Punische Kriege - Elefanten in Rom bekannt oder nicht?

Laura123

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Hallo zusammen,

ich habe widersprüchliche Informationen. In einem Schulbuch für Geschichte steht, dass die römischen Soldaten beim 2. Punischen Krieg erstmals in ihrem Leben Elefanten sahen. Und in einer Dokumentation sagt ein Historiker, dass alle bekannten Kriegsmächte der Zeit auch bereits Kriegselefanten hatten und die Karthager sich das bei den Griechen abgeschaut hätten. Stimmt, das? Ich habe die Griechen nie mit Kriegselefanten in Verbindung gebracht? Steht das in Zusammenhang mit dem Perserreich, Dareios hatte doch auch bereits Kriegselefanten.

Und was mich am meisten interessiert: Wie neu waren Elefanten für einen römischen Soldaten?

Hier der Link zu der Doku (ab Minute 10 spricht der Historiker): [Zum Video-Titel siehe Beitrag von Reinecke]

Danke für eure Einschätzungen!

Laura
 
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Die Moderation möchte hier keine youtube-Videos. Für Interessierte: Der Video-Titel war

Legendäre Schlachten Hannibal und die Römer Doku 2016 NEU in HD

Die Römer waren auch vor den Punischen Kriegen schon mit Elefanten konfrontiert worden, so zB in den Schlachten gegen Pyrrhus, einem griechischen bzw makedonischen Herrscher. Das war also nichts völlig neues. Sie wurden aber von Völkern in Italien nicht eingesetzt, daher kann man davon ausgehen, dass viele römische Soldaten, die dann zB denen des Hannibal gegenüberstanden, selbst vorher noch nie einen Elefanten gesehen hatten.

Die Griechen bzw Makedonen hatten Kriegselefanten kennen gelernt, als Alexander bis nach Indien vorstieß. Sie wurden dann ins Waffenarsenal der Diadochen übernommen, und ab da von den hellenistischen Herrschern recht regelmäßig eingesetzt. In der Periode vor Alexander gab es sie nicht in den Arsenalen griechischer Armeen.

Interessant vielleicht, dass die Karthager vielleicht die Idee, Elefanten im Krieg einzusetzen, von diesen hellenistischen Königreichen übernahmen, sie aber im Gegensatz zu diesen keine oder kaum indische Elefanten einsetzten, sondern den heute ausgestorbenen nordafrikanischen Elefanten. Diese waren kleiner als indische bzw asiatische Elefanten (Elephas maximus), die wiederum kleiner sind als heute noch südlich der Sahara lebende afrikanische Elefanten (Loxodonta africana), obwohl sie wohl näher mit letzterem verwandt sind.
 
Nur mal am Rande, liessen sich die ind., afrik. und nordafrik. Elefanten kreuzen, hätte es also "Hybride" geben können?
 

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Nur mal am Rande, liessen sich die ind., afrik. und nordafrik. Elefanten kreuzen, hätte es also "Hybride" geben können?
Über nordafrikanischen und afrikanischen Elefanten lassen sich keine sicheren Aussagen treffen, da ersterer nunmal ausgestorben ist. Allerdings wird er wohl idR als Unterart von Loxodonta africana beschrieben, dann ist die Antwort: Ja. So ist der Art-Begriff definiert.

Asiatischer und afrikanischer Elefant hat El Quijote das aussagekräftige Beispiel verlinkt. Daraus kann man mE folgern: Eigentlich nicht. Motty hätte in freier Wildbahn vermutlich die Geburt nicht lange überlebt, ist selbst mit menschlicher Pflege früh gestorben, und selbst wenn er erwachsen geworden wäre ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass er fruchtbaren Nachwuchs hätte zeugen können.
 
Nur mal am Rande, liessen sich die ind., afrik. und nordafrik. Elefanten kreuzen, hätte es also "Hybride" geben können?

Indische und Afrikanische Elefanten gehören nicht nur unterschiedlichen Arten, sondern auch unterschiedlichen Gattungen an. Vor "Motty" hielt man eine Kreuzung der beiden Arten für unmöglich.

Grundsätzlich ist eine Kreuzung zwischen Arten möglich, es treten aber auch bei Kreuzungen zwischen sehr nahe verwandten Arten sehr häufig Probleme bei den Nachkommen auf, und es sind die Nachkommen in der Regel nicht reproduktionsfähig.

In Gefangenschaft wurde in dieser Hinsicht viel experimentiert: Es kam vor, dass Tiger und Löwen gekreuzt wurden, Liger werden deutlich größer, als Löwen oder Tiger, entwickeln aber sehr häufig gesundheitliche Probleme.

In freier Wildbahn kommt es, dort wo sich die Verbreitungsgebiete überschneiden zu Kreuzungen zwischen Maultier- und Weißwedelhirschen. für den Bestand des Maultierhirsches ist die Kreuzung nicht unproblematisch, es wird der Bestand an reinblütigen Maultierhirschen ausgedünnt. Die Kreuzungen sind nicht reproduktionsfähig und anfälliger für Krankheiten.

Weißwedelhirsche übertragen dazu auch einen Parasiten, der für Maultierhirsche tödlich ist.

Es gibt zahlreiche Beispiele, dass Kreuzungen meist nicht die gewünschten Resultate zeigen, dass Nachkommen nicht reproduktionsfähig sind und sehr anfällig für Krankheiten.

Bei Elefanten kommt noch hinzu, dass eine gezielte Kreuzung zwischen indischen und afrikanischen Elefanten vermutlich nicht ganz ohne Hilfestellung und oder Vorsichtsmaßnahmen des Menschen auskommt.

Das aber wäre für die Mahouts, Pfleger oder Veterinäre extrem gefährlich. Elefanten, sowohl indische wie afrikanische Elefanten sind nicht ohne: Es wird vielleicht Manchen überraschen, aber die weitaus meisten Unfälle und Todesfälle in Zoos, Tierparks und Zirkussen gehen auf das Konto von Elefanten. Elefanten und zwar indische wie afrikanische Elefanten gleichermaßen, töten weit mehr Menschen, als Bären und Großkatzen.

Elefanten gelten unter Tierpflegern als schwer berechenbar, und in der Brunft oder Musht, sind Elefantenbullen extrem reizbar und überaus gefährlich.

In Zoos und Zirkussen hat man Elefanten in früheren Zeiten fast ausnahmslos in direktem Kontakt mit Menschen gehalten, dressiert und dominiert. Elefantenbullen versuchte man lange zu dominieren- das Resultat waren zahlreiche tote Pfleger. Es entstand die Redensart auf jeden Bullen kommt ein toter Pfleger. Die Abschaffung gefährlicher Bullen und ein Elefantenbullen-Management schienen das Problem zu lösen.

In Nordamerika wurden seit 1980 53 Menschen durch Elefanten getötet und 145 verletzt. Bei mehr als 100 Fällen waren weibliche Elefanten für die Angriffe verantwortlich. In Zoos und Safariparks wurden seit 1980 52 Menschen durch Elefanten getötet und mehr als 100 verletzt. In 85 Fällen waren Elefantenkühe dafür verantwortlich.

Der Mensch versucht seit 4000 Jahren, Elefanten zu domestizieren, und dieser Versuch und diese Tradition hat von Anfang an, Menschenleben gekostet.
 
In Nordamerika wurden seit 1980 53 Menschen durch Elefanten getötet und 145 verletzt. Bei mehr als 100 Fällen waren weibliche Elefanten für die Angriffe verantwortlich. In Zoos und Safariparks wurden seit 1980 52 Menschen durch Elefanten getötet und mehr als 100 verletzt. In 85 Fällen waren Elefantenkühe dafür verantwortlich.
Wobei diese Darstellung ein schönes Bsp. für die Problematik der Verwendiung von Statistiken ist. Scheint es doch so, als seien bei den 335 gelisteten Fällen über die Hälfte durch Kühe (185 Kühe) verursacht, Kühe also aggressiver als Bullen. Was die Statistik aber unterschlägt, ist, dass i.d.R. Zoos/Safariparks/Zirkusse mehrere Kühe auf einen Bullen haben, sprich, die Statistik wird dadurch verzerrt, dass die Menge der Angriffe nicht prozentual auf die Menge der Tiere (männlich/weiblich) kalibiriert ist. Wenn 90 % der Tiere weiblich sind, aber 55 % der Angriffe auf Weibchen zurückgehen, dann heißt das eben auch, dass die 10 % der Männchen für 45 % der Angriffe verantwortlich sind.
 
Wobei diese Darstellung ein schönes Bsp. für die Problematik der Verwendiung von Statistiken ist. Scheint es doch so, als seien bei den 335 gelisteten Fällen über die Hälfte durch Kühe (185 Kühe) verursacht, Kühe also aggressiver als Bullen. Was die Statistik aber unterschlägt, ist, dass i.d.R. Zoos/Safariparks/Zirkusse mehrere Kühe auf einen Bullen haben, sprich, die Statistik wird dadurch verzerrt, dass die Menge der Angriffe nicht prozentual auf die Menge der Tiere (männlich/weiblich) kalibiriert ist. Wenn 90 % der Tiere weiblich sind, aber 55 % der Angriffe auf Weibchen zurückgehen, dann heißt das eben auch, dass die 10 % der Männchen für 45 % der Angriffe verantwortlich sind.
es kommt halt auch darauf an, was man aus Statistiken und Zahlen interpretiert.



Dass Kühe aggressiver sind, als Bullen lese ich da gar nicht so raus. Weibliche Tiere können, wenn sie Junge haben, sehr gefährlich werden. Im Großen und Ganzen ist es aber so, dass bei den meisten Arten männliche Tiere aggressiver sind. In der Brunft können auch Rothirsche, Elche oder Wapitis gefährlich werden.

Eigentlich ist die Argumentation, die durch Zahlen untermauert ja nicht weibliche Tiere sind gefährlicher oder genauso gefährlich, sondern auch sie können gefährlich werden, ein großer Anteil geht auf das Konto von weiblichen Tieren.

Die Unfälle passieren aber nicht, weil Elefanten so aggressiv und gefährlich sind, weil ein Elefant durchdreht, weil ein Mahout ihn vor zehn Jahren gequält hat, sondern weil man mit Elefanten so umgeht, als wenn es Pferde wären, weil Sicherheitsvorkehrungen unterlassen werden, die man bei Löwen, Leoparden oder Bären für selbstverständlich halten würde.
 
Und in einer Dokumentation sagt ein Historiker, dass alle bekannten Kriegsmächte der Zeit auch bereits Kriegselefanten hatten
Es handelt sich dabei um Richard A. Gabriel.

Die Doku an sich ist ziemlich schlecht.
  1. Wir hatten hier letzthin eine Diskussion darüber, dass die Römer stets, wenn es um die Punischen Kriege geht, als die Aggressoren, die Karthager als ihre Opfer dargestellt werden. Ich halte diese Darstellung für einseitig und falsch (Diskussion dazu ggf. im entsprechenden Thread) - in dieser „Dokumentation“ ist es genau umgekehrt, mehr oder weniger explizit wird die römische Position sich zu eigen gemacht, der Angriff auf Sagunt sei ein Angriff auf Rom.., dabei ist der Angriff auf Sagunt ein von den Römern wahrscheinlich herbeikonstruierter casus belli gewesen, wohingegen in dieser Doku so getan wird, als habe Hannibal den Angriff auf Rom schon geplant gehabt. Nein, es waren die Römer, die Karthago den Krieg erklärten. Vermutlich vertragswidrig.
  2. Warum muss alles in der 300-Ästhetik dargestellt werden? Warum muss man einen Muskelmann mit bloßem Oberkörper durch die verschneiten Alpen reiten lassen? ((Warum kauft das ZDF so einen Schmu von unseren Gebüren? Die sollen das Feld doch bitte vernünftig verwenden!))
Die genannten „Griechen“ dürften vor allem die Ptolemaier (Ägypten) oder Seleukiden (Syrien) sein, welche über Kriegselefanten verfügten.
Der erste, der die Römer mit Elefanten konfrontierte, dürfte Pyrrhos gewesen sein.
 
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Es handelt sich dabei um Richard A. Gabriel.

Die Doku an sich ist ziemlich schlecht.
  1. Wir hatten hier letzthin eine Diskussion darüber, dass die Römer stets, wenn es um die Punischen Kriege geht, als die Aggressoren, die Karthager als ihre Opfer dargestellt werden. Ich halte diese Darstellung für einseitig und falsch (Diskussion dazu ggf. im entsprechenden Thread) - in dieser „Dokumentation“ ist es genau umgekehrt, mehr oder weniger explizit wird die römische Position sich zu eigen gemacht, der Angriff auf Sagunt sei ein Angriff auf Rom.., dabei ist der Angriff auf Sagunt ein von den Römern wahrscheinlich herbeikonstruierter casus belli gewesen, wohingegen in dieser Doku so getan wird, als habe Hannibal den Angriff auf Rom schon geplant gehabt. Nein, es waren die Römer, die Karthago den Krieg erklärten. Vermutlich vertragswidrig.
  2. Warum muss alles in der 300-Ästhetik dargestellt werden? Warum muss man einen Muskelmann mit bloßem Oberkörper durch die verschneiten Alpen reiten lassen? ((Warum kauft das ZDF so einen Schmu von unseren Gebüren? Die sollen das Feld doch bitte vernünftig verwenden!))
Die genannten „Griechen“ dürften vor allem die Ptolemaier (Ägypten) oder Seleukiden (Syrien) sein, welche über Kriegselefanten verfügten.
Der erste, der die Römer mit Elefanten konfrontierte, dürfte Pyrrhos gewesen sein.
Danke für die Antwort! Ich stimme voll und ganz zu. Danke auch für den Einblick in die Einseitigkeit der Darstellungen. Kennst du eine bessere Doku? Ich habe keine andere gefunden :-(
 
Die Moderation möchte hier keine youtube-Videos. Für Interessierte: Der Video-Titel war

Legendäre Schlachten Hannibal und die Römer Doku 2016 NEU in HD

Die Römer waren auch vor den Punischen Kriegen schon mit Elefanten konfrontiert worden, so zB in den Schlachten gegen Pyrrhus, einem griechischen bzw makedonischen Herrscher. Das war also nichts völlig neues. Sie wurden aber von Völkern in Italien nicht eingesetzt, daher kann man davon ausgehen, dass viele römische Soldaten, die dann zB denen des Hannibal gegenüberstanden, selbst vorher noch nie einen Elefanten gesehen hatten.

Die Griechen bzw Makedonen hatten Kriegselefanten kennen gelernt, als Alexander bis nach Indien vorstieß. Sie wurden dann ins Waffenarsenal der Diadochen übernommen, und ab da von den hellenistischen Herrschern recht regelmäßig eingesetzt. In der Periode vor Alexander gab es sie nicht in den Arsenalen griechischer Armeen.

Interessant vielleicht, dass die Karthager vielleicht die Idee, Elefanten im Krieg einzusetzen, von diesen hellenistischen Königreichen übernahmen, sie aber im Gegensatz zu diesen keine oder kaum indische Elefanten einsetzten, sondern den heute ausgestorbenen nordafrikanischen Elefanten. Diese waren kleiner als indische bzw asiatische Elefanten (Elephas maximus), die wiederum kleiner sind als heute noch südlich der Sahara lebende afrikanische Elefanten (Loxodonta africana), obwohl sie wohl näher mit letzterem verwandt sind.
Danke für die großartige Hilfe! :)
 
Danke für die Antwort! Ich stimme voll und ganz zu. Danke auch für den Einblick in die Einseitigkeit der Darstellungen. Kennst du eine bessere Doku? Ich habe keine andere gefunden :-(
Ich habe vor Jahren mal eine deutsche (also keine eingekaufte) Doku gesehen (ich glaube auch auf dem ZDF), dort war der deutsch-spanische Historiker Pedro Barceló ab und zu mal zu sehen. Aber auch die Doku war eher naja... Auch Pedro Barceló vertrat in dieser Doku die These, dass nicht die Römer mit Sagunt einen casus belli konstruiert hätten, sondern dass der Ebro des Ebrovertrages zwischen Karthago und Rom nicht der Fluss sei, den wir unter Ebro kennen, sondern der Segura. Saguntum hätte somit in der römischen Einflusssphäre gelegen und Hannibal den Ebrovertrag gebrochen. Das basiert auf einer Behauptung des Appian, der 370 Jahre nach den historischen Ereignissen den Ebro südlich von Sagunt lokalisiert.
Also anstatt nach guten Dokus zu suchen (die eher selten sind), lies lieber ein gutes Buch. Die meisten Dokus sind Zeitverschwendung, die oft die Quellen nicht nennen und manchmal Quellen suggerieren, die keine sind. (Also z.B. werden irgendwelche Weltkarten gezeigt, die Jahrhunderte später entstanden sind, als der beschriebene Sachverhalt und somit suggeriert, oder der Flammarion (19. Jhdt.: ein Mann schaut über den Rand der Erdscheibe mit seinem Kopf außerhalb der Atmosphäre) soll den Scheibenglauben des Mittelalters (im Mittelalter wusste man immer, dass die Erde eine Kugel war) suggerieren.
Wenn du wirklich etwas lernen willst, dann benutze nicht die Youtube-Universität, sondern lies, lies, lies! Und ad fontes: geh zu den Quellen!
 
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