: religiöse wie auch pragmatische Beweggründe waren von Anfang an der Antrieb der Kreuzfahrten; dabei nahmen pragmatische Motive eher zu, je höher man sich in der Hierarchie befand, und eher ab, je niedriger man sich befand.