Dion
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Ich habe jetzt 2 Tage und insgesamt vielleicht 4 Stunden gesucht und überlegt, was ich zu der Rezeption von „Von den Juden und ihren Lügen“ nach dem Krieg hier sagen soll, doch am Ende will ich nichts davon schreiben – außer zu einer Rede aus dem Jahr 2013 von Margot Käßmann verlinken, die darin u.a. Folgendes gesagt hatte – Zitat:
Doch zwanzig Jahre später, 1543, erschien ein im Duktus völlig anderer Text Luthers. Schon der Titel „Von den Juden und ihren Lügen“ verrät, dass es sich um eine Schmähschrift handelt. Luther schlägt darin der Obrigkeit vor, dass sie jüdische Synagogen und Schulen „mit Feuer anstecken“, ihre Häuser „zerbrechen“ und die Juden „wie die Zigeuner in einen Stall tun“ solle. Zudem sollten ihnen ihre Gebetbücher genommen werden, worin „Abgötterei“ gelehrt werde, ihren Rabbinern sollte verboten werden, zu unterrichten. Furchtbar. Unerträglich. Diese so unfassbaren Äußerungen, die ich nur ungern zitiere, können nicht mit seiner Verbitterung, dass Juden nicht zur Kirche der Reformation übertraten, erklärt oder durch den „Zeitgeist“ gerechtfertigt werden. Sie werfen auf ihn und die Reformation insgesamt einen Schatten und sollten die Kirche, die sich nach ihm benannte, auf einen entsetzlichen Irrweg führen.
Die Schmähschrift von 1543 diente allzu oft der Rechtfertigung für Diskriminierung, Ausgrenzung und Mord. Luthers Pamphlet wurde in der NS-Zeit häufig nachgedruckt, zum Beispiel unter dem Titel „Martin Luther und die Juden – weg mit ihnen!“
(…)
Aus Luthers Spätschrift hatte Streicher für sein Hetzblatt „Der Stürmer“ den in der NS-Zeit sprichwörtlich gewordenen Satz „Trau keinem Fuchs auf grüner Heid und keinem Jud‘ bei seinem Eid“ entnommen.
Bis auf wenige Einzelne versagte die Evangelische Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus, weil sie Menschen jüdischen Glaubens nicht schützte, sich dem Holocaust nicht vehement entgegenstellte.
Ich finde, das sind starke Worte einer ehemaligen Bischöfin, zumal sie die Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“ erst ein Jahr zuvor gelesen hatte. Und da darf man schon fragen, wieso diese Schrift Luthers in ihrer Ausbildung zur Theologin (von 1977 bis 1983) anscheinend keine Rolle spielte.
PS: Laut Käßmann (2017) ist es in Teilen immer noch so, denn es gebe in der evangelischen Theologie immer noch eine ganze Fraktion, die der Meinung ist, dass Luthers Judenschrift von 1543 in der Kirche gar keine Wirkungsgeschichte gehabt hat.
Dann hängt die Rezeption von Luthers Hetzschriften auch heute noch davon ab, bei welchem Professor man die Kirchengeschichte gehört hat.
Immerhin: Die EKD hat sich 2015 von Luthers Judenschriften distanziert. Dazu sagt man wohl: Besser spät als nie.
Doch zwanzig Jahre später, 1543, erschien ein im Duktus völlig anderer Text Luthers. Schon der Titel „Von den Juden und ihren Lügen“ verrät, dass es sich um eine Schmähschrift handelt. Luther schlägt darin der Obrigkeit vor, dass sie jüdische Synagogen und Schulen „mit Feuer anstecken“, ihre Häuser „zerbrechen“ und die Juden „wie die Zigeuner in einen Stall tun“ solle. Zudem sollten ihnen ihre Gebetbücher genommen werden, worin „Abgötterei“ gelehrt werde, ihren Rabbinern sollte verboten werden, zu unterrichten. Furchtbar. Unerträglich. Diese so unfassbaren Äußerungen, die ich nur ungern zitiere, können nicht mit seiner Verbitterung, dass Juden nicht zur Kirche der Reformation übertraten, erklärt oder durch den „Zeitgeist“ gerechtfertigt werden. Sie werfen auf ihn und die Reformation insgesamt einen Schatten und sollten die Kirche, die sich nach ihm benannte, auf einen entsetzlichen Irrweg führen.
Die Schmähschrift von 1543 diente allzu oft der Rechtfertigung für Diskriminierung, Ausgrenzung und Mord. Luthers Pamphlet wurde in der NS-Zeit häufig nachgedruckt, zum Beispiel unter dem Titel „Martin Luther und die Juden – weg mit ihnen!“
(…)
Aus Luthers Spätschrift hatte Streicher für sein Hetzblatt „Der Stürmer“ den in der NS-Zeit sprichwörtlich gewordenen Satz „Trau keinem Fuchs auf grüner Heid und keinem Jud‘ bei seinem Eid“ entnommen.
Bis auf wenige Einzelne versagte die Evangelische Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus, weil sie Menschen jüdischen Glaubens nicht schützte, sich dem Holocaust nicht vehement entgegenstellte.
Ich finde, das sind starke Worte einer ehemaligen Bischöfin, zumal sie die Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“ erst ein Jahr zuvor gelesen hatte. Und da darf man schon fragen, wieso diese Schrift Luthers in ihrer Ausbildung zur Theologin (von 1977 bis 1983) anscheinend keine Rolle spielte.
PS: Laut Käßmann (2017) ist es in Teilen immer noch so, denn es gebe in der evangelischen Theologie immer noch eine ganze Fraktion, die der Meinung ist, dass Luthers Judenschrift von 1543 in der Kirche gar keine Wirkungsgeschichte gehabt hat.
Dann hängt die Rezeption von Luthers Hetzschriften auch heute noch davon ab, bei welchem Professor man die Kirchengeschichte gehört hat.
Immerhin: Die EKD hat sich 2015 von Luthers Judenschriften distanziert. Dazu sagt man wohl: Besser spät als nie.