Frakturschrift wurde in Deutschland länger benutzt als anderswo – warum?

Dion

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Neulich habe ich ein altes Buch aus dem 19. Jahrhundert in der Hand gehabt und konnte es anfangs nur sehr schwer lesen. Einer der Gründe: Die Buchtstaben s und f sahen fast gleich aus; ungefähr so: ʃ und ƒ, aber in dem besagten Buch unterschieden sie sich nur durch einen horizontalen Strich, den es beim f rechts gab, während es beim ʃ und f an gleicher Stelle links nur eine Ausbuchtung gab – das kann ich mit den heutigen Buchstaben gar nicht richtig darstellen, sondern nur umschreiben*.

Ich weiß, für das s gab es lange Zeit 2 unterschiedliche Schrifttypen: ʃ (langes s) und s (normal oder rundes s).

Von diesem langen s haben sich andere Staaten – zuerst wohl Frankreich – schon ab Ende des 18. Jahrhunderts verabschiedet, bei uns aber dauerte das bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts.

* Habe das lange s doch noch gefunden, wenn auch nur als Bild udn auch noch an falscher Stelle geschrieben:
M%C3%B6nkebude_Stra%C3%9Fenschild.jpg

Geschrieben mit langem s statt mit f. Dazu das H als geschnörkelte Ziffer 5. Es sollte heißen: Am Hafen - es steht aber: Am Hasen.

Dieses Durcheinander müsste doch allen als störend aufgefallen sein, daher meine Frage: Warum hat man daran so lange festgehalten?
 
Neulich habe ich ein altes Buch aus dem 19. Jahrhundert in der Hand gehabt und konnte es anfangs nur sehr schwer lesen. Einer der Gründe: Die Buchtstaben s und f sahen fast gleich aus; ungefähr so: ʃ und ƒ, aber in dem besagten Buch unterschieden sie sich nur durch einen horizontalen Strich, den es beim f rechts gab, während es beim ʃ und f an gleicher Stelle links nur eine Ausbuchtung gab – das kann ich mit den heutigen Buchstaben gar nicht richtig darstellen, sondern nur umschreiben*.
Langes ſ - ʃ ist das phonetische Zeichen für unseren Trigraph. ;)


* Habe das lange s doch noch gefunden, wenn auch nur als Bild und auch noch an falscher Stelle geschrieben:
M%C3%B6nkebude_Stra%C3%9Fenschild.jpg

Geschrieben mit langem s statt mit f. Dazu das H als geschnörkelte Ziffer 5. Es sollte heißen: Am Hafen - es steht aber: Am Hasen.
Dazu müsste man den von der Stadt benutzen Font/Schriftsatz kennen.



Dieses Durcheinander müsste doch allen als störend aufgefallen sein, daher meine Frage: Warum hat man daran so lange festgehalten?
Ich denke eher, daſs das Störungsempfinden vom modernen Menschen kommt, der Schwierigkeiten hat, Fraktur zu lesen, weil er es nicht gewohnt iſt. In Fraktur ſind ſich ja auch -x- und -r- recht ähnlich. Wenn man daran gewohnt iſt, dass langes ſ am Silbenanfang oder in der Silbenmitte verwendet wird und rundes s am Silbenende, dann iſt das ſo normal, daſs man da gar nicht drüber nachdenkt.
 
Dazu müsste man den von der Stadt benutzen Font/Schriftsatz kennen.
Es wird sich um eine Variante der Schwabacher(@ de. Wikipedia) handeln, eine spätgotische Fraktur, hier das H leicht abgeändert. Beim angeblichen f handelt es sich definitiv um ein ſ; der Fehler bei Wikipedia mehrfach erwähnt, bspw.: »Fraktursatz«, de. Wikipedia.

Zu Dions Frage:
Habe keine Ahnung, warum Deutschsprachige länger an den Frakturschriften festhielten.(siehe auch die Karte zu den in Europa gebräuchlichen Schriftarten in 1901, @ de. Wikipedia) Rein intuitiv würde ich das der deutschen Vorliebe für die Gotik zuordnen, die gebietsweise bis ins 20. Jh. mehr oder weniger kontinuierlich beibehalten wurde, d.h. zwischendurch dem klassizistischen Gusto nur teilweise frönend.(Nürnberg bspw. sah bis zur Zerstörung im 2. WK weitgehend gotisch aus. Und rustikale Interieurs im Alpenraum unterschieden sich im 20. Jh. nur wenig von denen im SMA.)
 
Dieses Durcheinander müsste doch allen als störend aufgefallen sein, daher meine Frage: Warum hat man daran so lange festgehalten?
Eigentlich gewöhnt man sich relativ schnell an Fraktur, wenn man öffter in Drucken aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert ließt.
Das umzusetzten ist nach einer gewissen Zeit auch kein Problem mehr, zumal, wenn man bedenkt, dass die Leute früher von kleinauf beide Schriftarten gelernt haben.

Ich denke nicht, dass die das groß gestört haben wird.


Interessannter finde ich persönlich die Frage (und die zielt jetzt nicht auf Dion, sondern das stelle ich immer wieder fest), warum viele Menschen eine regelrechte Scheu vor anderen Schriften oder Schriftsystemen haben und dementsprechend meistens um Sprachen, die nicht im lateinischen Alphabet dargestellt werden, bzw. um deren Erlernen einen riesen Bogen machen.
 
Interessannter finde ich persönlich die Frage (und die zielt jetzt nicht auf Dion, sondern das stelle ich immer wieder fest), warum viele Menschen eine regelrechte Scheu vor anderen Schriften oder Schriftsystemen haben und dementsprechend meistens um Sprachen, die nicht im lateinischen Alphabet dargestellt werden, bzw. um deren Erlernen einen riesen Bogen machen.
Da stelle ich doch mal eine Zwischenfrage.


Wie lernt eigentlich der Historiker die alten Schriften und Sprachen? Nehmen wir mal als Beispiel einen Ägyptologe. Hieroglyphen, Hieratisch und Demotisch als Schrift, plus die Sprache.
 
Wie lernt eigentlich der Historiker die alten Schriften und Sprachen? Nehmen wir mal als Beispiel einen Ägyptologe. Hieroglyphen, Hieratisch und Demotisch als Schrift, plus die Sprache.
Ägyptologie ist ja ein eigenes Studienfach. Je nach Bundesland (für AU und CH kann ich nichts sagen) und Uni sind die Studienordnungen ja anders. Ich meine, dass zu meinen Studienzeiten die Ägyptologen bei uns an der Uni mindestens zwei Sprachstufen des Ägyptischen erlernen mussten. Das wird in "ganz normalen" Sprachkursen vermittelt.

Interessannter finde ich persönlich die Frage, warum viele Menschen eine regelrechte Scheu vor anderen Schriften oder Schriftsystemen haben und dementsprechend meistens um Sprachen, die nicht im lateinischen Alphabet dargestellt werden, bzw. um deren Erlernen einen riesen Bogen machen.
Wenn ich Arabisch schreibe, sind Leute um mich herum immer beeindruckt. Arabisch zu schreiben ist aber gar nicht so schwer. Es sind auch nur 28+2 Buchstaben + ein paar Sonderzeichen. Ich versuche sie dann in der Erinnerungen an die Zeit vor ihrer Einschulung zu erinnern. Ein Freund von mir und ich haben uns mal mit 4 oder 5 Jahren "Briefe geschrieben". Im Prinzip haben wir nur fortlaufende Schlaufen gemalt. ℓℓℓℓℓℓℓℓℓℓℓ - wir konnten die Schrift nicht entschlüsseln, haben es dann aber in der Schule recht schnell gelernt.
An der Uni lernt man die arabische Schrift in relativ wenigen Sitzungen (in Dtld. an der Uni im Arabisch für Arabisten-Kurs haben wir dafür 6 oder 7 Sitzungen benötigt (3 Sitzungen/Woche), dabei aber gleichzeitig schon Vokabeln und Grammatik gelernt, während meines Erasmusstudiums in Spanien, wo ich ebenfalls einen Arabisch-Kurs belegte, hat die Dozentin und erst wochenlang (2 Sitzungen/Woche) mit Schriftübungen belegt, bevor wir eine einzige Vokabel oder grammatikalische Sache erlernten.

Mit den Arabisch-Kenntnissen habe ich versucht mir autodidaktisch die hebräische Schrift (22 Buchstaben) beizubringen. Anhand von einer Kachel, die bei meiner Schwester in der Wohnung hängt und auf der Shalom Yerushalaim steht. Das ist mir teilweise gelungen. Allerdings gibt es da Fallstricke: ס und ם (Samech und Mim, hier in der Sophit-Form) sowie ד und ר (Daleth und Resch) sowie ת ,ח und ה (chet, taw und ha) sind für Anfänger/Laien in den meisten Druckschriften recht schwer zu unterscheiden.
 
Allerdings gibt es da Fallstricke: ס und ם (Samech und Mim, hier in der Sophit-Form) sowie ד und ר (Daleth und Resch) sowie ת ,ח und ה (chet, taw und ha) sind für Anfänger/Laien in den meisten Druckschriften recht schwer zu unterscheiden.
Ich weiß nicht mehr, ob es auf Ellis Island oder in Prag war - vielleicht auch an beiden Orten - mir ist aufgefallen, dass in jiddischen Druckerzeugnissen oft wenn Samech ס benutzt wurde, wenn Mem ם gemeint war.
 
Wie lernt eigentlich der Historiker die alten Schriften und Sprachen? Nehmen wir mal als Beispiel einen Ägyptologe. Hieroglyphen, Hieratisch und Demotisch als Schrift, plus die Sprache.
Ehrlich gesagt, von alten Sprachen habe ich überhaupt keine Ahnung (rudimenntäres Latein ausgenommen).
So wie das Gschichtsstudium mittlerweile aufgebaut ist, muss er die (ausgenommen Latein, aber da besteht ja die Problematik mit den Zeichen nicht) überhaupt nicht lernen.

Wenn ich Arabisch schreibe, sind Leute um mich herum immer beeindruckt. Arabisch zu schreiben ist aber gar nicht so schwer. Es sind auch nur 28+2 Buchstaben + ein paar Sonderzeichen. Ich versuche sie dann in der Erinnerungen an die Zeit vor ihrer Einschulung zu erinnern. Ein Freund von mir und ich haben uns mal mit 4 oder 5 Jahren "Briefe geschrieben". Im Prinzip haben wir nur fortlaufende Schlaufen gemalt. ℓℓℓℓℓℓℓℓℓℓℓ - wir konnten die Schrift nicht entschlüsseln, haben es dann aber in der Schule recht schnell gelernt.
Bei Arabisch kann ich nicht mitreden.

Ich kenne das im Besonderen vom Japanischen her. Dabei kannn man die beiden Silbenalphabete wirklich inerhalb von 2-3 Wochen relativ flüssig drinn haben und auch mit den Kanji ist das nicht so kompliziert, wenn man einmal verstanden hat, dass die im Prinzip aus diversen kleineren Verssatzstücken zusammengesetzt sind, die sich im Grunde dauernd widerholen.
Der Rest ist im Prinzip reine Fleißarbeit, die viel Auswendiglernen vorraussetzt, was die Zeichen betrifft, aber nicht weiter kompliziert ist.

Das Einzige, was da wirklich hochgradig nervig ist, ist die Benutzung klassischer Wörterbücher, weil man eben das Problem hat, dass die Zeichen keinen eindeutigen Lautwert haben (nebeneinader bestehende japanische und sinojapanische Lesungen), so dass dann eben nicht nach Lauten, sondern nach Radikal und Strichzahl der Zeichen geordnet wird und die Striche korrekt zu zählen ist eine Sache für sich, wenn man das nicht gewohnt ist.



Ich habe das Phänomen, dass andere Zeichen auf viele anscheiend abschreckend wirken, aber auch schon vermehrt bei kyrillischen und griechichen Buchstaben wahrgenommen, wo es soooooo viel Stoff zum Neulernen und Umdenken eigentlich auch nicht gibt, dass entspricht ja im Modell durchaus unserem Alphabet und Schriftsystem.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zu Dions Frage:
Habe keine Ahnung, warum Deutschsprachige länger an den Frakturschriften festhielten

Die schwedische Wikipedia erklärt das folgendermaßen: Die Fraktur, die sich außerhalb des deutschen Sprachraums insbesondere mit den Bibeldrucken in Ländern lutherischer Konfession verbreitet hatte, war im 18. Jahrhundert im Rückzug begriffen; es galt ja auch als schick, die französische Sprache zu benutzen. Mit der napoleonischen Herrschaft und ihrem Ende drehte sich das um; Französisch und Antiqua waren jetzt in Deutschland verpönt, die Fraktur kam erneut in Mode.



Ob da was dran ist, habe ich nicht überprüft.
 
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Das Einzige, was da wirklich hochgradig nervig ist, ist die Benutzung klassischer Wörterbücher, weil man eben das Problem hat, dass die Zeichen keinen eindeutigen Lautwert haben (nebeneinader bestehende japanische und sinojapanische Lesungen), so dass dann eben nicht nach Lauten, sondern nach Radikal und Strichzahl der Zeichen geordnet wird und die Striche korrekt zu zählen ist eine Sache für sich, wenn man das nicht gewohnt ist.
Wenn man es gewöhnt ist, ist nur schwer nachvollziehbar, was daran hochgradig nervig sein soll Wenn man mal eine gewisse Anzahl an Zeichen korrekt schreiben gelernt hat, ist das Strichezählen kein Hexenwerk, die Anzahl der Stricharten ist ja sehr überschaubar. Obwohl ich nur lückenhafte Kenntnisse des klassischen Chinesisch habe und auch die Radikalnummern nicht auswendig weiß, finde ich ein Zeichen fast immer in kürzester Zeit im Lexikon.
 
Wenn man es gewöhnt ist, ist nur schwer nachvollziehbar, was daran hochgradig nervig sein soll Wenn man mal eine gewisse Anzahl an Zeichen korrekt schreiben gelernt hat, ist das Strichezählen kein Hexenwerk, die Anzahl der Stricharten ist ja sehr überschaubar. Obwohl ich nur lückenhafte Kenntnisse des klassischen Chinesisch habe und auch die Radikalnummern nicht auswendig weiß, finde ich ein Zeichen fast immer in kürzester Zeit im Lexikon.
Wenn man es gewohnt ist. Und vor allem, wenn man es von Anfang an gelernt hat die Zeichen in der korrekten Strichfolge zu schreiben.
An letzterem harkt es bei mir mitunter, weil ich die in der Regel nicht beachtet habe, weil sie mir in Teilen unlogisch erschien dann muss man aber für das Wörterbuch natürlich umdenken.

Das Radikal zu finden und zuzuordnen ist in der Regel nicht das Problem.
 
Zuletzt bearbeitet:
Öö
Wenn man es gewohnt ist.
Man muss sich einfach dran gewöhnen, das ist doch immer so:

Eigentlich gewöhnt man sich relativ schnell an Fraktur, wenn man öffter in Drucken aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert ließt.
Das umzusetzten ist nach einer gewissen Zeit auch kein Problem mehr, zumal, wenn man bedenkt, dass die Leute früher von kleinauf beide Schriftarten gelernt haben.


Und vor allem, wenn man es von Anfang an gelernt hat die Zeichen in der korrekten Strichfolge zu schreiben

Was man nicht von Anfang an gelernt hat, lässt sich nachholen. Ob es ums Frakturlesen oder die Strichregeln geht.
 
Was man nicht von Anfang an gelernt hat, lässt sich nachholen. Ob es ums Frakturlesen oder die Strichregeln geht.
Natürlich, aber wenn man von Anfang an nach der falschen Methode gelernt hat, ist Umstellen nicht immer leicht.

Dir ist ja bekannt, dass innerhalb der Zeichen Winkel schonmal als ein Strich und nicht als zwei gelten.
Wenn man sich da beim Schreiben nicht an die korrekte Strichfolge hält und die nicht im Kopf hat, kommt es eben schnell vor, dass man zwar das Radikal per Radikalindex, richtig zuordnet, bei der Ermittlung der Reststrichzahl aber schonmal um +/- 1-2 daneben liegt
Dann findet man das Zeichen im Wörterbuch am Ende zwar, kann aber schonmal ein paar Minuten dauern.

Aber gut, dass ist eigene Selbstschuld und hat jetzt auch nichts mehr mit der Frakturschrift zu tun.
 
Ich habe das Phänomen, dass andere Zeichen auf viele anscheiend abschreckend wirken, aber auch schon vermehrt bei kyrillischen und griechichen Buchstaben wahrgenommen, wo es soooooo viel Stoff zum Neulernen und Umdenken eigentlich auch nicht gibt, dass entspricht ja im Modell durchaus unserem Alphabet und Schriftsystem.
Als ich in der Schule Altgriechisch lernte, wurde das ganz einfach gehandhabt: In der ersten Unterrichtsstunde wurde uns aufgegeben, bis zur zweiten Unterrichtsstunde die Schrift zu lernen.
 
Als ich in der Schule Altgriechisch lernte, wurde das ganz einfach gehandhabt: In der ersten Unterrichtsstunde wurde uns aufgegeben, bis zur zweiten Unterrichtsstunde die Schrift zu lernen.
Ich habe das griechische Alphabet als Grundschüler aus dem WAS IST WAS-Buch Die alten Griechen gelernt. (Wobei ich nicht die Zeichen, sondern die Namen der Buchstaben gelernt habe).
 
Die Probleme, die man mit den arabischen, japanischen und griechischen Schriften haben kann, sind anders gelagert als das Fraktura-Problem. Ich habe mich inzwischen ein wenig in diese Problematik eingelesen und festgestellt, dass hier in der Tat die Politik mitspielte, was schon @Sepiola in seinem Beitrag andeutete:
Mit der napoleonischen Herrschaft und ihrem Ende drehte sich das um; Französisch und Antiqua waren jetzt in Deutschland verpönt, die Fraktur kam erneut in Mode.
Und auch die Ablösung der Fraktur duch Antiqua hatte dann politische Gründe – Zitat aus Wikipedia:

Hintergrund des (extrem teuren) Wechsels mitten in Kriegszeiten war vermutlich die Auffassung, dass die deutsche Hegemonie in einem eroberten Europa mit einer besonderen, optisch engen und komplizierten, schwer zu erlernenden Schrift nicht zu sichern sei.

Ausgerechnet die Nazis haben diesen Wandel vollzogen, was z.B. die Sudetendeutschen gar nicht gut fanden – ein weiteres Zitat aus Wikipedia:

Für Bevölkerungsgruppen, die sich in Nationalitätenkonflikten wähnten, z. B. die Sudetendeutschen, stellte die Umstellung ein Ärgernis dar, da die eigene Schrift als Abgrenzungsmerkmal wegfiel.

Schrift als Abgrenzung und als Mittel der Hegemonie, das gibt es immer noch – siehe z.B. den NZZ-Artikel aus dem Jahr 2002.
 
Die Probleme, die man mit den arabischen, japanischen und griechischen Schriften haben kann, sind anders gelagert als das Fraktura-Problem.

Falls Du Probleme wie Dein Problem mit den verschiedenen S-Zeichen meinen solltest: Deutlicher Widerspruch, so viel anders gelagert sind die Probleme keineswegs.

Ich habe mich inzwischen ein wenig in diese Problematik eingelesen und festgestellt, dass hier in der Tat die Politik mitspielte, was schon @Sepiola in seinem Beitrag andeutete:

Falls Du damit Deine im Threadtitel formulierte Frage meinen solltest, würde mich interessieren, ob Du Belege für die in der schwedischen Wikipedia angebotene Erklärung gefunden hast.
 
Falls Du Probleme wie Dein Problem mit den verschiedenen S-Zeichen meinen solltest: Deutlicher Widerspruch, so viel anders gelagert sind die Probleme keineswegs.
Was ich gemeint habe: Bei den von mir erwähnten arabischen, japanischen und griechischen Schriften kommt für uns noch ein Problem dazu – das der fremden Sprache. Bei der Fraktur- und Antiqua-Schriften gibt es dieses Problem nicht: In beiden Fällen wird Deutsch oder Finnisch oder … geschrieben, wobei Antiqua-Schrift eindeutig lesbarer ist.

Falls Du damit Deine im Threadtitel formulierte Frage meinen solltest, würde mich interessieren, ob Du Belege für die in der schwedischen Wikipedia angebotene Erklärung gefunden hast.
Habe ich nicht gefunden, weil nicht danach gesucht. Aber im 19. Jahrhundert wurde die Fraktur als deutsche Schrift bezeichnet – das im Gegensatz zu Antiqua, die als welsch bezeichnet wurde. Warum dieser plötzlicher Wandel, wo doch das Bürgertum und die Intelligenzija bis dahin frankophil waren? Sie haben Antiqua auch im weiteren verteidigt, aber gegen den aufkommenden völkischen Nationalismus haben sie keine Chance gehabt – Beispiel Bismarck:
Otto von Bismarck was a keen supporter of German typefaces. He went so far as to refuse gifts of German books in Antiqua typefaces and returned them to sender with the statement Deutsche Bücher in lateinischen Buchstaben lese ich nicht! (I don't read German books in Latin letters!).[1]

Jedenfalls wird um die Jahrhundertwende die Fraktur fast nur noch in Deutschland verwendet. Das zeigt auch diese Karte:

Scripts_in_Europe_%281901%29.jpg

Dazu muss man allerdings auch das lesen – Zitat: Die Verbreitung der wichtigsten Schriften in Europa. Die Informationen auf dieser Karte geben jedoch kein genaues Bild der Frakturverwendung in Europa zu dieser Zeit wieder. Tatsächlich wurde sie weit weniger verwendet als dargestellt, da sowohl Dänemark als auch Norwegen in der Mehrzahl der Veröffentlichungen zur Verwendung von Antiqua übergegangen waren, und in Deutschland selbst war Fraktur keine ausschließliche Schrift (wie beispielsweise aus der Kartenlegende ersichtlich), sondern auch Antiqua wurde in diesem Land verwendet. In Finnland wurde die Antiqua für die schwedische Sprache verwendet, aber die finnischsprachigen Veröffentlichungen waren 1901 immer noch mehrheitlich in Fraktur.
 
Was ich gemeint habe: Bei den von mir erwähnten arabischen, japanischen und griechischen Schriften kommt für uns noch ein Problem dazu – das der fremden Sprache. Bei der Fraktur- und Antiqua-Schriften gibt es dieses Problem nicht: In beiden Fällen wird Deutsch oder Finnisch oder … geschrieben,
Na ja, bei Finnisch hätte ich (ganz unabhängig von Fraktur oder Antiqua) schon Probleme, sogar eher noch größere als bei Japanisch...

wobei Antiqua-Schrift eindeutig lesbarer ist.

Für Dich, weil sie Deinen Lesegewohnheiten am meisten entspricht. Deine Lesegewohnheiten sind aber ganz gewiss nicht das Maß aller Dinge.

Die wissenschaftliche Frage der besseren Lesbarkeit der einen oder andern Schrift ist noch keineswegs gelöst.

Habe ich nicht gefunden, weil nicht danach gesucht. Aber im 19. Jahrhundert wurde die Fraktur als deutsche Schrift bezeichnet – das im Gegensatz zu Antiqua, die als welsch bezeichnet wurde. Warum dieser plötzlicher Wandel
Was für ein plötzlicher Wandel? Auch in der Schreibschrift galt schon seit jeher: Deutsche Schrift für deutsche Wörter, lateinische Schrift für welsche Wörter:


Sie haben Antiqua auch im weiteren verteidigt, aber gegen den aufkommenden völkischen Nationalismus haben sie keine Chance gehabt – Beispiel Bismarck:
Otto von Bismarck was a keen supporter of German typefaces. He went so far as to refuse gifts of German books in Antiqua typefaces and returned them to sender with the statement Deutsche Bücher in lateinischen Buchstaben lese ich nicht! (I don't read German books in Latin letters!).[1]
An der Authentizität des Zitats habe ich gewisse Zweifel, es stammt aus einer recht trüben Quelle aus dem Jahr 1910.

Leider lassen aber die Verfechter der Frakturschrift die Sachlichkeit, welche für Behandlung einer wissenschaftlichen Frage notwendig ist, gar sehr vermissen. Der Führer im Streit hat im vorigen Jahre ein Werk unter dem Titel „Die deutsche Buchstabenschrift" herausgegeben , das als reine Tendenzschrift eine ernstliche Widerlegung nicht erwarten kann. Wenn man Behauptungen ohne Beweise läßt, unbequeme Tatsachen verschweigt und durch eine Menge zur Entscheidung nicht dienlicher Dinge den Leser zu kaptivieren sucht, so kann man natürlich Schlußfolgerungen ziehen, wie es einem beliebt.


Jedenfalls wird um die Jahrhundertwende die Fraktur fast nur noch in Deutschland verwendet. Das zeigt auch diese Karte:
Die Karte zeigt, dass die Fraktur damals auch in Norwegen sowie im heutigen Estland und Lettland verwendet wurde. Darüberhinaus war sie auch noch in Finnland in Gebrauch. So richtig überzeugend ist die Erklärung, die ich der schwedischen Wiki entnommen habe, eben nicht.
 
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