Kaiser WIlhelm II. - Wegbereiter des Nationalsozialismus

Insgesamt wundert mich, wie unkritisch die Rhetorik/das Wirken von Wilhelm vor 1914 als alles durchdringende, monolithisch formende Kraft in einer Art uniformierten Gesellschaft wahrgenommen wird. Also ob vor 1914 schon ein totales Propaganda-Regime, eine gleichgeschaltete Ordnung wie 1933 nachfolgend bestanden hätte.

Mich wundert, welche Popanze aufgebaut werden, die wenig mit der eigentlichen Argumentation zu tun haben. Aber diese werden dann besonders heftig kritisiert. Und mich wundert, dass qualifizierte Darstellungen zur Entwicklung der Kontinuitäten, u.a. auch bei der extremen Rechten, inklusive der entsprechenden Autoren, nicht zur Kenntnis genommen werden. Und es wurde auch nicht da, nämlich bei der Entwicklung des Rechtsextremismus, über Kontinuitäten und Brüche diskutiert. Da hätte man angemessen komplex ein Thema diskutieren können. Es gib also vielerlei Formen der Verwunderung.

Das zudem sinnentstellend zitiert wird, was - komischerweise - von Dir @andreassolar - nicht angemerkt wird, obwohl Du normalerweise beanspruchst sehr quellen- bzw. literaturkritisch zu arbeiten, ist auch verwunderlich.

Dass zudem relativ veraltete Literatur "akzeptiert" wird, neuere Ergebnisse dabei schlichtweg ignoriert werden. Und witzerweise dann Bücher von 2008 zitiert werden, die natürlich wichtige Arbeiten von 2016 nicht in ihren Schlußfolgerungen berücksichtigen konnten, auch verwunderlich.

Aber vermutlich waren die Nationalsozialisten doch kleine grüne Männchen, die ohne eine entsprechende Historie aus dem Nichts kamen.

Und wenn schon komparativ, warum wurde dann nicht MacGregor Knox (To the threshold of Power) wenigstens angeführt, da er - so mein unbedeutender Kenntnisstand - eine wichtige Referenzliteratur ist.

Und die m.E. wichtigste empirische Analyse zur Bestimmung der zentralen Variablen, die die "Machtergreifung" komparativ erklärt, wurde noch gar nicht angeführt. An diesem Punkt wird ein angemessenes Niveau von Komplexität erreicht.

Bromhead, Alan de; Eichengreen, Barry; O'Rourke, Kevin H. (2013): Political Extremism in the 1920s and 1930s: Do German Lessons Generalize? In: J. Econ. Hist. 73 (02), S. 371–406.

Jedem sein eigenes Geschichtsbild, weil "Referenzliteratur" wohl unterschiedlich bewertet wird, aber man sollte nicht anderen "unkritische" Sichten unterstellen, wenn die Positionen noch nicht mal richtig zur Kenntnis genommen werden.
 
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Dass zudem relativ veraltete Literatur "akzeptiert" wird, neuere Ergebnisse dabei schlichtweg ignoriert werden. Und witzerweise dann Bücher von 2008 zitiert werden, die natürlich wichtige Arbeiten von 2016 nicht in ihren Schlußfolgerungen berücksichtigen konnten, auch verwunderlich.
Bei den neuesten Darstellungen zur Reichwehr und Politik in der Weimarer Republik erscheint der von dir aufgeführte MacGregor Knox nicht im Literaturverzeichnis (Bergien 2012/ Keller 2014). Und auch in der komparativ angelgten Studie von Boris Barth auch nicht (Barth 2016), ebenso wenig bei Kailitz (Kailitz 2015). Bei den Studien von Bergien, Keller und Barth kommt Hagen Schulze aber vor. Was ist da los? MacGregors Analyserahmen wird zudem kritisiert. Rezension zu: M. Knox: To the Threshold of Power | H-Soz-Kult. Kommunikation und Fachinformation für die Geschichtswissenschaften Dieser ist noch in den 1970er und 1980ern gefangen.
Jedem sein eigenes Geschichtsbild, weil "Referenzliteratur" wohl unterschiedlich bewertet wird, aber man sollte nicht anderen "unkritische" Sichten unterstellen, wenn die Positionen noch nicht mal richtig zur Kenntnis genommen werden.
Aber vermutlich waren die Nationalsozialisten doch kleine grüne Männchen, die ohne eine entsprechende Historie aus dem Nichts kamen.
Sie waren da, kleine Frage, aber die Offenheit der Geschichte scheint es bei dir scheinbar nicht zu geben.

Barth, B.: Europa nach dem Großen Krieg. Die Krise der Demokratie in der Zwischenkriegszeit 1918-1938, Frankfurt/New York 2016.
Bergien, R.: Die bellizistische Republik. Wehrkonsens und "Wehrhaftmachtung" in Deutschland 1918-1933, München 2012.
Kailitz, S.: Nach dem "Großen Krieg" - vom Triumpf zum Desaster der Demokratie 1918/19 bis 1939, in: Totalitarismus und Demokratie 12 (2015), S. 21-45.
Keller, P.: "Die Wehrmacht der Deutschen Republik ist die Reichswehr". Die deutsche Armee 1918-1921, Paderborn 2014.
 
Eine relativ kompakte Darstellung zur Kontinuitätslinie von wilhelminischer "alter Rechte", über die "neue Rechte" zur NS-Bewegung findet sich bei Eley.

In Fortführung seiner Arbeit zu "Reshaping" greift er den zentralen Gedankengang erneut auf in "Konservative und radikale Nationalisten in Deutschland: Die Schaffung faschistischer Potentiale 1912-1929 (1991, S. 209 ff).

Und formuliert: " Im Verlauf der Radikalisierung von 1912-1920 wurde das alldeutsche Heilmittel - das Ideal eines rassisch bestimmten vereinten Volkes, das zum Kampf gegen innere und äußere Feinde mobilisiert war und die Spaltung von Klassen-, Gruppen-, Partikular- und Konfessionsloyalitäten durch das fanatische Streben nach deutscher Größe vergessen machte - Teil des Diskurses der gesamten Rechten. In den Revolutionsjahren 1918-1920 eskalierte dann nicht nur die Tonart, und Inhalt dieser Vorstellung, sondern sie fanden auch weitere und stärker abgesicherte Verbreitung.

Zu Beginn der 1920er Jahre war daher eine brutalisierte Form des radikalnationalistischen Erbes Allgemeingut der deutschen Rechten, die vom konservativen Flügel der DNVP bis zu den paramilitärischen Formationen und den extrem völkischen Sekten reichte."

Die Vaterlandspartei scheiterte an der Mobilisierung des "Volkes" auf der Basis dieses "Volkskonzepts" aus einer Reihe von Gründen und führte auch nicht zur populistischen Mobilisierung durch die DNVP. (Eley, 1991, S. 245)

Dieses Erbe trat dann erfolgreich erst die NSDAP an und profitierte von den ideologischen Konzepten der wilhelminischen neuen Rechten und der neuen Fähigkeit zur populistischen Mobilisierung, ähnlich wie Mussolini 1922 in Italien.

Eley, Geoff (1990): Reshaping the German right. Radical nationalism and political change after Bismarck. Ann Arbor: University of Michigan Press
Eley, Geoff (1991): Wilhelminismus, Nationalismus, Faschismus. Zur historischen Kontinuität in Deutschland. Münster: Westfäl. Dampfboot
 
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Sie waren da, kleine Frage, aber die Offenheit der Geschichte scheint es bei dir scheinbar nicht zu geben.

Wenn sie da waren, woher sind sie denn gekommen und woher haben sie denn ihre Bezugspunkte übernommen, Woher ihr Weltbild und ihre politischen Ziele?????

Und da kann es immens hilfreich sein sich mit Leuten wie Pfeffer v. Salomon zu beschäftigen. Übrigens nach Büttner erschienen.

Abteilung Popanz:
Ansonsten? Ein wenig lesen und verstehen wollen kann da hilfreich sein, vgl. #26, und wurde formuliert:

In diesem Sinne gab es viele Traditionslinien, die das Ausbilden der NS-Bewegung begünstigt haben. Aber es war auch der WW1 und noch vielmehr die Erfahrung der Wirtschaftskrisen in den zwanziger Jahren, die die politische Radikalisierung begünstigt haben.

Allerdings gibt es keinen Determinismus, wie Scorpio es richtig beschreibt, der vom 2. Deutschen Reich in das 3. Reich führen würde.
 
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Das war meine Frage:
Wenn sie - also die Entwicklung der NS-Bewegung - da waren, woher sind sie denn gekommen und woher haben sie denn ihre Bezugspunkte übernommen, Woher ihr Weltbild und ihre politischen Ziele?????

und ich verstehe die Antwort nicht. Was leistet beispielsweise Bergien zur Beantwortung obiger Frage????? Ich gehe davon aus, das zitierte Literatur gekannt wird und problemlos referiert werden kann, bei Nachfrage.

Sie waren da, kleine Frage, .......
Bergien, R.: Die bellizistische Republik. Wehrkonsens und "Wehrhaftmachtung" in Deutschland 1918-1933, München 2012.
 
Wenn sie da waren, woher sind sie denn gekommen und woher haben sie denn ihre Bezugspunkte übernommen, Woher ihr Weltbild und ihre politischen Ziele
Also bis in den 1930er Jahren waren das knapp 3 % der Bevölkerung und ja, sie bevorzugten ein anderes politisches System. Viel wurde auch aus dem Krieg heraus transportiert und ideologisiert. Aber nur weil das Gedankengut da war, musste es umgesetzt werden? Und sicher haben Sie viele andere Faktoren genannt, die eine Rolle bei der Machtergreifung spielten. Aber da die Gewalt nach 1923 eingestellt wurde und die Zwischenkriegszeit auch gemeinhin als das Zeitalter des Aufbruchs genannt wird, kann der Faktor Gewalt keine Ursache mehr sein. Die Wirtschaftskrisen sind sicher eine der wichtigsten Ursachen. Aber erklärt wirklich eine Biographie eines Franz Pfeffer von Salomon das Scheitern oder die Kontinuität der Weimarer Republik und inwiefern macht das Erscheinungsdatum einen Unterschied? Ist eine Biographie nicht zu einseitig, um die vielschichtige Weimarer Republik zu erklären? Also ich greif lieber auf die umfassende Darstellung Büttners zurück als auf die Biographie, wenn ich etwas über den Zeitraum wissen will.

Der NSDAP in die Karten haben vor allem das Misstrauen der Gesellschaft gegenüber den Staat in Folge der Weltwirtschaftskrisen. Die Bevölkerung sah sich hinsichtlich der sozialen Gerechtigkeit betrogen und fühlte sich nicht mehr richtig repräsentiert.
Dann wurden rechtsradikale Staatsfeinde indienst gestellt, welche den Staat eher bekämpften und was ich auch in einen früheren Beitrag erwähnt habe als Ursache galt.
Die sozialen Spannungen innerhalb der Weimarer Republik verschärften sich und dies konnte die NSDAP für sich nutzen.

Nun aber meine Frage, um die es hier auch in dem Thread geht: inwiefern spielt nun Wilhelm II eine Rolle darin, die NSDAP, bzw. Hitler zu ermöglichen? Wilhelm II. ging 1918 ins Exil und war politisch weitestgehend ausgeschalten. Ich habe die ganze Zeit darauf gepocht, dass es deshalb schwierig wird, ihn als Wegbereiter darzustellen, bis Sie die Diskussion "beendeten". Man hätte anders weitergehen können.
Leider, lieber thanepower, liegt es Ihnen scheinbar nicht an Diskussion, sondern haben Sie Angst hier nicht wahrgenommen zu werden. Ich kann die beleidigenden Antworten sonst nicht anders verstehen. Anstatt sich mit Argumenten auseinanderzusetzen weißen Sie lieber auf fehlerhafte bzw. schlechte Literatur hin.

Und genau an diesem Punkt ergibt sich auch die Konstanz zwischen der politischen Ideologie im pre-WW1 Kaiserreich, der Sozialisation im Kaiserreich, der Gewaltorgie der Freikorps und der Fortführung dieser Erfahrung in der SA. Erfolgreich bis zur "Nacht der langen Messer", in der dieser manifeste militante Aktionismus beendet wurde und in eine Form der staatlichen Repression überführt wurde.

Einerseits bestreiten Sie deterministische Faktoren und andererseits sehen Sie genau hierin die Konstanz. Ja was jetzt?
nd ich verstehe die Antwort nicht. Was leistet beispielsweise Bergien zur Beantwortung obiger Frage????? Ich gehe davon aus, das zitierte Literatur gekannt wird und problemlos referiert werden kann, bei Nachfrage.
Sie haben ja MacGregor Knox als "wichtig" angesehen, was zitiert werden muss. Leider fand ich das Buch in keiner aktuellen Darstellung. Stattdessen hab ich die Bücher zitiert, die in allen aktuellen Darstellungen zur WEimarer Republik im Literaturverzeichnis zu finden sind. Nun dieses Buch analysiert das Verhältnis des Staates zur Reichsarmee und stellt die These auf, dass nicht von einem Staat in Staate gesprochen werden kann. Diese Arbeit verfolgt die These, dass zwischen zivilen und militärischen Eliten sowie gesellschaftlichen Akteuren ein Konsens bestand und dass von den Akteuren die geheime Aufrüstung der Reichswehr unterstützt wurde.

Und zur Beantwortung Ihrer Frage. Ja, weite Teile der NSDAP haben ihre Vorstellungen aus den Erfahrungen des Kaiserreichs und des 1. Weltkrieges, aber längst nicht alle. Viel wurde sich auch von Ressentiments bedient. Aber dies erklärt nicht den Sprunghaften Anstieg von 2,6 auf 18,3 % Stimmen.
 
Einerseits bestreiten Sie deterministische Faktoren und andererseits sehen Sie genau hierin die Konstanz. Ja was jetzt?

Eine Kontinuität, die aus der Zeit vor dem WW1 ideengeschichtlich und akteursgebunden (Alldeutsche etc.) als roter Faden bis 1933 reicht. Und in der Lage ist, das wertegebundene Verhalten der Akteure zu erklären.

Das ist nicht deterministisch, weil externe Einflüsse wie beispielsweise der verlorene WW1, die Erfahrung der Hyperinflation, die Weltwirtschaftskrise etc. intervenierten. Vor diesem Hintergrund hätte die Weimarer Republik auch genauso weiter bestehen können und es gab keinen zwangsläufigen Weg, der von der Ideologie der "Vaterlandspartei" in das "3. Reich" geführt hätte. Deutlich genug?

Aber erklärt wirklich eine Biographie eines Franz Pfeffer von Salomon das Scheitern oder die Kontinuität der Weimarer Republik

An der Person des "Obersten SA-Führer" kann man exemplarisch demonstrieren, Röhm wäre ähnlich, wie die Biographien verlaufen sind und welche Rolle u.a. "Gewalt" respektive der WW1 bzw. die Freikorps in der Lebenserfahrung gespielt haben.

Und diese Biographien erklären die Rolle der Gewalt in der SA, die Grenzen der direkten physischen Gewalt und das Aufkommen der SS.

Das Scheitern wird nur insofern erklärt über die Person von Pfeffer von Salomon das politische Denken illustriert wird, das sich an einem aktionistischen, militanten und autoritären Weltbild orientiert. Für die Mechanismen der parlamentarischen Demokratie und ihre Vor- und Nachteile hatte er kein Verständnis, weil er sie a priori abgelehnt hatte.

Sie haben ja MacGregor Knox als "wichtig" angesehen, was zitiert werden muss. Leider fand ich das Buch in keiner aktuellen Darstellung.
Dann nutzen wir unterschiedliche Literatur bzw. haben andere Suchstrategien: Wenn ich lediglich den Namen suche, dann bekomme ich auf die Schnelle folgende Fundstellen auf einem "Kindle".

5 x Paxton: Anatomy of Fascism
5 x Müller: Imperial Germany Revisited
5 x Hamilton: The Origins of World War I
4 x Bosworth: Mussolini`s Italy
3 x Naranch: German Colonialism in a Global Age
3 x Martel: The Month that changed the World
3 x Kershaw: To Hell and Back
2 x Stevenson: 1914 - 1918
2 x Payne: A History of Fascism
2 x McElligott: Rethinking the Weimar Republic
1 x Jones: Am Anfang war Gewalt
1 x Jarausch & Geyer: Shattered Past
1 x Mombauer: The Kaiser

Und zur Beantwortung Ihrer Frage. Ja, weite Teile der NSDAP haben ihre Vorstellungen aus den Erfahrungen des Kaiserreichs und des 1. Weltkrieges, aber längst nicht alle. Viel wurde sich auch von Ressentiments bedient. Aber dies erklärt nicht den Sprunghaften Anstieg von 2,6 auf 18,3 % Stimmen.

Also Kontinuität! Es haben somit Teile der NSDAP ihre Erfahrungen aus der Periode vor 1918 gesammelt und wurden somit in dieser Phase politisch Sozialisiert. Und aus welcher Zeit haben die anderen ihre Erfahrungen??? Wenn ich mal fragen darf? Über "Ressentiments"? Diese sind auch zeitlich gebunden und gehören in einen definierten kulturellen Zusammenhang, wie einen extremen Ethnozentrismus, einen extremen Nationalismus oder militantes Ablehnen von Sozialisten oder Antisemitismus. Also gehört das auch in den Kontext der oben von Eley beschriebenen Radikalisierung zwischen 1912 und 1920.

Und was für einen sprunghaften Anstieg auf 18,3 Prozent? Bei Falter, der neben Childers (The Nazi Voters) die wichtigsten Arbeiten zur historischen Wahlsoziologie geleistet hat, ist es eine Art von Wählerwanderung nach Rechts, also zur NSDAP. die zentrale Erklärung.

Leider, lieber thanepower, liegt es Ihnen scheinbar nicht an Diskussion, sondern haben Sie Angst hier nicht wahrgenommen zu werden. Ich kann die beleidigenden Antworten sonst nicht anders verstehen. Anstatt sich mit Argumenten auseinanderzusetzen weißen Sie lieber auf fehlerhafte bzw. schlechte Literatur hin.

Bitte in Zukunft auf die kindische laienhafte Form der Psychologisierung zu Verzichten.
 
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Nun dieses Buch analysiert das Verhältnis des Staates zur Reichsarmee und stellt die These auf, dass nicht von einem Staat in Staate gesprochen werden kann. Diese Arbeit verfolgt die These, dass zwischen zivilen und militärischen Eliten sowie gesellschaftlichen Akteuren ein Konsens bestand und dass von den Akteuren die geheime Aufrüstung der Reichswehr unterstützt wurde.

Das ist sicherlich ein hervorragendes und spannendes Buch zur geheimen Aufrüstung innerhalb der Weimarer Republik. Allerdings leistet es keinen zentralen Beitrag, der die Kontinuität einer Entwicklung von der wilhelminischen Epoche über die Weimarer Republik bis ins Dritte Reich verdeutlicht.

Und die Rüstungspolitik der Weimarer Republik wäre es absolut Wert gesondert betrachtet zu werden. Und dafür haben wir jetzt ja auch schon ein wichtiges Referenzwerk definiert.
 
An der Person des "Obersten SA-Führer" kann man exemplarisch demonstrieren, Röhm wäre ähnlich, wie die Biographien verlaufen sind und welche Rolle u.a. "Gewalt" respektive der WW1 bzw. die Freikorps in der Lebenserfahrung gespielt haben.

Und diese Biographien erklären die Rolle der Gewalt in der SA, die Grenzen der direkten physischen Gewalt und das Aufkommen der SS.

Das Scheitern wird nur insofern erklärt über die Person von Pfeffer von Salomon das politische Denken illustriert wird, das sich an einem aktionistischen, militanten und autoritären Weltbild orientiert. Für die Mechanismen der parlamentarischen Demokratie und ihre Vor- und Nachteile hatte er kein Verständnis, weil er sie a priori abgelehnt hatte.

Den Part verstehe ich nicht ganz. Inwiefern erklärt die Biographie von Pfeiffer von Salomon das Scheitern Weimars? Und inwiefern ist er mit Röhm vergleichbar?
Und was für einen sprunghaften Anstieg auf 18,3 Prozent? Bei Falter, der neben Childers (The Nazi Voters) die wichtigsten Arbeiten zur historischen Wahlsoziologie geleistet hat, ist es eine Art von Wählerwanderung nach Rechts, also zur NSDAP
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Ich glaube, er meint damit, dass die meisten Wähler nicht aufgrund der Erfahrungen des Kaiserreiches die NSDAP gewählt haben Ich bin mir aber überhaupt nicht sicher.
 
@Lafayette II. Im entsprechenden Link zur Entwicklung des Rechtsextremismus in der Weimarer Republik ist es ausführlich erklärt.

Die Virulenz eines undemokratischen autoritären Denkens kann man an vielen Personen und in vielen Facetten verdeutlichen.

So beschreibt Turner (S. 115 ff) eine Szene am 5. 11. 1923, in der der Reichswehrminister Geßler und Seeckt als Chef der Heeresleitung zunächst bei Ebert und dann direkt bei Stresemann diesen zum Rücktritt (Initiative geht nur von Seeckt aus) zwingen wollen , indem er ihm die Unterstützung durch die Reichswehr "kündigte".

Diese Form der Erpressung stand im Kontext der Forderung nach Einsetzung eines "überparteilichen Regimes" und lief auf eine Form der oligarchischen Diktatur hinaus.

Als Personen für ein derartiges autokratisches Gremium wurden Generalkommisar Kahr, Friedrich Minoux (eng Verbunden mit dem Stinnes Konzern) und Botschafter Wiedfeldt (ehemaliger Direktor bei Krupp) genannt. Dieses Konzept wurde vor allem aus dem Umfeld der DNVP, in besonderem durch Stinnes, sehr positiv favorisiert.

Latent schwang im Hintergrund immernoch die Idee einer Reinstallierung der Monarchie.

In gewisser Form ist es der Versuch einer Vorwegnahme der späteren Präsidialregimes unter Hindenburg. Allerdings waren Ebert und Stresemann ausreichend gestandene Politiker, diesem Druck von Seiten der extremen Rechten in Kooperation mit der Reichswehr zu dem - kritischen - Zeitpunkt noch stand zu halten.

Allerdings führt auch in diesem Fall eine gewisse Kontinuität bei der undemokratischen Haltung der Spitze der Reichswehr von Seeckt zu Schleicher etc.

Turner, Henry Ashby (1968): Stresemann - Republikaner aus Vernunft. Berlin, Frankfurt/Main: Leber.
 
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Hm, wie weit war Wilhelm II. an der Wegbereitung des Nationalsozialismus beteiligt, war mal irgendwann die Ausgangsfrage.

  • Welche personelle Kontinuitäten bestanden zwischen beispielsweise dem direkten Umfeld von Wilhelm und der NSDAP um Hitler bis zum Erscheinen von 'Mein Kampf' ?
Sie könnten ein Indiz für die inhaltliche Nähe und den inhaltlichen Übergang darstellen. Die wesentliche ideologische Entwicklung war m.E. mit 'Mein Kampf' abgeschlossen.

  • Gab es bei der Entstehung von 'Mein Kampf' aus dem Umfeld von Hitler Helfer bei der Abfassung, die direkt von Wilhelm dauerhaft und explizit vertretenes Gedankengut rezipiert hatten, welches in 'Mein Kampf' eingeflossen ist? Hat H. sich direkt auf Wilhelm berufen oder in nennenswertem Umfang Ansichten/Positionen und politische Vorstellungen übernommen?
  • Beriefen sich führende NS-Größen der Zeit bis 'Mein Kampf' ex- oder implizit auf dauerhaft von Wilhelm vertretene politische und gesellschaftliche Positionen?
  • Von 'Mein Kampf' gibt es inzwischen eine kritische Edition, welchen Stellenwert nimmt Wilhelm II. darin ein?
  • Welche Tätigkeiten/Gesetze/ideologische Positionen des NS-Regimes in den ersten zwölf Monaten nach Machtantritt im Januar 1933 sind auf politische Tätigkeiten und Gesetzesinitiativen, auf Vorarbeiten oder dauerhaft vertretenen Positionen Wilhelms während seiner Kaiserherrschaft zurückführbar?
  • Lässt sich die inszenierte NS-Bewegung, die Partei-Praxis auf Vorstellungen von Wilhelm zurück führen, sei es die paramilitärische Organisation und Gliederung, die umfassende Mobilisierung und Selbstmobilisierung, die Gewaltbereitschaft und der messianische Führerkult ab ca. 1922 auf dauerhaft vertretene Vorstellungen von Wilhelm zurückführen?
Die Virulenz eines undemokratischen autoritären Denkens kann man an vielen Personen und in vielen Facetten verdeutlichen.

Dazu brauchte man nicht Wilhelm II. Siehe Italien seit 1919, siehe diverse andere autoritäre Regime in Europa nach Kriegsende 1918/1919. Eine transnationale Perspektive würde hier die Sicht erweitern, finde ich...;)
 
Die Ausgangsfrage des Threads war, inwiefern Wilhelm II den Nationalsozialismus möglich war. Unsere Diskussion führt gerade ein wenig am Thema vorbei, da von thanepower die Zeit irgendwie bei 1923 stehen bleibt und danach kam dann nichts mehr. Die Verwendung von Biographien zur Erforschung und Typologisierung der Ideologie der NS ist durchaus üblich – die Rezension dürfte auch bekannt sein. Aber erklärt eine Biographie, weshalb die Partei gewählt wurde? Nur weil man weiß, wie jemand denkt, weiß man, wieso dieser gewählt wurde? Wird das Denken der Gesellschaft nicht zu sehr reduziert? Abgesehen davon wird auch in der Forschung betont, dass zwar Elemente einer Kontinuität der NSDAP von 1919 bis in die 1930er vorhanden sind, aber die NSDAP der Revolutionsphase unterscheidet sich von der NSDAP der Neugründung von 1925 (Kolb 2013: 113).

Und was für einen sprunghaften Anstieg auf 18,3 Prozent? Bei Falter, der neben Childers (The Nazi Voters) die wichtigsten Arbeiten zur historischen Wahlsoziologie geleistet hat, ist es eine Art von Wählerwanderung nach Rechts, also zur NSDAP. die zentrale Erklärung.

1928 hatte die NSDAP 2,6% der Stimmen, 1930 18,3%. Das ist schon ein Sprung. Einfach zu sagen, „ja da sind alle nach rechts gewandert“, ist eine irgendwie witzige Erklärung. Aber schau nochmal bei Falter nach, S. 292-294 und in seinem Schlusskapitel. Die Erklärung, dass sie alle ihre politische Sozialisation vor dem Ersten Weltkrieg haben, ist legitim, aber das macht das Kaiserreich ein wenig schlecht. Dein Bild davon hätte ich gerne. Scheinbar war das sowieso der Vorläufer des Nationalsozialismus. Die politische Radikalisierung, welche zum Wahlerfolg führte, erfolgte aber nicht im Ersten Weltkrieg, sondern durch den Eindruck der politischen Krise in den 1930er und der Weltwirtschaftskrise. Wenn du so sehr auf die Radikalisierung zwischen 1912 und 1920 pochst, wie waren dann stabile Jahre möglich? Weshalb nahm die Gewalt ab?

In #63 erwähnst du ja, dass die NSDAP von den ideologischen Konzepten der „wilhelminischen neuen Rechten“ (was ein Begriff) profitierte. Hier ziehst du wohl den Punkt zur Fragestellung. Allerdings ist auch Eleys Darstellung nicht so zutreffend, da er sich zu wenig mit der Genese des Nationalsozialismus beschäftigt. Noch ein Historikerstreit

Ich hätte nochmal eine Nachfrage über eine deiner Thesen:

weil externe Einflüsse wie beispielsweise der verlorene WW1, die Erfahrung der Hyperinflation, die Weltwirtschaftskrise etc. intervenierten. Vor diesem Hintergrund hätte die Weimarer Republik auch genauso weiter bestehen können und es gab keinen zwangsläufigen Weg, der von der Ideologie der "Vaterlandspartei" in das "3. Reich" geführt hätte. Deutlich genug?


Inwiefern ist es deutlich und hätte vor dem Hintergrund des verlorenen Weltkrieges, der Erfahrung der Wirtschaftskrisen die Weimarer Republik weiterbestehen können, wenn du doch anhand derer das Scheitern festmachst? Das bedarf dann doch noch einer Erklärung.



Und wirklich, ich find bei keiner neueren Darstellung, auch bei Kolb, keinen MacGregor Knox. Wenn du allerdings Pfeffer von Salomon mehr verstehen willst, ist das Buch von Bergien über die bellizistische Republik schon ganz gut. Das stellt ihn in einen größeren Kontext hinsichtlich der Bewaffnung der Bevölkerung (Bergien 2012: S. 303-354). Einen zentralen Beitrag leistet es auch, da die Militärgeschichte doch bisher immer vom Staat im Staate ausging… Auch zum Thema Gewalt. https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-27742

Und bitte nochmal lesen:

https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-10717
 
Mein Eindruck in dieser Diskussion ist, dass hier verschiedene Themen vermischt werden. Einmal die Frage bzgl. Wilhelm den II., dann einmal die Kontinuität der politischen Ansichten des Kaiserreichs zum Dritten Reich und die Wählerwanderschaft zur NSDAP in den späten 20iger Jahren. Und die Sozialisation der einzelnen Protagonisten.

Sollte man die Themen nicht getrennt diskutieren? Sonst verliert man sich.
 
Die Fragestellung, auf die wieder hingewiesen wurde, ist in der jetzigen Form unsinnig. Es gibt keinen direkten Pfad, der von einem klassischen "alt-konserativen" "Wilhelminer", also KW II., zu Hitler bzw. zur NS-Ideologie führt.

In diesem Sinne formulierte KW II, nachdem er das Scheitern des "Bierhallen-Putsches" zur Kenntnis genommen hatte, inklusive der Verhaftung von Ludendorff und Hitler: "Na, Gott sei Dank, dann hat diese unsinnige Geschichte wenigstens ihr Ende". (Pölking: Wer war Hitler?; S. 143). Bei Kershaw (Hitler 1889-1945) wird komplett auf die Frage eines Bezuges zwischen KW II. und Hitler (1 Ausnahme, S. 794) verzichtet!

Die Frage des Einflusses des "Wilhelminischen Zeitgeists" auf Hitler - und im engeren Sinne wie es andreassolar vorschlägt auf die Ideologie in "Mein Kampf" - kann man nur konstruktiv beantworten, indem man die Entwicklung der radikalen Rechten im Kaiserreich betrachtet und ihre zunehmende Abgrenzung zum aristokratisch geprägten klassischen konservativen Milieu. Also als Ideengeschichte, aber sicherlich nicht als Interaktion zwischen zwei historischen Akteuren.

Dieses wurde in dem bereits zitierten Thread über die Entwicklung der extremen Rechten thematisiert und auf die Bedeutung der in München entstandenen extremen nationalistischen und völkischen Netzwerke. Auch im Umfeld der Thule-Gesellschaft, in dessen Umfeld sich u.a. die Wege von Röhm und Heß gekreuzt haben.

Relevant auch deshalb, weil Heß bei der Formulierung von "Mein Kampf" sehr intensiv während der Festungshaft zur Seite stand.

Und genau das wurde mit Eley versucht. Die zentralen Elemente der hitler`schen NS-Ideologie wurden in "Mein Kampf" ausformuliert und somit ist vor allem die Zeit davor relevant als ideologischer Stichwortgeber.

Rudimentär auch bei Waldi61 zu finden.

Und zur Beantwortung Ihrer Frage. Ja, weite Teile der NSDAP haben ihre Vorstellungen aus den Erfahrungen des Kaiserreichs und des 1. Weltkrieges, aber längst nicht alle. Viel wurde sich auch von Ressentiments bedient. Aber dies erklärt nicht den Sprunghaften Anstieg von 2,6 auf 18,3 % Stimmen.

Abgesehen davon wird auch in der Forschung betont, dass zwar Elemente einer Kontinuität der NSDAP von 1919 bis in die 1930er vorhanden sind, aber die NSDAP der Revolutionsphase unterscheidet sich von der NSDAP der Neugründung von 1925 (Kolb 2013: 113).

Wenn auch nur eine oberflächliche Einsicht in die Evolution der ideologischen Vorstellungen von der alten, konservativen wilhelminischen Rechten, über die radikalere neue wilhelminische nationalistischere Rechte zu den Nationalsozialisten seit 1912 bis 1933 in beiden Aussagen vorhanden ist, erkennt sie dennoch, dass es diesen "roten Faden" gab.

Diesen roten Faden gab es auch deshalb, weil die Abgrenzung beispielsweise der neuen wilhelminischen Rechten auch deshalb zustande kam, weil sie die Mobilisierung der Ressourcen der ganzen Nation, wie deutlich bei Ludendorff, in den Vordergrund stellte. Und daraus als Kritik an den alten Rechten die Unfähigkeit ableitete, die Probleme der Nation angemessen zu lösen.

In diesem Sinne ist eine dialektische Beziehung vorhanden, die sich bei der Formulierung der Ideologien auf der einen Seite auf den Vorläufer bezogen haben, aber ihre ideologische Identität erst durch die Verneinung bzw. Abgrenzung der vorherigen Ideologie erreichen konnte.

Diese Überlegung ist eine zentrale Voraussetzung auf der auch die Nationsozialisten in einer noch radikaleren Form aufbauten und synkretisch und eklektisch bestehende Theorien und Ideologien kanibalisierten. Und in diesem Sinne basiert das NS-Weltbild auf einer Ideologie aber auf keiner, die sich auf ein integriertes Theoriegebäude stützen konnte.

Wie für die praktische Parteiarbeit der "Aktionismus" (deswegen der Verweis auf Pfeffer v. Salomon) präferiert wurde. Die Versuche von Straßer einer programmatischen Fundierung der NS-Bewegung ließ Hitler ins Leere laufen (ca. 1926) und beschränkte sich weiterhin auf die "25 Punkte" von 1920).
 
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Dazu brauchte man nicht Wilhelm II. Siehe Italien seit 1919, siehe diverse andere autoritäre Regime in Europa nach Kriegsende 1918/1919. Eine transnationale Perspektive würde hier die Sicht erweitern, finde ich...;)

Deshalb der mehrfache Verweis auf die komparative Studie von MacGregor Nox. Der ein Spezialist für das faschistische Italien ist.
 
Der 'Nationalsozialismus' hat die Entwicklung seines dogmatischen Kerns spätestens mit dem Erscheinen von 'Mein Kampf' abgeschlossen: Die Ausformung des manichäischen Weltbildes aus 'Radikalnationalismus', Radikalantisemitismus, Antikapitalismus, Antibolschewismus, Rassismus mit der Überhöhung der 'arischen' bzw. germanischen Rasse/des Deutschtums, Lebensraum im Osten-Ideologie, Antiparlamentarismus, Anti-Individualismus, Anti-Liberalismus, völkischen Ideen, Ideologie des Lebenskampf/Sozialdarwinismus, Lebensrecht des Stärkeren.

Die (zukünftige) Praxis des Nationalsozialismus (teils vom italienischen Faschismus angeregt/übernommen): Gleichschaltung, Führerkult/Führerprinzip, paramilitärische Organisation der Partei und ihre Ausweitung auf sämtliche Bereiche des individuellen Lebens, des öffentlichen Raumes, des Staates etc, Erfassung aller Lebensbereiche durch weitere NS geformte Organisationen, Gewalt und Terror als verbreitetes Mittel der Meinungsbeeinflussung und Einschüchterung wie physischen Gegner-Bekämpfung, andererseits zugleich bürokratische Diktatur, Durchsetzung von Zielen, Aktionismus, Aktivismus, Organisation von zahllosen 'Gemeinschaftserlebnissen' (Feste, Feiern, Parteitreffen, Organisations-Feiern etc.), Herstellung einer Volksgemeinschaft, diverse Gratifikationen für Engagement und Treue in einer der NS-Organisationen, Auszeichnungen, Preise, Organisierte Massen-Erholungen, gezielte Sozialpolitik, allumfassende, steigernde Propaganda; eine sogenannte dynamische Diktatur, eben keine statische, mit jener Tendenz einer immer weiteren Mobilisierung/Transformation (siehe Frank Bajohr, Fremde Blicke auf das 'Dritte Reich'. Eine Bilanz, in: Bajohr/Strupp, Fremde Blicke auf das 'Dritte Reich', 2011, S. 21.)

Die Praxis der nationalsozialistischen Machtausübung/-Steigerung ab 1933, der dynamischen Diktatur mit fortschreitender Radikalisierung, Inszenierung der NS-Bewegung, ist meines Erachtens nicht von der 'spätwilhelminischen', nationalistischen Rechten her fundiert oder auch nur wesentlich angeregt worden.
Ähnliches gilt für den Kern der NS-Dogmen bis zu 'Mein Kampf'.

Sowenig wie Hitler, der erst im Ende Mai 1913 vom habsburgisch-österreichischen Wien in die Residenz des Bayerischen Königreiches, München, übersiedelte, als Prototyp eines - später radikalisierten - 'spätwilhelminischen' Nationalrechten gelten kann, meine ich.

Wilhelm II. als vorgeblicher Wegbereiter des 'Nationalsozialismus' wird daher zurecht nicht in der mir greifbaren Literatur konkret oder auch nur indirekt mit seiner Entstehung Verbindung gebracht:

  • Plöckinger (hg.), Quellen und Dokumente zur Geschichte von 'Mein Kampf' 1924-1945, 2016
  • Weber, Wie Adolf Hitler ein Nazi wurde, 2016
  • Röhl, Wilhelm II. Der Weg in den Abgrund 1900-1941, 2008
  • Longerich, Hitler, 2015
  • Piper, Alfred Rosenberg, 2005
  • Plöckinger, Unter Soldaten und Agitatoren: Hitlers prägende Jahre im deutschen Militär 1918 - 1920, 2013
  • Kellerhof, Die NSDAP, 2017
  • Ullrich, Adolf Hitler, 2013
  • Rauscher, Hitler und Mussolini, 2001

Fraschka notiert in Franz Pfeffer von Salomon (2016), S. 508:
Im Baltikum wirkten auf ihn [von Salomon] die typischen dort kursierenden antirepublikanischen, antiliberalen, antikapitalistischen, antibolschewistischen und antisemitischen Radikalismen. Seine Person steht damit auch beispielhaft für die Verschränkung der Radikalismen aus der politischen Traditionsrechten des Kaiserreichs mit der neuen, im Krieg und Nachkrieg entstandenen Radikalisierungsformen der neuen Rechten.

Hitler und die frühe NSDAP ist mehrheitlich von der Radikalisierung der neuen Rechten aus Krieg und besonders Nachkriegszeit geprägt worden.
In Italien hat sich, trotz nicht vorhandenem 'spätwilhelminischem' nationalrechtem Milieu dennoch die moderne, dynamische Rechts-Diktatur entwickelt, erkennbar aus dem Nationalismus in den Vorkriegsjahren, dann aus der Erfahrung und Radikalisierung im I. Weltkrieg und besonders aus der unmittelbaren Nachkriegszeit mit ihren vielfältigen problematischen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen wie politischen Nachwirkungen des Krieges und der nationalistischen Enttäuschung über den ausbleibenden 'Gewinn' als Kriegs-Alliierter.
 
Und die m.E. wichtigste empirische Analyse zur Bestimmung der zentralen Variablen, die die "Machtergreifung" komparativ erklärt, wurde noch gar nicht angeführt. An diesem Punkt wird ein angemessenes Niveau von Komplexität erreicht.

Bromhead, Alan de; Eichengreen, Barry; O'Rourke, Kevin H. (2013): Political Extremism in the 1920s and 1930s: Do German Lessons Generalize? In: J. Econ. Hist. 73 (02), S. 371–406.

OT: Welche zentralen Variablen bestimmt diese Untersuchung, Thane?
 
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