Ostgerm. und reiternomad. Verbindungen der Thüringer in der späten VWZ (D2)

Biturigos

Aktives Mitglied
Zur von mir oben eingefügten Adlerfibel, die als Grabbeigabe einer ostgotoschen Adligen in Thüringen gefunden wurde (5.Jahhundert AD), schreibt das Museum für Ur-und Frühgeschichte Thüringens, dass das"Motiv des Adlers wurde von den Ostgoten aus der skythisch-sarmatischen Kunst übernommen und geht auf reiternomadische Vorstellungen vom Adler als höchster Gottheit zurück." Wahrscheinlich verflüchtigen sich die sarmatischen Fantasien Schmoeckels zu kulturellen und künstlerischen Inspirationen.
 
Zur Herkunft macht das Museum widersprüchliche Angaben gemacht. Zuerst heißt es, die Fibel stamme sicher aus einer byzantinischen Werkstatt, dann heißt es, das Adlermotiv stamme aus der skythisch-sarmatischen Religion.
https://thue.museum-digital.de/index.php?t=objekt&oges=1566

Das ergibt zusammen genommen gar keinen Sinn. Welche byzantinische Werkstatt würde denn skythisch-sarmatischen Esoterik-Schmuck herstellen?

Näher liegend ist, dass das Motiv des Adlers griechisch-römisch oder christlich ist.
Der Adler ist als Allegorie auf Christus bekannt, während die steppennomadischen Adler-Götter in erster Linie Phantasterei sind. Dafür spricht auch, dass der Adler bei der prominenten Adlerfibel von Domagnano mit dem Kreuz vereint ist.
Die Ostgoten waren zu der Zeit Christen. Die Byzantiner zu der Zeit waren Christen. Und zumindest die Skythen waren zu der Zeit definitiv von der Bildfläche verschwunden.
Alternativ könnte es sich um einen römischen Reichsadler handeln, der auch noch in byzantinischer Zeit anfangs auch nur einen Kopf hatte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nicht so mein Wissensgebiet.
Anmerkung: Ich orientiere mich aber mal an den Wenden.

Die Wenden -> veraltete Bezeichnung für Slawen im deutschsprachigen Raum (Germania Slavica).

Sorben oder auch „Wenden“ -> nationale Minderheit in der Bundesrepublik, Flagge waagerechte panslawische Farben (Blau-Rot-Weiß).

Heutiges Siedlungsgebiet: sächsische Oberlausitz und Niederlausitz (Brandenburg).

Vielleicht kannst Du mit diesen Thüringer Ortsnamen was anfangen:

· Wehnde im Eichsfeld/Thüringen (z.B.: Ortsnamen: Wehnde | MDR.DE ),

· Wendehausen dto.,

· Windinschenbernsdorf (Stadtteil von Gera),

· Widischholzhausen bei mir (Erfurt),

· Poppenwind (Ortsteil von Auengrund). Poppenwind gibt auch in Bayern! und

· Thalwenden.
 
Hallo

@Maglor
Das ergibt zusammen genommen gar keinen Sinn. Welche byzantinische Werkstatt würde denn skythisch-sarmatischen Esoterik-Schmuck herstellen?

Ich halte die These von der byzantinischen Provinienz der Fibel für abenteuerlich.

Kleinkunst mit Alamandineinlagen sind seit dem 5.Jh in germanischem Kontext archäologisch belegt. Im 7.Jh hat Bischof Eligius mindestens 2 Stücke mit Alamandineinlagen gefertigt (Kelch von Chelles [mittlerweile verloren] das Eligiuskreuz aus St,Denis [m.W. existiert nur noch ein 10cm Fragment im Musee de Cluny]). Das zeigt,das die Goldscmiedekunst + Almandineinlagen auch von german. Goldschmieden, oder besser von Goldschmieden außerhalb Roms und Byzanz gefertigt wurden.

@Maglor
Die Ostgoten waren zu der Zeit Christen. Die Byzantiner zu der Zeit waren Christen. Und zumindest die Skythen waren zu der Zeit definitiv von der Bildfläche verschwunden.
Alternativ könnte es sich um einen römischen Reichsadler handeln, der auch noch in byzantinischer Zeit anfangs auch nur einen Kopf hatte.

Kommentare in neueren Katalogen scheinen in diese Richtung zu gehen. Für mich nicht so ganz einsichtig. Andere Germanen hätten ja auch den Adler übernehmen könenn (wenn man ihn nicht christlich,sondern römisch machtsymbolisch definiert),was aber nicht der Fall ist.

Der Begriff skythisch, wäre im Katalogtext besser mit reiternomadisch ersetzt worden.das triftt die Sache wohl eher.Und die Goten waren die Einzigen,die längere Zeit direkten Kontakt mit Reiternomaden hatten,was eine Übernahme dieses reiternomadischen Motifs (in Kasachstan wird m.W. noch heute mit Adlern gejagt) erklärt.

mfg
schwedenmann

P.S.
Eine Untersuchung aller Adlerfibeln incl. deren Bezug zu den Reiternomaden wäre doch ein gutes Thema für eine Masterarbeit oder gar für eine Dissertation.
 
Kleinkunst mit Alamandineinlagen sind seit dem 5.Jh in germanischem Kontext archäologisch belegt. Im 7.Jh hat Bischof Eligius mindestens 2 Stücke mit Alamandineinlagen gefertigt (Kelch von Chelles [mittlerweile verloren] das Eligiuskreuz aus St,Denis [m.W. existiert nur noch ein 10cm Fragment im Musee de Cluny]).
Besonders prominent in den Beigaben des Childerichgrabs.
 
Im 7.Jh hat Bischof Eligius mindestens 2 Stücke mit Alamandineinlagen gefertigt (Kelch von Chelles [mittlerweile verloren] das Eligiuskreuz aus St,Denis [m.W. existiert nur noch ein 10cm Fragment im Musee de Cluny]). Das zeigt,das die Goldscmiedekunst + Almandineinlagen auch von german. Goldschmieden, oder besser von Goldschmieden außerhalb Roms und Byzanz gefertigt wurden.
Eligius war ein Romane, ein Bischof in einer alten Römerstadt in Gallien.

Der Begriff skythisch, wäre im Katalogtext besser mit reiternomadisch ersetzt worden.das triftt die Sache wohl eher.
Richtigerweise hätte man auf das Bosporanische Reich der Spätantike verweisen müssen. Dieses Königreich am Asow'schen Meer war ein Vasallenstaat der Römer. Die Bevölkerung bestand aus Griechen und weitgehend hellenisierten Sarmaten.

Würde man spezifische Fabelweise wie Greifen oder Drachen als sarmatischen Motiv bezeichnen, würde ich ja bepflichten, aber ein weitgehend naturalistischer Adler ist schon ziemlich gewöhnlich.
 
Richtigerweise hätte man auf das Bosporanische Reich der Spätantike verweisen müssen. Dieses Königreich am Asow'schen Meer war ein Vasallenstaat der Römer. Die Bevölkerung bestand aus Griechen und weitgehend hellenisierten Sarmaten.

Wäre es da nicht naheliegender, sich auf die definitiv in Mitteleuropa aufgetauchten Alanen zu beziehen?
 
Der Hinweis auf die Alanen ergibt natürlich viel mehr Sinn, wobei mir unklar ist, ob die Alanen von Sueben und Vandalen unterscheidbar sind.

Eigentlich ist es auch egal, ob man die Adlerfibel von Oßmannstedt für typisch gotisch, sarmatisch oder byzantinisch hält.
Für die ethnische Zuordnung des Frauengrabs von Oßmannstedt ist die Adlerfibel ziemlich uninteressant, verglichen mit anderen Funden aus dem Grab ziemlich uninteressant:
Der Schädel der Frau ist zum Turmschädel deformiert.
Die Beigabe eines zerbrochenen Spiegels erinnert an asiatische/hunnische(?) Grabsitten.
Der Knochenkamm ist mit zahlreichen Kreuzen verziert.
Der goldene Fingerring ist mit roten Steinen besetzt und mit goldenen Delfinen(!) verziert.

Die Dame von Oßmannstedt war sicherlich unerhört reich und konnte sich ihre Juweliere aussuchen. Nichts kommt mir griechischer vor, als ein goldener Delfin mit Almandinaugen, aber ich denke mal der Turmschädel und der zerbrochene Spiegel geben den deutlichen Hinweis auf die kulturelle Zugehörigkeit. Und die ist dann doch eher hunnisch als gotisch.
Leider ist es bisher nicht gelungen die Turmschädel der Völkerwanderungszeit einer aus der Geschichtsschreibung bekannten Volksgruppe zuzuordnen. Genetische Untersuchungen an Turmschädeln aus Bayern ergab, dass die dortigen Frauen in Rumänien oder Bulgarien stammen könnten, vgl. hierzu Rätsel der Turmschädelfrauen gelöst?.
 
Zuletzt bearbeitet:
Leider ist es bisher nicht gelungen die Turmschädel der Völkerwanderungszeit einer aus der Geschichtsschreibung bekannten Volksgruppe zuzuordnen.

Das wird auch künftig nicht gelingen. Für mich stellt sich das wie der Versuch dar, in heutiger Zeit anhand des Fundes eines Walkmans eine "Ethnizität" des Besitzers festzustellen.
 
Hallo

@Maglor

Ich halte die These von der byzantinischen Provinienz der Fibel für abenteuerlich.

Kleinkunst mit Alamandineinlagen sind seit dem 5.Jh in germanischem Kontext archäologisch belegt. Im 7.Jh hat Bischof Eligius mindestens 2 Stücke mit Alamandineinlagen gefertigt (Kelch von Chelles [mittlerweile verloren] das Eligiuskreuz aus St,Denis [m.W. existiert nur noch ein 10cm Fragment im Musee de Cluny]). Das zeigt,das die Goldschmiedekunst + Almandineinlagen auch von german. Goldschmieden, oder besser von Goldschmieden außerhalb Roms und Byzanz gefertigt wurden.
Warum wurde die Fibel von Jan Bemmann byzantinischen Werkstätten zugeordnet?

1. Zeitstellung des Grabbefundes: das Grab wird in die Mitte des 5.Jahrhunderts datiert.
a) der Kamm der jungen Frau: "Kämme mit zwei halbrunden Zierleisten, deren Mittelfeld durch geometrische Muster geschmückt wird, zählt M. C. Blaich zu seiner Gruppe 4 und datiert sie in das späte 4. und gesamte 5. Jahrhundert . In einer Bestattung aus Baljevac am Fluss Ibra tritt solch ein Kamm in Kombination mit einer Münze des Arcadius (395 – 408) auf."
b) die Ohrringe: "An den Seiten des Kopfes befand sich ein Paar goldener Ohrringe von 3,5 cm Durchmesser mit durchbrochen gearbeiteten Polyedern und Almandineinlage , die im Karpatenbecken schon in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts auftreten, im alamannisch-fränkischen Gebiet jedoch erst gegen Ende des 5. Jahrhunderts auszumachen sind"
c) die Schnalle:" Knapp oberhalb des rechten Beckens lag eine silberne, vergoldete, 6,5 cm lange Schnalle mit einer nierenförmigen Riemenkappe, deren wellenförmiges Stegwerk plan geschliffene Almandine auf vergoldeten Silberfolien hält . Anhand der beiden rautenförmigen Zellen mit einer weißlichen Schwefelfüllung und einem gesondert gefassten mugeligen Almandin im Zentrum lässt sich das Exemplar aus Oßmannstedt mit der Schnalle aus Rüdern, Lkr. Esslingen, derjenigen aus Wolfsheim, Lkr. Alzey-Worms, und dem rechteckigen Beschlag aus Blučina, okr. Brnovenkov, zu einer in das dritte Viertel des 5. Jahrhunderts zu datierenden Gruppe mediterraner Arbeiten verbinden."

Zusammenfassend Bemmann:" Die Bestattung von Oßmannstedt ist das früheste und einzige childerichzeitliche Grab in Mitteldeutschland mit polychrom verzierten Artefakten; anscheinend alle Gegenstände im Grab und auch die Person selbst sind fremder Herkunft. Versucht man anhand einer Überschneidung der Verbreitungskarten ein Fazit zu ziehen, liegt der Gedanke nahe, dass die junge Frau in den ostgotisch beherrschten römischen Provinzen des Karpatenbeckens in einer Familie aufgewachsen ist, die Zugang zu den Produkten aus den besten mediterranen Werkstätten hatte und sie prächtig ausgestattet nach Thüringen schicken konnte."

Herkunft des Schmuckes und deren Trägerin:
a) der Schädel der Frau: "In 210 cm Tiefe war eine 165 cm große 25-jährige Frau, deren Schädel durch Bandagieren während der Wachstumsphasen artifiziell deformiert worden war, in einem 80 cm breiten Grabschacht mit Absatz in einem Brettersarg beigesetzt worden."
b)
der Bronzespiegel als Grabbeigabe: "Unter dem linken Fuß lag ein vergangener Beutel mit Silberbeschlägen, darin befand sich ein zweireihiger Dreilagenkamm mit kreuzförmigem Durchbruchsmuster im Mittelfeld, darunter lag ein Bruchstück eines mit 13 bis 15 cm Durchmesser ungewöhnlich großen, gegossenen Bronzespiegels vom Typ II nach Anke . Spiegel dieser Form, zumal zerbrochen, beigegeben finden sich vor allem im Karpatenbecken."
c)
die Kombination der Funde und Verbreitungsgebiete z.B. des Kammes:" Weist die Kombination von Polyederohrringen, deformiertem Schädel und Beigabe eines Spiegelfragments schon auf die Herkunft der Bestatteten aus dem Karpatenbecken hin, setzt der 13,4 cm lange und 8,3 cm hohe, kunstvoll gefertigte Kamm zumindest einen Kontakt zu provinzialrömischen Werkstätten voraus, weil die Verbreitung von vergleichbar gestalteten Kämmen eine klare Bindung an das provinzialrömische Gebiet zeigt. Hervorzuheben ist, dass die filigran wirkenden Kämme mit drei gegeneinander versetzten Reihen kreuzförmiger Durchbruchsmuster ausschließlich im östlichen Teil des Verbreitungsgebietes vorkommen, solche mit einem einreihigen Kreuzdurchbruchsmuster hingegen nur im Westen vertreten sind."
d) die Adlerfibel selbst: "Den unteren Abschluss bildeten drei Ösen, von denen nur zwei erhalten sind und die zur Aufnahme von Pendilien dienten. Letztere kennzeichnen kostbare spätrömische Arbeiten: „Als wesentliches Kennzeichnen der Kaiserfibeln hat neben den großen edelsteinbesetzten Zierfeldern vor allem die Anbringung der Pendilien zu gelten“. Diese Fibel spiegelt das Bedürfnis der jungen Frau bzw. ihrer Familiengruppe wieder, sich in der Selbstdarstellung den höchsten Führungsschichten im Imperium anzugleichen."

Zusammenfassend: die Fibel wird früher datiert als vergleichbare Funde aus germanischen Produktionsstätten.
Die Pendilien (Tropfenperlen) gehören zum Trachtbestandteil byzantinischer Kaiserinnen.(M. Nawroth, Der Fund von Domagnano, Republik San Marino. Einflüsse der byzantinischen Hoftracht auf Schmuck und Kleidung der Goten. Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 2000, 89ff.) Möglich wäre es, dass die junge Frau in ihrer Kindheit noch unter hunnischer Oberhoheit im Karpatenbecken aufgewachsen ist.
Meiner Ansicht nach ist die Beurteilung der Adlerfibel ein Beispiel, wie wichtig es ist Fundzusammenhang und dessen Eingruppierung (Verbreitung, Technik, Vergleich mit anderen Funden) nicht zu vernachlässigen, um ein einzelnes Schmuckstück beurteilen zu können.
Mitteldeutschland im 5. Jahrhundert – Eine Zwischenstation auf dem Weg der Langobarden in den mittleren Donauraum?

Unten Marmorbüste der Kaiserin Theodora 5430/540 mit, Kopfschmuck mit tropfenförmigen Perlen (Pendilien)

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Möglich wäre es, dass die junge Frau in ihrer Kindheit noch unter hunnischer Oberhoheit im Karpatenbecken aufgewachsen ist.
Der Zusammenhang mit der Schädeldeformierung mit den Hunnen ist diffus. Die Praxis der Schädeldeformierung war schon lange vor der Völkerwanderung der asiatischen Hunnen im Schwarzmeergebiet verbreitet. Bereits der griechische Arzt Hippokrates kannte die Turmschädel.
Der zerbrochene Spiegel als Beigabe zeigt, dass diese Frau auch nach "reiternomadischer" Sitte bestattet wurde.

Ich halte es daher für mögllich, dass es sich der Toten um eine Alanin handelt. In den Datierungszeitraum fällt die berühmte Rheinübergang (Silvester 406 .n. Chr.) der Vandalen, Alanen und Sueben.
 
Ich halte es daher für mögllich, dass es sich der Toten um eine Alanin handelt.

Will ich gar nicht widersprechen.
Aber sagt eine reiternomadische Grabbeigabe nun etwas über die Bestattete, oder über die Bestattenden aus?
Kann man von ein, zwei Gegenständen, die zur damaligen Zeit gerade richtig "en vogue" waren, tatsächlich eine Ethnizität der Trägerin herleiten?
Sähe die Bestattung einer Gotin oder Skirin wirklich anders aus?
Oder auch einer Thüringerin, was immer das eigentlich ist?
 
Oder auch einer Thüringerin, was immer das eigentlich ist?

Auch wenn Du es wahrschlich kennen wirst, erlaube ich mir einen Beitrag aus dem Netz dazu zu verlinken.

http://home.wtal.de/heinemann/thuering.htm

Daraus: „Tacitus nannte die Söhne Thors und das Land, in dem sie Leben, Thoringia.“

Anmerkung:
Im Beitrag wird der Name „Bizingsleben „ genannt.
Müsste ein Schreibfehler sein. Mir ist kein „Bizingslen“ in Thüringen bekannt.
In der thüringischen Landgemeinde >Kindelbrück<, unweit von Sömmerda, gibt es aber ein „Bilzingsleben“.

Dies liegt etwas nördlich von Oßmannstedt und ist 54 km von Oßmannstedt entfernt.
 
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Kann man von ein, zwei Gegenständen, die zur damaligen Zeit gerade richtig "en vogue" waren, tatsächlich eine Ethnizität der Trägerin herleiten
Nein, sicherlich nicht, aber um die Gegenstände an sich, geht es mir gar nicht.
Ähnlich schicker Goldschmuck mag in der byzantinischen Oberschicht weit verbreitet gewesen sein. Trotzdem haben byzantinische Damen ihn nicht mit ins Grab genommen, weil ... Kultur, Religion usw.

Sähe die Bestattung einer Gotin oder Skirin wirklich anders aus?
Oder auch einer Thüringerin, was immer das eigentlich ist?
Bei den Bestattungssitten gibt es kulturelle Eigenarten.

Sicherlich ist es so, dass alle Bevölkerungsgruppen zur der Zeit Bronzespiegel benutzt haben. Es gab ja auch nichts anderes.
Es ist allerdings eine sehr spezifische Sitte aus Anlass der Bestattung solche Bronzespiegel zu zerbrechen und der Toten beizugaben. Das Zerbrechen des Spiegels und die Beigabe ins Grab hatte sicherlich eine besondere Bedeutung, die wir heute nicht mehr kennen. Jedenfalls ist die Beigabe von zerbrochenen Spiegeln bei einigen osteuropäischen Gruppen durchaus üblich, bei mitteleuropäischen nicht. Das man die eine Gruppe mit den Hunnen, die andere mit z.B. den Thüringern identifiziert, ist natürlich bereits Interpretation.

Ebenso ist es eine sehr spezifische Sitte, Kindern mithilfe von Bandagen den Schädel zu verformen. Die Eltern wollte da was an ihre Kinder weitergeben, im engsten Sinne ist das Erziehung. Auch hier gibt es eine spezifische geografische Verbreitung.

Das ist hat doch irgendwas mit Kultur, Religion und vielleicht auch mit ethnischer Zugehörigkeit zu tun.

Zusammengefasst: Jene Frau wurde nach einer bestimmten Sitte erzogen und nach einer bestimmten Sitte bestattet. Beide Sitten verweisen ganz deutlich nach Südosteuropa.
Bei welchem Juwelier die Prinzessin eingekauft hat, ist ein anderes Thema.
 
Zuletzt bearbeitet:
Jene Frau wurde nach einer bestimmten Sitte erzogen und nach einer bestimmten Sitte bestattet. Beide Sitten verweisen ganz deutlich nach Südosteuropa.

Viel mehr können wir aber auch nicht sagen, weil damit alle Gruppen, die im 5.Jhd grob unter "Hunnen" subsumiert wurden, in Frage kommen. In einer Zeit, wo eine Figur wie Edekon als Hunne, Gote, Skire und Thüringer galt, ist etwas eindeutigeres kaum möglich, wahrscheinlich auch nicht sinnvoll.
 
Will ich gar nicht widersprechen.
Aber sagt eine reiternomadische Grabbeigabe nun etwas über die Bestattete, oder über die Bestattenden aus?
Kann man von ein, zwei Gegenständen, die zur damaligen Zeit gerade richtig "en vogue" waren, tatsächlich eine Ethnizität der Trägerin herleiten?
Sähe die Bestattung einer Gotin oder Skirin wirklich anders aus?
Oder auch einer Thüringerin, was immer das eigentlich ist?

Im Prinzip bleibt das Resultat hypothetisch, da hast du recht. Eine Annäherung, deswegen schreibt Bemmann auch zum Schluss: "Es wäre eine spannende Aufgabe, in einer ausführlichen Beweisführung unter Vorlage des Gesamtbefundes und aller Artfakte sowohl auf antiquarischem Wege sämtliche zu gewinnenden Indizien zu sammeln, als auch die Artefakte technologisch und chemisch intensiv zu untersuchen sowie schließlich auf naturwissenschaftlichem Weg durch eine Multielementisotopenanalyse die Herkunftsregion der Dame aus Oßmannstedt zu verifizieren." Oder wie @schwedenmann schrieb, lohnenswertes Thema für eine Dissertation.
Zu eurer Alanen-Hypothese: wie waren deren die kulturellen Verbindungen und Beziehungen zum oströmischen Reich? Gibt es vergleichbare Funde, die den Alanen zugeordnet werden?
Zu den Ostgoten (zu deren Ethnogenese es verschiedene Hypothesen gibt) hatte ich oben den Fund von Domagnano erwähnt. Anzeige von Die ostgotischen Funde von Domagnano im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg
Hier ein Teil des Fundes, der im germanischen Nationalmuseum in Nürnberg ausgestellt ist:
 
Daraus: „Tacitus nannte die Söhne Thors und das Land, in dem sie Leben, Thoringia.“

Aus welchem Tacitus sie das auch immer haben wollen... (Tacitus spricht von "Hercules")

Interessant klingt ja durchaus die Theorie, die den Namen - und auch die Bezüge zu den Reiterkulturen - von denjenigen Terwingen herleitet, die seinerzeit nördlich der Donau verblieben waren, auch wenn es Widerspruch dazu gibt..
 
http://home.wtal.de/heinemann/thuering.htm

Daraus: „Tacitus nannte die Söhne Thors und das Land, in dem sie Leben, Thoringia.“

Aus welchem Tacitus sie das auch immer haben wollen... (Tacitus spricht von "Hercules")

Der Tacitus, der über die Germanen geschrieben hat, behauptet weder, das germanische Gebiet bereist zu haben, noch erwähnt er einen "Thor" oder "Thoringia".

Es gibt auch keine "Legende", die derlei "überliefert". Alles erfunden.
 
Interessant klingt ja durchaus die Theorie, die den Namen - und auch die Bezüge zu den Reiterkulturen - von denjenigen Terwingen herleitet, die seinerzeit nördlich der Donau verblieben waren, auch wenn es Widerspruch dazu gibt..

Widerspruch äußert Wolfgang Haubrichs, Der "Name" der Thüringer, in: Die Frühzeit der Thüringer - Archäologie, Sprache, Geschichte (Hrsg. Helmut Castritius), Berlin 2009.

Demnach ist beim Namen der Thüringer von einem þ-Anlaut auszugehen, beim Name der Terwingen von einem t-Anlaut. Die Namen können also nichts miteinander zu tun haben.
 
Demnach ist beim Namen der Thüringer von einem þ-Anlaut auszugehen, beim Name der Terwingen von einem t-Anlaut.

Diese Diskussion ist aber nach wie vor im Gange. Es gibt für beide Bezeichnungen jeweils genügend spätantike Beispiele in beiden Schreibweisen. Teruingi und Therouingi esistieren ebenso wie Turungi und Thurungi.
 
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