Die so ausgeprägte Nasenform ... müsse also evolutorisch begründet werden. ... Warum? Welchen Vorteil hatte das?
Noch eine allgemeine Bemerkung dazu, ob nun zu den Nasen passend oder nicht.
Die populäre und nicht ganz korrekte Vorstellung von der biologischen Evolution ist die, dass morphologische Veränderungen von Tieren oder Pflanzen immer einen erkennbaren „Sinn“ haben, dass sie also für das entsprechende Lebewesen „nützlich“ und „gut“ sind. Oft verläuft die Sache aber komplizierter.
Eine große Rolle bei der biologischen Evolution spielt das, was Darwin „korrelative Veränderungen“ genannt hat. „Darunter verstehe ich“, schreibt er, „dass die Organisation während ihres Wachstums und ihrer Entwicklung so sehr ein Ganzes bildet, dass, wenn an einem Teile geringe Veränderungen vorkommen und sich durch die natürliche Zuchtwahl anhäufen, auch andere Teile entsprechend modifiziert werden“ (Die Entstehung der Arten).
Ein Beispiel aus der Evolutionsgeschichte der Pferde. Seit dem Tertiär vergrößerten sich die hinteren Backenzähne der Pferde. Diese sogenannte Hypsodontie wurde bei der Umstellung auf kieselsäurehaltige, also härtere Nahrung wie Gräser notwendig. „Diese Veränderung erfordert größere Kieferknochen, und die wiederum setzen einen größeren Schädel voraus. Damit der Hals den größeren Schädel tragen kann, muss er ebenfalls neu konstruiert werden. Die Zunahme der Schädelgröße wirkt sich also auf den übrigen Körper und insbesondere auf die Fortbewegung aus. Bis zu einem gewissen Grade muss also das ganze Pferd umgestaltet werden, damit es größere Zähne erwerben kann“ (Ernst Mayr).
Solche Prozesse spielten auch eine große Rolle bei der Menschwerdung. Bestimmte Besonderheiten des menschlichen Gehirns und damit auch der menschlichen Psyche sind nicht einfach als Anpassung an die Umwelt, als direkte Folge des „Kampfes ums Dasein“ erklärbar, sondern nur als eine sehr indirekte Folge in Form von korrelativen Veränderungen.
Ob das auch für die menschliche Nase zutrifft (etwa durch die Umgestaltung des menschlichen Schädels durch das vergrößerte Hirn oder dergleichen) ist eine andere Frage. Das Problem liegt dann immer darin, dass sich solche Prozesse im Nachhinein nur schwer rekonstruieren lassen.