Empfehlenswerte Geschichtsdokus?

Was mir gestern beim Schauen der 2. Folge auffiel war:
1. Die Lanzen bei der österr. Kavallerie. Was soll das darstellen? Ich hielt diese Reiter für Kürassiere. Trugen österr. Kürassiere Lanzen zu der Zeit? Die Lanze war bei den westlichen Mächten um 1700 eine äußerst unübliche Waffe.


Eine Lanze effektiv als Reiterwaffe zu führen, muss große Geschicklichkeit und jahrelanges Training erfordern. Vor etlichen Jahren lernte einen alten Herren kennen, der als junger Ulan noch den 1. Weltkrieg miterlebt hatte. Der Mann war ein hervorragender Reiter und Pferdeexperte, der noch mit weit über 70 Jahren über eine bewundernswerte Geschicklichkeit zu Pferde verfügte. Um 1890 wurden auf allerhöchsten Befehl deutsche Kavalllerieregimenter mit Lanzen ausgerüstet. Er gestand aber freimütig ein, dass er und die meisten seiner Kameraden die Lanzen verflucht hätten und kaum einer es geschafft hätte, die Dinger geschickt zu führen, weshalb sich der Gebrauch auch auf den Paradeplatz beschränkt hätte. Im 100.000 Mann Heer der Weimarer Republik muss es bis in die 20er Jahre einige Ulanenregimenter gegeben haben, die noch mit Lanzen bewaffnet waren.

Außer den Kosaken verwendeten in Europa im 18. Jahrhundert nur noch polnische Ulanen die Lanze als Reiterwaffe. Die aber mussten es fertig gebracht haben, effektiv damit umzugehen, sonst hätte es wohl kaum in den schlesischen Kriegen und stärker noch in napoleonischer Zeit einen derartigen Boom von Lanzenreitern, Ulanen, Chevauxleger Lanciers, Lancers etc. gegeben. Im Gegensatz zu den polnischen Flügelhusaren handelte es sich bei den Ulanen um leichte Kavallerie.

Vermutlich gab es Vorbilder in der sächsisch-polnischen und in der kaiserlichen Kavallerie, jedenfalls stellte 1741 Friedrich II. von Preußen aus Kriegsgefangenen und Deserteuren ein eigenes Ulanenkorps auf, das recht exotisch, im türkisch-orientalischen Stil kostümiert wurde. Bosniaken nannte man diese Reiter. Napoleon nahm polnische Ulanen in seine Armee auf, und diesem Beispiel folgten Gegner wie Verbündete, die ebenfalls Ulanen und Cheveauxlegers mit Lanzen ausrüsteten. In der Ausrüstung orientierte man sich an der polnischen Militärmode mit der charakteristischen Tschapka oder rüstete einfach Cheveauxlegers und Dragoner mit Lanzen aus.

Die Briten bewaffneten auch ihre Kolonialverbände mit Lanzen, und es gab in der indischen Armee mehrere "Lancers". Der junge Winston Churchill kämpfte als Leutnant mit den 21st Lancers bei Omdurman.

Sicher ist, dass Joseph II. nach den polnischen Teilungen ein Ulanenregiment aufstellte und bis 1850 existierten mindestens drei in der österreichischen Armee, wobei einige ehemalige Husaren und Cheveauxlegers Verbände in Ulanenregimenter umgewandelt wurden. Allerdings schafften die meisten k.k. Kavallerieverbänden die Lanzen wieder ab. Die polnische Legion, die unter dem späteren Diktator Polens Josef Pilsudski auf Seiten der Donaumonarchie am 1. Weltkrieg teilnahm, war allerdings noch mit Lanzen bewaffnet, ebenso wie Budjonnys Kosaken, die unter den "Roten" am russischen Bürgerkrieg teilnahmen und denen Isaak Babel in "Budjonnys Reiterarmee" ein literarisches Denkmal setzte.

In der polnischen Armee gab es noch im 2. Weltkrieg Ulanen. Die NS- Propaganda verbreitete die Falschmeldung, dass Ulanen auf der Tucheler Heide deutsche Panzer angegriffen hätten. Joachim Fest sprach in diesem Zusammenhang in seiner Hitler- Biographie von einer "tödlichen Donquichoterie". Tatsächlich aber lässt sich das nicht belegen, vielmehr griffen polnische Ulanen durchaus erfolgreich versprengte Panzerverbände, denen der Sprit ausging.
 
Außer den Kosaken verwendeten in Europa im 18. Jahrhundert nur noch polnische Ulanen die Lanze als Reiterwaffe. Die aber mussten es fertig gebracht haben, effektiv damit umzugehen, sonst hätte es wohl kaum in den schlesischen Kriegen und stärker noch in napoleonischer Zeit einen derartigen Boom von Lanzenreitern, Ulanen, Chevauxleger Lanciers, Lancers etc. gegeben. Im Gegensatz zu den polnischen Flügelhusaren handelte es sich bei den Ulanen um leichte Kavallerie.

Vermutlich gab es Vorbilder in der sächsisch-polnischen und in der kaiserlichen Kavallerie, jedenfalls stellte 1741 Friedrich II. von Preußen aus Kriegsgefangenen und Deserteuren ein eigenes Ulanenkorps auf, das recht exotisch, im türkisch-orientalischen Stil kostümiert wurde. Bosniaken nannte man diese Reiter. Napoleon nahm polnische Ulanen in seine Armee auf, und diesem Beispiel folgten Gegner wie Verbündete, die ebenfalls Ulanen und Cheveauxlegers mit Lanzen ausrüsteten. In der Ausrüstung orientierte man sich an der polnischen Militärmode mit der charakteristischen Tschapka oder rüstete einfach Cheveauxlegers und Dragoner mit Lanzen aus.
Wikipedia gibt die Gründung des Bosniaken-Korps mit 1745 an, wobei es sich aus Deserteuren polnischer Ulanen bildete. Lange Zeit war diese Truppe selbst im Siebenjährigen Krieg nicht viel mehr als ein kleines Häuflein, die angeschlossen an ein Husarenregiment agierten. Bis 1761 gab es lediglich 110 Mann, was allerdings auch schon eine deutliche Steigerung darstellte. Wie bei einigen anderen exotischen Einheiten am Ende des Krieges, wurde auch diese vermehrt.
Das direkte Vorbild der Bosniaken könnte also trotz des irreführenden Namens bei den Polen zu finden sein.
Bei den Österreichern sind mir bis jetzt noch keine Lanzenreiter in der Zeit (1740er) untergekommen. Die Österreicher verfügten entweder über Regimenter zu Pferd d.h. Kürassiere, Dragoner oder als leichte Kavallerie Husaren. Letztere waren besonders effektiv und den französischen und preußischen Gegenspielern im Kleinen Krieg zumindest noch in den 1740ern offensichtlich haushoch überlegen, v.a. auch in Kombination mit den Panduren unter Franz von der Trenck und Johann David Menzel.

Die ersten französischen Lanzenreiter des 18.Jh. waren die der Légion des Maréchal de Saxe. Bezeichnenderweise wurden nach dem Tod des exzentrischen Maréchal sogleich die Lanzen abgeschafft und die Truppe in normale Dragoner umgewandelt.

Ich kann mir gut vorstellen, dass tatsächlich die polnischen Teilungen zum Aufleben der Ulanenregimenter geführt haben. Anders als die polnisch-sächs. Ulanenformationen der augusteischen Zeit waren diese Ulaneneinheiten von der Struktur her aber auch nicht mehr polnisch sondern nach üblichem Schema formiert. Noch die Lanzenreiter des Maréchal de Saxe waren ja dem Muster der Reiterei der polnischen Adelsrepublik gefolgt.

Was immernoch nicht die österr. Lanzenreiter in der Dokumentation erklärt. :grübel:
 
"Hidden Killers of the Tudor home" (2015)

Dr. Suzanna Lipscomb führt durch diese Doku Reihe, die sich mit häufigen Todesursachen in verschiedenen Epochen beschäftigt.

Anders als in vielen anderen Dokus von BBC Four wird diesmal nix im Kostüm vorgestellt. Stattdessen kommen Bau-, Medizin- und weitere Historiker vor, welche die besonders charakteristischen Todesursachen anhand von Schriftquellen, aber auch Skeletten untersuchen.

Manchmal glaubt man, dass das ja nicht die Wahrheit sein kann, dass man um 1500 Schornsteine aus leicht brennbarem Material bspw. errichtete. Dann aber wird auch klar gemacht, dass die Menschen damals ja nicht blöd waren, aber erstmal mit dem Novum Schornstein und Kamin in normalen Häusern umzugehen lernen mussten.
Die vorgestellten häufigen Todesursachen reichen von Ertrinken - 40 % der tötlichen Unfälle rührtem vom Ertrinken, wenn man sich die Ursachen anschaut (ständiges Wasserhohlen vom Fluss, Kleidung die in die Tiefe zieht), ganz einleuchtend! - bis hin zu Krankheiten wie Syphillis.
Auch die schreckliche Wirkung des schlagartig einsetzenden massiven Gebrauchs von Zucker wurde demonstriert.

Eine sehr schöne Doku, die einem freilich manchmal die Haare zu Berge stehen ließ. Bei dem komplexen Thema war es sehr dankbar, dass ausgesprochen systematisch vorgegangen wurde.

Vorbildhaft, unbedingt anschauen! :yes:
 
"Harlots, Housewives and Heroines - A 17th Century History for Girls" (BBC Four)
" Act Three" beschäftigt sich mit Frauen in der Öffentlichkeit.

Gemeint sind hier Prostituierte, Schauspielerinnen, aber auch Literatinnen und Wissenschaftlerinnen. Selbstverständlich kommt die berühmte Nell Gwyn und die bedeutende Dramatikerin Aphra Behn vor, aber auch eine mir völlig unbekannte Celia Fiennes, die wie kaum eine andere Frau England bereiste. Von 1684 bis Anfang des 18. Jh. erkundete sie England zu Pferde und hielt ihre Beobachtungen handschriftlich fest. Eine faszinierende Frau!

Auch wenn hier die große Begeisterung von Dr. Lucy Wosley sehr mitreißend in der Folge war, fand ich die oftmals unpassenden Bilder, die gezeigt wurden und die oftmals aus dem 18. Jh. stammten, als sehr störend.

Dennoch sicherlich sehenswert für jeden, der sich mit dem Thema noch nicht beschäftigt hat, den aber Frauenschicksale interessieren.
 
"The Tudor Monastery Farm" erinnert an die Dokus von Peter Prestel, wo auch zahlreiche Aspekte eines Zeitschnittes dargestellt werden. Hier wird das Ganze aber noch ausgeklügelter und einfach breiter gemacht. Bedeutende Wissenschaftler oder auch letzte befähigte Handwerker, Schäfer usw. treten in historischer Kleidung (manchmal mit modernen Brillen) auf und beraten die Hauptakteure. In dieser Doku handelt es sich um 2 Männer und eine Frau, die einen Bauernhof in der Zeit um 1500 betreiben. Die Aufnahmen entstanden in einem Freilichtmuseum in GB. Bestechend sind die wahnsinnig vielen funktionierenden Bauten und die vielen Tiere. Das reicht von authentischen Webstühlen, einer Walkmühle bis hin zum Kräutergarten. Porträtiert wird das Leben und Arbeiten in der Zeit über einen ganzen Teil des Jahres. Folge 1 beginnt irgendwann im Frühjahr deutlich vor Ostern. Neben den Arbeiten, die anfallen, werden auch Bräuche, Tänze, kirchliche Aspekte präsentiert.
...
Im weiteren Verlauf werden auch Buchdruck, Buchbinden, Bedienen an der Tafel des Abtes und weiteres dargestellt, was nicht so viel mit dem Thema Landleben zu tun hat. Diese Szenen fand ich deutlich langweiliger. Auch fiel da noch stärker auf, dass teilw. nicht genug Kleider für den Zeitschnitt vorhanden waren und so sieht man dann auch skurillerweise gerade bei der Oberschicht Kleidung, die eher in die 1530er oder in eine noch spätere Zeit passt. Das betrifft v.a. Folge 4+5. Ansonsten natürlich trotzdem schon allein wegen der Tiere, Innenräume und Informationen sehr sehenswert.
 
Zur Zeit gibt es eine Sammlung von BBC-Dokumentationen im Sonderangebot. Ich kann mich eher dunkel daran erinnern und frage mich, ob sie empfehlenswert sind.

Meiner Erinnerung nach wurde die Geschichte schon etwas zurechtgebogen und natürlich die interessanteren Stellen der Quellen bevorzugt. Aber ich kann mich nicht erinnern, wie sehr es den Informationsgehalt beeinflusste.

Es handelt sich um die Dokumentationen

Cäsars Spiel um die Macht
Neros Wahn (Da kann ich mich nur an die Bienen Vespasians erinnern.)
Kampf des Tiberius
Aufstand der Juden
Konstantins Flammenkreuz
und
Der Untergang.

Könnt Ihr mir da auf die Sprünge helfen?
 
"At home with the Georgians" (2010)

Eine weitere Dokusensation aus dem Hause BBC. In "At home with the Georgians" führt Prof. Amanda Vickery in 3 Episoden durch zahlreiche Aspekte des häuslichen Lebens in der "Georgian"-Ära (18.-frühes 19. Jh.)

Folge 1 "A man's place" behandelt v.a. wie sich Männer ihr Leben in einem eigenen Haushalt vorstellten. Viele scheiterten schon allein daran eine geeignete Gattin zu finden. Manche bemühten sich akkurat den Wünschen ihrer Gemahlinnen zu entsprechen. Es geht aber auch um das oftmals existierende Missverhältnis zwischen Ausgaben für Hobbies der Männer und dem, was Damen zur Verfügung stand.

Folge 2 "A woman's touch" porträtiert verschiedene Frauenschicksale von einer völlig von ihrem Gatten tyrannisierten Dame bis hin zu Frauen, die sich völlig mit ihren Vorstellungen von Einrichtung und Leben in ihren vier Wänden durchsetzten.

In Folge 3 "Save as Houses" geht es darum, wie die Menschen damals ihre Häuser mit Graben und Zäunen in die reinsten Festungen verwandelten, welche aber auch eine Gefahr für die Bewohner darstellten. Andererseits wird das Schicksal von denen thematisiert, die statt einem eigenen Haus unter schrecklichen Bedingungen in Armenhäusern ihr Leben fristen mussten.

Die Serie reißt viele Themen an und Prof. Amanda Vickery schafft es spannend an Originalschauplätzen ihre Forschungsergebnisse zu präsentieren und gewährt damit einen intimen Einblick in das Leben in dieser Zeit, die England gewiss prägte wie kaum eine zweite. Trotz mancher Ausstattungsmängel in den wenigen, behutsamen Spielszenen überwiegt der überaus positive Eindruck dieser akribisch gestalteten Reihe. Wenn es einen Oscar für Dokus gäbe, wäre dies wohl ein sicherer Kandidat. :anbetung:
 
"1705 - Der bayerische Volksaufstand" BR 1995

Diese Doku zeichnet den großen Aufstand von 1705 ungefähr so akribisch nach wie Peter Milger die ersten Jahre des 30-jährigen Krieges in seiner Doku zu der Thematik. Es gibt unheimlich viel erstklassiges Bildmaterial: Porträts der Akteure, kaiserliche und bayerische Erlässe aus der Zeit, Votivtafeln, Stadtpläne und so weiter. Originalschauplätze werden vorgestellt. Viele viele zeitgen. Quellen werden zitiert, Briefe der Befehlshaber an ihre Oberen ebenso wie Erlässe. Gerade bei den geheimen Treffen in München hat die Doku etwas von einem Krimi, was sie enorm spannend macht. Die etwas antquiert wirkenden Spielszenen mit Kostümen auf Volkstheaterniveau tun dem keinen Abbruch. Für jeden Interessierten an dem Krieg ein Muss, für Interessierte an Bayerischer Landesgeschichte sowieso.

Die Doku besteht aus 3 Teilen zu jeweils 60 Minuten. Das ist ein Wort! :fs:
 
Operation Walküre - Fernsehdoku in 2 Teilen von 1971

Operation Walküre – eine fast vergessene Dokumentation von 1971 zum 20. Juli 44
Durch das 210 min. lange Doku – Schauspiel in 2 Teilen führt Joachim Fest. Es beginnt mit einer fiktiven Wochenschau als Einleitung , in dem der Staatsstreich geglückt ist. Als dann gibt es eine Umfrage unter Passanten aus dem Jahre 71, aus heutiger Sicht sehr interessant.
Es wechseln sich dann Interviews von Zeitzeugen und Schauspielsequenzen ab. Es sind zur damaligen Zeit noch einige wichtige Zeitzeugen am Leben, deren Zeugnisse diese Dokumentation wahrlich herausheben (u.a. v.Gersdorff, Gisevius, Major Remer u.v.a.). Damalige bekannte Schauspieler (u.a. Joachim Hansen als Stauffenberg) runden das Ganze unterhaltsam und informativ ab.
Wer zu diesem Thema detailversessen Informationen aufsaugen möchte, ist bei dieser Doku sehr gut aufgehoben. Sie besticht durch eine klare Nüchternheit , weil Joachim Fest sachliche Fragen zum Ablauf des Unternehmens stellt und diese ebenso sachlich beantwortet werden. Auch wird keine emotionale Begleitmusik beigemischt.
Ansonsten wird es aus meiner Sicht so sein, entweder findet man es sehr interessant oder stinkend langweilig.
 
ZDF-History Reihe

Aufgrund meines Interessengebietes [Neuere Militär-Geschichte] kann ich die ZDF-History Reihe sehr empfehlen. Ein Favorit aus der ZDF-History Reihe ist sicherlich die Folge: "1983 - Die Welt am Abgrund" oder "Der Mauerfall live".

Ich finde jedoch das filmische Dokumentationen oft nur einen groben Rahmen der geschilderten Vorfälle zeigen und man sich den tieferen Einblick in die Abläufe der Vorfälle oder Ereignisse besser aus Büchern, Dokumenten oder anderen anerkannten Quellen ziehen sollte.
 
Ken Burns "The Civil War"

Wer sich für die Zeit des US-Bürgerkriegs interessiert, dem kann ich die Ken Burns Dokumentation "The Civil War" wärmstens empfehlen.
Hier wird der Bürgerkrieg u.a. anhand von Tagebucheinträgen, Briefen, Zeitungsartikeln, öffentlichen Reden, etc. detailiert und atmosphärisch dicht skizziert. Unterlegt mit hunderten von Fotos aus der damaligen Zeit. Das Voice-Over der ersten deutschen Fassung (gesprochen von Bodo Primus) ist dem der späteren Synchronisation bei Weitem vorzuziehen.

Von Ken Burns gibt es auch gute Dokumentationen zur USA im 2. Weltkrieg ("The War"), zur Geschichte des amerikanischen Westens und seiner Besiedlung ("The West"), zur Zeit der Prohibiton ("Prohibition"), u.a.
 
"Culloden" (1964) BBC

"Culloden" (1964) von Peter Watkins

Etwa gleichmäßig verteilt sich der Inhalt des Dokudramas auf die Schlacht selbst und die Verfolgung der Jacobites im Nachgang. Action spielt dabei weniger eine Rolle. Einfache Teilnehmer der Schlacht werden mit biographischen Skizzen charakterisiert, vom britischen Infanteristen über einen schottischen Highlander, der von den Jacobites zum Mitmachen gezwungen wurde, bis hin zu den Hauptakteuren wie Cumberland und Bonnie Prince Charlie. Im Vordergrund stand bei der Besetzung offensichtlich, dass die Darsteller von Alter und Physiognomie halbwegs zu den historischen Personen passten. So sind die Schauspieler der beiden Anführer signifikant als junge Männer erkennbar. Das Schäbige und Abgerissene der durch den Nachtmarsch gezeichneten Jacobites ist ihnen deutlich anzusehen. Man erlebt einige Dialoge, aber auch eine Art von Interviews in denen Akteure von damals, auch Schotten, die auf Seite der Regierungstruppen Mitschuld an den folgenden Greueln trugen, sich zu rechtfertigen suchen.
Auf der Plusseite steht die Menge an Fakten, die zusammengetragen und zu einem spannenden Ganzen verarbeitet wurde. Die Unsicherheit des Stuarts ist ebenso wie die Selbstgefälligkeit Cumberlands gut gespielt. Bestechend ist auch das Drehen an den Originalschauplätzen, offenbar kein Problem damals für die BBC, wobei die Zusammenarbeit mit dem National Trust auch ausdrücklich im Abspann erwähnt wird.
Ein Hauptmalus besteht in den schlechten Ausrüstungsstücken und der offensichtlichen Unkenntnis der Funktionsweise der Waffen und der Taktik. Die Briten, damals wohl mit eine der Nationen mit der besten Infanterie, wirken wie ein einziger Lotterhaufen, wozu beiträgt, dass die Soldaten nie wie es historisch korrekt dicht an dicht und mindestens 3 Glieder tief stehen. Die Kanonen wirken wie lächerliche Spielzeugdinger, die Explosionen, die sie erzeugen konterkarieren den im übrigen gepflegten Realismus in der Darstellung. Die Uniformen wirken nicht besonders gut gemacht, dass Bonnie Prince Charlie nicht die überlieferte karierte Klamotte trägt, erstaunt ein wenig bei so emsigen Recherchen zum historischen Hintergrund. Die sonst steht's bemühte Facette mit dem extra eintrainierten Wandel in der Handhabung des Bajonetts gegen die Highlander wird dankenswerterweise nicht thematisiert. Andererseits wird die Gefährlichkeit der Highlander als eine der besten Infanterieen Europas auch ausgespart und auf das Problem mit dem Gelände nicht tief genug eingegangen.

Insgesamt eine eindringliche Studie, die gekonnt schafft die Brücke der "modernen" Kriegsberichterstattung in eine Zeit zu schlagen, die uns vom zeitlichen Abstand fern sein müsste. Durch die Art der Darstellung gewinnt das Schicksal der Menschen von damals einen unmittelbaren Eindruck auf uns. Krieg ist Krieg und Krieg ist grausam.
Sehenswert.
 
"The Secret History of British Gardens" (2015) BBC

"The Secret History of British Gardens" Monty Don/Chris Mitchell - BBC 2015

Monty Don präsentiert in dieser Reihe die Entwicklung der britischen Gärten vom 17.Jh. bis in die Gegenwart. Typisch für gehobene britische Dokus werden wieder neben schieren Fakten auch viele Eigentümer und Historiker besucht. Außerdem führt Monty Don, der sich selber primär als Gärtner bezeichnet, pro Folge eine Art Experiment durch. In der ersten Folge zu den Gärten des 17.Jh. schmiedet er eine große Heckenschere mit welcher er einen Baum in einem der schönsten Parks Englands stutzt. Das ist alles wie gewohnt sehr anschaulich gemacht und von einem sowohl intelligenten, als auch unterhaltsamen Menschen vorgestellt. Da mich nur die ersten zwei Folgen, die zum 17. und die zum 18.Jh. interessierten, kann ich nur dafür sprechen. Da hat man schon sehr gut geschafft die Entwicklung im Gartenbau in Großbritannien widerzuspiegeln und wiewohl mich Landschaftsarchitektur nicht so rasend interessiert, hat es mir sehr gut gefallen und mitgenommen.

Sehr sehenswert. :yes:
 
"George III The Genius Of The Mad King "(2017) BBC

Es geht um die Veröffentlichung zahlreicher persönlicher Dokumente George III. und seiner Familienangehörigen. Die Doku kommt ohne Spielszenen aus. Stattdessen sieht man Wissenschaftler bei der Arbeit, die in Windsor-Castle die wertvollen Dokumente in Augenschein nehmen dürfen. Die Inhalte sind enorm spannend. Sie zeigen die mannigfaltigen Interessen und Kenntnisse des Königs, der ein akribischer Arbeiter war und sich auch ins politische Geschehen seiner Zeit einzumischen wusste.

Etwas seltsam vielleicht die Behauptung in der Doku in Großbritannien sei es in Zeiten der Revolution in Frankreich friedlich zugegangen. Hiermit wird der Aufstand in Irland 1798 ebenso unterschlagen wie die zahlreichen Unruhen in England am Ende des 18.Jh. (z.B. Priestly Riots).

Dennoch unbedingt sehenswert, auch wenn man sich vielleicht nicht für britische Geschichte interessiert. Der Mensch hinter dem Monarchen kommt schon recht gut zur Geltung.
 
"Die Industrialisierung des Südwestens" (SWR - Regie: Peter Prestel) 2017

Am Wochenende lief Peter Prestels Doku zur Industrialisierung von Südwestdeutschland, gemeint ist hier das Sendegebiet des SWR.

Als ein roter Faden der Dokumentation fungiert der Lebensweg des Trierers Karl Marx. Andere Schwerpunkte sind die Erfindungen von Drais, der optische Telegragph, , der Handelsverkehr auf dem Rhein mit seiner Begradigung durch Tulla, der Eisenbahnbau in Schwaben und die Karriere der Lederfabrikation in Worms.

Vor allem der Abschnitt bis zur badischen Revolution war recht packend inszeniert und durch die heute in Dokus typischen Experimente wie der Wettlauf zwischen dem Laufrad des Herrn von Drais und einem Ausdauerläufer aufgelockert. Zum Ende hin fand ich die Doku langweiliger. Auch Herr von Ortloff, bekannt durch Eisenbahnromantik, konnte daran nichts ändern. Das "Experiment" mit der Fertigsuppe hätte man vielleicht spannender gestalten können, z.B. mit Probanten, die moderne Kreationen mit 1:1 nachgekochten Rezepten verglichen hätten, wäre was gewesen.

Insgesamt aber dennoch eine eher gelungene Doku, die zahlreiche Aspekte der Industrialisierung zwischen 1800 und etwa 1900 veranschaulicht. Durch die verspätete Industrialisierung im Südwesten setzt die Doku meistenteils deutlich später an, als es in einer Doku z.B. über NRW und die Industrialisierung gewesen wäre.
 
Der zweite Prager Fenstersturz (Tschechien/Frankreich, 2017, Regie:
Zdenek Jirasky)


Wenngleich eine Produktion von Arte und CT äußerlich ganz deutlich keine typische Arte-Doku - zum Glück!

Die Dokumentation behandelt die Zeit vom Mai 1618 bis zur Hinrichtung der böhmischen Anführer 1621. Erstaunlicherweise wird nicht näher auf den Majestätsbrief und den innerhabsburgischen Konflikt eingegangen, welcher diesen befördert hatte. Auch die politischen Strippenzieher in Wien v.a. Khlesel bleiben unerwähnt, der im "Wallenstein"-Mehrteiler der 1970er eine wichtige Figur war. Ausnahmsweise wird Wallenstein garnicht erwähnt. Stattdessen stehen Graf Thurn, Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz und Kaiser Ferdinand II. im Fokus.
Es gibt zahlreiche Spielszenen, aber diese auf einem erstaunlich hohen Niveau. Die Frisuren, Drehorte und Kostüme sehen exquisit aus, ich würde sagen, sogar besser als beim Wallenstein-4-Teiler von 1979, der bis jetzt Maß aller Dinge blieb. Fantastisch sind Details wie die Spiele, korrekte Tonpfeifen, Kutschen etc., die vorkommen.
Es kommen Historiker verschiedener Länder zu Wort, bei militärischen Aspekten der Militärhistoriker Peter H. Wilson, dessen Werk zu dem Krieg scheinbar mittlerweile Standardliteratur geworden ist. Die Kommentare analysieren auch recht scharf und deutlich die Fehler der verschiedenen Seiten. Vielleicht da die Doku eine tschechische ist, findet auch der Werdegang der Allianz zwischen Maximilian von Bayern und Ferdinand II. keine nähere Erwähnung.
Gezeigt werden auch zahlreiche zeitgenössische, sehr selten historistische Darstellungen der wesentlichen Ereignisse und Protagonisten, so dass man auch gut erkennen konnte wie akribisch die Frisuren bspw. den Charakteren nachempfunden wurden.

Trotz des vielen, was nicht vorkommt, wurde in die 85 min. schon eine Menge wissenswertes gepackt. Ja, der Schwerpunkt hier in der Doku auf die Fehler des reformierten Kurfürsten von der Pfalz in Böhmen, die zu einer Entfremdung seiner Untertanen mit dem König führten, sind sogar erfrischend.
Selbst die Schauspieler fand ich bemerkenswert gut.

Unbedingt m.E. sehenswert.
 
Tolle Kostüme auf jeden Fall :) Auch alles ganz gut inszeniert. Nur die Schauspieler wollten mir nicht gefallen. Friedrich von der Pfalz als blasser Rotschopf? :D Und alle schauen ständig so hilflos wenn sie nicht gerade beten.
Negativ fand ich auch,dass keine Erklärung gegeben wurde, warum der Krieg nach der Böhmischen Phase nicht zu ende war. Dass Kaiser Ferdinand eine massive Rekatholisierungskampagne im Reich fuhr und deshalb König Christian von Dänemark eingriff wurde mit keinem Wort erwähnt.
 
Das mit dem Rotschopf hatte ich auch nicht verstanden. Auf den meisten Gemälden wirkt er recht ansehnlich, seine Frau weniger. Die Attraktivität, die ihr hier unterstellt wurde, liegt vielleicht in der Bewunderung durch den Tollen Halberstädter begründet.

Ich hatte den Eindruck, dass man sich ganz bewusst auf die Zeit bis 1621 beschränkte. Zum Rest gibt es ja auch genug Dokus von Peter Milger zum Beispiel.

Hm, vielleicht waren die auch hilflos? Auch bei dem Vierteiler von 79 wirkt eigentlich nur Maximilian I. irgendwie entschlossen.
 
Zurück
Oben