Historisch korrekt dargestellte Spielfilme und Serien gesucht

Ich frage mich immer: will man als heutiger Zuschauer überhaupt so genau wissen, wie es historisch korrekt damals aussah oder (noch schlimmer) roch und schmeckte...
 
Ich frage mich immer: will man als heutiger Zuschauer überhaupt so genau wissen, wie es historisch korrekt damals aussah oder (noch schlimmer) roch und schmeckte...

Durch so was zB:

Es ist zwar nach Fernsehserien gefragt, Marcus Junkelmann beschäftigt sich in seinem Buch Hollywoods Traum von Rom eingehend mit filmischen Rekonstruktionsversuchen des antiken Roms und wie gut/schlecht das Filmen wie Gladiator gelungen ist. Ein sehr interessantes und lesenswertes Buch!

Gibt ja genug Versuche, anhand archäologischer, historischer und kunsthistorischer Quellen Rekonstruktionen von so ziemlich allem herzustellen. Daran kann man sich als Filmproduzent orientieren; oder es seien lassen, wir genug Produktionen beweisen. Dass dabei je nach Fall mehr oder minder große Lücken via Phantasie geschlossen werden müssen, liegt in der Natur der Sache "visuelles Medium".
 
Ich frage mich immer: will man als heutiger Zuschauer überhaupt so genau wissen, wie es historisch korrekt damals aussah oder (noch schlimmer) roch und schmeckte...

Als Marcus Junkelmann Ende der 1980er Jahre mit einigen Freunden die Ausrüstung römischer Legionäre nachbauen ließ und mit seiner "Truppe" von Verona nach Augsburg marschierte, wurde die experimentelle Archäologie noch von manchen belächelt. Inzwischen ist experimentelle Archäologie längst anerkannt, und durch die praktische Erprobung von Militär- und Gladiatorenausrüstungen, durch den Nachbau antiker Fahrzeuge konnten Erkenntnisse gewonnen werden, die eine Rekonstruktion antiker Ausrüstung ermöglichte, die man vor 50 Jahren für unglaublich gehalten hätte.
 
Master and Commander ist wirklich großartig. Der Streifen ist aber auch ein Beispiel dafür, dass ein Film, der Historikern gefällt, nicht unbedingt wirtschaftlich erfolgreich sein muss. Wenn man den Rezensionen trauen kann, war der Film an den Kinokassen eher ein Flop.
Flop ist ein bisschen übertrieben. Er hat seine Kosten eingespielt und etwas Gewinn gemacht. Die Kosten lagen bei 150 Mio. Dollar und die Einnahmen bei 210 Millionen weltweit. Im 20.Jh. hätte man das wohl als einen Erfolg bezeichnet. Man kann hier natürlich auch fragen wiederum, warum der Film so teuer wurde. Im 20.Jh. wäre man sicher mit weitaus weniger Geld ausgekommen. Polanskis "Pirates" von 1986 hat "nur" 40 Millionen gekostet und war dann aber wirklich ein Flop an den Kinokassen.

Zum Thema Seekrieg in der Segelschiffära waren "Master and Commander" und "Pirates" sicherlich die am besten ausgestatteten Filme der letzten 50 Jahre.
Bei "Master and Commander" gibt es eher inhaltliche Mängel, die aber auch von der Vorlage herrühren könnten. Ich habe bisher nicht verstanden, warum dieses Konstrukt mit dem für die Franzosen gebauten amerikanischen Schiff eingeschoben wurde.

Es gibt zahlreiche gut gemachte Filme. Ich fand "Emma" von D. Lawrence (Regie) z.B. sehr gut ausgestattet und die Gepflogenheiten der Epoche wie auch den Roman von Jane Austen reflektierend.

Zur Antike fällt mir kein wirklich guter Film ein. Die erste Staffel der Spartacus-Serie fand ich unterhaltsam mit Lucy Lawless in einer der Hauptrollen.
 
Ich habe bisher nicht verstanden, warum dieses Konstrukt mit dem für die Franzosen gebauten amerikanischen Schiff eingeschoben wurde.
Hätten sich die Filmemacher an das Buch gehalten und statt der Acheron die USS Norfolk genommen, wäre aus der schönen Szene mit: "Wollt ihr, dass eure Kinder die Marseillaise singen?" nie etwas geworden.

Dass dann am Schluss die gekaperte Acheron ins gegnerische Valparaiso geschickt wird, ist historisch gesehen zwar bedenklich, schmälert aber die Freude an diesem Film-Kunstwerk nicht.
 
Hätten sich die Filmemacher an das Buch gehalten und statt der Acheron die USS Norfolk genommen, wäre aus der schönen Szene mit: "Wollt ihr, dass eure Kinder die Marseillaise singen?" nie etwas geworden.
Es ging mir eher darum, dass optisch das französische Schiff einfach aussieht wie ein französisches Schiff und dieses Motiv mit dem Bau in einem amerikanischen Hafen doch irgendwie sinnlos ist. Französische Schiffe galten ja auch persé schon als gut. Im historischen Kontext ergibt es einfach keinen Sinn. Wann soll das Schiff für die Franzosen gebaut worden sein? 1798 während dem Krieg zwischen den USA und Frankreich? Wurde es 1803 überstellt als Louisiana an die USA kam?

Der Film ist ja trotzdem ein Meisterwerk.

Alternativ wäre ja denkbar gewesen, dass die britischen Matrosen als Gefangene in einem franz. Hafen waren oder bspw. während der ganz kurzen Friedensperiode 1802/03. Tut dem Film ansonsten ja auch keinen Abbruch.

Die beeindruckendste Seeschlacht für die Segelschiffära hat zweifelshohne "Old Ironsides" von 1926 geliefert. Ich frage mich immernoch wie der Regisseur vermocht hat diese Actionszenen, Statisten und Schiffe überhaupt zu koordinieren. Sicher ein Meisterwerk.

Zu "Alexander" haben wir hier im Forum schon endlose Diskussionen. Ich war nicht allzu begeistert. Entsprechend bin ich auch nur einmal reingegangen. Was die historischen Aspekte anbelangt bewegt sich Oliver Stone doch recht frei. Dankbarerweise hat man von den meisten Schlachten ohnehin nur Hinweise, welche ein großes Fragezeichen darüber aufkommen lassen, ob es denn so gewesen sein kann (wie das persische Riesenheer bei Gaugamela, das Dellbrück argumentativ geschickt verworfen hat). Es hätte auch durchaus spannendere Momente in Alexanders Leben wie seine Gefahr am Fluss Granikos gegeben in der er, der Überlieferung nach, geschwebt sein soll...

Die Frage ist ein bisschen, ob es um Historienfilme in dem Sinne oder auch um Literaturverfilmungen gehen soll.
 
Die Frage ist ein bisschen, ob es um Historienfilme in dem Sinne oder auch um Literaturverfilmungen gehen soll.

Mir ging es um Folgendes: wenn ich einen Eindruck in irgendeine Epoche gewinnen möchte, was kann ich da gucken?

Also, ein plattes Beispiel zur Veranschaulichung: wenn ich etwas über das Leben im Jahr 1963 lernen möchte, schaue ich nicht Dirty Dancing, sondern Mad Men.

Hintergrund der Frage ist, dass ich dabei bin, eine Jugendbuch-Reihe zu planen, die in verschiedenen Epochen spielt. Ich habe mich gefragt, welche Filme oder Serien ich zwecks Recherche gucken kann.

Parallel zu der sehr guten Diskussion hier habe ich mich auch selber ein bisschen schlau gemacht. Ich dachte zum Beispiel, dass "To The Ends of The World" authentisch sei. Musste dann aber in verschiedenen Artikeln lesen, dass das gar nicht stimmt.
 
Ich fand Gladiator ganz gut, noch besser aber den Medicus, weil in diesem Film das Alltagsleben im mittelalterlichen Europa des 11. Jahrhunderts als auch das im Orient gut dargestellt wurde – jedenfalls fern der Filme wie z.B. Robin Hood, egal welcher Version.

Dass im Medicus auch einige historischen Ungenauigkeiten vorkamen – siehe wikipedia – fallen mMn nicht ins Gewicht.
 
Bei "Master and Commander" gibt es eher inhaltliche Mängel, die aber auch von der Vorlage herrühren könnten. Ich habe bisher nicht verstanden, warum dieses Konstrukt mit dem für die Franzosen gebauten amerikanischen Schiff eingeschoben wurde.
Die Vorlage ist unschuldig. Der Plot basiert großzügig auf "The Far Side of the World", dem zehnten Band von Patrick O' Brians Aubrey/ Maturin Serie. Dessen Plot wiederum basiert auf der Kaperfahrt der USN "Essex" im Stillen Ozean, der im Gefecht von Valparaiso durch HMS "Phoebe" ein Ende bereitet wurde. (Beide Plots übrigens exzellent.) Da man aber nun dem US Kinopublikum nicht zumuten zu können meinte, dass ihre boys im Film die Bösen wären, wurden sie schlicht zu Franzosen gemacht. Um dann noch was klassisch 1812erisches beizubehalten, musste es denn doch ein schwimmbarer Untersatz sein, der ähnliche Charakteristika wie die US-amerikanische Superfregatte "Constitution" aufwies, an deren Bordwand die Geschosse ihrer britisken Gegner wirkungslos abgeprallt sein sollen.

Die Story war tatsächlich der schwächste Teil des Filmes, aber die geniale Besetzung
(Killick there!), die grandiose Ausstattung, die liebevollen Szenen eines Bordlebens (und die rausgeschnittenen waren noch besser)... schwärm.
 
Ich fand Gladiator ganz gut, noch besser aber den Medicus, weil in diesem Film das Alltagsleben im mittelalterlichen Europa des 11. Jahrhunderts als auch das im Orient gut dargestellt wurde
Den Medicus hatte ich völlig vergessen. Aber klar, ja, der ist da sehr zu empfehlen.
Gladiator allerdings weniger - einer meiner Lieblingsfilme, aber die Ungenauigkeiten oder sogar grobe Fehler aus historischer Sicht durchziehen den ganzen Film stark. Für Recherche oder Details zum Alltagsleben kann ich ihn nicht empfehlen.
Hintergrund der Frage ist, dass ich dabei bin, eine Jugendbuch-Reihe zu planen, die in verschiedenen Epochen spielt. Ich habe mich gefragt, welche Filme oder Serien ich zwecks Recherche gucken kann.
Am Ende wird bei Filmen immer ab einem gewissen Punkt die Historizität Handlung und Spannung geopfert. Du wirst nicht daran vorbeikommen, die eigentliche Recherche mit Büchern zu betreiben.
 
Master and Commander ist im November 2003 im Kino veröffentlicht worden. Also ist 2002/2003 der Film gedreht worden. Da sollte es klingeln.
Am 11.09.2001 ist in NY der verheerendste Terroranschlag, Twin Towers, passiert.
Deshalb hat man das Drehbuch mit der heißen Nadel umgeschrieben, um nicht noch mehr Salz in die verwundete Seele der amerikanischen Bevölkerung zu reiben.
 
Dass im Medicus auch einige historischen Ungenauigkeiten vorkamen – siehe wikipedia – fallen mMn nicht ins Gewicht.
Die waren z.T. schon ziemlich krass. Das Buch Der Medicus ist im Übrigen eines der wenigen Bücher, dass ich schon nach wenigen Seiten zur Seite gelegt habe, weil es schon gleich zu Beginn erhebliche historische Mängel aufwies. Daher kann ich das Buch im weiteren Verlauf nicht beurteilen. Wenn sich aber der Film einigermaßen an die Buchvorlage hält, dann transportiert er Konflikte aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (insbesondere der islamischen Revolution) ins 11. Jhdt. Noah Gordon hatte wohl beim Schreiben Reza Pahlavi und Ayatollah Khomenei vor Augen.
 
Die waren z.T. schon ziemlich krass. Das Buch Der Medicus ist im Übrigen eines der wenigen Bücher, dass ich schon nach wenigen Seiten zur Seite gelegt habe, weil es schon gleich zu Beginn erhebliche historische Mängel aufwies. Daher kann ich das Buch im weiteren Verlauf nicht beurteilen. Wenn sich aber der Film einigermaßen an die Buchvorlage hält, dann transportiert er Konflikte aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (insbesondere der islamischen Revolution) ins 11. Jhdt. Noah Gordon hatte wohl beim Schreiben Reza Pahlavi und Ayatollah Khomenei vor Augen.

Das Buch kenne ich nicht, nur den Film. Da habe ich mir auch alsbald überlegt, ob ich mir diese Anhäufung von Klischees und Anachronismen weiter antun soll. Aber: Sobald man sich damit abgefunden hat, dass nicht mehr historische Authentizität zu erwarten ist als bei den Rittern der Kokosnuss, ist es eigentlich auch wieder egal, und man kann das Spektakel genießen.
Ich fühlte mich auch stark an 1979 erinnert.
 
'Master and Commander' ist wirklich hervorragend. Ein unverdient in Vergessenheit geratenes Meisterwerk. Ein solcher Film würde heute gar nicht mehr gemacht, und wir reden von gerade einmal zwanzig Jahren, die vergangen sind. Keine Explosionen, kein computergeneriertes Spektakel! Keine Romanze! Nicht eine weibliche Sprechrolle! Nebenbei, wer Netflix abonniert hat, findet den Film dort.
Historisch korrekt dargestellte Spielfilme und Serien gesucht
Was das Mittelalter angeht, ist 'Outlaw King' ziemlich gut recherchiert, und vielleicht die bisher beste filmische Darstellung des frühen Spätmittelalters. Die Kostüme, das Setting, der Plot, die Charakterisierungen, alles sehr wirklichkeitsgetreu. Nur am Ende gibt es eine haarsträubend dumme Szene, der Hollywood-Dramaturgie geschuldet, die aufgrund der vorherigen Akkuratesse umso schärfer ins Auge sticht.

'Waterloo' ist ebenfalls hervorragend, wenn die Neuzeit von größerem Interesse ist. Allein schon der Umstand, dass man 16.000 sowjetische Soldaten als Statisten zur Verfügung hatte, darunter tausende ausgebildete Kavalleristen, macht den Film zu einem Erlebnis. Man meint, das Schwarzpulver und die Pferdeäpfel schlechterdings riechen zu können.
Die waren z.T. schon ziemlich krass. Das Buch Der Medicus ist im Übrigen eines der wenigen Bücher, dass ich schon nach wenigen Seiten zur Seite gelegt habe, weil es schon gleich zu Beginn erhebliche historische Mängel aufwies.
Danke für die Vorwarnung.

Dass ich ein fiktives Werk sofort aufgebe, kommt kaum noch vor (Sättigungseffekt). Wirkliche dealbreaker sind für mich eigentlich nurmehr Stellen, die selbst Lesern bzw. Zuschauern ohne historische Vorbildung unsinnig vorkommen sollten, oder wenn mit historischen Persönlichkeiten Schindluder getrieben wird.

Vor allem eine ungerechtfertigte Dämonisierung, bloß um einen Antagonisten zu kreieren, stößt mir sauer auf. Schönes Beispiel: 'Da Vinci's Demons', wo mit Federico da Montefeltro einer der fortschrittlichsten, gebildetsten und gerechtesten Herrscher seiner Zeit zum tumben Wüstling degradiert wird.

In letzter Zeit kommt noch die Repolitisierung des Kinos als stetes Ärgernis hinzu, das mir eine suspension of disbelief immer öfter unmöglich macht. Ich brauche mir bspw. keinen Film anzuschauen, in dem eine Schwarze Anne Boleyn spielt, bloß weil der Filmemacher das für "revolutionary" hält.

Kaum sind wir vom whitewashing, gottlob, abgekommen, fängt das blackwashing an. Dabei gibt es so viele faszinierende, historisch verbürgte Afrikanerinnen bzw. Frauen afrikanischer Abstammung, Königinnen wie Ranavalona von Madagaskar eingeschlossen, deren Geschichte man verfilmen könnte.

Nein, das ist ihr Vehikel. Und munter wird unter den Tisch gekehrt, wie niedrig der soziale Status einer Schwarzen im Tudor-England gewesen wäre. Dies zeigt, wie geradezu schizophren dieser Trend ist. Und wie absurd der Furor, mit dem die Studios jede Kritik an solchen Besetzungen und Verzerrungen abbügeln.
 
Ich frage mich immer: will man als heutiger Zuschauer überhaupt so genau wissen, wie es historisch korrekt damals aussah oder (noch schlimmer) roch und schmeckte...
Man muss wohl zugeben, dass eine gute Illusion von Authenzität oft mehr Vergnügen bringt als tatsächliche Detailtreue. So hat die Fernsehserie 'Chernobyl' nur wenig mit den realen Ereignissen gemein; v.a. die Antagonisten sind völlig überzeichnet, und die angebliche Auslöschung ganz Europens stand nie zu befürchten; trotzdem ist sie großartig und absolut sehenswert, weil sie sich wahr "anfühlt".
 
Was das Mittelalter angeht, ist 'Outlaw King' ziemlich gut recherchiert, und vielleicht die bisher beste filmische Darstellung des frühen Spätmittelalters. Die Kostüme, das Setting, der Plot, die Charakterisierungen, alles sehr wirklichkeitsgetreu. Nur am Ende gibt es eine haarsträubend dumme Szene, der Hollywood-Dramaturgie geschuldet, die aufgrund der vorherigen Akkuratesse umso schärfer ins Auge sticht.
Ich kenne mich mit dem 14. Jh. nicht so aus. Ich empfand aber einige der Zweikämpfe doch sehr unrealistisch und den Ausgang auch wie Du selber geschrieben hast etwas aaaargh. Um so verstörender scheint mir das, weil bei so einem Film, der im Streaming-Dienst erscheint ja scheinbar ein bisschen die Lasten weg sind, dass sie so arg publikumswirksam sein müssen. Es ist spannend wie gern Robert the Bruce thematisiert wird und das auch obwohl jeder Filmemacher damit klar kommen muss, dass sein Held alles andere als clean ist, was die moralische Facette anbelangt.

Was Du mit "Blackwashing" beschreibst, scheint mir vor allem in UK ein Thema zu sein. Mir ist das auch neulich bei einer Filmkritik zu einem neueren "Maria Stuart"-Film aufgefallen, wo wie selbstverständlich ein Schwarzer im Hofstaat auftaucht.
Man kann hier sagen, dass das vielleicht am Ende durch die Wirksamkeit von Bildern für das kollektive Gedächnis zu einer Verschiebung des Bewusstseins führt, hin dazu, dass manch einer glauben könnte, dass die mittelalterliche Gesellschaft durchlässig und viel gemixter war, als man es sich je vorstellte. Andererseits könnte man ins Feld führen, dass wie heute Robin Hood (2019) nicht durch eine mittelalterliche Stadt, sondern eine PC-Spiel-/Fantasywelt rennt, auch früher der Zeitgeist massiv ins Geschichtsbild eingriff. Da waren in den 30ern bis 50ern die Ritterburgen aus Pappe. Die Helden verschiedenster Jahrhunderte hatten die Schmalzlocke der 1940er oder 50er. Man interessierte sich einen Kehricht darum wie wirklich ein Stadtbild ausgesehen hat...
In UK scheint es ziemlich wirkmächtig zu sein wie stark das Thema Period Romance/Drama à la Jane Austen-Filme die TV-Filmwelt aber auch das Kino dominiert. Da reihen sich die hochwertigen Literaturverfilmungen ja aneinander und ich habe mal von schwarzen Schauspielerinnen gelesen, die es bemängelten wie wenig sie da vorkommen dürfen. "Bridgerton" und ähnliche Paralleluniversen oder spekulativen Gegenentwürfen nach dem Motto "wie hätte England ausgesehen, wenn es 1800 Schwarze/Zombies/Actionheros etc." gegeben hätte, zeigen in etwa in diese Richtung.
Man kann selbstverständlich auch fragen, warum gibt es bei all dem Bedarf nach Schwarzen im Period Drama nicht einfach 10 Biopics zu Olaudah Equiano oder zu Alexandre Dumas und seinem Vater Thomas Alexandre Dumas, Jean-Baptiste Belley und und und... Es gibt soviele spannende Geschichten und nicht unbedingt welche, die nur auf die Tränendrüsen wegen des Leids drücken müssen. General Dumas war ein starker Held.

"Die Stunde des Schweins" (1993) mit Colin Firth wird gern als sehr guter Film bezeichnet, der im Mittelalter spielt. Müsste ich mir mal antun.
 
Ich empfand aber einige der Zweikämpfe doch sehr unrealistisch
Ich nicht; immerhin hieben die Schauspieler nicht einfach nur auf einen gedachten Punkt in der Luft zwischen sich ein. Dieser Kritikpunkt gehört in meinen Augen zu den Ungenauigkeiten, die hinzunehmen man nicht umhinkommen wird. Nicht nur steht die Sicherheit der Schauspieler in Rede, es hat auch keiner von denen Zeit und Lust, die zwölf bis vierundzwanzig Monate zu trainieren, die es braucht, um im HEMA-fechten halbwegs firm zu werden.
und den Ausgang auch wie Du selber geschrieben hast etwas aaaargh.
Falls sich jemand, der den Film noch nicht gesehen hat, wundert, worum es geht:

Am Ende kommt es zu einem fiktiven Zweikampf zwischen Robert I. und Eduard II., wobei Letzterer besiegt in den Schlamm sinkt. Anstatt den Widersacher gefangen zu nehmen und den Krieg zu beenden oder wenigstens ein fürstliches Lösegeld zu kassieren, lässt Robert ihn laufen.

Filmisch wird der Bogen zu einer früheren Szene geschlagen, erzählerisch ist dieses Ende aber solcher Unsinn, dass auch der ahnungsloseste Zuschauer sich wundern müsste.
Um so verstörender scheint mir das, weil bei so einem Film, der im Streaming-Dienst erscheint ja scheinbar ein bisschen die Lasten weg sind, dass sie so arg publikumswirksam sein müssen.
Stimmt, aber ich denke, als Kinofilm wäre 'Outlaw King' noch einmal ganz anders ausgefallen.
Was Du mit "Blackwashing" beschreibst, scheint mir vor allem in UK ein Thema zu sein.
Dieser Eindruck mag daher kommen, dass der britische Film mehr Interesse an historischen Stoffen hat, wo solche Casting-Entscheidungen noch einmal ein anderes Gewicht entwickeln. Angefangen hat dieser Trend indes in den USA, wo man seit ungefähr fünf, sechs Jahren systematisch etablierte Figuren ethnisch und sozial divers besetzt.

An und für sich ist nichts dagegen zu sagen, auch wenn ich es eher für kontraproduktiv halte, aus dem Publikum wohlvertrauten Figuren wie z.B. James Bond, von seinem Schöpfer als ein bisschen chauvinistischer Womanizer aus dem schottischen Landadel erdacht, eine schwarze Frau zu machen.

So bekämpft man Ressentiments nicht, man fördert sie eher – zumal wenn man jede Kritik an solchen Entscheidungen als Ausdruck von Ressentiments darstellt –, weil unwidersprochen der Eindruck der Verdrängung und Vereinnahmung erzeugt wird.

Solches Casting konterkariert die erklärte Absicht, Minderheiten sichtbarer zu machen und den Film um ihre Perspektiven zu bereichern, weil nichts Neues hinzugefügt, nur Altes mit der Brechstange abgewandelt wird.

Außerdem kommt so die kreative Armut gerade des heutigen amerikanischen Blockbuster-Kinos zum Ausdruck, das lieber $300 Mio. in die xte Neuauflage steckt, als $50 Mio. in etwas Originelles.
"Die Stunde des Schweins" (1993) mit Colin Firth wird gern als sehr guter Film bezeichnet, der im Mittelalter spielt. Müsste ich mir mal antun.
Danke für die Empfehlung.
 
Tolles Thema, danke für alle Anregungen.

Es gibt eine fünfteilige Serie zum russischen Bürgerkrieg aus dem jahr 1967, Regie Wolfgang Schleif.

Ein Experte für diese Epoche bin ich nun nicht gerade, aber mein Eindruck war, dass das recht authentisch war.
Der Mehrteiler bezeichnet sich selber als "Dokumentarspiel".

Abweichungen bei Kulissen und Ähnlichem muss man auch mal aus der Budget-Perspektive in jenen Jahren sehen: Bei "Raumschiff Orion" wurde ja angeblich auch ein Bügeleisen in das Schaltpult montiert, weil nix Besseres zur Hand war.
 
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