Elsaß-Lothringen

Abtretung des Saarkohlebeckens

An wen sollte das Saarkohlebecken abgetreten werden? Vermutlich Frankreich?

Ich hätte eigentlich auch erwartet, dass Frankreich unter Napoléon III. womöglich auch Luxemburg, Belgien sowie die linksrheinischen Gebiete Deutschlands hätte annektieren wollen.
 
Ich hätte eigentlich auch erwartet, dass Frankreich unter Napoléon III. womöglich auch Luxemburg, Belgien sowie die linksrheinischen Gebiete Deutschlands hätte annektieren wollen.

Luxemburg und Belgien waren ja von diesem Krieg nicht betroffen.
Insofern sich Österreich von der Niederlange 1867 noch nicht erholt hatte und für einen neuen Krieg im größeren Stil noch nicht beereit war, hätte Frankreich hier relativ freie Hand gehabt, wenn Preußen erst einmal besiegt gewesen wäre.
Luxemburg oder Belgien bereits während der Auseinandersetzung mit Preußen offiziell zum Ziel zu deklarieren, wäre allerdings extrem ungeschickt gewesen, weil das zur Intervention Großbritanniens oder Russlands auf Seiten Preußens hätte führen können, ebenso wie eine allzugroße angedachte Expansion Frankreichs in den deutschen Raum hinein.

Im besonderen London mag der Machtzuwachs Preußens nicht ganz geheuer gewsen sein und über den Krieg von 1864 und sein Ergebnis war man sicherlich auch nicht amused aber deswegen hätte man niemals tatenlos zugesehen, wenn Frankreich Anstalten gemacht hätte größere Teile Westeuropas zu erobern.

Die linksreinischen Gebiete Deutschlands zu fordern hätte wegen der bayerischen Pfalz auch ein zusätzliches Friedenshindernis bedeutet.
Vor Beginn des Krieges konnte Paris ja möglicherweise auf bayerische Neutralität hoffen, auch nach Kriegsbeeginn möglicherweise auf einen Separatfrieden mit München, womit Preußen seinen bedeutendsten Verbündeten eingebüßt hätte.
Insofern war es sicherlich sinnvoll, mit Rücksicht auf Bayern die linksreinischen Gebiete und damit die Pfalz aus etwaigen Kriegszielkatalogen erst einmal auszusparen, um sich Süddeutschland nicht unnötig zum Find zu machen und Friedensoptionen offen zu halten.
Das bedeutet aber nicht, dass man an die entsprechenden Territorien nicht durchaus gedacht hätte.

Zumal dass wie @Turgot ausgeführt hat die Bedingungen für Preußen gewesen wären, Linksreinische Territorien im Gestalt der Pfalz und damit der Festung Landau wären ja über Bedingungeen an Bayern, nicht Preußen zu realisieren gewesen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Abtretung Danzigs an Russland.

Wie kam man eigentllich auf diesen Trichter?
Ich meine die Absicht mit Zugeständnissen direkt an Russland die russische Neutralität sichern zu wollen ist offenkundig.
Aber was brachte Gramont zu der Annahme, dass Russland ausgerechnet an Danzig Interesse haben würde, zu dem es überhaupt keine Landverbindung gegeben hätte?
Irgendwas in Schlesien oder Ostpreußen wäre mir ja begreiflich, was aber hätte Russland mit Danzig anfangen sollen?

War das ein Versuch durch einen fehlenden Landkorridor zwischen Russisch-Polen und Danzig so wie Dissens über Schiffahrt auf der Weichsel dauerhaften Zwist zwischen Preußen und Russland zu sähen oder war das einfach nur eine skurrile Laune?
 
Luxemburg und Belgien waren ja von diesem Krieg nicht betroffen.

Die linksreinischen Gebiete Deutschlands zu fordern hätte wegen der bayerischen Pfalz auch ein zusätzliches Friedenshindernis bedeutet.


Es gab in den 1840er Jahren Bestrebungen in Frankreich nach Westen wieder zu expandieren (Rheinkrise – Wikipedia .) Und Napoléon III. hatte auch schon vor dem deutsch-französischen Krieg ein Auge auf Belgien sowie Luxemburg geworfen. Zumindest zu Luxemburg s. hier: Luxemburgkrise – Wikipedia

Wegen Belgien habe ich in Erinnerung, darüber auch etwas gelesen zu haben, dass da Frankreich auch Ambitionen hatte. Da müßte ich noch mal suchen, ob ich dazu etwas finde.
 
Wie kam man eigentllich auf diesen Trichter?
Ich meine die Absicht mit Zugeständnissen direkt an Russland die russische Neutralität sichern zu wollen ist offenkundig.
Aber was brachte Gramont zu der Annahme, dass Russland ausgerechnet an Danzig Interesse haben würde, zu dem es überhaupt keine Landverbindung gegeben hätte?
Irgendwas in Schlesien oder Ostpreußen wäre mir ja begreiflich, was aber hätte Russland mit Danzig anfangen sollen?

War das ein Versuch durch einen fehlenden Landkorridor zwischen Russisch-Polen und Danzig so wie Dissens über Schiffahrt auf der Weichsel dauerhaften Zwist zwischen Preußen und Russland zu sähen oder war das einfach nur eine skurrile Laune?

Das weiß ich auch nicht. Ich mutmaße, das es darum ging zwischen Preußen und Russland einen Keil zu treiben.
 
In Belgien ging es um die Eisenbahnen.

Ich habe noch ein wenig herumgesucht:

https://www.lesoir.be/114480/article/2017-09-16/lhistoire-tumultueuse-dun-couple-trois
Leider hinter paywall, eine französischsprachige überregionale Tageszeitung aus Belgien, aber zumindest die ersten paar Zeilen lassen schon erkennen, dass man im 19. Jahrhundert in Belgien die Gefahr mehr im Westen als im Osten sah.

https://www.cairn.info/revue-relations-internationales-2016-2-page-9.htm

Baron Beyens. Le Second Empire vu par un diplomate. - Persée

https://dumas.ccsd.cnrs.fr/dumas-03414316/document

Baron Beyens. Le Second Empire vu par un diplomate. - Persée

https://radar.auctr.edu/islandora/object/cau.td:1932_pope_virginia_g/datastream/OBJ/download (Masterarbeit von 1932 - Download beginnt sofort)

hier noch im französischsprachigen Forum zur Geschichte: Forum Histoire - Passion Histoire • Consulter le sujet - Buts annexionnistes de la France en 1870 (Da wird auch Belgien als mögliches Annexionsziel genannt, leider ohne weitere Quellenangaben)

Ich habe die vorgenannten Quellen nur kurz angelesen, müßte noch mal tiefer einsteigen.
 
In Russland ging es häufig um günstige Häfen. Danzig ist sicher Eisfrei, also ein guter Ausweichplatz für den Notfall. Und Ostpreußen wäre im Kriegsfall dann kaum zu halten gewesen, Preußen damit als Machtfaktor ausgeschaltet. Nett für Frankreich und Russland.
 
In Russland ging es häufig um günstige Häfen.
Wann ging es in der russischen Geschichte nach Peter dem Großen denn noch explizit um Häfen im Bereich der Ostsee?

Im Bereich des Schwarzen Meeres und des Fernen Ostens ja, wobei dass im Schwarzen Meer eigentlich Spätestens seit Katharina II. auch kein großes Thema mehr war, weil man inzwischen welche hatte.

Zudem war in petrinischer Zeit und im Hinblick auf das Schwarze Meer das Argument immer, dass Russland Häfen benötigte, um mit der übrigen Welt Handel treiben zu können, was mindestens unter Peter, als Russland bis auf das Weiße Meer überhaupt keinen Zugang zur See hatte, auch einigermaßen plausibel war, im Hinblick auf das Schwarze Meer, mindestens so lange, bis man dort Häfen wie Odessa gründen konnte.

Aber das war zum einen längst gegeben, zum anderen, wenn es darum geht Handel zu treiben, dann müsste der Hafen schon eine Verbindung zum restlichen Land haben, sonst macht das doch überhaupt keine Sinn.
Wenn Waren um zwischen dem Hafen und dem Rest des Landes verkehren zu können erstmal das Ausland passieren müssen und jedesmal Einfuhr- und Ausfuhrzölle anfallen oder die Gefahr besteht, dass keine Transitgenehmigung erteilt wird oder die Zölle so hoch sind, dass man sie als prohibitiv bezeichnen müsste, ist so ein Hafen wirtschaftlich eigentlich kein Gewinn und man könnte ihn genau so gut beim Ausland belassen.

Danzig hätte sich sicherlich als Exporthafen für Russisch-Polen geeignet, aber nur wenn es auch eine Landverbindung nach Russisch-Polen, etwa im Stil des späteren polnischen Korridors gegeben hätte oder der russischen Schiffahrt auf der Weichsel Zollfreiheit garantiert worden wäre, so dass die mehr oder weniger als "Autobahn" zwischen Warschau und Danzig hätte fungieren können.

Freiwillig hätte Preußen allerdings wohl kaum auf die Weichselzölle verzichtet und von einem Landkorridor nach Polen oder einer Garantie für Ferihandel und freien Verkehr auf der Weichsel scheint da ja nichts zu stehen.

Ohne dem hätte Danzig für Russland keinen zivilen Nutzen gehabt. Den großen militärischen Nutzen als Flottenstützpunkt für Russland sehe ich auch nicht.
Gegen wen hätte sich das richten wollen? Der einzige militärische Wert, den Danzig für Russland gehabt hätte, wäre die Möglichkeit gewesen es stärker zu befestigen und einen Stützpunkt im preußischen Gebiet zu besitzen, inklusive Übergang über die Weichsel, aber auch das wär nur sinnvoll gewesen, wenn man auf einen Krieg mit Preußen hingearbeitet hätte und preußisches Gebiet hätte dazugewinnen wollen.

Insofern, wenn nicht als Sprungbrett für einen Konflikt mit Preußen, ann dem Russland sicherlich nicht unbedingt interessiert war, hätte es mit Danzig eigentlich nichts sinnvolles anfangen können, außer vielleicht es bei den Preußen gegen irgendwelche anderen Zugeständnisse einzutauschen.
 
Wegen Belgien habe ich in Erinnerung, darüber auch etwas gelesen zu haben, dass da Frankreich auch Ambitionen hatte.

Frankreich hatte schon als Belgien von den Niederlanden 1830 unabhängig wurde Interesse an der Wallonie gezeigt, was ja auch durchaus naheliegend war.
Die Bevölkerung sprach französisch, man konnte sich von französischer Seite her also die Vorstellung machen, dass man diese Bevölkerung sehr leicht integrieren und dort eine funktionierende Verwaltung aufbauen könnte, wenn man die Wallonen nicht ohnehin als verkappte Franzosen betrachtete, außerdem verfügte die Wallonie über eine recht gut ausgebildete Industrie und vor allem über Kohlegruben, die der französischen Wirtschaft fehlten (weswegen für Frankreich ja auch das Saargebiet immer ein Thema war).

Insofern allerdings 1839 Großbritannien und Preußen die Unabhängigkeit Belgiens garantiert hatten (das ist der gleiche Vertrag gewesen, aus dem London 1914 seinn Kriegseintritt bgründete), wäre es eine schlechte Idee gewesen das zum Kriegsziel zu erklären, so lange Preußen nicht besiegt war.
Damit hätte man sicherlich Belgien und Großbritannien auf die Seite Preußens gebracht (Belgien war schon in der napoléonischen Zeit ein entscheidender Streitpunkt zwischen Großbritannien und Frankreich gewesen), möglicherweise sogar noch die Niederlande oder die Schweiz, wenn sich erstere bedroht und letztere möglicherweise aus Belgien den Schluss gezogen hätten, dass wenn die Garantie der belgischen Neutralität Belgien keine Sicherheit bot, es einem selbst genau so gehen könnte.

Von französischer Seite her hatte man sicherlich besseres zu tun, als seinem Feind Preußen durch offene Forderungen nach belgischem Territorium noch entscheidende Unterstützung in Form von einer Britisch-Belgischen Streitmacht in der eigenen Flanke, der britsichen Seemacht, der britischen und belgischen Industrie und in Form von britischen Subsidien an die Seite zu stellen.
Wennn man 1870 in Frankreich an Belgien dachte, dann musste klar sein, dass das erst realisiert werden konnte, wenn Preußen militärisch besiegt sein würde.
Österreich hatte sich von 1867 noch nicht erholt, und war für einen Krieg noch nicht wieder bereit, Großbritannien verfügte über Landstreitkräfte, die stark genug waren einen größeren Partner auf dem Festland zu unterstützen, aber um allein einen Landkrieg gegen Frankreich führen zu können, reichten sie bei weitem nicht und ob Russland ein ernsthaftes Interesse gehabt hätte sich wegen Belgien mit Frankreich zu schlagen, so lange Frankeich keine Eroberungen napoléonischen Ausmaßes anstrebte, wird man für fraglich halten können.

Das logische französische Vorgehen wäre also gewesen Preußen zu schlagen und nach dem man es geschlagen haben würde Belgien mehr oder weniger auf dem Rückweg einzusammeln.
Wäre Preußen erst einmal geschlagen gewesen, wäre Berlin sicherlich dazu bereit gewesen französische Zugewinne in Belgien zu akzeptieren, wenn Frankreich seinerseits dazu bereit gewesen wäre sich auf minimale Grenzkorrekturen am Rhein zu beschränken und um St. Petersburg zu beschwichtigen hätte eine Revision des Pariser Friedens von 1856, der die russische Handlungsfähigkeit im Schwarzmeerraum empfindlich einschränkte zur Verfügung gestanden.
Wenn Frankreich 1870 Belgien oder Teile davon wollte wäre das der Weg gewesen und keineswegs hätte man es den anderen Großmächten zu verstehen gegeben, so lange Preußen militärisch nicht besiegt war.
 
Die Frage ist, ob Petersburg so ein Danaergeschenk überhaupt angenommen hätte.

Gortschakow ließ Reuß eben am 07. August wissen: "Durch die unbegreifliche Politik des Kabinetts der Tuilerien sei die Einheit Deutschlands hergestellt worden." Gleichzeitig reklamierte Gortschakow aber ein Mitspracherecht bei der Ausgestaltung des Friedens. Auch wollte er, das die Süddeutschen unabhängig blieben. An einem Sieg Frankreichs schien man nicht zu denken.

Nach dem die Franzosen ihre Niederlagen, Wörth, Weissenburg und Spicheren, erlitten hatten und sich auf der Suche Bundesgenossen machten, hielt man es in London für angezeigt, dafür Sorge zu tragen, das sich der Krieg nicht ausweitet. In Petersburg schloss man sich dieser englischen Initiative gerne an.

Der Zar wollte das europäische Gleichgewicht gesichert wissen, Frankreichs vitale Interessen schützen und unerträglichen Bedingungen seine Zustimmung zu verweigern.

Linke, Gortschakow, S.684ff
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Frage ist, ob Petersburg so ein Danaergeschenk überhaupt angenommen hätte.

Da würde ich nicht von ausgehen, eben weil Danzig für Russland überhaupt keinen Nutzen hatte, es sei denn es ließ sich auf einen Konflikt mit Preußen ein um eine Landverbindung zu schaffen.
Aus russischer Sicht wäre Danzig kaum einen großen Dissens mit dem potentiellen außenpolitischen Partner Preußen wert gewesen, weswgen ich mir die Frage stellte, wie man in Paris auf diese Schnapsidee kam.

Das man damit Russland kaum würde ködern können, musste eigentlich klar sein.
Auf der anderen Seite erkannte man damit allerdings eine Kompensationsberechtigung Russlands mehr oder weniger an, was insofern zu Konfliktstoff führen konnte, dass St. Petersburg das hätte ausschlagen und Kompensationen hätte verlangen können, die für Frankreich möglicherweise weniger akzeptabel gewesen wären, z.B. russische Zugewinne im Schwarzmeer-Raum bzw. freie Hand in den Donau-Fürstentümern.

Meiner Meinung nach eine sehr ungeschikcte Vorgehensweise der Franzosen, weil man einerseits russische Begrhelichkeiten wecken und legitimieren konnte, andererseits aber nichts anbot, das für Russland wirklich interessant war, jedenfalls nicht in dieser Form.

Im Prinzip war das nichts anderes, als von Russland zu verlangen ohne wirklich substanzielle Zugewinne, die Russland interessierten Russland durch Dissens mit Preußen zur Garantiemacht französischer Zugewinne zu machen.
 
Das waren sie ja gerade nicht. Sie kosteten Wien außer Holstein und dem Veneto keine Territorien.
Aber gleichzeitg aus zwei von 3 bespielbaren außenpolitischen Einflusszonen heraus zu fliegen, war eine katastrophale Entwicklung.

Maßvoll insofern, das Preußen von Österreich kein territorialen Abtretungen verlangte. Auch die finanzielle Entschädigung hielt sich in Rahmen. Ansonsten, natürlich war der Wegfall Venetiens nach der Lombardei und der Rauswurf aus Deutschland für Österreich sein Status als Großmacht gravierend. Deshalb war u.a. der Ausgleich mit Ungarn wichtig, um eben Großmacht bleiben zu können.
 
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