Kaum wenn man erschöpft von Kämpfen ist und die Germanen im Rücken hatte.
Eine römische Legion konnte im Schnitt an die 30 Km am Tag zurücklegen, in Gewaltmärschen durchaus auch mehr (war allerdings wegen der Erschöpfung nicht unbedingt zu empfehlen).
Wenn es den Römern gelungen wäre sich bis zu den Lagern an der Lippe durchzuschlagen, wären die zweifelsohne so weit erschöpft gewesen, dass sie einen oder zwei Ruhetage dringend benötigt hätten.
Die hätten sie, wenn sie den Schutz der eigenen Befestigungen erreicht hätten allerdings sicherlich gehabt.
Bei den Germanen wäre zunächst mal fraglich gewsen, ob sie die Verfolgung im offenen Gelände überhaupt aufgenommen hätten, denn dann hätten sie unter Umständen bereit sein müssen sich unter für die römische Kampfweise vorteilhafteren Bedingungen zur Schlacht zu stellen.
Selbst wenn man es annimmt, hätten die Germanen vor einigen Problemen gestanden.
1. Sie hatten genau so wie die Römer 4 Tagelang gekämpft und waren mindestens genau so erschöpft. Hätten die Römer die Lager an der Lippe allerdings erreicht und sich in deren Schutz zurückgezogen, wären den Germanen nur 2 Möglichkeiten geblieben. Nämlich entweder die Kampagne abzubrechen oder zu versuchen die Lager im Sturm zu nehmen, wobei die Chancen wegen eigener Erschöpfung schlecht gestanden hätten. Für Belagerung waren die Germanen aber nicht vorbereitet, genau so wenig dafür sich so weit weg von ihren Ausgangsbasen längere Zeit zu versorgen, außerdem mussten sie im römisch kontrollierten Gebieet damit rechnen, dass die Römer jederzeit Verstärkungen durch frische Truppen bekommen konnten.
2. Je länger die Germanen nachgesetzt hätten, desto weiter hätten sie sich vom Schlachtfeld entfernt und damit riskiert, dass sich andere, die an der Schlacht nicht teilgenommen hatten das ganze interessante Beutegut unnter den Nagel reißen, während sie den Römern hinterher hetzten nur um dann möglicherweise unverrichteter Dinge wieder abziehen zu müssen.
Wenn es Varus gelungen wäre mit einem Großteil der Truppen auszubrechen und in Reichweite der Lager an der Lippe zu kommen, denke ich, wären die Römer relativ safe gewesen.
Nach vielleicht zwei Ruhetagen bei einigermaßen anständiger Verpflegung wären die Römer von da ab sicherlich in der Lage gewesen innerhalb von 3 tagen die 60 Km nach Xanten zurück zu legen, das hätte 10 km pro Tag unter der normalen Soll-Marschleistung gelegen.
Hier vergisst du wieder dass das Ganze kein Ferienausflug war.
Das war schon sehr großzügig kalkuliert mit den 6 Tagesrationen. Ich wüsste auch nicht, was das mit einem Ferienausflug zu tun hätte.
Sicherlich waren die Magazine in den römischen Lagern nicht immer bis unter das Dach voll, aber damit dass Stützpunktsystem überhaupt irgendeinen Sinn hatte und Truppenverschiebungen einigermaßen schnell vorgenommen werden konnten, musssten die größeren Standlager wenigstens so viel vorhalten, dass sie einigermaßen spontan eine oder zwei Legionen aufnehmen konnten.
Ansonsten wäre das ganze witzlos gewesen.
Hätte man erstmal jedes mal erstmal im Vorraus 2-3 Wochen Lang die Magazine auffüllen müssen, damit eine Legion überhaupt einrücken konnte, hätten diese Lager keinen Sinn ergeben, im Fall, dass die Region angegrifffen wird, wären sie dann nämlich überannt gewesen, bevor man eine Legion hätte aufnehmen können.
Man wird darauf rechnen dürfen, dass die Lager an der Lippe genug Lebensmittel vorhielten um eine Truppe, die vielleicht noch die nummerische Stärke von 1,5 Legionen hatte 1-2 Wochen autark versorgen zu können.
Und mehr hätte es in Sachen Versorgung nicht benötigt um die Truppe an den Rhein zurück zu bringen, wenn sie die Lippe erreicht hätte.
Man sieht doch am Verlauf der Geschichte dass das anders gewesen ist.
Das habe kontrafaktische Szenarien so an sich.
Schlechterdings, wenn man sich ein Urteil darüber bilden möchte, ob eine Entscheidung richtig oder falsch, oder formulieren wir es weniger scharf, sinnvoll oder weniger sinnvoll war, kommt man mitunter nicht umhin sich einmal weitergehend Gedanken über mögliche Konsequenzen zu machen, auch wenn sie nicht eingetreten sind.
Ich sehe das Problem eher darin, überhaupt die Lippelinie wieder zu erreichen.
Sofern ein Ausbruch ins offene Gelände mit einer einigermaßen großen Resttruppe, die man von germanisscher Seite her nicht nicht mit ein paar Streif-Trupps hätte aufreiben können gelungen wäre, hätten die Chancen da wahrscheinlich nichtmal schlecht gestanden.