War Merseburg einst römische Exklave ?

...unter Hinweis auf die Lokalisierung der Schlacht um den salzhaltigen Fluss zwischen Chatten und Hermunduren ...

Eine schöne Beschreibung von Zirkelschlüssen. Da die Schlacht an der Saale stattfand, stammen die Funde rechts und links von Hermunduren resp. Chatten. Und diese Funde beweisen damit dann die Lokalisierung der Schlacht an der Saale.
 
Es ist in der Wissenschaft nicht unüblich, Fixpunkte festzulegen. Erweisen sich diese später als unzutreffend, wird die Arbeit dadurch nicht wertlos. Man korrigiert dann die Fixpunkte. In diesem Fall durch Verlegung der Grenzen.
 
Das Foto von der Grabung Derenburg 2008 ist sehr klein, ich kann zwar die Ziegel darauf sehen, aber sonst nichts. Ist die Grabung schon bearbeitet und publiziert worden? Wie ist die Datierung?

Im Moment wird die Plattform vom LDA Halle gewartet, sodass ich im Moment an keine Daten heran komme. Was ich aber noch in Erinnerung habe ist, dass der Ziegel auf alle Fälle römisch war und zu Zeiten der Ottonen zweckentfremdet als Pfostenstütze gedient hatte. Wenn die Wartungsarbeiten vorbei sind, schaue ich nochmal rein.

Grüße
 
Man sprach von römischem Vorbild. Tegulae tragen gelegentlich Herstellerstempel oder Abdrücke von Tierpfoten, was wohl hier fehlte.
 
Neben der aufwändigen Thermolumineszensmessung gibt es ein anderes Verfahren zur Altersbestimmung (spektrum.de): Eine Auswertung der Wasseraufnahme und -abgabe poröser Keramik. Die Genauigkeit liegt bei einigen zehn Jahren.
 
erinnert sei an den römischen Tegula der ottonischen Pfalz Derenburg. Das LDA Halle schrieb damals "Römisches Flair am Harz?"
Im Moment wird die Plattform vom LDA Halle gewartet, sodass ich im Moment an keine Daten heran komme. Was ich aber noch in Erinnerung habe ist, dass der Ziegel auf alle Fälle römisch war

Deine Erinnerung lässt Dich wohl wieder einmal im Stich. Was tatsächlich unter "Römisches Flair am Harz?" veröffentlicht wurde, ist folgendes:


Während in einigen Gebieten Europas Dachziegel von der Antike bis ins Mittelalter kontinuierlich verwendet wurden, kamen sie in Nord- und Mitteldeutschland allgemein erst im ausgehenden Hoch- und im Spätmittelalter in Gebrauch. Äußerst spannend sind daher Bruchstücke frühmittelalterlicher Dachziegel, die im Bereich der Pfalz Derenburg am Harz gefunden wurden (Abb. 1).
[...]
Um Klarheit über die Funktion und Datierung der Anlage auf dem Anisberg zu gewinnen, wurde im Sommer 2008 ein Suchschnitt im Bereich der Umfassungsmauern angelegt (Abb. 2). Der Schnitt am südöstlichen Rand der Kernburg erbrachte eine unerwartete Dichte von Befunden in außergewöhnlich guter Erhaltung (Abb. 4). Am nordwestlichen Ende des Grabungsschnittes konnten Reste der inneren, ins 10. Jahrhundert zu stellenden Ringmauer erfasst werden. Ihr war ein ca. 7,5 m breiter Spitzgraben vorgelagert. An den Graben schloss sich die äußere, wahrscheinlich ebenfalls noch im 10. Jahrhundert erbaute, polygonale Verteidigungsmauer an, die eine Breite von über 2 m aufwies (Abb. 5). Unmittelbar außerhalb des Verteidigungsringes der Hauptburg wurden umfangreiche Spuren der Vorburg-Besiedlung erfasst. In der kleinen untersuchten Fläche konnten sechs sich zum Teil überlagernde Grubenhäuser sowie Pfosten von ebenerdigen Gebäuden dokumentiert werden. Befunde und Funde zeugen von einer intensiven handwerklichen Nutzung; nachweisbar sind u. a. Eisenverarbeitung und Textilherstellung. So hatte man auch die gefundenen Dachziegel-Bruchstücke in Zweitverwendung zum Verkeilen von Webstuhlpfosten eingesetzt (Abb. 6). Einer ersten Funddurchsicht zufolge gehören die erfassten Siedlungsbefunde in das 10. und 11. Jahrhundert. Aus dem 12. bis 14. Jahrhundert stammen Bestattungen, die in die Verfüllung des Spitzgrabens eingetieft waren.
[...]
Es ist zu vermuten, dass die polygonale Ringmauer mit den Mauertürmen von Otto III. in Anlehnung an antike römische Stadtmauern errichtet wurde - Otto III., der sich auch auf dem Palatin in Rom eine neue Pfalz erbauen ließ, wurde bereits von seinen Zeitgenossen für seine Rom-Schwärmerei kritisiert. Die gefundenen Dachziegel, die stark an römische Leistenziegel erinnern, sind ebenfalls in diesem Zusammenhang zu sehen und könnten von der Dacheindeckung eines unter Otto III. erbauten Kirchen- oder Palas-Gebäudes stammen.

Von den drei gefundenen größeren Dachziegel-Bruchstücken zeigt eines noch Teile einer Randleiste (Abb. 1). Wahrscheinlich stammen die Stücke von großen Plattenziegeln, die wie römische tegulae an beiden Längsseiten Leisten besaßen (Abb. 7).
[...]
Zur zweifelsfreien Bestimmung des Ziegeltyps reichen die in Derenburg gefundenen Ziegelbruchstücke leider nicht aus. Eventuell hat es sich auch um tegula-Platten gehandelt, die nur an einer Seite eine Leiste aufwiesen. In jedem Fall geben die Ziegelfunde einen wichtigen Hinweis auf in antiker Tradition erbaute Repräsentationsgebäude im Kernburg-Bereich der frühmittelalterlichen Pfalz Derenburg.

Herrn Prof. R. Möller, Dresden, sei für seine ausführliche Expertise zu den Ziegelfunden aus Derenburg herzlich gedankt.​
November: Römisches Flair am Harz? Vom Dach der ottonischen Königspfalz Derenburg - Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt / Landesmuseum für Vorgeschichte Halle
 
Es ist in der Wissenschaft nicht unüblich, Fixpunkte festzulegen.
Zirkelschlüsse kommen auch bei Wissenschaftlern vor, ein Zirkelschluss gilt aber in der Wissenschaft nicht als "üblich", sondern als methodischer Fehler.
Bereits der Ansatz, die Hermunduren müssten in Thüringen gelebt haben, basiert auf einem Zirkelschluss. Dieser Zirkelschluss geht, wie Matthias Springer 2009 dargelegt hat, auf Kaspar Zeuß (1837) zurück:

Der Ansicht, die Zeuß und seine Anhänger vertreten, liegt nun ein Zirkelschluß zugrunde: Wenn man nicht der Meinung wäre, daß die Thüringer die leiblichen Nachfahren der (H)Ermunduren wären, würde man nicht die Gleichheit ihrer Namen behaupten; und wenn man nicht der Meinung wäre, daß die Namen (H)Ermunduren und Thüringer etymologisch gleich wären, hätte man schwerlich den Einfall gefaßt, die Siedlungsgebiete der beiden Personengruppen gleichzusetzen. [...]

Die beiden Glieder des Zirkelschlusses wären auch dann nicht tragfähig, wenn einer von beiden richtig wäre [...]​
Die Frühzeit der Thüringer

Was unter Wissenschaftlern leider auch mal vorkommen kann:
Wenn die Grundlagen einer Ansicht weggefallen sind, wird nicht die Ansicht aufgegeben. Vielmehr sucht man nach neuen Begründungen der alten Ansicht und hält an ihr fest, wenn auch die neuen Begründungen fadenscheinig oder geradezu unhaltbar sind. Auch daran erweist sich die Macht der vorgefaßten Meinungen.​

Vielleicht erinnerst Du Dich noch an diesen Beitrag...
 
@Sepiola

ich bin an diesem Tag nicht auf die Seite des LDA Halle wegen Wartungsarbeiten gekommen. Danke für die Zusammenstellung. Jedoch gibt es selbst beim LDA Halle unterschiedliche Meinungen zu den Ziegeln.

Möller schreibt: "Die gefundenen Dachziegel, die stark an römische Leistenziegel erinnern, sind ebenfalls in diesem Zusammenhang zu sehen und könnten von der Dacheindeckung eines unter Otto III. erbauten Kirchen- oder Palas-Gebäudes stammen."

Sicher ist das aber nicht! So weiß man das römische Ziegel auch für frühmittelalterliche Kirchendacheindeckungen verwendet wurden. Außerdem wurden im Fall Derenburg keine weiteren Ziegel bzw. Fragmente gefunden, sodass eine ehemalige Kircheneindeckung in Ziegelbauweise spekulativ bleiben muss.

Ein "sicherer" Nachweis das es sich um Ziegel aus ottonischer Zeit handelt, konnte damals nicht erbracht werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Unter Bernward von Hildesheim (um 1000 n.Chr.) wurden bereits andere Ziegelformen verwendet.

Zitat: " In den Schuttschichten, die nach dem großen Dombrand im Jahre 1046 planiert wurden, fanden sich nur große Hohlziegel. Diese waren immer auf der Außenseite glatt abgestrichen. Die Innenseite, die bei einer Verwendung als »Mönch- und Nonnendeckung« die Aufgabe gehabt hätte, das Regenwasser abzuleiten, ist nie geglättet, sondern zeigt den Abdruck des Erdbodens während der Herstellung."

http://www.rpmuseum.de/uploads/media/WdR_Leseprobe_Begleitbuch_01.pdf

https://books.ub.uni-heidelberg.de/heibooks/reader/download/131/131-4-7338-2-10-20170222.pdf

Römische Ziegel wurden im Früh- und sogar Hochmittelalter noch zweckentfremdet und lassen sich sogar archäologisch (z.B. Trier) nachweisen.
 
Die von mir genannte Altersbestimmung könnte Klarheit bringen. Allerdings könnten alte Einzelstücke auch von Römerfreunden importiert worden sein. Ziegelbruchstücke treten in der Regel zumeist in größerer Zahl im Abbruchschutt auf oder wurden zerkleinert dem Mörtel beigemischt. Um die Reste der Burg Reina bei Dessau ist der Elbegrund mit Dachpfannen bedeckt. Hier aber wohl auf Grund der Unzugänglichkeit.
 
Allerdings könnten alte Einzelstücke auch von Römerfreunden importiert worden sein. Ziegelbruchstücke treten in der Regel zumeist in größerer Zahl im Abbruchschutt auf oder wurden zerkleinert dem Mörtel beigemischt. Um die Reste der Burg Reina bei Dessau ist der Elbegrund mit Dachpfannen bedeckt. Hier aber wohl auf Grund der Unzugänglichkeit.
Es steht in karolingischen Bauverordnungen, dass dem Mörtel beim Kirchbau alte Ziegel beigemischt werden sollen (weshalb auch rosa Mörtel prototypisch für karolingerzeitliche Bauwerke ist), aber - außer als Ballast - wäre es äußerst unwahrscheinlich, dass jemand Ziegelbruch oder auch heile Ziegel weit transportiert. Wie dem auch sei, das Landesamt bzw. Prof. Roland Möller, Restaurator von der TU DD, haben die Ziegel aus Derenburg als frümittelalterlich klassifiziert, man müsste schon gute Gründe dafür anführen, um die Ziegel für älter zu halten.
Meine Erfahrung mit Ziegelsteinen (nicht Dachziegeln) aus Stadtgrabungen ist allerdings, dass Ziegelsteine im Boden durchfeuchten und sehr weich werden.* Mir fehlt es da persönlich an fachlicher Expertise, um zu sagen, ob das von der Qualität der Ziegel abhängt oder immer so ist.



*"Unsere" Ziegelsteine dürften so +/- 300 bis 500 Jahre alt gewesen sein, also SpätMA/FNZ. Obwohl wir teilweise im 8. Jhdt. standen.
 
Es hängt von der Brenntemperatur der Ziegel ab. Bei zu hoher verklinkert der Lehm und wird auch nach hunderten von Jahren unter Wasser nicht durchfeuchtet und weich. Bei tieferer wird er mehr oder weniger aufnahmefähig für Feuchtigkeit, aber nur bei sehr schlechtem Brand weich. Die Ziegel und Backsteine der Burg Reina zeigen auch nach 600 Jahren im Elbwasser keine Erweichung. Lediglich die Kanten (Vogelkopfziegel) sind durch die Bewegung im Wasser abgeschliffen.
 
Römische Ziegel wurden im Früh- und sogar Hochmittelalter noch zweckentfremdet und lassen sich sogar archäologisch (z.B. Trier) nachweisen.
Da möchte ich noch mal auf Benedict Wilhelm verweisen (Schloss Beichlingen)
"Auch soll ein Legionsstein mit den Nummern in die äußere Mauer des Schlosses in der Nähe des Thores eingemauert seyn, den ich jedoch noch nicht habe auffinden können."
 
Da möchte ich noch mal auf Benedict Wilhelm verweisen (Schloss Beichlingen)
"Auch soll ein Legionsstein mit den Nummern in die äußere Mauer des Schlosses in der Nähe des Thores eingemauert seyn, den ich jedoch noch nicht habe auffinden können."
ÜS: Ich habe ein Gerücht unbekannter Provenienz gehört, aber Beweise dafür konnte ich nicht finden.
 
Gerüchte haben eine besonders lange Lebensdauer. Manchmal erscheinen sie sogar aus offiziellem Munde. So will ein leider schon verstorbener Denkmalpfleger in der Elbe bei Reina großformatiges, mit Stempel versehenes Mauerwerk entdeckt haben, welches dem Strom entgegen stand. Wir suchen diese seit 30 Jahren vergeblich. Ebenso diesbezügliche Aufzeichnungen oder Fotos.
Aus dem Mittelalter sind hier vor Ort Stempel auf vermuteten Klosterformat-Ziegeln unbekannt.
 
Römische Ziegel wurden im Früh- und sogar Hochmittelalter noch zweckentfremdet und lassen sich sogar archäologisch (z.B. Trier) nachweisen.

Wenn man in Trier römische Ziegel aus Trier weiterverwendet, ist das kein großer Transportaufwand.

Falls ich das aus Berichten richtig in Erinnerung habe, wurde aus dem Bereich der ehemaligen Colonia Ulpia Traiana noch bis in die Neuzeit einiges an Steinmaterial sogar bis nach Skandinavien verkauft. Allerdings liegt das Gebiet auch recht verkehrsgünstig am Rhein. Und sicherlich waren das auch keine Ziegel, die hätte man wohl kostengünstiger vor Ort brennen können.

Sicherlich hat man römische Ziegel noch in spätereen Jahrhunderten weiterverwendet. Die Frage ist doch aber, ob man das auch in Merseburg gemacht hat bzw. hätte machen können. Man hätte zunächst einmal die Ziegel nach Merseburg schaffen müssen. Am einfachsten geht so etwas über Flüsse. Ob und wie das möglich gewesen wäre, kann ich nicht berurteileilen. Wenn aber auch Lehmvorkommen in Merseburg und Umgebung vorkommen, hätte man die Ziegel doch auch lokal herstellen können. Und das wäre sicherlich einfacher gewesen, als sie aufwendig aus dem linksrheinischen herzutransportieren.

Aber sofern ich da nicht irgendetwas überlesen habe, sind doch in Merseburg keinerlei römische Ziegel gefunden worden. Wenn welche da wären, könnte man diskutieren, ob die dort schon seit der Römerzeit waren oder erst im MA in Zweitverwendung dorthin gebracht wurden.
 
Aber sofern ich da nicht irgendetwas überlesen habe, sind doch in Merseburg keinerlei römische Ziegel gefunden worden. Wenn welche da wären, könnte man diskutieren, ob die dort schon seit der Römerzeit waren oder erst im MA in Zweitverwendung dorthin gebracht wurden.
Funde aus Thietmars Zeiten sind nicht überliefert. Ob es bei der Aushebung der Domfundamente welche gab, wäre nur überliefert, wenn es sich um Stücke mit Inschriften gehandelt hätte.
 
Funde aus Thietmars Zeiten sind nicht überliefert. Ob es bei der Aushebung der Domfundamente welche gab, wäre nur überliefert, wenn es sich um Stücke mit Inschriften gehandelt hätte.

Also haben wir an römischen Bausteinen: nix nihil nada

(Da kann ich ja sogar noch in Duisburg eine halbe römische Säulentrommel in die Waagschale werfen, mit deren Fund ein ehemaliger Stadtarchivar einen römischen Tempel im Stadtzentrum postulierte, s. Das Dispargum-Mysterie )
 
@Carolus

das habe ich zu keiner Zeit behauptet. Es ging hier kurz um die Ziegel von Derenburg, nicht Merseburg! Allerdings gibt es gebrannte Ziegel und Keramik aus der römischen Töpferei in Haarhausen/TH. Die Ziegel haben jedoch keine Stempelung. Dafür gibt es römische Graffiti auf sehr vielen Scherbenbruchstücken. Solche Ziegel und Keramik "Haarhäuser Machart" gibt es aber aus dem Raum Merseburg. So vermute ich, dass diese von den germanischen Hilfstruppen selbst hergestellt und verteilt wurden.
 
Du warst schon so zu verstehen, dass du die mittelalterliche Herkunft der Derenburg-Ziegel mit dem Verweis auf die Zweitnutzung antiker Ziegel im mittelalterlichen Trier anfechten wolltest.
 
Zurück
Oben